Die neue Weltrangliste des Fußballs
Wer ist der Beste?
Die Diskussion ist so alt wie der Fußball. Jahr für Jahr wird beim »Don Ballon«, von der französischen Sportzeitung L’Équipe ins Leben gerufen, der Weltfußballer gewählt. Nationaltrainer und – Kapitäne dürfen hier abstimmen und haben sich seit 2008 für zwei Namen entschieden: fünfmal Lionel Messi, dreimal Cristiano Ronaldo. Um eine wirkliche Rangliste der Top 100 zu erstellen, bedarf es harter Fakten.
Deutschlands wertvollste Bein. Thomas Müller liegt in dieser Weltrangliste als bester Deutscher auf Platz 10.
Als Verlag und Redaktion beschlossen, ein Buch mit dem Titel »Die 100 besten Fußballer des Jahres« auf den Markt zu bringen, begann das große Rätselraten: Wie schaffe ich eine gerechte Wertung? Wie beurteilen wir, wer der Beste, der Zweitbeste, die Nummer 100 wird? Wie lassen sich Abwehrspieler und Angreifer vergleichen?
Diese Rangliste ergibt sich aus einem Punktesystem. Wir haben neben der Platzierung auch die Punkte dargestellt, um ein gerechtes Urteil zu fällen. Dieses Punktesystem setzt sich aus vier Komponenten zusammen:
- Der Marktwert. Dabei handelt es sich sicherlich um eine subjektive Zahl, gestützt auf das Online-Portal »transfermarkt.de«, das positions- und länderübergreifend den Marktwert definiert. Wir haben hier den Wert vom 30. September 2016 zugrunde gelegt und damit die Zahlen nach Abschluss der Transferperiode.
- Die Transfersumme. Haben Spieler im Sommer den Verein gewechselt, so wurde die Transfersumme berücksichtigt, die zum Teil deutlich über dem Marktwert lag. Bei Paul Pogba, dem teuersten Spieler aller Zeiten, ebenso wie bei Leroy Sané, dem teuersten deutschen Spieler aller Zeiten. Der Quotient aus Marktwert und Transfersumme ist somit die Basis unserer Rechnung.
- Die Erfolge. Wer Titel gewonnen hat, wird mit Zusatzpunkten dekoriert. Champions League, Europameisterschaft, Olympiasieg oder Südamerika-Meisterschaft bringen 10, eine nationale Meisterschaft 5 und ein nationaler Pokalsieg bringt 3 Sonderpunkte.
- Persönliche Auszeichnungen. Um eine weitere Differenzierung zu erreichen, haben wir persönliche Ehrungen berücksichtigt. Wer in seinem Land als Fußballer des Jahres ausgezeichnet wurde, erhielt 10 Zusatzpunkte. Genauso, wer in seinem Land als Torschützenkönig geehrt wurde.
Bestbezahlter deutscher Fußballer. Toni Kroos mit Präsident Florentino Pérez nach seiner Vertragsverlängerung bei Real Madrid.
Um unser Ranking plausibel zu machen, hier zwei Beispiele: Der Marktwert von Leroy Sané beläuft sich auf 30 Millionen. Manchester City aber überwies an Schalke 50 Millionen. 30 plus 50 ergibt 80. Hier haben wir den Mittelwert in Punkte umgemünzt. Da Sané keine nationalen Titel gewinnen konnte und auch ohne persönliche Auszeichnung blieb, bleibt es bei 40 Punkten. Diese Punktzahl reicht in unserem Ranking für Platz 55.
Bei Jérôme Boateng (Marktwert: 45 Millionen gleich 45 Punkte) sieht die Rechnung anders aus: Er wurde Meister (plus 5 Punkte) und Pokalsieger (plus 3 Punkte) und wurde in Deutschland zum Fußballer des Jahres gewählt (plus 10 Punkte). Daraus ergibt sich eine Punktzahl von 63 und Platz 18 in unserer Rangliste.
