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E-Book

In der Ferne näher bei mir

Geschichten von unterwegs

AutorBarbara Liel
VerlagVerlag der Ideen
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl308 Seiten
ISBN9783942006354
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Reisen verkleinert die Welt und erweitert den Horizont. Diese wichtige Erkenntnis hat jedenfalls Barbara Liel während ihrer Urlaube gemacht. Dazu waren nicht etwa irgendwelche Erstbegehungen notwendig oder lebensgefährliche Expeditionen, sondern lediglich die Bereitschaft, mit Rucksack, Neugierde und Offenheit den Fernsehsessel zu verlassen. Belohnt wurde die Autorin damit, neue und bisher ungelebte Seiten in sich kennenzulernen und den Nutzen von persönlichen Eigenheiten zu entdecken, die ihr bisher stets albern oder hinderlich erschienen. Lassen Sie sich ermutigen, Ihren eigenen Aufbruch zu wagen oder gehen Sie einfach lesend mit auf eine Reise, die Sie nicht nur nach Ecuador und Australien, in die Staaten und nach Hawaii führt, und Sie zudem bestens unterhält. Vielleicht entdecken Sie dabei auch bisher unbekannte Inseln und Landstriche in sich selbst.

Barbara Liel, geboren 1961 in Münster, studierte nach dem Abitur in Münster Biologie. Anschließend absolvierte sie eine Lehre zum zoologischen Präparator am Museum für Naturkunde in Münster. Es folgte eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Assistentin. Sie arbeitet seit fast 25 Jahren, in einem Forschungslabor der physiologischen Chemie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 'In der Ferne näher bei mir' ist ihr erstes Buch.

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Leseprobe

Das Leben genießen


Florida 1992

Draußen tobte ein heftiger Sturm. Bunte Blätter stoben durch den Garten und es begann früh zu dämmern. Der Winter stand vor der Tür und ich war froh, dass ich diesmal in meiner eigenen Küche tätig sein konnte. Wie viel schöner waren doch die Winter in Florida, dem Ort, an den mich meine erste große Reise führte. Heute wollte ich meinen neuen Freunden davon erzählen und ich war schon ganz aufgeregt bei dem Gedanken, diese wunderbaren Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Als es klingelte öffnete ich rasch die Tür und lauschte wie Magdalena und Sybille, angestrengt atmend, die Treppe hinaufstapften.

»Bis ganz nach oben«, rief ich ihnen entgegen. Ich wohnte in der dritten Etage unter dem Dach. Meine etwas in die Jahre gekommene Katzendame Pothu war mir an die Tür gefolgt, fauchte einmal laut auf und flitzte, wie von der Tarantel gestochen, ins Schlafzimmer, um sich zu verstecken. Sie mochte keine fremden Menschen.

»Hallo meine Liebe«, Magda legte mir den Arm um die Schulter, drückte mich und strich sich gleichzeitig die wild durcheinandergewirbelten Haare glatt. Sybille klopfte mir zur Begrüßung freundschaftlich auf den Rücken.

»Dann kommt mal rein«, empfing ich die beiden »ihr könnt mir direkt beim Zubereiten des Salats helfen.«

Sie warfen ihre kalten und feuchten Jacken, die nach Herbst rochen, über die Garderobe und folgten mir in die Küche, den zentralen Raum meiner Wohnung.

»Schön hast du es hier«, kommentierte Sybille meine Bleibe, nachdem sie meine vier Räume mit prüfendem Blick inspiziert hatte.

»Ich werde mal das Grünzeug hier waschen«, erklärte sie dann, machte sich direkt an die Arbeit und fragte, »Was gibt es denn heute?«

»Erzähle ich später, wenn die anderen auch da sind, o.k?«

»Jaja, ich bin schon sehr gespannt«, bemerkte Magda und lief zur Tür, als es ein weiteres Mal klingelte. Kurze Zeit später kamen Bernd und Lothar herein, schauten sich einmal kurz um und machten es sich ohne Umstände im Esszimmer bequem, das übergangslos an meine Küche angrenzt. Sie fühlten sich offensichtlich gleich wie zu Hause und hatten wohl keine große Lust, beim Kochen zu helfen. Mir war das Recht, denn zu viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei. Ich bewirtete alle mit einem Prosecco.

