Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,0, Technische Universität Dresden (Institut für Geschichte, Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Hans Küng schreibt in den 1962 erschienenen Strukturen der Kirche: 'Die (traditionell verstandene) Legitimität Martins V. und aller folgenden Päpste bis auf den heutigen Tag hängt an der Legitimität des Konstanzer Konzils'. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der Mitte des 20. Jahrhunderts, in dessen Kontext Küng schreibt, rückt auch die Frage nach der Superiorität von Papst oder Synode wieder in den Blickpunkt aktuellen Interesses. Küngs Aussage ist auch aus heutiger Perspektive genauso aktuell wie provokativ. Denn der Blick auf die kirchlichen Strukturen nach dem Ersten Vatikanischen Konzil - verfestigtes Papstprimat, Jurisdiktionsprimat des Papstes und Unfehlbarkeitdogma - zeigt, daß Küngs Position durchaus nicht in Übereinstimmung mit der offiziellen kirchlichen Lehre war. Um die Stellung Küngs zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Konflikte zweier gegensätzlicher Organisationsformen, zwischen denen sich die Kirche in ihrer Geschichte bewegt hatte. Auf Jesu Ausspruch 'Tu es petrus' berufen sich diejenigen, welche die Kirchenführung in die Hand eines einzelnen vicarius iesu christi, eines Papstes, geben wollen. Verschieden akzentuierte konziliare Modelle stellen dazu den Gegenpol dar. Sie fordern, generell oder zumindest in bestimmten Situationen, ein Konzil, welches über dem Papst steht. Konziliare Ideen werden besonders aus zwei verschiedenen Erwägungen heraus begründet: Einerseits weisen sie darauf hin, daß das Primatsprinzip nicht in der alten Kirche verwurzelt oder geschichtlich zu erklären sei. Andererseits müsse die Kirche für Fälle, in denen das päpstliche Primat ihr schaden könne, etwa im Falle eines häretischen Papstes oder eines Schismas, Vorsorge treffen, indem dann das Konzil über dem Papst steht. Mit der Spaltung von römischen und byzantinischen Kirchen trennten sich auch die eben angedeuteten gegensätzlichen Auffassungen innerkirchlicher Repräsentation: die Gleichberechtigung aller Bischöfe der Ostkirchen stand im Widerspruch zum katholischen Primat des Papstes. Im Dictatus Papae aus dem Jahr 1075 bezeichnet Papst Gregor VII. sein Amt schließlich als alleinige universale Instanz, der nicht nur die Bischöfe, sondern sowohl die Fürsten als auch der Kaiser unterstellt seien. Dies impliziert einen 'Jurisdiktionsprimat' des Papstes und bedeutet gleichzeitig, daß er von niemandem verurteilt werden kann.
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