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Der gleichläufige Doppelschneckenextruder

Grundlagen, Technologie, Anwendungen

VerlagCarl Hanser Fachbuchverlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl842 Seiten
ISBN9783446452350
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis119,99 EUR
Alles zum gleichläufigen Doppelschneckenextruder
Bei der Herstellung von Kunststoffen, insbesondere bei der Aufbereitung und Verarbeitung bis zum Fertigprodukt werden Extruder eingesetzt, wobei der gleichläufige Doppelschneckenextruder eine dominante Rolle spielt. Aber auch in anderen Industriezweigen, z. B. der Kautschuk- und Lebensmittelindustrie und zunehmend in der Pharmaindustrie kommen die Gleichdrallschnecken vielfältig zum Einsatz.
Eine multifunktionale Maschine
Das Fachbuch gibt umfassenden Einblick in die verfahrens- und maschinentechnischen Grundlagen und legt großen Fokus auf Praxisbeispiele.
Meist sind die Schnecken modular aufgebaut und können damit sehr flexibel an veränderte Aufgabenstellung und Produkteigenschaften angepasst werden. Für die optimale Auslegung eines Doppelschneckenextruders sind vertiefte Kenntnisse über die Maschine und den Prozess erforderlich.
Ein Praxisbuch für Einsteiger und Profis
Die zweite Auflage entstand unter Mitwirkung vieler Fachautoren von renommierten Firmen und Hochschulen. Alle inzwischen erfolgten Weiterentwicklungen wurden berücksichtigt. Die zweite Auflage wurde durchgehend neu bearbeitet, ist deutlich erweitert, komplett in Farbe und in neuem Layout.
Mit Zusatzmaterial auf der Website des Herausgebers: Videos, Bilder, Beispiel-Aufgaben, Rechentools
EXTRA: E-Book inside

Dr. Klemens Kohlgrüber absolvierte eine Schlosserlehre und machte die Weiterbildung zum Maschinenbau-Techniker in Köln. Das Studium zum Maschinenbauingenieur in Wuppertal folgte, anschließend das Diplom und die Promotion an der RWTH Aachen. Von 1986 bis 2015 die Tätigkeit bei der Bayer AG, u. a. Leitung der Hochviskos-, Misch- und Reaktortechnik. Parallel dazu mehrjährige Vorlesungen an der Uni Dortmund für Chemiker im Masterstudiengang über Polymeraufbereitung. Mehrjährige Leitung des Arbeitskreises Hochviskostechnik der Forschungsgesellschaft Verfahrenstechnik und ehemals Mitglied im VDI-Fachbeirat Kunststoff-Aufbereitungstechnik. Dr. Kohlgrüber ist Leiter von jährlich stattfindenden VDI-Seminaren über Extruder.

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Leseprobe
1Einleitung
1.1Technisch, wirtschaftliche Bedeutung der Extruder

Klemens Kohlgrüber

1.1.1Extrudertypen und Bezeichnungen

Schneckenmaschinen werden für viele verfahrenstechnische Aufgaben eingesetzt. In der Regel erfolgt der Einsatz in kontinuierlichen Prozessen, wobei eine Schneckenmaschine mehrere verfahrenstechnische Aufgaben gleichzeitig erfüllen kann. Sie ist eine „multifunktionale“ Maschine. Obwohl Schneckenmaschinen weit mehr als extrudieren können, wird meist der Begriff Extruder verwendet. Im älteren deutschen Sprachgebrauch wurden auch die Begriffe „Pressen“ und „Kneter“ verwendet. Entsprechend den alten Gummi-Schneckenpressen wurden Schneckenmaschinen/Extruder für Kunststoffe zunächst auch Kunststoff-Schneckenpressen genannt. Dies kommt zum Beispiel durch den Titel „Schneckenpressen für Kunststoffe“ der ersten Auflage des Buches von Gerhard Schenkel 1959 zum Ausdruck. Die zweite Auflage von 1963 wurde in „Kunststoff-Extrusionstechnik“ umbenannt [1]. Entsprechend dem Buchtitel „Der gleichläufige Doppel-Schnecken-Extruder“ wurden im vorliegenden Buch beide Begriffe, Schnecken und Extruder „eingebaut“.

