Sie sind hier
E-Book

Dialektik der Natur

AutorFriedrich Engels
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl383 Seiten
ISBN9788026805823
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Dialektik der Natur' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Dialektik der Natur ist das unvollendete Werk von Friedrich Engels zur Philosophie der Naturwissenschaften, das die Grundzüge des dialektischen Materialismus darstellt, in einer Kritik der Naturphilosophie und der metaphysischen Ideen, die in den Naturwissenschaften der Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet waren. Die Manuskripte bestehen aus insgesamt vier Konvoluten, die aus den Jahren vor und nach der Veröffentlichung des Anti-Dühring stammen, woraus zu Lebzeiten Engels' nichts veröffentlicht worden war. Nach seinem Tode erschienen daraus zwei Artikel in Zeitschriften (Anteil der Arbeit an der Menschwerdung der Affen. 1896; Die Naturforschung in der Geisterwelt. 1898). Vollständig wurde die Dialektik der Natur zum ersten Male im Jahre 1925 in der UdSSR in deutscher Sprache herausgebracht, zusammen mit einer russischen Übersetzung. Spätere Ausgaben: 1935 in der Originalsprache in der Marx-Engels-Gesamtausgabe: Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft. - Dialektik der Natur 1873-1882 und eine russische Ausgabe 1941, die Muster war für weitere internationale Ausgaben. Friedrich Engels (1820 - 1895) war ein deutscher Philosoph, Gesellschaftstheoretiker, Historiker, Journalist und kommunistischer Revolutionär. Er entwickelte gemeinsam mit Karl Marx die heute als Marxismus bezeichnete Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Alte Vorrede zum »[Anti-] Dühring«


Über die Dialektik


Die nachfolgende Arbeit ist keineswegs aus »innerem Antrieb« entstanden. Im Gegenteil wird mir mein Freund Liebknecht bezeugen, wieviel Mühe es ihm gekostet hat, bis er mich bewog, die neueste sozialistische Theorie des Herrn Dühring kritisch zu beleuchten. Einmal dazu entschlossen, hatte ich keine andre Wahl, als diese Theorie, die sich selbst als letzte praktische Frucht eines neuen philosophischen Systems vorführt, im Zusammenhang dieses Systems und damit das System selbst zu untersuchen. Ich war also genötigt, Herrn Dühring auf jenes umfassende Gebiet zu folgen, wo er von allen möglichen Dingen spricht und noch von einigen andern. So entstand eine Reihe von Artikeln, die seit Anfang 1877 im Leipziger »Vorwärts« erschien und hier im Zusammenhang vorliegt.

Wenn die Kritik eines trotz aller Selbstanpreisung so höchst unbedeutenden Systems in dieser durch die Sache gebotenen Ausführlichkeit auftritt, so mögen zwei Umstände dies entschuldigen. Einerseits gab mir diese Kritik Gelegenheit, auf verschiedenen Gebieten meine Auffassung von Streitpunkten positiv zu entwickeln, die heute von allgemeinerem wissenschaftlichem oder praktischem Interesse sind. Und so wenig es mir einfallen kann, dem System des Herrn Dühring ein andres System entgegenzusetzen, so wird der Leser hoffentlich auch in den von mir aufgestellten Ansichten, bei aller Verschiedenheit des behandelten Stoffs, den inneren Zusammenhang nicht vermissen.

