Der Markenwert ist die zentrale Steuerungsgröße für den Aufbau und den Erhalt einer starken Marke. Seit einiger Zeit hat er sich zu einem der wichtigsten Ziele der Markenführung entwickelt, demnach kommt auch seiner Bestimmung eine große Bedeutung zu. Bisher haben allerdings weder Wissenschaft noch Praxis eine einheitliche Terminologie des Markenwerts herausgebildet. Zahlreiche Begriffe angefangen bei ‘starken, bekannten und berühmten Marken’ (Juristen) über ‘Markenware’, ‘-artikel’ oder einfach (starke) ‘Marken’ (Marketing und Markenführung) bis hin zu ‘Markenkapital’, ‘Brand Equity’, ‘Brand Value’ (Finanzwissenschaft) usw. schwirren uneinheitlich in der Gegend herum.
Das Interesse am Thema Markenwert resultiert aus verschiedenen Ursachen. Infolgedessen existieren zahlreiche unterschiedliche Forschungsansätze und dementsprechend auch heterogene Definitionen. Aufgrund der aufgezeigten Perspektiven (finanzwirtschaftliche und verhaltenswissenschaftliche) auf den Gegenstand Marke entwickelten sich im wesentlichen zwei Definitionsansätze. Dabei handelt es sich um finanzorientierte und konsumentenorientierte Begriffsauffassungen des Markenwerts. Allein diese verschiedenen Begriffsverständnisse führen zu verschiedenen Ansätzen der Markenwertmessung, die bei der Markenwertbestimmung einer speziellen Marke für stark voneinander abweichende Ergebnisse verantwortlich sein können.
Eine „gebräuchliche“ Markenwertdefinition bieten Erichson und Maretzki (1999) an, wobei zwischen (der von Konsumenten zugewiesenen) Markenstärke (Brand Strength) und dem (monetären) Markenwert (Brand Equity) unterschieden wird.[35] In der Praxis wird der verhaltensorientierte Markenwert anhand von markenwertbildenden Faktoren oder anderer vergleichbarer Kriterien dargestellt. Dieser (nicht-monetäre) Punktewert kann als Markenstärke bezeichnet werden. Beispielsweise wird im Brand Asset Valuator von Young & Rubicam[36] für den verhaltenswissenschaftlichen Markenwert der Begriff Brand Strength benutzt. Allerdings wird dieser nicht mit Markenstärke, sondern mit Markenvitalität übersetzt.
Dagegen ist der finanzorientierte Markenwert das Resultat einer nach bestimmten Methoden vorgenommenen monetären Bewertung. Für diesen finanziellen Markenwert werden auch die Begriffe Brand Equity und Markenkapital verwendet. Markenkapital kann als Synomym für den finanziellen Markenwert verstanden werden und Brand Equity[37] gilt hierbei als Übersetzung aus der englischen Sprache.
Gemeinsam ist allen bekannten Definitionsansätzen zumindest, dass sie versuchen, „...die Gesamtwirkung einer Marke zu quantifizieren und - teilweise - in einen monetären Wert zu überführen.“[38] Zur umfassenden Betrachtung des Markenwerts ist es erforderlich beide Sichtweisen darzustellen.
Die finanzorientierte Kategorie betrachtet den Markenwert[39] als monetäre Kenngröße. Diese Definitionen kennzeichnen den Wert einer Marke aus der Perspektive des Markeninhabers und zielen auf einen zu berechnenden finanziellen Wert ab.
Dem klassischen betriebswirtschaftlichen Definitionsansatz des Markenwerts von Kaas folgend, ist das Markenkapital „...der Barwert aller zukünftigen Einzahlungsüberschüsse, die der Eigentümer aus der Marke erwirtschaften kann.“[40] Als evaluatives Zielmaß einer Leistungsmessung gibt der Ansatz Auskunft über den Erfolg einer Marke. Unmittelbar enthalten ist im finanzorientierten Markenwert der Zukunftsaspekt, bei dem es vor allem um das in der Marke vorhandene zukünftige Potential geht. Als Grundlage dient hier das Markenwissen der Anspruchsgruppen, wie es im verhaltenswissenschaftlichen Ansatz nachfolgend definiert wird.[41]
Problematisch erscheint beim Ansatz von Kaas allerdings z.B. die eindeutige Abgrenzung sowie Zuordnung von Erlösen und Kosten, um eindeutige und nachvollziehbare Ergebnisse zu erhalten. Überdies lassen sich aus diesem Ansatz keine Indikatoren zum Zwecke einer aktiven Markenkontrolle und –steuerung entwickeln.[42] Inwieweit das Management eines Unternehmens gut gewirtschaftet hat (Erfolg der Markenführung), wird mit diesem Ansatz zwar beantwortet, es werden aber keine Aussagen über das Bild des Käufers von der Marke getroffen. Offen bleibt demnach die entscheidende Frage hinsichtlich des Markenwerts und zwar, welchen Wert die Marke im Kopf der Konsumenten besitzt und welche Wertschöpfung mit dieser Marke erzielbar sein sollte. Der finanzorientierte Markenwert lässt also keine Rückschlüsse auf die Gründe für den Markenerfolg zu.
