Wer sich auf Online-Dating-Portalen herumtreibt, gewinnt schnell den Eindruck, dass das Vorspiel im Sexleben der Schwulen keinen Platz (mehr) hat. Eine fatale Entwicklung, wie ich finde. Daher hier ein Plädoyer für das Anklopfen vor dem Eintreten.
Klare Sache, wenn mir auf einer öffentlichen Toilette jemand den Schwanz hinhält, frage ich ihn auch nicht erst nach seiner politischen Einstellung. Lassen wir den Quickie in der Oper, hinter dem Gemüseregal oder unter der Schulbank mal außen vor und reden von der Situation, dass man sich jemand nach Hause mitnimmt. Sollte man dann nicht das Beste für sich herausholen? Und das ist sicher nicht das Schlückchen Sperma am Ende des hoffentlich schweißtreibenden Gliedmaßengerangels.
Gute Gründe, auf das Vorspiel zu verzichten
Zugegeben, es gibt gute Gründe, auf ein Vorspiel zu verzichten: Beim Vorspiel verrät man viel von sich selbst. Das kann unangenehm sein, sogar gefährlich werden, das räume ich ein. Aber ich verrate dir ein Geheimnis: Auch beim Hauptakt musst du die Hosen runterlassen – und nicht nur im wörtlichen Sinne.
Gegen ein Vorspiel spricht sicher auch, dass man sich auf den anderen einlassen muss. Einlassen, weil man ja selten ahnt, was dem anderen guttut, worauf er steht, wovon er mehr haben will. Wenn es geil werden soll, muss man dem anderen (und sich selbst) richtig heiß machen. Erst dann knallt’s.
Aber ein Vorspiel birgt natürlich auch Gefahren: Je länger das Aufwärmgefummel, desto mehr Zeit hat das Gegenüber, das Gespräch in Richtung „Lass uns gute Freunde bleiben“ zu lenken. Aber das Gleiche gilt ja andersrum auch. Wenn man sich „vorher“ Zeit lässt, hält man sich selbst das Hintertürchen offen. Gibt sich der andere schon an deiner Brustwarze tollpatschig, wie vergurkt er dann erst das Spiel mit deinem Schwanz?
Warum ein Vorspiel trotzdem wichtig ist
Aber es gibt auch gute Gründe für ein Vorspiel. Das Wichtigste gleich vorweg: Je länger das Vorspiel, desto länger das Vergnügen – klingt einfach, ist plausibel und hat unschlagbare Überzeugungskraft. Ebenso wenig sollte man die Tatsache außer Acht lassen, dass sich der Orgasmus mit jeder Minute des Vorspiels intensiviert. Der schnelle Fick in den Dünen mag weiche Knie verursachen (weiß ich aus eigener Erfahrung), aber weniger aufgrund seiner Intensität, als aufgrund der Aufregung, von der er begleitet wird (Sieht uns jemand? Krieg ich das hin? Sitzt das Haar noch richtig?). Ungestört im Bett verursacht das flinke Rammel-rammel-spritz allenfalls ein Strohfeuer, anstatt ein loderndes Feuer, das noch Stunden wärmt. Zudem kann man dem Partner dabei schon klarmachen, wo die eigenen Vorlieben liegen (einfach lauter stöhnen, wenn er an die entsprechenden Körperpartien kommt). Ein Vorspiel erhöht die Spannung und reduziert die Gefahr, kurz vor dem Höhepunkt zu versagen.
Im Kopf aufräumen
Wie so oft fängt das Problem schon bei der Wortwahl an. „Vorspiel“ legt nahe, dass dieses Etwas stattfindet, bevor etwas anderes losgeht, nämlich das Hauptspiel. Wie die Vorgruppe, die man über sich ergehen lassen muss, bevor man endlich den Hauptact sehen darf, dessentwegen man den teuren Eintrittspreis hingeblättert hat. Nicht selten werden irgendwelche Newcomer, die noch billig zu haben sind, aus irgendeiner Garage auf die Bühne gezerrt, die nun das zweifelhafte Vergnügen haben, das Publikum in Erregung zu bringen (Ich hoffe, du kannst der Metapher folgen). Und ja, mit der Erregung hapert es in der Tat, wenn die Vorgruppe einfach nur schlecht ist.
Sprechen wir doch statt vom Vorspiel von Präludium. In der Musiklehre bezeichnet man damit ein Instrumentalstück „mit eröffnendem oder hinführenden Charakter“. Zumindest in der klassischen Oper trägt es ja immer schon die Leitmotive des nachfolgenden Werks in sich.
In der Kürze liegt die Würze, heißt es, aber auch ein Wälzer von Roman kann erfreuen, wenn er richtig aufgebaut ist, auf Spannung setzt, Erholungsmomente enthält und nicht nur auf ein köstliches Happy End baut, sondern den Genuss in jedes Wort und jeden Handlungsstrang legt.
Wie man’s macht
Beim Vorspiel ist es ähnlich wie bei der geschriebenen Pornografie: Du musst Spannung aufbauen, immer wieder nah an den Hauptakt heranführen und dann kurz vor dem Ziel wie ein Hase Haken schlagen, sodass das Bedürfnis des Andern gerade gestreift wird, gerade nicht erfüllt wird, aber die Hoffnung darauf nicht erlischt.
