5 Business Modelle
Nachdem ich im vorigen Kapitel verschiedene Solopreneur- Typen vorgestellt habe, soll es nun darum gehen, etwas genauer auf einzelne Business-Modelle einzugehen. Dies kann natürlich nur ein grober Abriss sein und mit Sicherheit gibt es noch viele weitere. Aber ich wollte mich andererseits bewusst auf diejenigen konzentrieren, die ich in meiner täglichen Arbeit als E-Commerce- und Social-Media-Blogger auch wahrnehme.
5.1 Blogger
Warum ist das Modell des Bloggers für Solopreneure geeignet?
- Es kann von nur einer einzigen Person betrieben werden.
- Es gibt diverse Monetarisierungsmöglichkeiten, die zum Teil in Folge noch als eigenständige Business-Modelle aufgeführt werden, wie z.B. Veröffentlichung von E-Books, Podcasts und Videos passend zum Blog.
- Ein Blog lässt sich in Sachen Reichweite praktisch unendlich skalieren.
- Als erfolgreicher Blogger kannst du auch zum Influencer, Meinungsführer und -macher werden.
- Erfolgreiche Blogger sind meistens auch eine eigenständige Marke.
5.1.1 Praxisbeispiel – Interwiew mit Franz Neubauer
Über den Münchner Blogger-Stammtisch im Presseclub München, der mittlerweile weit über 500 Blogger aus dem Großraum München vereint, habe ich Franz Neumeier kennengelernt. Er ist der Betreiber des Kreuzfahrt-Blogs cruisetricks.de. Ihm habe ich einige Fragen zum Thema Bloggen gestellt.
KANNST DU DICH ZUNÄCHST KURZ VORSTELLEN UND ETWAS ZU DEINEM BERUFLICHEN HINTERGRUND SAGEN?
Ich habe schon in der Schulzeit als freier Journalist im Lokalbereich gearbeitet, ein Volontariat beim Straubinger Tagblatt absolviert, Politologie studiert, während des Studiums auch mal ein knappes Jahr als Freier beim ZDF in München verbracht und danach dann 15 Jahre lang bei Computer-Zeitschriften gearbeitet, zehn davon als Chefredakteur und ein Jahr als Leiter eines internationalen Verlags-Projekts in sieben europäischen Ländern. Eine der Zeitschriften, die ich geleitet habe, ist die Internet Professionell gewesen, wovon ich bis heute sehr profitiere: Ich habe dort sowohl technisches Knowhow gesammelt, mit dem ich heute meine Website komplett selbst betreiben kann, als auch betriebswirtschaftliches Wissen erworben, das mir hilft, die finanzielle Seite der Selbständigkeit effizient zu organisieren.
WARUM HAST DU DICH ENTSCHIEDEN, EINEN BLOG ZU STARTEN BZW. BLOGGER ZU WERDEN?
2009 wurde der Arbeitsmarkt im IT-Bereich so schwierig und die Arbeit hat deshalb nur noch sehr bedingt Spaß gemacht, dass ich mich – mit Hilfe der Gründerförderung der Arbeitsagentur – selbständig gemacht und ein schon länger gepflegtes Hobby, die Kreuzfahrt, zum Hauptberuf gemacht habe. Zurückblickend war das der beste Weg, den ich gehen konnte – zwar nicht finanziell, aber meine Lebensqualität hat sich stark verbessert und ich kann jetzt einfach selbstbestimmt arbeiten und genau das machen, wovon ich überzeugt bin.
HATTEST DU VON ANFANG AN EIN MONETARISIERUNGSMODELL BZW. EINE SOLCHE ABSICHT?
Ja, es war von Anfang an klar, dass ich vom Schreiben über Kreuzfahrt-Themen meinen Lebensunterhalt bestreiten will. Aber es war auch von Anfang an klar, dass das nicht ausschließlich über das Blog laufen wird und soll. Das Blog ist heute ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit und ist das Aushängeschild, quasi meine Visitenkarte in der Branche. Aber ich schreibe auch sehr viel über Kreuzfahrt-Themen für große deutsche Tageszeitungen wie die WAZ und „Welt“ sowie für Kreuzfahrt-Beilagen etwa der „Zeit“ sowie für Zeitschriften wie „Bunte“ oder „Stern“.
Das Modell war und ist also, mich selbst als Experten-Marke zu verstehen, wenn es um journalistisch detailreich recherchierte Kreuzfahrt-Themen geht. Das Blog hilft enorm dabei, diese „Marke“ zu pflegen und die Qualität meiner Recherchen und Expertisen unter Beweis zu stellen und eben auch immer wieder anzubieten.
WODURCH NIMMST DU AKTUELL MIT DEINEM BLOG ETWAS EIN BZW. HAST DU ÜBER DEN BLOG ANDERE EINNAHMEQUELLEN ERSCHLOSSEN, WIE Z.B. REISEVORTRÄGE ODER BERATUNG VON TOURISMUSUNTERNEHMEN?
Das ist sehr vielfältig und manchmal ist es auch schwierig zu trennen, ob Einnahmen noch in Zusammenhang mit dem Blog stehen oder völlig eigenständig entstanden sind. Das fließt alles ineinander – genau so, wie ich mir das eigentlich auch wünsche.
