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E-Book

Diabetes

Hilfe für Betroffene und Angehörige

AutorAnnette Kaltwasser
VerlagHerbig
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783776681628
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen ist der Diabetes mellitus, allein bundesweit gibt es ca. 5 Millionen Diabetiker. Die Autoren informieren einfach, klar und sachkundig: Wie entsteht der Diabetes? Welche Formen gibt es und wie werden sie diagnostiziert? Welche weiteren gesundheitlichen Risiken birgt die Krankheit? Welche Therapien sind empfehlenswert und was bedeutet die Erkrankung für den Alltag des Betroffenen? Diabetiker erhalten wertvollen Rat, was jeder für sich tun kann, um auch mit der Krankheit ein Leben voller Vitalität und Lebensfreude zu führen.

Dr. med. Annette Kaltwasser, Jahrgang 1965, ist Fachärztin für Allgemeinmedizin/Geriatrie und gelernte Journalistin. Sie arbeitet in der Abteilung Innere Medizin im Klinikum Nord in Nürnberg und begleitend in einer Allgemeinarztpraxis.

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Leseprobe

Diabetes erkennen und diagnostizieren

Für viele Menschen kommt die Diagnose Diabetes völlig überraschend. Gibt es Warnhinweise, auf die man achten sollte? Und wann ist es ratsam, zum Arzt zu gehen? Das sind Fragen, die in diesem Kapitel beantwortet werden.

Wie erkenne ich, dass es Diabetes ist?

Beim Typ-1-Diabetiker geht es meist rasch, beim Typ-2-Diabetiker schleichen sich die Symptome so langsam in den Alltag. Sind Sie in letzter Zeit oft sehr müde, abgeschlagen, nicht mehr leistungsfähig, haben ungewollt Gewicht verloren, starken Durst oder müssen oft auf die Toilette? Ihre Haut ist an einigen Körperstellen rot, juckt und entzündet? Sind Ihre Mundwinkel häufig eingerissen? Haben Sie nachts Wadenkrämpfe, tags Sehstörungen oder häufig Infekte? All das sind mögliche Diabetes-Symptome.

Sie schwitzen, sind schlapp, Ihnen ist übel, Ihre Haut kaltschweißig, die Hände zittern, das Herz rast, Sie haben Heißhunger? Das kann eine akute Unterzuckerung beim Diabetiker sein. Wird jetzt nichts getan, um den Blutzucker zu erhöhen, werden die Beschwerden noch gravierender und auch das Nervensystem ist beteiligt. Das Bild eines Schlaganfalles ist dann gar nicht selten. Der entgleiste Stoffwechsel kann zu Halbseitenlähmung, Sprachstörung, Verwirrtheit, Doppelbildersehen und vielen anderen Symptomen bis hin zur Ohnmacht und zum Koma führen. Das ist eine gefährliche Situation. Handeln ist sofort angesagt.

Als Ursachen des akuten Unterzuckers (Hypoglykämie), den viele Diabetiker auch einfach kurz »Hypo« nennen, kommen außergewöhnlich starke körperliche Belastung, übermäßiger Alkoholkonsum und fehlende Nahrungsaufnahme oder akute Erkrankungen in Frage. Auch unter Einnahme bestimmter Antibiotika kann das – wenn auch sehr selten – als Nebenwirkung auftreten.[13]

Bei Überzucker kann es zu Erbrechen, starkem Durstgefühl, ständigem Wasserlassen, sehr trockener Haut, Schwäche, Bauchschmerzen, Atemstörung, Bewusstseinstrübung kommen. Auch diese Situation kann sich bis zum lebensgefährlichen Koma zuspitzen.

Aufgepasst: Checken Sie Ihr Diabetesrisiko

Beantworten Sie Fragen zum Alter, Größe, Geschlecht, Gewicht, körperliche Aktivitäten, Taillenumfang, Blutdruck, Ernährungsgewohnheiten, Kaffee-, Alkohol- und Nikotinkonsum. Dann können Sie Ihr persönliches Risiko einschätzen, in den nächsten fünf Jahren Typ 2 Diabetes zu bekommen.