Die Firma Werner & Pfleiderer erwarb von Bayer Lizenzen für zweiwellige, exakt abschabende, dicht kämmende Gleichdrall-Schneckenmaschinen (Abschnitt 1.2). Sie wurde „ZSK“ genannt und diese Bezeichnung war lange Zeit ein Synonym für diesen Schneckentyp. Die Bezeichnung „ZSK“ von Werner & Pfleiderer (heute Coperion) ist nach dem ehemaligen Mitarbeiter und Buchautor Heinz Herrmann eine Abkürzung für „Zweiwellige Knetscheibenschneckenpresse“ ([2], S.179). Kürzer sagt man heute meist ZSK = „Zwei(wellen)-Schnecken-Kneter“.

Es sind viele synonyme Bezeichnungen für diesen Maschinentyp in Gebrauch, zum Beispiel:

  • Gleichdrall-Doppelschnecken (exakt oder lässig)

  • Gleichdrallextruder

  • Gleichsinnige, dicht kämmende Doppelwellenschnecke

  • Gleichsinnig rotierende Zweischneckenextruder

  • Gleichläufige Doppelschneckenextruder

  • Gleichläufige Zweiwellenextruder

Die dicht kämmende Doppelwellenschnecke mit gleichsinnig drehenden Wellen hat eine dominante Bedeutung unter den „Extrudern“ und wird sehr vielfältig eingesetzt. Eine wichtige Anwendung findet sie bei der Herstellung, Aufbereitung und Verarbeitung von Kunststoffen. Aber auch in anderen Industriezweigen, z. B. der Kautschuk- und Lebensmittelindustrie, kommen die Gleichdrallschnecken vielfältig zum Einsatz.

1.1.2Schneckenmaschinen und Kunststoffe

Die Geschichte der Kunststoffe ist verglichen mit der Geschichte anderer Werkstoffe (z. B. Holz, Metall, Keramik) sehr kurz. Das enorme Wachstum wird in Bild 1.1 besonders anschaulich.

Bild 1.1 Grafik zur Kunststoffentwicklung weltweit in den letzten Jahrzehnten (Ordinate: Millionen Tonnen) [Plastics Europe Deutschland e. V.]

In welchem Zusammenhang steht der Extruder mit der Kunststoffproduktion?

Der Erfolg der Kunststoffe ist eng mit dem Erfolg der Extruder verbunden. Anfänglich wurden die Kunststoffe ausschließlich diskontinuierlich aufbereitet. Das bedingte aber wirtschaftliche Grenzen bei steigenden Produktionsmengen. Weiterhin unterlag das Material bei der diskontinuierlichen Aufbereitung (Batchverfahren) größeren Qualitätsschwankungen. Daher wurden in den 60er Jahren kontinuierliche Aufbereitungsverfahren mit Extrudern entwickelt. Mittlerweile „durchläuft“ fast jeder Kunststoff bei der Aufbereitung und/oder Verarbeitung einen Extruder.

Bild 1.2 zeigt eine typische Kunststoffherstellung mit den Blöcken Reaktion, auch Synthese genannt, Aufbereitung beim Rohstoffhersteller und Compoundeur und dem Block Verarbeitung zum Halbzeug oder Fertigprodukt.

Bild 1.2 Kunststoff-Herstellung mit den Aufbereitungsschritten beim Rohstoffhersteller und beim Compoundeur

Bei der Aufarbeitung und Verarbeitung von Kunststoffen spielt der Extruder eine zentrale Rolle, zum Aufschmelzen, Mischen und Dispergieren. Zwei Verfahrensschritte sollen deshalb genannt werden, siehe im folgenden Abschnitt.

1.1.3Wirtschaftliche Kernfunktionen eines Extruders in der Kunststoffindustrie
  1. Aufschmelzen von Granulaten oder Pulvern

  2. Einarbeitung von Zusatzstoffen oder anderen Polymeren

Weshalb ist der Extruder für den 1. Punkt eine sehr wichtige Maschine?

Kunststoffe werden in der Regel in Granulatform (manchmal auch als Pulver) zwischen Polymerhersteller und Aufbereiter und zwischen Aufbereiter und Verarbeiter gehandelt. Wirtschaftlich dominant sind nur Extruder für das kontinuierliche Aufschmelzen von Granulat.

Weshalb ist der Extruder für den 2. Punkt eine sehr wichtige Maschine?

