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Der Jugoslawien-Konflikt. Eine Herausforderung für die Außenpolitik und Sicherheitspolitik der EU?

AutorSascha Pfeiffer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl71 Seiten
ISBN9783668115712
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: Südosteuropa, Balkan, Note: 3,0, Bergische Universität Wuppertal (Politikwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Europa sollte nie wieder ein 'Srebrenica' auf seinem Gewissen haben. Den Hasstürmen, die dort im Juli 1995 ihre bittere Ernte einfuhren, hätte man Einhalt gebieten können, wenn wir als ihre Nachbarn die Fähigkeit und die Entschlossenheit zum Handeln gehabt hätten. Dies müssen wir beides finden.' Diese Äußerung von Pat Cox, dem Karlspreisträger von 2004, zeigt deutlich, in welchem Dilemma Europa auch noch knapp 45 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges steckte und auch noch heute steckt. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa kam die Erkenntnis, dass es nie wieder zu einer solchen Katastrophe auf dem europäischen Kontinent kommen sollte. Die ehemaligen 'Erbfeinde' Frankreich und Deutschland beschlossen im Bereich der Montanunion, der EGKS und EWG immer stärker zu kooperieren um gegenseitiges Misstrauen abzubauen und dadurch Vertrauen für zukünftige Kooperation und Integration zu schaffen. Aus diesen ersten frühen Institutionen ist schließlich die Europäische Union hervor gegangen. Die zunehmende Integration und Verflechtung zwischen den Staaten der EU führte zu einem immer größer werdenden Wohlstand und dem Glauben, dass Europa die Geisel des Krieges für alle Zeit überwunden habe. Doch im Schatten des westlichen Wohlstandes, tat sich auf dem Balkan, direkt wenn man so will auf der Türschwelle zu Europa ein Konflikt auf, welcher die Handlungsunfähigkeit der EU bei solchen Krisen zeigte. Dabei reichen die Wurzeln dieses Konflikts bis weit vor den Ersten Weltkrieg zurück. Die Idee zur Bearbeitung dieses Themas kam dem Autor im Rahmen einer neuen Welle von Gewalt im Kosovo Anfang des Jahres und mit Blick auf den Beitritt Kroatiens zur EU. Da die Geschichte und Politik Südosteuropas im Rahmen des gewählten Studiengangs nicht ausreichend tiefgehend betrachtet werden konnte, lag die Wahl des Themas naheliegend.

2009 Abitur am Städtischen Gymnasium Vogelsang in Solingen Anschließend Studium an der Universität zu Köln, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf und Bergische Universität Wuppertal. Fächer Geschichte, Germanistik, Sozialwissenschaften und Anglistik. 2013 Bachelor of Arts Geschichte/Germanistik 2014 Master of Arts European Studies

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Leseprobe

4. Historische Entwicklung auf dem Balkan bis 1989


 

Die Balkanhalbinsel oder auch kurz der Balkan ist eine geographisch nicht ganz eindeutig abgegrenzte Region im Südosten Europas. Umschlossen wird das Gebiet vom Mittelmeer. Der heute größte Flächenstaat ist Griechenland, ganz im Süden der Halbinsel. Im Norden reicht der Balkan bis an das heutige Ungarn heran.

 

Wenn in den Medien heutzutage vom Balkan die Rede ist wird dies meistens mit Begriffen wie Chaos, Gewalt, Zersplitterung und Rückständigkeit im Westbalkan assoziiert. Diese negative Konnotation geht auf den Zerfall Jugoslawiens und die daran anschließenden blutigen Jugoslawienkriege während der 1990er Jahre zurück.

 

Mit dem Zerfall der Habsburgermonarchie 1918 stellte sich die Frage nach der Zugehörigkeit des Westbalkans. Dieses Gebiet hatte zuvor stets zu Österreich-Ungarn gehört. Schließlich fiel die Entscheidung einen unabhängigen jugoslawischen Staat zu gründen, welcher als Staatsform eine Monarchie hatte. Das Staatsterritorium umfasste dabei das heutige Serbien, Kroatien, Slowenien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina. Die Staatsgründung geschah unter dem Expansionsdruck seitens Italiens, wodurch eine Entscheidung über die endgültige Verfassung für den neuen Staat verschoben wurde. Über die Staatsform hatte es zuvor entgegengesetzte Auffassungen gegeben. So wollten die Slawen, welche bis zum Zerfall Österreichs-Ungarns zur Habsburger Monarchie gehört hatten eine Monarchie, während die Serben einen zentralistischen Einheitsstaat bevorzugten. Die daraus resultierenden Gegensätze konnten in der fast siebzig Jahre andauernden Geschichte Jugoslawiens nie völlig überwunden werden und waren die Keimzelle der späteren Konflikte. Die zweite Keimzelle des Konflikts zeigte sich in der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des neuen Staates. So waren die ehemals zur Habsburger Monarchie gehörenden Gebiete im Norden wirtschaftlich besser entwickelt und leisteten den größten Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Tendenziell existierte ein Nord-Süd-Gefälle, welches auch bis zur Endphase Jugoslawiens gegen Ende des 20. Jahrhunderts, noch nicht behoben worden war.[6]