Andrerseits aber ist der »systemschaffende« Herr Dühring keine vereinzelte Erscheinung in der deutschen Gegenwart. Seit einiger Zeit schießen in Deutschland die philosophischen, namentlich die naturphilosophischen Systeme über Nacht zu Dutzenden auf wie die Pilze, von den zahllosen neuen Systemen der Politik, der Ökonomie usw. gar nicht zu sprechen. Wie im modernen Staat vorausgesetzt wird, daß jeder Staatsbürger über alle die Fragen urteilsreif ist, über die abzustimmen er berufen; wie in der Ökonomie angenommen wird, daß jeder Käufer auch ein Kenner aller derjenigen Waren ist, die er zu seinem Lebensunterhalt einzukaufen in den Fall kommt – so soll es jetzt auch in der Wissenschaft gehalten werden. Jeder kann über alles schreiben, und darin besteht grade die »Freiheit der Wissenschaft«, daß man erst recht über das schreibt, was man nicht gelernt hat, und daß man dies für die einzige streng wissenschaftliche Methode ausgibt. Herr Dühring aber ist einer der bezeichnendsten Typen dieser vorlauten Pseudowissenschaft, die sich heutzutage in Deutschland überall in den Vordergrund drängt und alles übertönt mit ihrem dröhnenden – höheren Blech. Höheres Blech in der Poesie, in der Philosophie, in der Ökonomie, in der Geschichtschreibung, höheres Blech auf Katheder und Tribüne, höheres Blech überall, höheres Blech mit dem Anspruch auf Überlegenheit und Gedankentiefe im Unterschied von dem simplen platt-vulgären Blech andrer Nationen, höheres Blech das charakteristischste und massenhafteste Produkt der deutschen intellektuellen Industrie, billig aber schlecht, ganz wie andre deutsche Fabrikate, neben denen es leider in Philadelphia nicht vertreten war. Sogar der deutsche Sozialismus macht neuerdings, namentlich seit dem guten Beispiel des Herrn Dühring, recht erklecklich in höherem Blech; daß die praktische sozialdemokratische Bewegung sich durch dies höhere Blech so wenig irremachen läßt, ist wieder ein Beweis für die merkwürdig gesunde Natur unsrer Arbeiterklasse in einem Lande, wo doch sonst, mit Ausnahme der Naturwissenschaft, augenblicklich so ziemlich alles krankt.

Wenn Nägeli in seiner Rede auf der Münchener Naturforscherversammlung sich dahin aussprach, daß das menschliche Erkennen nie den Charakter der Allwissenheit annehmen werde, so sind ihm die Leistungen des Herrn Dühring offenbar unbekannt geblieben. Diese Leistungen haben mich genötigt, ihnen auch auf eine Reihe von Gebieten zu folgen, auf denen ich höchstens in der Eigenschaft eines Dilettanten mich bewegen kann. Es gilt dies namentlich von den verschiednen Zweigen der Naturwissenschaft, wo es bisher häufig für mehr als unbescheiden galt, wenn ein »Laie« ein Wort dareinreden wollte. Indes ermutigt mich einigermaßen der ebenfalls in München gefallene, an einer andern Stelle näher erörterte Ausspruch Herrn Virchows, daß jeder Naturforscher außerhalb seiner eignen Spezialität ebenfalls nur ein Halbwisser, vulgo Laie ist. Wie ein solcher Spezialist sich erlauben darf und erlauben muß, von Zeit zu Zeit auf benachbarte Gebiete überzugreifen, und wie ihm da von den betreffenden Spezialisten Unbehülflichkeit des Ausdrucks und kleine Ungenauigkeiten nachgesehn werden, so habe auch ich mir die Freiheit genommen, Naturvorgänge und Naturgesetze als beweisende Exempel meiner allgemein theoretischen Auffassungen anzuführen, und darf wohl auf dieselbe Nachsicht rechnen. Die Resultate der modernen Naturwissenschaft drängen sich eben einem jeden, der sich mit theoretischen Dingen beschäftigt, mit derselben Unwiderstehlichkeit auf, mit der die heutigen Naturforscher, wollen sie’s oder nicht, zu theoretisch -allgemeinen Folgerungen sich getrieben sehn. Und hier tritt eine gewisse Kompensation ein. Sind die Theoretiker Halbwisser auf dem Gebiet der Naturwissenschaft, so sind es die heutigen Naturforscher tatsächlich ebensosehr auf dem Gebiet der Theorie, auf dem Gebiet dessen, was bisher als Philosophie bezeichnet wurde.

Die empirische Naturforschung hat eine so ungeheure Masse von positivem Erkenntnisstoff angehäuft, daß die Notwendigkeit, ihn auf jedem einzelnen Untersuchungsgebiet systematisch und nach seinem innern Zusammenhang zu ordnen, schlechthin unabweisbar geworden ist. Ebenso unabweisbar wird es, die einzelnen Erkenntnisgebiete unter sich in den richtigen Zusammenhang zu bringen. Damit aber begibt sich die Naturwissenschaft auf das theoretische Gebiet, und hier versagen die Methoden der Empirie, hier kann nur das theoretische Denken helfen. Das theoretische Denken ist aber nur der Anlage nach eine angeborne Eigenschaft. Diese Anlage muß entwickelt, ausgebildet werden, und für diese Ausbildung gibt es bis jetzt kein andres Mittel als das Studium der bisherigen Philosophie.