Aus der Marketingperspektive, bei der es vorrangig um die Markensteuerung geht, ist deshalb ein Markenwertbegriff zweckmäßiger, der eine Markendiagnose und entsprechende therapeutische Maßnahmen zur besseren Markenführung ermöglicht. In einer Fachzeitschrift wurde dazu geschrieben, dass der Wert einer Marke im Herz und Hirn des Verbrauchers und nicht in der Bilanz abzulesen ist.[43] Will man also den Wert einer Marke ergründen, muss man am Entstehungsort ansetzen: Den Köpfen der Anspruchsgruppen.
Als Bindeglied zu den konsumentenorientierten Definitionen kann der weit verbreitete Ansatz von Aaker gesehen werden, da dieser stärker erklärend den verhaltenwissenschaftlichen Aspekt berücksichtigt. Demnach umschreibt „Der Markenwert..eine Gruppe von Vorzügen und Nachteilen, die mit einer Marke, ihrem Namen oder Symbol in Zusammenhang stehen und den Wert eines Produkts oder Dienstes...mehren oder mindern.“[44] Bestimmt wird der Markenwert durch die Determinanten Markentreue, die Bekanntheit des Markennamens und -symbols, die angenommene Qualität[45], die Markenassoziationen sowie andere Markenvorzüge (z.B. Patente, Warenzeichen, Absatzwege). Als Form der Erfassung des Markenwerts ist dieser Ansatz zwar anschaulich, scheidet aber aufgrund einiger Ungenauigkeiten aus. Beispielsweise wird die Markentreue durch die Markenbekanntheit und das Markenimage wesentlich beeinflusst, d.h. es bestehen zum Teil enge Verknüpfungen der Dimensionen miteinander. Zudem weist auch Aaker darauf hin, dass der Wert einer Marke nicht im Unternehmen liegt, sondern sich in den Köpfen der Konsumenten reflektiert.[46]
Kennzeichen der verhaltenswissenschaftlichen Ansätze ist demnach die plausible Annahme, dass der Wert einer Marke für ein Unternehmen wesentlich von ihrer Wahrnehmung, Images[47] und Bildern in den Köpfen der Anspruchsgruppen abhängt.
Wichtig zu erwähnen ist, dass der Wert einer Marke nicht abstrakt ist, sondern es bei der Bestimmung des Werts immer darauf ankommt, „...wie die Marke in das gesamte Marken-Portfolio passt, welches Entwicklungspotential sie mitbringt und wie das Unternehmen dies nutzen kann, aber auch wie der wechselseitige Transfer von Images funktioniert.“[48] Dieselbe Marke kann also im
Besitz des einen Unternehmens einen viel höheren Wert aufweisen als für ein anderes Unternehmen, da einer Marke erst durch ihre Anerkennung im Markt ein bestimmter Wert zugeschrieben werden kann. „Als Quelle des Markenwerts muss damit die Wahrnehmung einer Marke durch den Konsumenten angesehen werden. Alle Assoziationen, Anmutungen und Vorstellungen des Konsumenten gegenüber einer Marke resultieren in einer bestimmten Wertschätzung des Konsumenten für diese Marke und stellen somit den Markenwert aus Sicht des Konsumenten dar.“[49]
Aus dieser verhaltenswissenschaftlichen Sicht definiert, „...ist der Markenwert das Ergebnis unterschiedlicher Reaktionen von Konsumenten auf Marketingmaßnahmen einer Marke im Vergleich zu identischen Maßnahmen einer fiktiven Marke aufgrund spezifischer, mit der Marke im Gedächtnis gespeicherten Vorstellungen.“[50] Einen positiven Markenwert besitzt die Marke demnach, wenn Verbraucher auf ein Produkt und dessen Vermarktung aufgrund der Marke günstiger reagieren als auf ein Produkt und seiner Vermarktung einer fiktiven Marke oder auf ein nicht markiertes Produkt.[51] Die gespeicherten Vorstellungen der Marke im Gedächtnis des Konsumenten sind das diagnostische Zielmaß der Leistungsmessung, welches Rückschlüsse auf die Gründe für einen Markenerfolg zulässt. Auf Basis der Diagnose können gegebenenfalls entsprechende therapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Markenführung ergriffen werden.
Der verhaltenswissenschaftliche Ansatz stellt den Konsumenten ins Zentrum der Betrachtung, um langfristig die Effektivität und Effizienz von Marketingmaßnahmen sowie die Markenführung zu verbessern. Es wird dabei versucht, die Faktoren des Markenwerts qualitativ zu erklären sowie durch operationale Messung psychologischer Konstrukte die Markenstärke zu bestimmen.
Markenstärke ist hierbei das Resultat aus einem qualitativen Bewertungsverfahren eines verhaltensorientierten Ansatzes und „...liegt dann vor, wenn eine Marke in...