»Schön, dass ihr hier seid! Ich hoffe, dass unser Kochtreff zu einer schönen Gewohnheit wird, die wir lange beibehalten werden. Prost!« Ich blickte einmal in die Runde und fuhr fort: »heute gibt es neben einem Shrimpscocktail, Steaks mit Ofenkartoffeln, Sour cream, Caesar salad und zum Nachtisch einen besonderen Kuchen. In Florida, das an fast allen Seiten an den Ozean grenzt, werden gerne Meeresfrüchte gegessen, aber ebenso beliebt sind Steaks und Caesar salad, grüner Salat, der mit Croutons und Parmesankäse zubereitet wird. Wie versprochen kann ich euch dann beim Essen von meiner fantastischen Reise in die USA erzählen.«

»Ich bin sehr neugierig. Sag doch noch mal kurz, warum du ausgerechnet Florida als erstes Reiseziel ausgewählt hast?«, erkundigte sich Bernd, nahm einen Schluck von seinem Prosecco und schaute mich erwartungsvoll an.

»Das freundliche Klima, die Palmen und das Meer haben mich nach Florida gezogen. Ich fand es spannend einmal so weit wegzufahren, in die USA, auf die andere Seite des Atlantischen Ozeans. Die Reise war nicht zu lang und nicht zu teuer, was natürlich zu meinem Sicherheitsdenken passte. Wenn es mir nicht gefallen hätte, wäre die Zeit schnell vergangen und der Geldverlust nicht zu groß gewesen. Ja, so seltsam habe ich damals gedacht«, erklärte ich. »Wieso, das ist doch nachvollziehbar«, sagte Lothar, nahm ebenfalls einen Schluck von seinem Prosecco und bohrte noch ein wenig weiter, »hattest du denn besondere Erwartungen oder Vorurteile bezüglich dieser Reise?«

»Hm, ich war natürlich unglaublich neugierig auf das, was ich erleben würde. Ich habe im Vorfeld viel über Florida gelesen und mich gefragt, ob ich all die Dinge genauso sehen würde. Ich wollte selbstverständlich einen schönen Urlaub erleben. Wer will das nicht«, fuhr ich fort, nahm auch einen Schluck von meinem Prosecco und fügte hinzu, »Vorurteile habe ich selten, aber in diesem Falle war ich natürlich durch die Kriegserlebnisse meines Vaters bezüglich der US-Amerikaner geprägt. Wie schon erwähnt, war mein Vater in sehr jungen Jahren zum Kriegsdienst gezwungen worden und ist in amerikanische Gefangenschaft geraten. Die Demütigungen und das Herrschaftsdenken der Amerikaner als Kriegsgewinner haben meinen Vater sehr verletzt. Bruchstückhaft hat er uns immer wieder vom Krieg und der Gefangenschaft erzählt.«

»Na, ich denke, unsere Eltern haben Schlimmes hinter sich und unsere Generation hat, als direkte Nachkommenschaft, auch noch daran mitzutragen. Krieg zerstört halt nicht nur Menschenleben, gewachsene Strukturen und Gebäude, sondern auch jede Menge Vertrauen,« gab Lothar zu bedenken. »Ich hoffe, dass der Urlaub nicht zu sehr davon überschattet war. Erzähl doch mal.«

»Nein, nein, ich habe das Leben in Florida genossen, der Urlaub war heiter und unbeschwert«, entgegnete ich. Nachdem die Vorspeise auf dem Tisch stand, bat ich Magda und Sybille auch ins Esszimmer zu kommen und begann mit meiner Erzählung:

»Flug Martinair Nr. 310 von Amsterdam Schiphol am 29.10.1992 um 8:29 Uhr sollte mich nach Miami Florida bringen. Zum Glück wohnt eine Freundin von mir in Haarlem, nur wenige Kilometer vom Flughafen entfernt. Tags zuvor fuhr ich mit dem Zug zu ihr um dort die Nacht zu verbringen, denn ich musste sehr früh morgens am Flughafen sein.