Das theoretische Denken einer jeden Epoche, also auch das der unsrigen, ist ein historisches Produkt, das zu verschiednen Zeiten sehr verschiedne Form und damit sehr verschiednen Inhalt annimmt. Die Wissenschaft vom Denken ist also, wie jede andre, eine historische Wissenschaft, die Wissenschaft von der geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Denkens. Und dies ist auch für die praktische Anwendung des Denkens auf empirische Gebiete von Wichtigkeit. Denn erstens ist die Theorie der Denkgesetze keineswegs eine ein für allemal ausgemachte »ewige Wahrheit«, wie der Philisterverstand sich dies bei dem Wort Logik vorstellt. Die formelle Logik selbst ist seit Aristoteles bis heute das Gebiet heftiger Debatte geblichen. Und die Dialektik gar ist bis jetzt erst von zwei Denkern genauer untersucht worden, von Aristoteles und Hegel. Grade die Dialektik ist aber für die heutige Naturwissenschaft die wichtigste Denkform, weil sie allein das Analogon und damit die Erklärungsmethode bietet für die in der Natur vorkommenden Entwicklungsprozesse, für die Zusammenhänge im ganzen und großen, für die Übergänge von einem Untersuchungsgebiet zum andern.

Zweitens aber ist die Bekanntschaft mit dem geschichtlichen Entwicklungsgang des menschlichen Denkens, mit den zu verschiednen Zeiten hervorgetretenen Auffassungen der allgemeinen Zusammenhänge der äußeren Welt auch darum für die theoretische Naturwissenschaft ein Bedürfnis, weil sie einen Maßstab abgibt für die von dieser selbst aufzustellenden Theorien. Der Mangel an Bekanntschaft mit der Geschichte der Philosophie tritt hier aber oft und grell genug hervor. Sätze, die in der Philosophie seit Jahrhunderten aufgestellt, die oft genug längst philosophisch abgetan sind, treten oft genug bei theoretisierenden Naturforschern als funkelneue Weisheit auf und werden sogar eine Zeitlang Mode. Es ist sicher ein großer Erfolg der mechanischen Wärmetheorie, daß sie den Satz von der Erhaltung der Energie mit neuen Belegen gestützt und wieder in den Vordergrund gestellt hat; aber hätte dieser Satz als etwas so absolut Neues auftreten können, wenn die Herren Physiker sich erinnert hätten, daß er schon von Descartes aufgestellt war? Seitdem Physik und Chemie wieder fast ausschließlich mit Molekülen und Atomen hantieren, ist die altgriechische atomistische Philosophie mit Notwendigkeit wieder in den Vordergrund getreten. Aber wie oberflächlich wird sie selbst von den besten unter ihnen behandelt! So erzählt Kekulé (»Ziele und Leistungen der Chemie«), sie rühre von Demokrit her, statt von Leukipp, und behauptet, Dalton habe zuerst die Existenz qualitativ verschiedner Elementaratome angenommen und ihnen zuerst verschiedne, für die verschiednen Elemente charakteristische Gewichte zugeschrieben, während doch bei Diogenes Laertius (X, §§43-44 u. 61) zu lesen ist, daß schon Epikur den Atomen Verschiedenheit nicht nur der Größe und Gestalt, sondern auch des Gewichts zuschreibt, also schon Atomgewicht und Atomvolum in seiner Art kennt.

Das Jahr 1848, das in Deutschland sonst mit nichts fertig wurde, hat dort nur auf dem Gebiet der Philosophie eine totale Umkehr zustande gebracht. Indem die Nation sich auf das Praktische warf, hier die Anfänge der großen Industrie und des Schwindels gründete, dort den gewaltigen Aufschwung, den die Naturwissenschaft in Deutschland seitdem genommen, eingeleitet durch die Reiseprediger und Karikaturen Vogt, Büchner etc., sagte sie der im Sande der...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Metaphysik - Philosophie

Die Lebenswelt

E-Book Die Lebenswelt
Auslegungen der vorgegebenen Welt und ihrer Konstitution. Format: PDF

Der Band versammelt Forschungsmanuskripte Edmund Husserls aus zwei Jahrzehnten, in denen er das bis heute auf die Sozialwissenschaften wirkende Konzept der Lebenswelt detailliert entwickelt. In den…