Direkte Blog-Einnahmen entstehen zu einem guten Teil aus klassischer Banner-Werbung sowohl über ein vertikales Anzeigennetzwerk aus dem Reisebereich als auch über Google AdSense und andere Werbeformen, die alle einen kleinen Teil beitragen. Ein weiterer wichtiger Teil sind Affiliate-Provisionen. Hier habe ich aber einen sehr konservativen Ansatz: Ich schreibe keine Beiträge mit der Motivation, damit Affiliate-Umsätze anzukurbeln. Das würde nicht zum Anspruch des unabhängigen Journalisten passen, der seine Themen nach Relevanz für den Leser auswählt. Aggressives Affiliate-Marketing würde zwar deutlich höhere Einnahmen bescheren, mein „Blogger als Marke“-Konzept würde das aber beschädigen.
Indirekt entstehen Einnahmen durch den Verkauf meiner inzwischen drei Bücher, die ich zum Thema Kreuzfahrten herausgebracht habe – übrigens im Selfpublishing, weil ich da viel flexibler bin und natürlich auch die Marge wesentlich höher liegt als bei klassischen Buchverlagen.
Ein ganz wesentlicher Teil meiner Einnahmen besteht aber aus Honoraren für Reportagen und Service-Artikeln für Tageszeitungen, Zeitschriften und auch Büchern wie den jährlich erscheinenden „Kreuzfahrt Guide“. Daneben gibt es viele kleinere Einnahmequellen wie gelegentliche Moderationen von Podiumsdiskussionen auf Messen, Honorare für Fotos und Ähnliches.
WIE SIEHT EIN TYPISCHER ARBEITSTAG BZW. EINE -WOCHE VON DIR AUS?
Eine typische Woche gibt es eigentlich nicht, das variiert sehr stark. Auf dem Schiff führe ich Interviews, fotografiere sehr umfangreich, mache kleine Videos, recherchiere Details und auf längeren Reisen blogge ich auch live vom Schiff.
Wenn ich zu Hause bin, verwende ich die meiste Zeit auf Recherche und Schreiben von Beiträgen sowohl auf cruisetricks. de als auch für Zeitungen / Zeitschriften. Dazwischen habe ich ständig ein Auge auf die Nachrichtenlage und schreibe aktuelle News für cruisetricks.de. Natürlich kümmere ich mich ständig nebenbei um Social Media, insbesondere Facebook.
Ansonsten nutze ich jede freie Minute, um neue Ideen zu entwickeln und die Website technisch wie optisch zu optimieren – leider bleibt dafür oft zu wenig Zeit. Und als Einzelkämpfer verliert man einfach auch viel Zeit mit Verwaltungskram, der manchmal unheimlich aufhält: Kamera, Laptop und andere Technik in Schuss halten, Steuererklärungen machen, Rechnungen schreiben und so weiter.
BIST DU VIEL AUF REISEN ODER ARBEITEST DU MEISTENS VON ZU HAUSE AUS?
Ich bin zusammengerechnet etwa drei Monate im Jahr auf Reisen, manchmal nur für drei Tage, gelegentlich aber auch mal für eine 14-tägige Kreuzfahrt. Das hat sich als optimaler Kompromiss herausgestellt. Wenn ich noch länger auf Reisen wäre, würde ich den Arbeitsanfall zu Hause nicht mehr bewältigen und wenn ich weniger unterwegs wäre, würde ich den Anschluss verlieren und wäre nicht mehr gut genug informiert über die vielen Neuerungen und Veränderungen in der Branche.
Aber wenn ich nicht gerade auf einem Schiff unterwegs bin, dann arbeite ich tatsächlich komplett von zu Hause aus, obwohl ich mit Laptop und einer guten Internet-Verbindung eigentlich auch von überall anders in der Welt aus arbeiten könnte. Bei einer Atlantik-Überquerung auf der Oasis of the Seas im vergangenen Jahr habe ich mir beispielsweise eine ruhige Bar an Bord gesucht, in der ich dann so zwei, drei Stunden am Tag ganz normal wie zu Hause gearbeitet habe. Dank der sehr schnellen Internet-Anbindung dieses Schiffs ging das völlig problemlos.
WIE IST DEINE JETZIGE REICHWEITE UND WIE LANGE HAST DU GEBRAUCHT DIESE AUFZUBAUEN?
Das ist eine Frage, die ich gar nicht so mag, obwohl ich mich mit meinen Zahlen überhaupt nicht verstecken muss, ganz im Gegenteil. Aber sobald man Zahlen zu einem Blog nennt, wird man nur noch an diesen Zahlen gemessen. Dann kommen Fragen wie „warum steigt Dein Traffic denn so langsam?“ und Ähnliches.
Der Punkt ist: Ich betreibe mein Blog nicht als Profit-Center und mein Business-Modell ist nicht, so viel Profit aus dem Blog herauszuquetschen wie nur möglich. Entsprechend ist die Steigerung der Zahlen nicht erste Priorität. Im Vordergrund steht Qualität.
Das Blog ist eines von vielen Puzzleteilen in meinem Geschäftsmodell, weswegen ein Vergleich mit anderen Modellen schwierig ist. Ich will eben nicht mit marktschreierischen Gerüchten, Buzzword-Überschriften und Optimierung der Themen nach Massengeschmack möglichst viele Besucher generieren. Das Ziel ist, einerseits eine qualitativ hochwertige Zielgruppe aufzubauen, andererseits aber auch Themen zu behandeln, die zwar wichtig, aber sehr...