 

Die knapp 23 Jahre von der Staatsgründung 1918 bis zur Kriegserklärung des Deutschen Reichs an Jugoslawien 1941 reichten nicht, um das Land so zu stabilisieren, dass es entscheidenden Widerstand gegen die Wehrmacht leisten konnte. Daher gelang es den deutschen Streitkräften Jugoslawien innerhalb weniger Tage zu besiegen und sich die innere Uneinigkeit zunutze zu machen, um den Staat zu zerschlagen. Dabei wurden einige Teil vom Deutschen Reich annektiert, andere wurden an Ungarn, Bulgarien und an Albanien angeschlossen.[7] Kroatien bekam zudem eine faschistische Marionettenregierung, welche dem Deutschen Reich treu ergeben war. Innerhalb dieser Kriegs - und Zerfallswirren bildete sich ähnlich wie in anderen vom Deutschen Reich okkupierten Gebieten eine Widerstandsbewegung. Auf dem westlichen Balkan bildete sich schließlich die von Josip Broz Tito geführte und Dominate kommunistische Partisanengruppierung. Doch anders als zum Beispiel der französische Widerstand gegen die deutsche Besatzung, war der jugoslawische Widerstand gezeichnet von einem inneren Bürgerkrieg mit vielen Fronten. So kämpften Titos Partisanen gegen eine weitere Unabhängigkeitsbewegung, welche als Tschetniks bekannt war. Die Kämpfe zwischen diesen Gruppierungen wurde mit äußerster Härte geführt und verliefen entlang der ethnischen Grenzen innerhalb Jugoslawiens. Diese Zersplitterung führte dazu, dass die mit Abstand meisten Kriegsverbrechen nicht etwa von den deutschen Besatzungstruppen, sondern vielmehr von den innerjugoslawischen Widerstandsgruppen begangen wurden. So waren es kroatische Truppen, welche zehntausende serbische Zivilisten und Juden, die in ihrem Machtbereich lebten, ermordeten. Auf der anderen Seite brachten serbische Tschetniks zehntausende Kroaten um und bosnische Muslime ließen sich gar für die Waffen-SS anwerben. Am Kriegsende erschossen kommunistische Partisanen im Massaker von Bleiburg tausende Slowenen und Kroaten, welche im Krieg auf Seiten der Achsenmächte gekämpft hatten.[8]

 

Das Kriegsende brachte zudem den Aufstieg Titos an die Macht mit sich. Die kommunistischen Partisanen setzen sich durch und versuchten, nachdem sie die innenpolitischen Gegner ausgeschaltet hatten, dass ethnische Problem Jugoslawiens durch eine neue föderale Verfassung zu lösen. Zu diesem Zweck wurde der Mythos installiert, dass ethnisch gemischte Partisaneneinheiten, welche zudem noch alle kommunistisch waren, gemeinsam gegen die faschistischen Besatzer gekämpft hatten und somit letztlich den Sieg errungen hatten. Die dabei innerhalb Jugoslawiens begangenen Kriegsverbrechen wurden hingegen komplett verschwiegen und eine Aufarbeitung dieser dunklen Jahre der jugoslawischen Geschichte fand unter Tito nicht statt. Vielmehr ging es darum eine Einheitsgefühl durch einen gemeinsamen Sieg zu erreichen.[9]

 

Nach Kriegsende wurde Jugoslawien als sozialistischer und föderaler Staat neugegründet und das Staatsgebiet von Tito neu strukturiert. Die Kommunisten errichteten bis 1945 sechs Teilrepubliken auf dem Gebiet Jugoslawiens: Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina. Dabei wurde Mazedonien und Montenegro von Serbien abgetrennt, um die im ersten jugoslawischen Staat so dominierenden Serben zu schwächen. Zudem wurde das ethnisch stark gemischte Bosnien-Herzegowina eine eigene Teilrepublik, da Tito nicht gewillt war, diesen Teil den Serben oder Kroaten zu überlassen. Da trotz dieser Neustrukturierung Serbien immer noch die stärkste Teilrepublik war, kamen später noch die autonome Regionen Vojvodina und Kosovo hinzu.[10]

