1Was fliegt denn da? Oder: Wie mich das Virus der Helifliegerei befiel
Bei Spaziergängen im Grünen siehst du sie immer öfter – die Spezies der Modellflieger. Diese Spezies ist sehr naturverbunden und lebt und pflegt das Hobby zu jeder Jahreszeit, solange die Akkus nicht einfrieren oder der Motor nicht den Hitzetod erleidet. Wenn du auf Modellflieger triffst, sei nicht schüchtern und sprich sie an (bitte nicht, wenn sie gerade ihr Modell steuern). In der Regel (Ausnahmen bestätigen diese) sind sie sehr umgänglich, kommen gerne ins Gespräch, fachsimpeln und berichten gerne von ihrem Hobby. Die Vielfalt der geflogenen Modelle ist mittlerweile sehr groß – von den einfachsten Modellen mit EPO/EPP-Schaum-Rümpfen (»Schaumwaffeln« – böse Zungen sagen auch »fliegendes Verpackungsmaterial«) über Modelle aus Kunststoff bis hin zu Fluggeräten aus Hightech-Werkstoffen wie glasfaserverstärktem Kunststoff/carbonfaserverstärktem Kunststoff, Titan oder Flugzeugaluminium. Angetrieben werden sie von Elektro- oder Verbrennungsmotoren oder sogar von Miniaturturbinen, die mit Kerosin betrieben werden.
Die Voraussetzungen, um Helikopter zu fliegen, sind recht einfach. Diese Modelle können schon bei wenig Wind auf der gemähten Wiese gestartet und gelandet werden (Flugzeuge brauchen dagegen eine Start-/Landebahn). Bei den Modellen ist die Vielfalt mittlerweile sehr groß und umfangreich: von kleinen, quirligen 18-g-Helikoptern mit einem Rotordurchmesser von ca. 180 mm bis hin zu der großen Klasse der 800er-Helikopter mit einem Gewicht bis 8000 g und einem Rotordurchmesser von 1780 mm, nach oben offen. Ganz zu schweigen von den großen Scale-Modellen: Originalnachbauten mit Modellturbinen und Rotordurchmessern bis zu 3,5 m und einem Gewicht bis zu 45 kg oder mehr. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Bei der Modellklasse 18 g (eher Spielzeug) habe ich mich seinerzeit mit dem »Virus« der Fliegerei – insbesondere der Helifliegerei – angesteckt. Im April findet in Dortmund regelmäßig die Ausstellung »Intermodellbau« statt. Jedes Jahr gibt es bei der fliegenden Zunft ein Jahresgimmick für kleines Geld und gute Laune. In besagtem Jahr waren es die winzigen Zweikanal-Hubschrauber der verschiedenen Hersteller, die um die Stände flogen und um die Gunst des Publikums buhlten. In verschiedenen Designs kreisten sie knapp über die Oberkanten der Messestände. Helikopter fliegen kam für mich bis dahin nicht in Frage, aufgrund der enormen Anforderungen an die Technik, den Piloten und nicht zuletzt an den kleinen ledernen Taschensafe.
Hier und jetzt boten die Händler diese kleinen »Wunderwerke« plötzlich für einen geringen Preis (25,- € Messepreis) an. Kurzum, ich konnte nicht widerstehen, das Geld ging über den Tisch, und kurze Zeit später war ich stolzer Besitzer meines ersten Helikopters. Ich konnte die Begeisterung auch in den Augen der anderen Käufer erkennen. Träume vom eigenen Helikopter und vom Fliegen wurden wahr. Natürlich musste ich jetzt schnell nach Hause und den Heli ausprobieren. Einen Satz Batterien hatte ich noch im Supermarkt besorgt, und dann ging es los.
Das Modell wurde ausgepackt, die Fernsteuerung mit den Energiespendern bestückt und der Heli zum »Tanken« daran angeschlossen. Während des Ladens überflog ich die Bedienungsanleitung und die Hinweise für die ersten Flüge. Ca. 10 Minuten später signalisierte mir die Fernsteuerung die erste Starterlaubnis. Der Wohnzimmertisch wurde abgeräumt, der Heli in der Mitte platziert und ein Funktionscheck gemacht – sah gut aus! Wie stand es noch in der Anleitung? »Den linken Steuerknüppel zügig nach vorne drücken!« Das habe ich auch so gemacht, und prompt hob der kleine Heli vom Tisch ab und wurde immer schneller. Die Zimmerdecke näherte sich dem Heli dramatisch schnell, und ich beschloss, spontan den Notfallplan einzuleiten – Gas weg! In diesem Moment wurde der Heli zu einem Stein – zumindest verhielt er sich wie einer, als er fiel.
»Verflixt – das kann doch nicht sein, das sah vorhin doch so einfach aus. Egal – das hat der Typ hinter dem Stand hingekriegt, das kriege ich auch hin.« Mein Ehrgeiz war geweckt. Ich überlegte, wie ich üben konnte, ohne dass es für den Heli gefährlich wurde.
Mein Dank an dieser Stelle gilt auch Melanie, meiner Partnerin. Sie zeigte ein ungeheures Verständnis und brachte immer viel Geduld für mich und mein Hobby auf, auch nachdem der Heli mal hinter dem Sofa, mal knapp neben der Vitrine landete. Selbst den spontanen Flugangriff auf den Flachbildfernseher und auf ihre Haare hat sie mir verziehen. Vielen Dank dafür.
Ich brauchte schnell einen neuen Platz zum Üben – aber wo? Draußen war es noch nicht sicher genug (Wind). Die anderen Räume waren für den »Kleinen« zu gefährlich. Alle Räume ungeeignet? Nein nicht alle – da war noch das Schlafzimmer. Und ein kurzer Kontrollblick zeigte: Das Schlafzimmer war perfekt!