»Hallo Börbel.«

Sie ist Deutsche, lebt aber schon seit vielen Jahren in den Niederlanden. So hat sich in ihre deutsche Sprache ein leicht niederländischer Akzent eingeschlichen.

Zum piepen dieses Börbel. Gemeint war natürlich Bärbel, wie mich meine Freunde nennen.

»Wie geht’s dir? Eine tolle Reise hast du da vor.«

»Nun ja, ich freue mich riesig«, sagte ich und versuchte dabei geflissentlich, den Knoten in meinem Magen zu ignorieren. Wir quatschten über dies und das und der Abend verging wie im Flug. In der Nacht war kaum an Schlaf zu denken. Am nächsten Morgen brachte mich ihr Mann zum Flughafen.

Ein letztes »Tschüss und gute Reise.«

Da stand ich nun, wie ein kleines Kind, dass seine Mutter verloren hatte, auf dem riesigen Flughafen Schiphol. Ich hatte das Gefühl, ein Monster würde mich gleich verschlingen. Dieser Zustand der Einsamkeit hielt nur wenige Sekunden an bis plötzlich ein forsches: »Hallo, bist du auch auf dem Weg nach Florida?«, hinter mir erschallte.

»Ja«, und ein Stein fiel mir vom Herzen, denn nun fühlte ich, das wird der beste Urlaub aller Zeiten. Zwischen Sabine und mir entspann sich sofort ein eifriges Gespräch. Gemeinsam checkten wir ein, um es uns dann im Wartebereich ein bisschen gemütlich zu machen. Wir versuchten herauszufinden, wer wohl ebenfalls mit uns kommen würde. Ein Spiel, das ich auf späteren Reisen noch oft spielen sollte.

»Guck mal, der vielleicht, mit den dicken Wanderschuhen und dem Rucksack.«

»Nein, ich weiß nicht, der sieht schon so alt aus.«

»Oder der mit der kurzen Hose und dem lustigen Haarschnitt.«

»Meinst Du wirklich?«

Unser Blick blieb an einer kleinen Gruppe hängen. Zwei Frauen und zwei Männer, von denen einer wirklich verdächtig aussah. Um den Kopf hatte er ein rotes Tuch geschlungen, am Gürtel hing eine Wasserflasche aus Alu und auf dem Rücken der obligatorische Rucksack.

Ja, das waren sie: Walburga, Sabrina, Gunnar und Holger2. Marion, Kirsten und Michael stießen später zu uns. Noch etwas fremd betraten wir gemeinsam das Flugzeug. Flugangst? Nein, tapfer sein! Ich versuchte, diese Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben. Das gelang mir ganz gut, denn ich war unglaublich gespannt auf alles Neue.

Und schon nahm das Flugzeug Fahrt auf und nach ein paar Sekunden hob es ab in den grauen, verregneten Himmel. Ein letzter Blick auf den Flughafen, dann ging es durch die Wolken der Sonne entgegen. Über Schottland, Island, die Ostküste der USA entlang begann nach zehn Stunden der Landeanflug auf Miami. Ich starrte aus dem Fenster. Unter mir sah ich eine bräunlich-feuchte Landschaft – das mussten wohl die Everglades sein. Dann erschienen in der Ferne die Hochhäuser von Miami und kurze Zeit später setzten wir sanft auf der Landebahn des International Airport auf. Als ich aus dem Flugzeug stieg, kam ich mir vor, wie in einem Traum. Die warme Luft, der sehr blaue Himmel und der feuchte Geruch sagten mir, ich bin in der »Neuen Welt« angekommen. Vor dem Eingang wartete David Hasselhoff mit einem...

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