DIE TRAUMFRAU VON DER AUTOBAHN
Vor einigen Jahren wurde ich vom Playboy nach Kitzbühel eingeladen, um Weihnachten nach »Art des Hauses« zu feiern. Mein Freund Michael und ich waren in einem superschönen Wellness-Hotel untergebracht, konnten tagsüber relaxen und abends mit den Bunnys die Hütte abbrennen. Na ja, was soll ich sagen? Wir feierten die wildeste Party des Jahres (ja, es war genauso, wie du es dir gerade vorstellst – sogar noch besser). Drei Tage später machten wir uns völlig zerstört wieder auf den Rückweg.
Auf der Party waren auch vier Typen gewesen, die jeden Abend an der Bar herumstanden, sich keinen Meter bewegten, auf supercool machten und den Bunnys sabbernd beim Tanzen zuguckten, während wir mit den Mädels den Spaß unseres Lebens hatten. Normalerweise hätte ich diese Situation bis ins Detail analysiert, was diese Jungs alles falsch machten und warum sie Abend für Abend alleine ins Bett gingen, aber mein Kater ließ keinen einzigen vernünftigen Gedanken zu. Ich hing völlig fertig auf dem Beifahrersitz, den Kopf an die Fensterscheibe gelehnt, die Sonnenbrille tief im Gesicht. Michi hatte einen österreichischen Radiosender eingestellt, der sinnbefreite Volksmusik spielte. Der perfekte Soundtrack, um wieder einzuschlafen. Nach einer Weile wurde ich ziemlich unsanft geweckt. Michi ließ den Motor seines Sportwagens aufheulen wie einen hungrigen Wolf, der Jagd auf seine Schäfchen machte. Er beschleunigte, kicherte dabei vor sich hin und ging wieder vom Gas. Mein Kopf, der permanent nach vorne und wieder zurück knallte, bedankte sich mit stechenden Schmerzen.
»Alter, was machst du da? Willst du mich umbringen?«
»Da sind ’n paar lustige Mädels neben uns«, lachte er. »Die wollen ein Rennen fahren.«
Ich beugte mich nach vorne, nahm meine Sonnenbrille ab, schaute an Michi vorbei und erkannte drei gut gelaunte Frauen in einem roten Fiat Panda. Eine von ihnen winkte zu uns rüber. Ich schob mit dem Zeigefinger die Sonnenbrille wieder auf ihren Platz zurück und sagte leicht genervt: »Bin zu müde. Lass das Fenster runter, flirte, mach irgendwas, ich leg mich wieder hin.«
Wir fuhren ein paar Minuten nebeneinanderher, nicht schnell, vielleicht 100 km/h, und Michi kommentierte für mich, was gerade passierte. Ich döste wieder ein. Plötzlich tippte Michi mich an.
»Ey, wach mal auf. Ich glaube, die wollen irgendwas von dir.«
»Häh, was? Wieso von mir?«, murmelte ich.
»Die Blonde vom Beifahrersitz macht schon die ganze Zeit Handzeichen, dass ich dich mal antippen soll.«
Ich setzte mich aufrecht hin und schaute zu ihr rüber. Meine Gedanken: Nie wieder Alkohol! Sie winkte mir zu und lächelte. Ich erkannte nicht viel. Sie hatte lange blonde Haare, trug eine große schwarze Sonnenbrille, dazu ein weißes T-Shirt und fuchtelte mit ihren Armen herum. Wir ließen die Fenster runter und versuchten, ein Gespräch anzufangen, was sich schnell als unmöglich herausstellte. Wir lachten uns gegenseitig an, dann holte ich einfach mein Handy aus der Hosentasche, winkte damit, zeigte mit dem Finger auf sie und hielt es mir ans Ohr. Sie begriff, was ich wollte, und begann, mit den Fingern ihre Nummer in die Luft zu schreiben. Ich sprach irgendwelche Zahlen laut vor mich her, konnte mich aber kaum konzentrieren.
Michi fiel vom Glauben ab.
»Wenn du jetzt mitten auf der Autobahn die Telefonnummer dieser Braut klarmachst, dann gehe ich sterben oder ins Kloster!«
Ich grinste, und das Mädel aus dem roten Fiat begann zu deuten: 0 – 1 – 7 – 2 … Anscheinend kannte sie aber ihre eigene Nummer nicht auswendig, überlegte immer wieder, wischte mit einer Handbewegung alles weg und fing von vorne an, was natürlich zu keinem Ergebnis führte. Wir schafften es nicht, unsere Nummern auszutauschen, und wegen des Verkehrs, der immer dichter wurde, verloren wir uns irgendwann aus den Augen. Michi atmete erleichtert auf: »Na, du großer Aufreißer, war wohl nichts, was? Gib’s zu, das hättest du jetzt gerne gehabt!«
»Man kann nicht immer gewinnen«, grinste ich und machte es mir wieder in meinem Sitz gemütlich.
Eine Viertelstunde später hatte der Stau uns endgültig erwischt. Michi stellte den Motor ab und fluchte leise vor sich hin. Ich schnallte mich ab, um bequemer liegen zu können, als plötzlich meine Tür aufging.
»Ach, du heilige …«, rief ich völlig überrascht und lag schon halb auf der Straße. Mein Herz pumpte wie verrückt. Wer rechnet schon damit, dass mitten auf der Autobahn jemand von außen deine Tür aufmacht? Ich hob meinen Kopf, stützte mich mit einer Hand auf der Fahrbahn ab und sah den Umriss einer Frau, die mir einen Zettel zusteckte.