Eröffne mit lustvollen Reizen! Lasse keinen seiner Sinne unbefriedigt: Riechen, Sehen, Hören, Schmecken, Fühlen … Orientiere dich bei der Auswahl deiner Handlungen an seinen Reaktionen. Und vergiss bei alledem nicht, selbst Spaß zu haben, indem du deine Fähigkeit genießt, ihn in wollüstige Verzückung zu bringen. Und nicht zuletzt, führe ihn an deine heiligsten Stellen und verleite ihn dazu, mit denen genau so zu verfahren, wie du es brauchst, um ins Nirwana aufzusteigen.
Wie’s am meisten Spaß macht
Es ist hilfreich, sich vielfältig betätigen zu können, aber Techniken abspulen macht noch keinen Meister. Lass dich auf den Moment ein! Schaffe Intimität! Spüre die Melodie eures Sex in dir! Führe und lass dich leiten! Wenn daraus ein Tanz wird, bist du dabei, Kunst zu schaffen. Alles andere ist Wühltischgerangel beim Schlussverkauf.
Berührung
Berührung gehört zu den elementaren Kommunikationsmitteln: Nachweislich erleiden Affenbabys durch mangelnde Berührung Depressionen, werden häufiger krank und sterben sogar vorzeitig. Babys, die von ihren Müttern gestreichelt wurden, litten weniger an Verdauungsbeschwerden. Je seltener Kinder zärtlich berührt werden, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie später gewalttätig werden. Die härtesten Typen schmelzen in deinen Armen regelrecht dahin, wenn du ihnen den Bauch streichelst …
Lippenbekenntnisse
„Küssen ist das, was von der Sprache des Paradieses übrig geblieben ist“, sagte Joseph Conrad. Freud führte es auf das Nuckeln an der Mutterbrust zurück, andere auf das Vorkauen von Nahrung. Sicher ist: Durch Küssen werden Hormone und Endorphine ausgeschüttet, und die heben die Stimmung. Über das Küssen nimmst du die Pheromone des Partners auf, womit dein Immunsystem die genetische Kompatibilität abcheckt. Und, auch das ist erforscht: Wer gerne küsst, lebt länger.
Die Beteiligung der Zunge ist unbedingt erforderlich. Nichts ist schlimmer als so ein totes Tier in einer dunklen Höhle. Die Propellertechnik findet allerdings wenig Anhänger. Tiefe Küsse (bis zum Zäpfchen) führen zu Würgereiz. Neugieriges Erkunden, Fangenspielen, ein spannender Wechsel zwischen „schnell, schnell, die Post ist da“ und einem geschmeidigen „Ich lasse dich mir auf der Zunge zergehen“ dürfte für die Mehrzahl der Kunden akzeptable Ergebnisse liefern.
Küssen kann man übrigens bitte schön nicht nur Lippen und Schwanz. Jeder Winkel, jede Falte genießt den zarten Umgang durch den Geschmacksprüfer. Ein wenig Hauchen und Saugen rundet das Aufwärmprogramm ab.
Immer locker
Bist du vor dem Sex manchmal furchtbar aufgeregt? Da bist du nicht der einzige. Versuch erst gar nicht, es zu überspielen. Raus mit der Sprache! Wenn du deine Schwäche zeigst, kommt das beim Gegenüber als Stärke an. (Wenn nicht, ist er den Aufwand ohnehin nicht wert.)
Umgekehrt solltest du einem aufgeregten Sexpartner auch die Zeit geben, sich bei dir gehenzulassen. Nimm den (bei Männern sehr verbreiteten) Leistungsdruck raus, und schwups wird dir sein Sperma um die Ohren fliegen. (Wenn nicht, dann hattest du wenigstens einen netten Abend mit ihm.)
Hosen runter!
Leider wird dem Ausziehen zu wenig Wert beigemessen. Meist kommt es eher einem „schnell zur Sache“ gleich. Dabei birgt schon das Ausziehen eine Menge an Lust. Es muss ja nicht gleich in einen Stripwettbewerb ausarten, aber ein bisschen wie Geschenkeauspacken darf es schon sein.
Knöpf ihm das Hemd auf, bevor er es tut! Wenn er sich entzieht, gebiete ihm Langsamkeit. „Lass dich anschauen!“ Ein einfaches „Warte!“ tut es auch, und dann gleich übernehmen. Bringe zum Ausdruck, wie sehr es dich anmacht, ihn nackt zu sehen. Mach ihm Mut!
Wenn du dich selbst scheust, vor anderen nackt zu sein, lerne dich selbst wertzuschätzen – vor dem Spiegel. Deine Speckröllchen mögen für dich das Ende der Welt bedeuten, aber der andere hat dich doch ausgesucht. Er hat geahnt, was du mit Stoff zu kaschieren versuchst.
Mag sein, dass du es noch nicht bemerkt hast, aber Männer finden es großartig, wenn man sich über ihre Gurke freut. D.h. wenn sich jemand vor dir entblößt, zeig ein wenig Bewunderung! Tatsächlich hat eine jede ihre Vorzüge: Senfgurken (kurz und dick) sind meist schön knackig. An Stopselgurken (groß und dick) hat man länger was zu knabbern. Salatgurken (lang und dünn) sind leichter verdaulich – allerdings muss man schnell aufstoßen –, und Cornichons (kurz und dünn) … Na ja, die … isst man zum Raclette.
Massagen
Ist einer von euch beiden überdreht, kann man eine Massage auch dafür benutzen, runterzukommen. Zu sehr entspannen sollte eine Massage jedoch nicht, weil das richtig geilem Sex eher abträglich ist. Wenn du nicht weißt, wie man massiert, kannst du das lernen, z.B. hier:...