Damit ist Jérôme Boateng die Nummer eins unter allen Abwehrspielern der Welt. Kein anderer kommt auf eine so hohe Punktzahl, kein anderer war so erfolgreich wie der Weltmeister aus Berlin, der seit 2011 das Trikot des FC Bayern trägt und seinen Vertrag mit den Münchnern bis 2021 verlängert hat. Auf den ersten zehn Plätzen liegen – bis auf eine Ausnahme – ausschließlich Angreifer, Stürmer, Torjäger. Die Ausnahme heißt Paul Pogba. Obwohl für den Franzosen die höchste Ablösesumme aller Zeiten bezahlt wurde, ist er nicht der Beste. Pogba wurde zwar mit Juventus Turin Meister und Pokalsieger, aber mit Frankreich nicht Europameister. Dennoch zahlte Manchester United die Rekordsumme von 115 Millionen Euro.
Durch neue TV-Verträge, die seit Sommer 2016 gelten, erhält die englische Premier League für die nächsten drei Jahre 6,9 Milliarden Euro. Damit hat jeder englische Klub weit mehr Geld zur Verfügung als die Konkurrenten aus anderen Ländern. Auch die Bundesliga konnte zwar einen neuen Rekorddeal abschließen, der – erst ab Sommer 2017 gültig – für drei Jahre 4,64 Milliarden Euro garantiert, aber 30 Prozent geringer ausfällt als der der Briten. Auch deshalb spielen von den 100 besten Fußballer der Welt nur 15 in der Bundesliga, aber 36 in England. Denn keine andere Liga schwimmt dermaßen im Geld und hat so viel investiert wie die Engländer. Allein Manchester United, ohnehin der reichste Verein der Welt, investierte durch die Familie Glazer, die Inhaber von United, satte 781 Millionen, damit im Stadion Old Trafford Superstars wie Ibrahimović, Pogba, Rooney oder Schweinsteiger auflaufen. Mit José Mourinho wurde zudem der teuerste Trainer als Nachfolger von Louis van Gaal verpflichtet. Noch nie wurde im Weltfußball so viel Geld in eine Mannschaft investiert. Stadtnachbar Manchester City, seit Sommer vom Spanier Pep Guardiola trainiert, landet in diesem Weltranking mit 665 Millionen auf Platz drei. Dazwischen haben sich die »Königlichen « von Real Madrid geschoben, die einst für Bale und Ronaldo jeweils rund 100 Millionen Euro ausgegeben haben.
Bester Abwehrspieler der Welt. Jérôme Boateng auf Platz 18.
Aber Geld schießt keine Tore. Trotz dieser Wahnsinns-Investitionen beherrschen nicht die englischen, sondern nach wie vor die spanischen Klubs den europäischen Fußball. Auch 2016 wurden beide europäischen Titel von Spaniern gewonnen: Real Madrid gewann die Champions League (im Stadtduell gegen Atlético), der FC Sevilla die Europa League. Obwohl nur 28 Spieler der Top 100 in der Primera Division auflaufen, bestätigt diese Rangliste: Die besten Spieler spielen in Spanien!
Auf Platz eins (wenig überraschend): Cristiano Ronaldo. Der Portugiese hat sich uns, seinen Fans, in diesem Sommer zwei Träume erfüllt. Mit Real Madrid gewann er nach 2014 erneut die Champions League, mit Portugal wurde der exzentrische Stürmerstar überraschend erstmals Europameister. Damit hat er sich Platz eins verdient.
Lionel Messi, der wieselflinke Argentinier in Diensten des FC Barcelona, wurde spanischer Meister. Bei der Südamerika Meisterschaft verlor er das Finale gegen Chile, in der Champions League scheiterte er mit seiner Mannschaft bereits im Viertelfinale an Atlético Madrid. So blieb für ihn nur Platz zwei. Auf Platz drei liegt sein Vereinskollege und Olympiasieger Neymar, der mit Brasilien im Finale gegen Deutschland nicht nur Gold gewann, sondern auch auffälligster Akteur war und seinen Landsleuten im heimischen Maracanã einen ersehnten Traum erfüllte.