»Da, ruf mich an!«
Die Sonne blendete mich. Alles, was ich sah, war die Rückseite eines Mädels mit langen, blonden, geflochtenen Haaren, lange Beine, die in einer knallengen Jeans steckten, und ein verdammt geiler Hintern. Das Wichtigste jedoch, ihr Gesicht, erkannte ich nicht. Ich lag immer noch völlig verdattert halb auf der Fahrbahn und musste mich erst mal sammeln. War das gerade wirklich passiert, oder lag es am Restalkohol der vergangenen Nacht? Als ich wieder vollständig im Auto saß, sah mich Michi fassungslos an.
»Das ist jetzt nicht passiert!«
Er drehte sich um, sah dem Mädel hinterher und flippte völlig aus.
»Das kann doch nicht die Wahrheit sein! Auf der Autobahn. Der Wahnsinn!!«
Als der Stau sich wenig später allmählich auflöste und wir gemächlich weiterfuhren, dachte ich mir: »Michel, warte nicht, sondern ruf sie direkt an.«
Ich wählte die Nummer, die auf dem Zettel stand.
Nach nur einem Klingeln nahm sie ab.
»Na, fremder Mann«, begrüßte sie mich mit einer süßen, heiteren Stimme. »Das hättest du nicht gedacht, was?«
»Nee, echt nicht.«
»Ich hoffe, du hast dir nicht weh getan, als du aus dem Auto gefallen bist.«
»Ich habe schon schlimmere Stürze überlebt«, lachte ich.
Es stellte sich heraus, dass sie Sina hieß, aus Rosenheim kam und mit ihren Mädels zu Ikea wollte. Und dass sie Single war. Leider war ihr Akku fast leer, jedenfalls behauptete sie das, aber sie versprach, mich abends zurückzurufen.
Am Abend rief mich Sina tatsächlich an. Sie wollte mich unbedingt wiedersehen. Ich fand ihre forsche Art, die Gesprächsführung zu übernehmen, ziemlich sexy. Ich hatte so etwas noch nie erlebt und fühlte mich ein bisschen wie in einem kitschigen Hollywoodfilm. Es imponierte mir einfach, wie viel Mühe sie sich gab und wie selbstsicher sie dabei wirkte. Keine Spielchen, sondern ehrlich und direkt! Das war außergewöhnlich und, um ehrlich zu sein, außergewöhnlich gut!
Ich wollte unbedingt herausfinden, was sie letztlich dazu bewegt hatte, den Schritt zu wagen, aus dem Auto auszusteigen und mir einfach so ihre Nummer zuzustecken.
Mir gingen diese Gedanken nicht mehr aus dem Kopf. Ich musste es wissen. Um zu lernen.
Wir verabredeten uns für das kommende Wochenende. Da sie kein Auto besaß, schlug ich vor, am Freitagabend zu ihr nach Rosenheim zu kommen. Zuerst war ich etwas überrascht, dass sie sofort einwilligte und mir ihre private Adresse nannte, aber dann auch wieder nicht, denn irgendwie passte das zu ihr. Sie war anders als die Frauen, die ich bis dahin kennengelernt hatte – völlig furchtlos.
Ich klingelte.
Sie öffnete die Tür.
Endlich sah ich ihr Gesicht. Große blaue Augen, ein noch größerer roter Schmollmund, lange blonde Haare, offen, leicht gewellt, super Brüste, 1,75 Meter groß – ein Traum von einer Frau. Sie trug eine sehr kurze, abgeschnittene, enge Jeans. Ihr Top war, wie schon auf der Autobahn, leicht bauchfrei. Mein Blick wanderte immer weiter nach unten, und als ich bei den Füßen angelangt war, bekam ich fast einen Lachanfall. Vor mir stand eine Traumfrau in einem supersexy Outfit und … Pumuckl-Plüschhausschuhen. Unglaublich. Jede andere Frau hätte sich vermutlich schnell richtige Schuhe angezogen. Sie nicht. Mit einer Selbstverständlichkeit stand sie da, als sei es das Normalste der Welt. Ich drehte mich nach allen Seiten um, weil ich für einen kurzen Moment ernsthaft dachte, dass mir vielleicht jemand einen Streich spielte und irgendwo die versteckte Kamera auf mich wartete.
Wir setzten uns in ihre Küche und fingen an zu reden. Sina öffnete eine Flasche Wein und begann, aus ihrem Leben zu erzählen. Der Abend lief perfekt, keine Haken, keine Sätze, die mit »Du, ich muss dir noch was sagen« begannen. Ich war überrascht, wie ehrlich sie war. Unter anderem erzählte sie mir von einem sehr reichen Mann, den sie ein halbes Jahr vorher kennengelernt hatte, der prominenten Umgang pflegte und sie jede Woche an die exklusivsten Orte einlud: Ibiza, Saint Tropez, Malediven. Sie fühlte sich aber in der Jetset-Gesellschaft unwohl und bemerkte schnell, dass das nicht ihre Welt war. Sie wollte nicht das hübsche Anhängsel sein, das sich von einem Millionär aushalten ließ. Sie arbeitete als Arzthelferin in einer kleinen Praxis und fühlte sich wohl damit. Sie wollte keines dieser bezahlten Partygirls sein, das auf Luxusjachten mit Champagner spritzte. Sie war ein normales Mädchen, und entsprechend wollte sie auch leben.
»Auf Dauer konnte ich da einfach nicht mithalten«, erklärte sie. »Mir ist es nicht wichtig, wie viel Geld jemand besitzt. Mir ist wichtig, was für ein Gefühl ich bei einer Person habe. Nur darauf kommt es an.«
»Das würde...