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E-Book

Von der Betrieblichen Gesundheitsförderung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement

Kompakte Einführung und Prüfungsvorbereitung für alle interdisziplinären Studienfächer

AutorLotte Horstmeier
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783456759173
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
er sechste Band der Kompaktreihe Gesundheitswissenschaften beschäftigt sich mit der Frage welche Rolle Betriebliches Gesundheitsmanagement im Sinne von Public Health spielt. Wie wirken sich Arbeit und Gesundheit in einer modernen Gesellschaft mit alternder Bevölkerung aus, was sind die Folgen einer geänderten Arbeitswelt? Mit konkreten Beispielen wird verständlich erklärt, wo die Unterschiede zwischen Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) und Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) liegen und welche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Betriebliches Gesundheitsmanagement wichtig sind: -Grundlagen von evidenzbasierten Intervention: 'Public Health Action Cycle' (Problembestimmung, Strategieformulierung, Umsetzung und Bewertung) -Wie gelingt eine optimierte Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsorganisation, Arbeitszeitgestaltung. -Welche Werkzeuge und Ansätze gibt es für Betriebe und Unternehmen (Altersstrukturanalysen, Fehlzeitenanalyse, Workshops etc.). -Wie gelingt eine Evaluation von durchgeführten BGM-Maßnahmen. Mit wissenschaftlich fundierten aber leicht verständlich geschriebenen und gut illustrierten Texten gelingt der rasche Einstieg in ein immer wichtiger werdendes Thema. Mit optimal durchdachten didaktischen Elementen eignen sie sich zur Prüfungsvorbereitung für Studierende im Gesundheitsbereich aber auch für alle andere Interessierten, die BGM in ihrem Betrieb voranbringen möchten.

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Leseprobe

|25|2 Gesundheit und Gesundheitsförderung


2.1 Was ist Gesundheit?


Das Betriebliche Gesundheitsmanagement beschäftigt sich also v. a. mit den Auswirkungen der Arbeitssituation auf die Gesundheit der in einem Betrieb oder einer Institution arbeitenden Menschen. Doch wie wird „Gesundheit“ überhaupt definieren ?

Im Bereich der Medizin geht man überwiegend von einem „biomedizinischen Krankheitsmodell“ (pathogenetisches Konzept) aus. Mediziner befassen sich damit, welche Vorgänge zu Krankheiten führen und untersuchen mögliche Risikofaktoren, die die Entstehung von Krankheiten beeinflussen. Sie interpretieren Krankheiten als Abweichungen von einem definierten Normalzustand des Körpers. Krankheiten haben hiernach in der Regel spezifische Ursachen. Risikofaktoren sind Faktoren, die dazu beitragen, dass bestimmte Krankheiten mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit auftreten.

Der Gesundheitsförderung in Public Health liegt dagegen das salutogenetische Konzept zugrunde. Anders als der Ansatz der Biomedizin, der von zwei sich gegenüber stehenden und sich ergänzenden (dichotomen) Begriffen „Gesundheit“ und „Krankheit“ ausgeht, fragt das Konzept der Salutogenese nicht danach, warum ein Mensch krank wird, sondern was ihn gesund erhält (s. Antonovsky, 1997; Habermann-Horstmeier, 2017a).

 

Definition Salutogenese

Die Basis des von Aaron Antonovsky (1923–1994) entwickelten Konzeptes der Salutogenese bildet die Frage danach, was den Menschen gesund erhält. Es lenkt den Blick weg von Faktoren, die bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen, hin zu den Protektivfaktoren und Ressourcen, die einen Menschen gesund halten.

|26|

Dabei gibt es nicht nur die beiden Zustände „Gesundheit“ und „Krankheit“, sondern unzählige mögliche Zwischenstufen, die unterschiedliche Zustände des Wohlbefindens beschreiben. Gleichzeitig verändert sich der Gesundheitszustand eines Menschen im Verlauf seines Lebens ständig. Wir sind hiernach also nicht in der Regel gesund und nur im Ausnahmefall krank, sondern bewegen uns auf einem Kontinuum8 hin und her und sind damit immer mehr oder weniger krank bzw. gesund. Während dieser Zeit wirken einerseits unterschiedlichste Belastungsfaktoren auf uns ein, die bei der Entstehung von Krankheiten eine Rolle spielen können. Andererseits verfügen Menschen aber auch über Schutzfaktoren (Ressourcen), die ihre Gesundheit fördern können (Abbildung 2–1). Dabei unterscheidet man externale und internale Ressourcen. Externale Ressourcen liegen in der Umwelt eines Menschen. Hierzu gehören z. B. die ökonomischen9 und ökologischen10 Bedingungen, in denen ein Mensch lebt, sein berufliches Umfeld und die soziale Unterstützung, die er erfährt. Internale Ressourcen sind Ressourcen, die im Menschen selbst liegen. Beispiele hierfür sind die genetischen Anlagen eines Menschen, seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten, aber auch sein Selbstvertrauen, seine Problemlösefähigkeit, seine Kooperationsfähigkeit, seine Lernbereitschaft und seine soziale Kompetenz (s. Tabelle 2–1).