Ihr Risiko, Typ-2-Diabetes zu bekommen, ist erhöht, wenn:

  • Sie übergewichtig sind. Das ist bei einem BMI ab 25 der Fall.
  • Ihr Taillenumfang als Frau über 80 cm, als Mann über 94 cm ist.
  • Ihr Blutdruck mehrfach zu hoch (über 140/90 mmHg) ist.
  • Sie neben Bluthochdruck und Übergewicht auch noch erhöhte Blutfette und Harnsäurewerte haben.
  • Sie sich weniger als 30 Minuten am Tag bewegen. Jede körperliche Aktivität zählt, egal ob am Arbeitsplatz, bei der Hausarbeit oder beim Sport.
  • Ihr Nüchternblutzucker mehrfach leicht über der Obergrenze ist, also höher als 100 mg/dl im Venenblut oder höher als 90 mg/dl im Blut aus der Fingerbeere ist.
  • Sie rauchen.
  • weder Vollkornprodukte noch Obst und Gemüse auf Ihrem täglichen Speiseplan stehen.
  • Sie zu viel Fleisch und Wurstwaren (mehr als 300 bis 600 Gramm Rind-, Schweine-, Kalb- oder Lammfleisch in der Woche) essen.
  • Sie ihre Mahlzeiten zu schnell und zu hastig einnehmen.[14]
  • Sie zu viel Alkohol trinken. Für Frauen gilt die tägliche Obergrenze von 12 Gramm Alkohol. Das entspricht einem Achtelliter Wein oder einem Viertelliter Bier. Bei Männern liegt die Grenze beim Doppelten.
  • bei Ihnen ein Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert wurde.
  • Sie mindestens ein Kind zur Welt gebracht haben, das bei der Geburt mehr als 4000 Gramm gewogen hat.

Risikofaktoren, die Sie nicht beeinflussen können:

  • Wenn Sie älter als 40 Jahre sind, beginnt Ihr Typ-2-Diabetesrisiko zu steigen. 10 % der Diabetiker sind jünger als 50. 50 % der Diabetiker sind älter als 70.
  • Wenn Sie zuckerkranke Blutsverwandte haben, ist Ihr Risiko höher. Es steigt mit dem Verwandtschaftsgrad. Ist ein Elternteil Typ-2-Diabetiker, beträgt das Risiko für das Kind bis zu 60 %.[15]

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung hat einen ausführlichen Test im Internet zur Verfügung gestellt: Deutscher Diabetes-Risiko-Test®, www.dife.de (Der Test ersetzt nicht die Diagnose durch einen Arzt.)[16]

Was Sie wissen sollten: Bei Dementen sind die Symptome, die eine Unter- oder Überzuckerung anzeigen, manchmal ganz andere. Für denjenigen, der den Patienten gut kennt, sollte jede ungewöhnliche Verhaltensänderung ein Signal sein. Egal, ob Ihr Angehöriger auffallend ängstlich, verwirrt, orientierungslos, unruhig oder »einfach nur anders als sonst« ist.

»Mein Vater ist ganz unruhig, läuft in der Wohnung hin und her, schimpft wie ein Rohrspatz und ruft wirre Dinge« – diesen Anruf bekam ich in der Sprechstunde von einer besorgten Tochter eines Patienten. Auf zum Hausbesuch heißt es dann. Denn hier kommen vom Schlaganfall über die Hirnblutung bis zur Stoffwechselentgleisung, akuter fieberhafter Erkrankung mit Austrocknung bis hin zur fehlerhaften Medikamenteneinnahme sehr viele Dinge als Ursachen infrage. Routine ist unter anderem, vor Ort Blutdruck und Blutzucker zu messen.

Das hört sich eigentlich ganz einfach an, ist es aber manchmal gar nicht … »Fassen Sie mich nicht an«, empfing mich der 82-jährige Mann, riss die Augen auf und machte sich sozusagen regelrecht zum »Kämpfchen bereit«. So kannte ich diesen Patienten bisher gar nicht.

Irgendwann ließ er mich dann doch gewähren, ich sprach ihn beruhigend an, legte meine Hand locker auf seine Fingerspitzen und redete leise und langsam weiter. So konnte ich auch gleich seinen Puls am Handgelenk tasten. Da wusste ich schnell mehr. Der Puls war schnell und flach, die Haut heiß und nass. Der betagte Patient, so stellte sich heraus, hatte hohes Fieber, eine Lungenentzündung war die Ursache. Sein Puls raste, war deutlich über 100 in der Minute.

