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Der Nießbrauch am Anteil einer Personengesellschaft. Zivilrechtliche Grundlagen und steuerliche Behandlung

AutorThomas Weber
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl62 Seiten
ISBN9783668489783
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Jura - Steuerrecht, Note: 2,0, Universität des Saarlandes, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit werden die zivilrechtlichen Grundlagen des Nießbrauchs als allgemeiner Gestaltungsspielraum dieses Rechtsverhältnisses erläutert und die steuerlichen Folgen betrachtet. Dabei werden zivil- und steuerrechtliche Streitfragen aufgegriffen und beantwortet. Der Schwerpunkt liegt insbesondere in den gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten und Folgen der Nießbrauchgestaltung hinsichtlich der Rechte des Nießbrauchers gegenüber Gesellschaft und Nießbrauchbesteller und der ertragsteuerlichen Würdigung der Gestaltungsalternativen. Dabei werden auch die Kernfragen der umsatzsteuerlichen Behandlung thematisiert. Vor dem Hintergrund des Nießbrauchs als Gestaltungsinstrument der vorweggenommenen Erbfolge wird ein Überblick über die schenkungs- und erbschaftsteuerlichen Folgen vermittelt.

Der Autor hat 2009 nach dem Abitur für die Finanzverwaltung des Saarlandes Fachhochschule für Finanzen in Edenkoben und im Finanzamt Saarlouis dual Finanzwirtschaft studiert und 2012 mit dem Titel "Diplom-Finanzwirt" abgeschlossen. Von 2013 bis 2015 hat er nebenberuflich den Masterstudiengang "Wirtschaftsrecht für die Unternehmenspraxis" absolviert und 2015 den Titel "Master Of Laws - L.L.M." von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes erhalten. Im Jahrgang 16/17 hat er im ersten Anlauf das Steuerberaterexamen bestanden. Zuletzt war er beim Finanzamt Saarlouis beschäftigt und dort für die Veranlagung von Kapitalgesellschaften zuständig. Inzwischen hat er die Finanzverwaltung verlassen und arbeitet als Steuerberater für die Dornbach GmbH in Saarbrücken.

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Leseprobe

B. Steuerliche Behandlung


 

I. Ertragsteuerliche Behandlung des Nießbrauchs


 

1. Zurechnung der Einkünfte aus dem Anteil, § 2 Abs. 1 EStG


 

Gem. § 2 Abs. 1 EStG unterliegen die Einkünfte der Besteuerung, welche unter eine der sieben Einkunftsarten fallen. Der Gewinn aus dem Anteil einer (gewerblichen) Personengesellschaft unterliegt gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als gewerbliche Einkünfte der Einkommensteuer. Dabei sind die Gewinnanteile (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 1 EStG) sowie die Tätigkeits- Darlehens- und Mieteinkünfte des Gesellschafters für seine Dienste in der Gesellschaft (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 1 EStG) dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen, der als Mitunternehmer anzusehen ist.

 

Die Frage nach der Mitunternehmerstellung des Nießbrauchbestellers und des Nießbrauchers ist deshalb für die Zurechnung der Einkünfte aus dem Anteil von elementarer Bedeutung.

 

Mitunternehmer ist grundsätzlich, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist, unternehmerische Initiative entfalten kann und ein unternehmerisches Risiko trägt[93]. Mitunternehmerinitiative ist die Teilhabe an den unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft, wobei als Mindestmaß eine der Rechtsposition des Kommanditisten nach dem HGB oder eine den Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechende Teilhabe ausreichend ist[94]. Mitunternehmerrisiko gilt bei einer Beteiligung an Gewinn, Verlust und stillen Reserven als gegeben[95]. Die Merkmale können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein, Mitunternehmerrisiko und -initiative müssen aber vorliegen. Es ist im konkreten Fall eine Würdigung der rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtumstände durchzuführen[96].

 

a) Mitunternehmerstellung des Nießbrauchverpflichteten

 

aa). Gesellschafterstellung

 

Der Nießbrauchverpflichtete ist beim Anteilsnießbrauch stets zivilrechtlich Gesellschafter der Personengesellschaft, da der Anteil allein in seiner Hand verbleibt und lediglich das Nutzungsrecht auf den Nießbraucher übergeht.

 

bb). Mitunternehmerinitiative

 

Zwar verliert der Nießbrauchverpflichtete mit der Einräumung des Nießbrauchs nach der hier vertretenen Auffassung grundsätzlich, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde, die Zuständigkeit zur Teilhabe an der unternehmerischen Gestaltung soweit die Substanz des Anteils nicht betroffen ist (s.o.), allerdings verbleiben ihm das Stimmrecht und ggf. die Geschäftsführungsbefugnis in Angelegenheiten, die die Substanz des Unternehmens betreffen, sowie die in diesem Zusammenhang stehenden Informations- und Kontrollrechte. Auch die Zustimmungsbedürftigkeit in bestimmten Angelegenheiten gem. § 1071 BGB nimmt nicht dem Gesellschafter das betreffende Recht, sondern gewährt vielmehr dem Nießbraucher darüber hinaus ein eigenes Recht[97]. Der Zuständigkeitsverlust des Gesellschafters bei der Mitwirkung zugunsten des Nießbrauchers führt somit nicht zum Verlust der Mitunternehmerinitiative[98].

 

Zu einem anderen Ergebnis kommt man jedoch, wenn im Einzelfall vereinbart wird, dass der Nießbraucher allein zur Ausübung jeglicher Mitwirkungsrechte befugt ist oder er sich im Fall des Vorbehaltsnießbrauchs diese vorbehält[99].

