Einführung
Mögen Sie Einführungen? – Ich auch nicht. Also, bringen wir es hinter uns. Geschichte ist spannender als Kriminalromane, die eigenen eingeschlossen (www.cditfurth.de
). Als mir der Verlag vorschlug, Deutsche Geschichte für Dummies zu schreiben, habe ich mir zuerst einen Berg von Seiten vorgestellt. Furchtbar! Doch dann wurde mir klar, dass sich die Chance bot, etwas im Gesamtzusammenhang zu betrachten, das an Faszination kaum zu übertreffen ist: unsere Geschichte.
Es gibt da viele aufregende Fragen. Nicht alle können beantwortet werden. Auch weil die Geschichtsschreibung auf schriftliche Quellen angewiesen ist und die Aussagen der Historiker in dem Maß an Kraft verlieren, wie Quellen fehlen. So kennen wir die Urgründe unserer Geschichte nur aus spärlichen Berichten von den Römern. Wer waren die Germanen? Was haben sie mit uns zu tun? Aber ein paar Antworten will ich doch versuchen.
Eine andere aufregende Frage ist, warum die Deutschen so spät darangingen, einen Nationalstaat zu errichten. Einer Antwort kommen wir nur näher, wenn wir uns in eine Zeit zurückversetzen, in der ein Heiliges Römisches Reich beanspruchte, die Welt zu beherrschen: Unsere Vorfahren hatten ein größeres Projekt als die Nation vor Augen.
Auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt haben die Deutschen Großartiges geleistet und unvorstellbare Massenverbrechen begangen. Sie haben einen Weltkrieg mit verschuldet und den schrecklichsten aller Kriege willkürlich entfesselt. Die Folgen sehen wir noch heute allerorten. Wie es mit langem Vorlauf dazu kam und wie es den Deutschen trotzdem gelang, sich schließlich in einem friedlichen Europa einzurichten, das ist die aufregendste Frage.
Bleibt mir noch, mich bei Elfriede Müller (Berlin) fürs kritische Gegenlesen und die Nachsicht in der stressigen Buchendphase zu bedanken. Dank genauso an meinen Lektor Marcel Ferner (Hemsbach), den Meister der Kürzung, ohne dessen Initiative es dieses Buch nicht gäbe.
Christian v. Ditfurth, im Dezember 2018
PS: Niemand ist unfehlbar. Na gut, fast niemand. Ich jedenfalls nicht. Wenn Ihnen Fehler auffallen, haben Sie bitte keine Hemmung, sie mitzuteilen (cditfurth@cditfurth.de
), damit wir sie in den kommenden 100 Auflagen tilgen können.
Konventionen in diesem Buch
Es gibt viele Möglichkeiten, das Gleiche auszudrücken, wichtig ist nur, dass Sie wissen, wie ich was meine. Deshalb stelle ich kraft meines Amtes als Autor ein paar kleine Regeln für dieses Buch auf:
- »v. u. Z.« heißt »vor unserer Zeitrechnung« und ist in meinen Augen neutraler als »v. Chr.« (»vor Christus«). Hinzu kommt, dass Jesus von Nazareth keineswegs im Jahr 1 geboren wurde, sondern im Jahr 4 v. u. Z. Aber ich will es nicht zum Dogma machen. So mögen Leser das »v. u. Z.« im Geiste nach Belieben in »v. Chr.« verwandeln. Hauptsache, wir haben bei der Datierung einen klaren Ausgangspunkt.
Die Menschen sind Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren. Manchmal wird das noch weiter unterteilt. So gibt es Kleinkinder, jugendliche Erwachsene, Greise … Die Menschen unterwerfen die Dinge gerne einer Ordnung, sie teilen sie ein. Viele Historiker haben da ihre eigenen Vorstellungen, das sind meine:
- Antike (Altertum): 1100 v. u. Z. (Beginn der griechisch-römischen Hochkultur) bis 5. Jahrhundert (Völkerwanderung, Untergang des Weströmischen Reichs)
- Mittelalter: 5. Jahrhundert bis Mitte des 16. Jahrhunderts
Frühmittelalter: 5. Jahrhundert bis Mitte des 11. Jahrhunderts (Transformationszeit, Neuerrichtung des Römischen Reichs)
Hochmittelalter: Mitte des 11. Jahrhundert bis Beginn des 13. Jahrhunderts (Aufstieg der Städte, Ritter, Lehnswesen, Kreuzzüge)
Spätmittelalter: Beginn des 13. Jahrhunderts bis zum 16. Jahrhundert (das Reich zerfällt, Krise der katholischen Kirche, Pest)
- Neuzeit: vom 16. Jahrhundert bis vorgestern
Frühe Neuzeit: 16. Jahrhundert bis 1789 (Entdeckung Amerikas, Buchdruck, Reformation, Renaissance, Absolutismus)
Jüngere Neuzeit (Neuere Geschichte): 1789 bis 1914 (Französische Revolution, Arbeiterbewegung)
Neueste Geschichte: seit 1914 (Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Nazizeit)
Zeitgeschichte: Zeitspanne umstritten. Viele glauben: seit 1945 (Ende des Zweiten Weltkriegs). Meiner bescheidenen Meinung nach sollten der Erste und der Zweite Weltkrieg als Einheit betrachtet werden, also: 1914 bis vorgestern.