Grund war die erhöhte Körpertemperatur und der hierdurch mitbedingte große Flüssigkeitsverlust. Infektbedingt war auch der Zuckerstoffwechsel in Richtung Überzuckerung entgleist. Die Sache war schnell klar: ein Fall für das Krankenhaus.

Eine weitere Demenzpatientin, die in der Pflegestation im Altenheim betreut wird, reagiere nicht mehr. Ihre rechte Körperhälfte sei schlaff, berichtete die Altenpflegerin am Telefon. Vor Ort angekommen, zeigte sich, dass die betagte Patientin normal atmete. Auf Ansprache reagierte sie nicht. Blutdruck, Herzfrequenz und Körpertemperatur waren normal. Sie bekommt dreimal am Tag nach der vorher gemessenen Blutzuckerhöhe zu den Mahlzeiten Insulin gespritzt. Die Situation ist nicht selten: Es wurde gespritzt, aber nichts gegessen. Gerade bei Älteren ist das häufiger so und schlecht vorhersehbar. Die Folge: Unterzucker, der sich als Schlaganfallsymptomatik zeigte. Wenige Minuten nach einer Spritze mit hochprozentiger Zuckerlösung in die Armvene bewegte sie sich wieder normal und reagierte wie gewohnt.

Zusammengefasst

Unterzucker-Symptome: Zittern, Schwitzen, Heißhunger, Herzrasen, Angst, Kopfschmerz, kribbelnde Lippen, Unruhe, Seh- und Sprachstörungen, Konzentrationsstörungen, ungewohnte Verhaltensweisen, Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle

Überzucker-Symptome: starker Durst, Harndrang, Übelkeit, Müdigkeit, Schwächegefühl, schnelle Atmung, trockene juckende Haut, Ohnmacht

Diagnose Diabetes

Die Blutzuckerbestimmung ist das A und O für die Diagnose. Dabei misst der Arzt den Blutzuckerwert im Venenblut. Wichtig: Sie müssen nüchtern sein. Ein Diabetes mellitus liegt vor, wenn der Blutzuckerwert im Venenblut über 126 mg/dl liegt.[17]

Wenn der Arzt in Ihrem Nüchternvenenblut einen Zucker zwischen 100 und 125 mg/dl misst, weiß er schon, dass Sie in Sachen Stoffwechsel auf der süßen Spur unterwegs sind. Die Experten nennen das »abnorme Nüchternglucose«. Dann wird er Ihnen einen speziellen Zuckerbelastungstest (oraler Glucosetoleranztest/OGT) vorschlagen. Liegt der Blutzuckerwert in Ihrem Nüchternblut über 156 mg/dl, sind Sie im Prinzip bereits als Diabetiker einzustufen, und der Zuckerbelastungstest ist gar nicht erlaubt.

Zusammengefasst: So geht der Zuckerbelastungstest

Morgens nach zehnstündiger Nüchternphase trinkt die Testperson 75 Gramm reine Zuckerlösung in 250 bis 300 Millilitern Wasser innerhalb von fünf Minuten. Der Blutzucker wird dreimal im Venenblut gemessen. Direkt nüchtern vor Trinken der Lösung, dann nochmal nach einer und nach zwei Stunden.

Normal ist nach zwei Stunden ein Wert unter 140 mg/dl. Liegt er zwischen 140 und 199 mg/dl, funktioniert Ihr Energiestoffwechsel nicht richtig. Mediziner nennen das »gestörte Glucosetoleranz«. Es ist sozusagen die Vorstufe der Zuckererkrankung. Bei einem Wert über 200 mg/dl ist die Diagnose Diabetes mellitus sicher.

Wenn der Blutzuckerwert bei der Blutuntersuchung zu hoch ist, wird Ihr Arzt dies genauer unter die Lupe nehmen und die Messung wiederholen. Sie sollten ihn informieren, welche Tabletten Sie in letzter Zeit eingenommen haben. Das muss er wissen, weil er die Blutzuckererhöhung vielleicht mit einer Nebenwirkung in Verbindung bringen kann.

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