Bester Torhüter der Welt. Manuel Neuer auf Platz 27.
Unter den Top 10 sind auch zwei Spieler des FC Bayern München: Robert Lewandowski, mit 30 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga, und sein kongenialer Angriffspartner Thomas Müller. Obwohl Deutschlands Allzweckwaffe bei der Euro 2016 ohne eigenen Treffer blieb, half er entscheidend mit, dass der FC Bayern nach wie vor zu Europas Top-Adressen gehört. So sind in den Top 100 nicht weniger als elf Bayern-Spieler vertreten, Boateng als bester Abwehrspieler der Welt auf Platz 18, Manuel Neuer als bester Torhüter der Welt auf Platz 27. Thiago Alcántara schaffte es gerade noch auf Platz 100.
Wichtige Leistungsträger aber fehlen: Weder Robben noch Ribéry oder Lahm tauchen in dieser Liste auf. Denn Marktwert und Transfersummen werden entscheidend durch das Alter geprägt und damit durch die Möglichkeit einer Refinanzierung. Arjen Robben (geb. 23.1.1984), Franck Ribéry (geb. 7.4.1983) und Philipp Lahm (geb. 11.11.1983) haben wie Xavi Alonso die 30 längst passiert, ein Weiterverkauf erscheint daher nahezu ausgeschlossen. Deshalb fehlt auch Zlatan Ibrahimović in dieser Liste, der ablösefrei von Paris St. Germain zu Manchester United gewechselt ist, dort aber mit 12,5 Millionen Euro Jahresverdienst zu den Spitzenverdienern zählt. Ibrahimović ist bereits 35. Zu Deutschlands Spitzenverdiener hat sich Toni Kroos entwickelt, obwohl er in dieser Weltrangliste des Fußballs »nur« auf Platz 16 liegt. Real Madrid belohnte seine enorme Wichtigkeit für das Spiel der »Königlichen« mit einer Vertragsverlängerung um sechs Jahre bis 2022. Diese Unterschrift ist Real 120 Millionen Euro wert, ein Jahressalär von rund 20 Millionen Euro. »BILD« rechnete daraufhin den Tagessatz auf 54.800 Euro hoch und einen Stundenlohn von 2.283 Euro aus. Trotz eines Ronaldo, eines Bale, eines Benzema sagt Real-Trainer Zinédine Zidane: »Es ist ein Glück, einen Spieler wie ihn zu haben.« Einer, der das Spiel bestimmt, einer, dem nachgesagt wird, er spiele mit der Präzision eines Navigationsgerätes. Obwohl weder seine Torerfolge noch seine Torvorlagen für Ausschläge in den Fußballdatenbanken sorgen, ist er der Spiritus Rector des Spiels, sowohl bei Real Madrid als auch in der deutschen Nationalmannschaft. Real weiß zu schätzen, was sie an ihm haben. Sehr zum Ärger des FC Bayern, der 2014 nicht bereit war, Kroos auf ein Gehaltsniveau mit einem Mario Götze zu hieven und ihn – ein Jahr vor Vertragsablauf – nach Madrid ziehen ließ.
Jubelt jetzt für Manu. Zlatan Ibrahimović, der exzentrische Schwede, fehlt in dieser Rangliste. Er ist 35 Jahre alt, sein Marktwert entsprechend niedrig.
Bei allem Geld, das nunmehr im Umlauf ist: Unter den Top 30 wurden mit Pogba und Higuaín nur zwei Spieler in der letzten Wechselperiode transferiert. Innerhalb unserer Top 100 sind es gerade 20 Prozent. Die guten Spieler wissen, was sie an guten Klubs haben. Und die guten...