 

Zeitgleich mit der geographischen Neustrukturierung wurde auch das Wirtschaftssystem auf Basis der kommunistischen Idee neu gestaltet. Industrie und Banken wurden gänzlich verstaatlicht und Großgrundbesitz aufgeteilt. Eine Kollektivierung der Landwirtschaft wie in anderen kommunistisch geprägten Ländern, gab es in Jugoslawien hingegen nie.

 

Während des Kalten Krieges gelang es Tito Jugoslawien außenpolitisch von der Sowjetunion zu lösen und als Führer der Bewegung der blockfreien Staaten aufzutreten. Somit war Jugoslawien in dieser Zeit außenpolitisch ein Erfolg. Gerade diese Lossagung von der Sowjetunion führte dazu, dass das Land auch massive Wirtschaftshilfen aus dem Westen erhielt und zeitgleich enge Handelsbeziehungen mit dem Ostblock pflegen konnte. Bis in die 70er Jahre wurde dadurch der Eindruck gewahrt, dass das sozialistische Wirtschaftssystem in Jugoslawien durch aus erfolgreich war. Die Lebensverhältnisse besserten sich auf das gesamte Staatsgebiet gesehen tatsächlich, allerdings gelang es nicht die südlichen Republiken wirtschaftlich zu entwickeln und die bis dahin erreichten Lebensverhältnisverbesserungen, waren nur durch eine enorme Staatsverschuldung erreicht worden. Auch die Tatsache das zehntausende Gastarbeiter nach Westeuropa gegangen waren, konnte nicht über die hohe Arbeitslosigkeit hinwegtäuschen, welche nicht in den Griff zu bekommen war, da die südlichen Regionen einfach nicht entwickelt genug waren.[11]

 

Ab Ende der 1960er Jahre verschärften sich die innenpolitischen Spannungen wieder, welche sich an der Frage nach der Standartsprache entzündeten. So entstand die Bewegung Kroatischer Frühling. Die Bewegung forderte mehr Rechte für die kroatische Volksgruppe, wurde jedoch 1971 von Tito niedergeschlagen.[12]

 

Als Folge immer neuer kleinerer Konflikte, verfasste Tito 1974 eine neue Verfassung, welche den Teilrepubliken und autonomen Regionen mehr Rechte einräumte. Zudem wurde die Nachfolgeregelung festgelegt. Tito war gemäß Verfassung Präsident auf Lebenszeit und wollte das nach seinem Ableben ein kollektives Staatspräsidium gegründet werden sollte. Den Vorsitz über dieses Präsidium sollte reihum ein Präsident aus einer der Teilrepubliken erhalten, damit keine der Teilrepubliken wieder dominant über die anderen werden konnte. Mit dem Tod Titos 1980 trat diese Regelung schließlich in Kraft.[13]

 

Doch schon bald nach Titos Ableben wurde deutlich, dass es nur an der charismatischen Kraft Titos gelegen hatte, dass Jugoslawien nicht durch seine eigenen inneren Konflikte auseinander gerissen wurde. Die unterschiedlichen Nationalismen wurden so stark, dass ein auseinander brechen nicht mehr aufzuhalten war. Zwar bestanden die Regierungsorgane formal noch bis Ende der 1980er Jahre, doch die Politik wurde zunehmend in den Republiken gemacht. Die 80er Jahre waren daher geprägt von einer Reihe gegenseitiger Schuldzuweisungen, wer nun für den Zerfall Jugoslawiens verantwortlich sei. Zudem ging es darum, welches Volk die größten Ungerechtigkeiten zu erdulden hatte. Die ethnischen Konflikte traten dabei immer stärker in den Vordergrund. Außerdem gab es eine weitverbreitete Unzufriedenheit im dem undemokratischen Sozialismus. Anders als in anderen Kommunisten Staaten, gab es in Jugoslawien aufgrund der ethnischen Spannungen jedoch nicht den Versuch von Reformen, um dieser Unzufriedenheit entgegen zu wirken.[14]

 

Mit dem Auftreten der albanischen Protestbewegung...

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