Kein Polymer kommt nach der Reaktion ohne Zusatzstoffe aus. Es müssen in der Regel schon beim Rohstoffhersteller Zusatzstoffe eingearbeitet werden, damit das Polymer eine ausreichende Stabilität hat. In diesem Zusammenhang wird auf die möglichen Schädigungsmechanismen, Abschnitt 3.4, hingewiesen. Weiterhin werden die Polymere durch Zusatzstoffe modifiziert. Dadurch werden sie erst gebrauchsfertig und können besser verarbeitet werden. Auch entstanden und entstehen beim Compoundeur durch Zusatzstoffe und Blends viele neue Produkte mit „Tailor-made proporties“. Die Geschichte hat gezeigt, dass neue Kunststoffe hauptsächlich auf diesem Wege entstehen, nicht durch die Entwicklung neuer Basispolymere. Fazit: Extruder werden bei der Aufbereitung bestehender Produkte und Neuentwicklung von Produkten sehr erfolgreich eingesetzt. Das folgende Bild 1.3 der Firma Coperion gibt einen Eindruck von den verkauften Stückzahlen der Compoundiermaschinen.

Bild 1.3 Bedeutung der Compoundierextruder [Coperion GmbH]

Die Firma Krauss Maffei Berstorff hat ebenfalls „mehrere Tausend Zweischneckenextruder“ gebaut, wie zur Chinaplast April 2016 mitgeteilt wurde.

Die Kernfunktion, das Einarbeiten von Zusatzstoffen, erfordert eine gute Misch- und Dispergierfähigkeit vom Extruder. Hier liegt eine der Stärken des gleichläufigen Doppelschneckenextruders. Im Bereich des Produktaustrages wird ein Druckaufbau benötigt und das Produkt muss in der Regel über die Gehäusewände gekühlt werden. Diese Funktionen kann der Extrudertyp nur mit geringer Effektivität leisten. Das liegt am schlechten Pumpwirkungsgrad (Kapitel 4) und der bei Großmaschinen eingeschränkten Kühlfähigkeit (Kapitel 6).

Das Compoundieren wird ausführlich in den Abschnitten 1.3 und 8.1 erläutert. Neben der Beschreibung der Funktionszonen und Prozessgrößen werden praxisrelevante Hinweise zur Auslegung von Compoundiermaschinen gegeben.

1.1.4Extrudertypen und Vorteile von dicht kämmenden Gleichdrallschnecken

Es gibt verschiedene Schneckenmaschinen bzw. Extruder, die sich zum Beispiel nach der Anzahl der Wellen einordnen lassen, Bild 1.4.

Bild 1.4 Einteilung der Schneckenmaschinen/Extruder nach der Wellenanzahl

Die einwelligen Maschinen mit glattem Gehäuse sowie jene mit genutetem Gehäuse oder mit gestiftetem Gehäuse werden in der Kunststoffverarbeitung meist zum Aufschmelzen und zum Druckaufbau verwendet. Da deren Mischwirkung begrenzt ist, werden für Compoundieraufgaben oft Gleichdrallschnecken mit zwei Wellen eingesetzt. Dieser Vorteil wird vorstehend als eine Kernfunktion bezeichnet.

Für spezielle Anwendungen wurde auch eine konische Gleichdrall-Ausführung entwickelt. Weiterhin gibt es mehrwellige Extruder, die teils sogar die Geometrie von Zweiwellenschnecken aufweisen, zum Beispiel der Ringextruder der Firma Extricom. Mehrwellige Extruder werden an anderer Stelle ausführlicher vorgestellt und verglichen [3].

Die Gleichdrallschnecken sind modular aufgebaut und können damit sehr flexibel an veränderte Aufgabenstellungen und Produkteigenschaften angepasst werden. Ein weiterer wesentlicher Vorteil der dicht kämmenden Gleichdrallschnecke im Gegensatz zu den einwelligen Maschinen ist, dass sich die Gewinde bis auf die notwendigen Spiele exakt abschaben. Die Schnecken und damit die Maschine wird daher als kinematisch „selbstreinigend“ bezeichnet. Gegenüber einer normalen Einwellenschnecke, bei der die Welle nur das Gehäuse ‒ bis auf das Spiel Schnecke zu Gehäuse ‒ abreinigen kann, reinigen sich bei der dicht kämmenden Gleichdrallschnecke auch die Wellen gegenseitig. Gedanklich kann deshalb die Zweiwellenschnecke auch als Einwellenschnecke mit einer Hauptwelle und einer zweiten „Putzwelle“ verstanden werden.

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