 

Beispiele

Externale Ressourcen

  • saubere Umgebung

  • gute Arbeitsbedingungen

  • familiärer Rückhalt

  • finanzielle Absicherung etc.

Internale Ressourcen

  • gut mit Stress umgehen können

  • Belastbarkeit & Ausdauer

  • körperliche Fitness

  • sich gesund ernähren etc.

|27|2.2 Was ist Gesundheitsförderung?


Im Jahr 1986 fand im kanadischen Ottawa auf Einladung der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 1986) die 1. Internationale Konferenz zur Gesundheitsförderung statt. Auf dieser Konferenz wurde der Begriff der Gesundheitsförderung erstmals verbindlich definiert. Ergebnis der Konferenz ist die Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung, ein gesundheitspolitisches Leitbild, das Gesundheit als wesentlichen Bestandteil des alltäglichen Lebens und nicht als vorrangiges Lebensziel begreift. Gesundheitsförderung zielt hiernach nicht nur auf die Entwicklung einer gesünderen Lebensweise, sondern auch auf die Förderung von gesunden Lebensbedingungen und umfassendem Wohlbefinden. „Mehr Gesundheit für alle“ kann und soll deshalb nicht mehr in erster Linie durch die Verhütung von Krankheiten erreicht werden, sondern durch die Förderung von Gesundheit. Dies bedeutet eine grundsätzliche Umorientierung in der Sicht von Krankheit und Gesundheit, weg von einer pathogenetischen und hin zu einer salutogenetischen Sichtweise (s. Kap. 2.1). Die Ottawa-Charta weist dabei auf die Bedeutung der sozialen und individuellen Ressourcen jedes Einzelnen hin. Sie betont jedoch v. a. die gesundheitsfördernden gesellschaftlichen Bedingungen als Voraussetzung dafür, dass Menschen sich in einer Gesellschaft gesund entwickeln können.

Gesundheitsförderung fragt also nicht danach, was einen Menschen krank macht, sondern was ihn gesund erhält. Sie will die Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern, die sich auf die Gesundheit auswirken, d. h. sie will die Verhältnisse ändern, in denen Menschen leben und arbeiten. Gleichzeitig strebt sie aber auch an, die Menschen zu befähigen, sich gesünder zu verhaltenen und sich für gesunde Lebensbedingungen einzusetzen. Sie möchte damit auch auf das Verhalten der Menschen einwirken (s. Habermann-Horstmeier, 2017a).

Gesundheitsförderung setzt in der konkreten „Lebenswelt“ der Menschen („Setting“) an. Hierunter versteht man z. B. Betriebe, Schulen, Krankenhäuser oder ganze Stadtteile. Der Begriff des Settings umfasst nicht nur die örtlichen Gegebenheiten, sondern auch das soziale Miteinander der dort agierenden Menschen. Er beschreibt also ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren (v. a. biologischer, ökologischer, räumlicher, kultureller, sozialer und ökonomischer Art), die jeweils zu Ansatzpunkten für gesundheitsfördernde Maßnahmen werden können. Der (Arbeits-)Alltag der Menschen soll durch leicht umsetzbare und leicht zugängliche („niederschwellige“) Maßnahmen so verändert werden, dass es ihrer Gesundheit dient. In die Planung und Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen sollen alle Beteiligten einbezogen werden (Partizipation). Beteiligt sein können einzelne Individuen, aber auch Gruppen von Individuen oder Organisationen, die von der Maßnahme betroffen sind. Hierzu ist es wichtig, dass die betroffenen Menschen ihre eigenen Ressourcen kennen und nutzen lernen, sodass sie ihr Leben autonomer und selbstbestimmter gestalten und ihre Interessen eigenverantwortlich und selbstbestimmt vertreten können (Empowerment).

 

|28|Definition „Setting“

Als Settings werden im Bereich der Gesundheitsförderung verschiedene, voneinander abgrenzbare Lebenswelten der Menschen verstanden, die sich im Hinblick auf ihre gesundheitsrelevanten Bedingungen unterscheiden. Gesundheitsförderung soll diese...

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