Die Lebenswelt

E-Book Die Lebenswelt
Auslegungen der vorgegebenen Welt und ihrer Konstitution. Format: PDF

Der Band versammelt Forschungsmanuskripte Edmund Husserls aus zwei Jahrzehnten, in denen er das bis heute auf die Sozialwissenschaften wirkende Konzept der Lebenswelt detailliert entwickelt. In den…

Überschüsse der Erfahrung

E-Book Überschüsse der Erfahrung
Grenzdimensionen des Ich nach Husserl Format: PDF

Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, Momente der Husserlschen Phänomenologie hervorzuheben, in denen diese an ihre Grenzen stößt. Der Ausweis dieser Grenzphänomene, die in der Husserl-Literatur…

Selbstbewusstsein in der Spätantike

E-Book Selbstbewusstsein in der Spätantike
Die neuplatonischen Kommentare zu Aristoteles' 'De anima' - Quellen und Studien zur PhilosophieISSN 85 Format: PDF

The three ancient commentaries on Aristotle's On the Soul (De anima) are interesting because the commentators, as neo-Platonists, understand the soul completely differently than Aristotle. For…

Selbstbewusstsein in der Spätantike

E-Book Selbstbewusstsein in der Spätantike
Die neuplatonischen Kommentare zu Aristoteles' 'De anima' - Quellen und Studien zur PhilosophieISSN 85 Format: PDF

The three ancient commentaries on Aristotle's On the Soul (De anima) are interesting because the commentators, as neo-Platonists, understand the soul completely differently than Aristotle. For…

Bacon und Kant

E-Book Bacon und Kant
Ein erkenntnistheoretischer Vergleich zwischen dem 'Novum Organum' und der 'Kritik der reinen Vernunft' - Kantstudien-ErgänzungshefteISSN 156 Format: PDF

Anyone interested in establishing an intellectual connection between Kant and Bacon must first ask the question as to what similarity could exist between Kant, who carried out a transcendental…

Bacon und Kant

E-Book Bacon und Kant
Ein erkenntnistheoretischer Vergleich zwischen dem 'Novum Organum' und der 'Kritik der reinen Vernunft' - Kantstudien-ErgänzungshefteISSN 156 Format: PDF

Anyone interested in establishing an intellectual connection between Kant and Bacon must first ask the question as to what similarity could exist between Kant, who carried out a transcendental…

Bacon und Kant

E-Book Bacon und Kant
Ein erkenntnistheoretischer Vergleich zwischen dem 'Novum Organum' und der 'Kritik der reinen Vernunft' - Kantstudien-ErgänzungshefteISSN 156 Format: PDF

Anyone interested in establishing an intellectual connection between Kant and Bacon must first ask the question as to what similarity could exist between Kant, who carried out a transcendental…

Normativität

E-Book Normativität
Eine ontologische Untersuchung Format: PDF

The book deals with a central question for the understanding of reality and the way in which human beings relate to it. Humans are creatures that can deliberate and define their actions by virtue…

Normativität

E-Book Normativität
Eine ontologische Untersuchung Format: PDF

The book deals with a central question for the understanding of reality and the way in which human beings relate to it. Humans are creatures that can deliberate and define their actions by virtue…

Weitere Zeitschriften

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

cards Karten cartes

cards Karten cartes

Die führende Zeitschrift für Zahlungsverkehr und Payments – international und branchenübergreifend, erscheint seit 1990 monatlich (viermal als Fachmagazin, achtmal als ...

Courier

Courier

The Bayer CropScience Magazine for Modern AgriculturePflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und generell am Thema Interessierten, mit umfassender ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

ea evangelische aspekte

ea evangelische aspekte

evangelische Beiträge zum Leben in Kirche und Gesellschaft Die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland ist Herausgeberin der Zeitschrift evangelische aspekte Sie erscheint viermal im Jahr. In ...

rfe-Elektrohändler

rfe-Elektrohändler

rfe-Elektrohändler ist die Fachzeitschrift für die CE- und Hausgeräte-Branche. Wichtige Themen sind: Aktuelle Entwicklungen in beiden Branchen, Waren- und Verkaufskunde, Reportagen über ...

elektrobörse handel

elektrobörse handel

elektrobörse handel gibt einen facettenreichen Überblick über den Elektrogerätemarkt: Produktneuheiten und -trends, Branchennachrichten, Interviews, Messeberichte uvm.. In den monatlichen ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...