 

cc) Mitunternehmerrisiko

 

Durch den Nießbrauch steht der laufende Gewinn aus dem Anteil dem Nießbraucher zu (s.o.). Dennoch bleiben auch dem Gesellschafter, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde, hinreichend erfolgsabhängige Vermögensrechte. So partizipiert allein der Gesellschafter an den nicht entnahmefähigen Gewinnen, den stillen Reserven und in diesem Zusammenhang entstehenden außerordentlichen Erträgen, dem Geschäftswert und dem Auseinandersetzungsguthaben, trägt darüber hinaus die Verluste unmittelbar alleine und haftet nach außen (nach näherer gesetzlicher/gesellschaftsvertraglicher Maßgabe). Er nimmt damit an der Erfolgsentwicklung der Gesellschaft teil und hat deshalb Mitunternehmerrisiko[100].

 

Ausnahmsweise entfällt das Mitunternehmerrisiko für den Gesellschafter, nämlich wenn im Einzelfall vereinbart wird, dass sämtliche Gewinne dem Nießbraucher zufließen und insofern kein Raum für stille Reserven verbleibt, die dem Gesellschafter zustehen oder dem Nießbraucher auch die außerordentlichen Erträge zustehen[101].

 

b) Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers

 

aa) Gesellschafterstellung

 

Der Nießbraucher wird zivilrechtlich durch das Nießbrauchverhältnis nicht Gesellschafter der Personengesellschaft, sondern lediglich dinglich berechtigt an dem Anteil eines Gesellschafters (s.o.). Allerdings kann auch Mitunternehmer sein, wer zwar zivilrechtlich nicht Gesellschafter ist, aber in einem wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis zur Gesellschaft steht[102]. Das Nießbrauchverhältnis ist ein vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis. Der Nießbraucher hat wie die Gesellschafter auch regelmäßig ein wirtschaftliches Interesse daran, den gemeinsamen Zweck der Gesellschaft zu fördern. Er ist im Regelfall mit Stimm- Kontroll- und Sicherungsrechten ausgestattet und kann deshalb einem Gesellschafter ähnlich in der Gesellschaft agieren. Aus diesem Grund ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Nießbraucher trotz fehlender Gesellschafterstellung als Mitunternehmer anzusehen[103].

 

bb) Mitunternehmerinitiative

 

Sofern nichts Abweichendes vereinbart ist, hat der Nießbraucher nach der hier vertretenen Auffassung Teilhabe an den unternehmerischen Entscheidungen, die nicht die Substanz des Anteils berühren (s.o.). Darüber hinaus stehen ihm wie dem Gesellschafter Informations- und Kontrollrechte zu. Die Stellung des Nießbrauchers in der Gesellschaft entspricht damit bezogen auf die Mitwirkungsrechte mindestens der eines Kommanditisten. Ist zwischen den Parteien nichts Abweichendes vereinbart, hat der Nießbraucher somit Mitunternehmerinitiative.

 

Wird er hingegen durch eine entsprechende Vereinbarung von der Mitwirkung soweit ausgeschlossen, dass er keine Widerspruchs- und Kontrollrechte und keinen Einfluss auf die Geschäftsführung und die Beschlussfassung hat, so ist die Mitunternehmerinitiative zu verneinen[104].

 

cc) Mitunternehmerrisiko

 

Das unternehmerische Risiko ist beim Nießbraucher naturgemäß gering ausgeprägt. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse[105]. Zwar ist der Nießbraucher, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde, nicht unmittelbar am Verlust und an den stillen Reserven beteiligt. Allerdings ist weder eine unmittelbare Verlustbeteiligung noch eine unmittelbare Beteiligung an den stillen Reserven, dem Firmenwert und dem Anlagevermögen zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Mitunternehmerrisikos, sondern allein die Tatsache, dass finanzieller Erfolg und Misserfolg der Gesellschaft auch den Nießbraucher wirtschaftlich berühren[106]. Grundsätzlich ist der Nießbraucher unmittelbar allein am entnahmefähigen laufenden Gewinn beteiligt. Daraus ergibt sich jedoch auch eine mittelbare Beteiligung am Verlust, denn ein solcher vermindert die entnahmefähigen Gewinne unter Umständen bis in die Folgejahre. So muss der Nießbraucher Verluste zwar grundsätzlich nicht persönlich oder mit einer Einlage tragen, wirtschaftlich berühren sie ihn dennoch mittelbar. Auch eine mittelbare Beteiligung an den stillen Reserven ist grundsätzlich gegeben für den Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder die Liquidation der Gesellschaft, denn am Abfindungsanspruch bzw. am Auseinandersetzungsguthaben des Gesellschafters setzt sich der Nießbrauch fort (s.o.). Auf diese Weise nimmt der Nießbraucher grundsätzlich an der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft teil und trägt damit ein Mitunternehmerrisiko[107].

 

Erhält der Nießbraucher davon abweichend jedoch einen gewinnunabhängigen Sockelbetrag, entfällt insofern für ihn das finanzielle Risiko, da auch im Verlustfall Beträge an ihn geleistet werden. Er nimmt dann nicht mehr an der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft teil und kann trägt deshalb auch kein Mitunternehmerrisiko[108].

 

c) Folgen

 

aa) Einfache Mitunternehmerstellung

 

(1). Einfache Mitunternehmerstellung des Gesellschafters

 

Ist der Gesellschafter nach der Nießbrauchvereinbarung als alleiniger Mitunternehmer des Nießbrauchverhältnisses zu betrachten, so erfüllt auch nur er die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG. Ihm ist somit der komplette steuerliche Gewinnanteil zuzurechnen.

 

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