Mein neues Trainingsareal war gefunden und sofort besetzt. Ab sofort hatte das Schlafzimmer eine neue Bezeichnung – »AREA 52«. Es war ideal und mit einem 2 x 2 Meter großen, gefederten Heli-Port ausgestattet – dem Bett. Es erwies sich als äußerst praktisch, hier zu üben und hier auch die einzelnen Steuerfunktionen zu testen. Zuerst habe ich nur die Drehzahl erhöht (Gas geben und wegnehmen). Hierbei kristallisierte sich heraus, dass ich, sobald der Heli sich zu schnell in Richtung Boden bewegte, mit einem kurzen Gas-Schub entgegenwirken konnte. Innerhalb der nächsten drei (bis gefühlten 20) »Tankladungen« konnte ich den kleinen Heli schon gut auf Höhe und Position halten. Jetzt kam der Moment, in dem ich auch durch den gesamten Raum fliegen und noch die anderen Steuerfunktionen einsetzen wollte. Das verlief am Anfang etwas holprig, allerdings stellte sich auch hier nach weiteren drei »Tankladungen« langsam der Erfolg ein. Und – das kannst du mir glauben – ich war danach erst einmal ziemlich geschafft, wobei sich aber ein breites Grinsen in meinem Gesicht nicht verbergen ließ.
Die nächsten Tage verhießen tolles Wetter. Für einen Modellflieger gelten andere Kriterien für gutes Wetter: Es kann durchaus bewölkt und windig sein, allerdings sollte es vorzugsweise windstill sein, und gute Sichtverhältnisse sind für den Heli meist nötig. Das hängt vom jeweiligen Modell ab. Da mein Heli mit ca. 18 g nicht unbedingt die »Macht an Masse« war, hatte er mit leichten Böen schon ganz schön zu kämpfen. Aber zurück zum tollen Wetter: Sonne, kein Wölkchen am Himmel und null Wind. Ich bin also raus auf die Terrasse, habe den »Kleinen« auf den nicht wirklich kurz gemähten Rasen gesetzt und versuchte ihn zu starten. Der Rasen war zu hoch. Kurzerhand habe ich ein Brett als Startplatz ausgelegt und wieder den Knüppel nach vorne gelegt – wow! Keine störende Zimmerdecke mehr, keine Wände, die sich unaufgefordert dem Heli näherten. Es ging einfach nur frei ab in den Himmel. Nach gefühlten 30 Metern (reell – vielleicht 5 bis 6 m) ließ sich der Heli nicht mehr steuern. Es kam, was kommen musste – die Transformation zum Stein. Der Heli sackte durch und fiel mit den gesamten 18 g zu Boden. Anmerkung der Redaktion: »Gut, dass der Rasen noch nicht gemäht war!«
Abbildung 1.1 – Zweikanalhubschrauber der Marke Silverlit. Mit einem »2-Kanal-Zwerg« dieser Art hat alles angefangen.
Die Schadensmeldung ergab: Alles in Ordnung! Wirklich alles? Nein, aus irgendeinem Grund sprach die Fernsteuerung nicht mehr an. Kurze Zeit später war es dann klar: Wie es in der Bedienungsanleitung stand, die ich ja »gründlich« gelesen hatte, arbeitet die Steuerung mit einem Infrarot-Signal. Die Sonnenstrahlen enthalten auch Infrarot-Wellen – der Abstand zum Modell war vermutlich zu groß und es bestand keine richtige Verbindung mehr. Der Heli war bei sehr heller Sonnenstrahlung und zu großer Entfernung nur noch eingeschränkt bis gar nicht mehr steuerbar.
Jetzt wusste ich, wie ich es angehen musste: Den Heli nicht zu weit fliegen lassen, möglichst auch im Schatten bleiben. Und siehe da: Er flog, und zwar so wie ich wollte. Ich steuerte den Heli und nicht er mich.
Mein erster »fliegender Akkuschrauber«!
Jetzt war es um mich geschehen. Ich wollte mehr und machte mich auf die Suche nach neuem und größerem Gerät.
Fortsetzung folgt!
1.1Ich will richtige RC-Hubschrauber fliegen! Was kommt jetzt? – Die Vorbereitung!
Ich habe mich natürlich auch vor meinen Rechner geklemmt und in der bunten und bewegten Welt von YouTube nach Filmen zum Thema gesucht. Nachdem ich über den Suchbegriff »RC Heli« schon an Videos von begeisterten Modellfliegern gekommen war, suchte ich später gezielter nach folgenden Einträgen:
Alan Szabo Jr. / Bert Kammerer / Tareq Alsaadi / Heli Smack 3D / Align Funfly usw.
Explosive Helicopter Night Flying / Ircha 2012 / Horizon Air Meet / Timo Cürlis Nachtflug /
Hendrik Müller / Pilot Robert Sixt Nachtflug / Trex 700 / X50E / TDR /usw.
Hierzu ein Tipp: Schaut euch auch die »empfohlenen Videos« an! Dort finden sich oft Dinge, die einen zum Staunen bringen: »Wow, das sind doch nur Modellhubschrauber, wie genial ist das denn?! Die Jungs müssen beim Fliegen doch einen »Knoten« im Kopf bekommen. Wahnsinn, kopfüber die Grasnarbe mähen oder in Ameisenkniehöhe mit voller Geschwindigkeit im Rückenflug über den Platz.« Mir wurde schon vom bloßen Zuschauen schwindelig. Und das war nur auf YouTube. Ich traf später Heli-Piloten, die sich genau auf diesem »Pfad« befanden und schon sehr gut waren. Es ist auch...