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Hier finden Sie schon wieder eine Gliederung. Wenn Sie genau hinschauen, stellen Sie fest, dass sie sich an obige Unterteilung anlehnt. Die Gliederung soll das Buch in handliche Portionen aufteilen, sodass Sie leichter finden, was Sie suchen. Es gibt größere Teile und kleinere Kapitel darin. Vielleicht macht es Ihnen auch Spaß, sich erst einmal einen Teil oder ein Kapitel vorzunehmen, um sich später einem anderen Thema zuzuwenden. So kann man dieses Buch in einem Stück lesen als umfassende Geschichtserzählung oder es wie ein Nachschlagewerk oder Handbuch benutzen. Ganz, wie Sie wollen.
Teil I: Aufbruch in die Geschichte
Die Menschheit ist vier Millionen Jahre alt! Doch unsere Vorfahren, die Germanen, sind erst vor gut 2000 Jahren in die Geschichte eingetreten, als nämlich schriftlich von ihnen berichtet wurde. Aber dann begann ein kometenhafter Aufstieg binnen weniger Jahrhunderte: von primitiven Stammeskriegern zu den mächtigsten Herrschern der Welt. Der Siegeszug der Franken mündete in einem neuen Römischen Reich, das von den Germanen beherrscht wurde und das niemand eindrucksvoller verkörperte als Karl der Große, der europäische Kaiser.
Teil II: Das Römische Reich der Deutschen
In den Krisen des Reichs siegten und unterlagen sie, die Kaiser und Könige. Oft saß der Feind im Reich: die auf ihr Eigeninteresse bedachten Fürsten, die Rivalen der Herrscher. Der mächtigste Konkurrent, oft Feind, manchmal Verbündeter, saß aber in Rom: der Papst. Er wetteiferte mit dem Kaiser um den höchsten Rang, um Macht und Einfluss in der Welt. In dieser Zeit entstand das Land der Deutschen. Doch die Herrscherfamilien wie die Ottonen, Salier und Staufer hatten ein größeres Projekt als die deutsche Nation: das Heilige Römische Reich.
Teil III: Preußens Aufstieg
Luthers Kirchenkritik, der Buchdruck, technische Errungenschaften wie das Schießpulver, beeindruckende naturwissenschaftliche Entdeckungen, die Wiedererweckung der antiken Philosophie erschütterten das Weltbild des Mittelalters und läuteten die Neuzeit ein. Aber der Aufstieg des Humanismus erstickte in der Katastrophe des Dreißigjährigen Kriegs. Als der bis dahin furchtbarste Krieg beendet war, begann Preußen zur deutschen Großmacht aufzusteigen, immer in Konkurrenz mit dem mächtigen Österreich der Habsburger.
Teil IV: Blut und Eisen
Die Französische Revolution von 1789 und der Siegeszug Kaiser Napoleons ließen die Verhältnisse in Europa einstürzen, vor allem im zersplitterten Deutschland. Als Napoleon in blutigen Schlachten geschlagen war, mühten sich Kaiser und Könige, die alten Zustände wiederherzustellen. Aber die Zeiten hatten sich geändert. Sogar in Deutschland begehrte das Bürgertum auf, forderte Mitbestimmung und demokratische Rechte. Und die Einheit der Nation: die einen als Republik, die anderen als Kaiserreich. In den Einigungskriegen erkämpfte Bismarck für Preußens König die deutsche Kaiserkrone.
Teil V: Die Weltkriege
Das neue Kaiserreich in Europas Mitte geriet in unruhige Gewässer, als Wilhelm II. im Konzert der Weltmächte mitspielen wollte, am liebsten als Nummer eins. Im Ersten Weltkrieg wollte das Reich die internationalen Machtverhältnisse zu seinen Gunsten klären und unterlag. Deutschland wurde eine demokratische Republik, bis im Abwärtssog der Weltwirtschaftskrise und unter dem Druck rechter Parteien und Verbände Hitler die Macht übertragen wurde. Die NS-Diktatur war ein System der politischen und rassistischen Verfolgung und des Völkermords. Im vom Dritten Reich entfesselten Zweiten Weltkrieg verloren 55 Millionen Menschen ihr Leben.
Teil VI: Europa
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Europa in Schutt und Asche. Aus einem von den Siegermächten verwalteten Trümmerfeld erwuchsen die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik, eine parlamentarische Demokratie und eine realsozialistische Diktatur. In Europa reifte die Überzeugung, dass die Staaten des alten Kontinents zusammenwachsen müssten, um einen neuen Krieg auszuschließen. Diese Bemühungen mündeten in der Europäischen Union, die nach dem Zusammenbruch des realsozialistischen Lagers auch die meisten Staaten Osteuropas als Mitglieder aufgenommen hat. Seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist die neue Bundesrepublik ein geachtetes Mitglied der EU.
Teil VII: Der...