Unser Körper, ein gut eingefahrener Motor
Wir können nicht in unseren Körper hineinschauen. Einige anatomische und medizinische Begriffe sind uns zwar bekannt, aber über unsere Körperfunktionen und die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Systemen wissen wir nur wenig. Unser höchst geheimnisvolles »Innenleben« wird von der Haut umhüllt, die eine Art Schutzwall gegen äußere Angriffe bildet. Die Haut schützt unser Leben. Wird sie verletzt, bringt uns das in Gefahr. Ein körperliches Trauma, ein chirurgischer Eingriff, eine Wunde oder ein Knochenbruch zerstören das Gefühl körperlicher Integrität und schwächen uns. Die Wunde schließt sich, aber die Haut bleibt von einer Narbe gezeichnet, während das Körpergedächtnis im Inneren Narben, Schmerzen und Stress unsichtbar speichert. Diese unter der Oberfläche liegenden Spannungen können sich jederzeit entladen.
Angriffe auf das eigene Wertesystem und seelische Traumata sind heimtückischer, denn sie schlagen eine Bresche in unseren psychischen Schutzwall und überwinden ihn, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Äußerlich kann man zwar nichts erkennen, aber die Erinnerung an die Verletzungen prägt sich unserem Körper tief ein. An welcher Stelle dies geschieht, hängt von unserem persönlichen Schwachpunkt ab. Das kann der Rücken, die Leber oder der Darm sein … Vom Körper gehen zudem elektromagnetische Wellen aus, die eine weitere Schutzhülle um unsere Haut bilden, unsichtbar und subtil. Sie spüren diesen Schutzwall, wenn Ihnen jemand zu nahe kommt. Sie haben dadurch ein Gefühl dafür, wie nah Sie jemanden an sich heranlassen möchten, beziehungsweise welche Distanz Sie zu einem anderen Menschen brauchen.
Sind wir verletzt worden, ob sichtbar oder unsichtbar, so wirkt das auf den Körper und unsere Seele wie ein Schiffsleck, das die Mannschaft abzudichten versucht: Ist sie bei Kräften, wird der Schaden rasch behoben sein, ist sie aber durch mehrere Tage in aufgewühlter See bereits erschöpft, übersteigt die Reparatur ihre Kräfte, und das Leck kann das Schiff letztendlich zum Sinken bringen.
Der Widerhall unserer Emotionen in unseren Organen
Es sind vor allem unsere Organe, die Reaktionen auf unsere Emotionen zeigen – sie sind äußerst empfänglich für unsere Gemütsbewegungen und Gefühle. So nehmen unsere Emotionen im wörtlichen Sinne »Gestalt an«. In verschiedenen Redewendungen wird dies deutlich, wie »Das bereitet mir Magenschmerzen« oder »Das tut mir in der Seele weh«, »Mir wird das Herz schwer«, »Mir kommt die Galle hoch«, »Das nimmt mir den Atem«, »Ich bekomme eine Gänsehaut« und andere. Man sagt auch »Jemand hat einen empfindlichen Magen« oder »Dieser Mensch hat viel Herz«. Sprachliche Wendungen, die eine Verbindung zwischen Gefühlen und Organen herstellen, gibt es viele. Die Organe reagieren unterschiedlich, je nach Intensität, Schwere und Dauer des Stresses. Man kann Stress, der durch den Verlust eines Schlüsselbundes entsteht, nicht mit Stress vergleichen, den der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Bruch mit einem geliebten Menschen verursacht.
An der Spitze der emotionalen Belastungen steht der Tod eines nahen Angehörigen, gefolgt von Scheidung, Entlassung, ungewolltem Umzug – die Liste ist endlos lang. Die emotionalen Reaktionen reichen von einfachen Krämpfen der Gallenblase bis zu Magenbrennen, Erbrechen, Unwohlsein, Ohnmachtsanfällen, Geschwüren, Hepatitis oder schwereren Erkrankungen. Im Allgemeinen reagieren bei kleineren Ärgernissen die Gallenblase und der Solarplexus (in der Magengrube). Wie wir noch sehen werden, ist jedes Organ emotional und physisch mit dem Gehirn verbunden. Das Gehirn erkennt qualitative Unterschiede und lässt sich nicht vom erstbesten Stress beeinflussen. Die beiden größten »Emotionsspeicher« sind der Darm und die Leber.
Das Echo unserer Organe in unserem Verhalten
Organe reagieren nicht nur auf Emotionen, sondern auch umgekehrt: Die Reaktion eines Organs löst wiederum bestimmte Verhaltensweisen bei uns aus. Nehmen wir als Beispiel den Darm. Hat jemand einen empfindlichen Darm und steht gerade in einer Krise, wird er möglicherweise eine plötzliche Putzwut an den Tagen legen oder sich wegen Nichtigkeiten mit anderen Menschen anlegen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Der Schwachpunkt
Was Funktionsstörungen unserer Eingeweide angeht, sind wir nicht alle gleich. Jeder von uns hat seinen individuellen Schwachpunkt, ein Organ, das verletzlicher ist als die anderen und in Stress-Situationen unter Beschuss gerät. Man sagt häufig: »Ich habe einen empfindlichen Darm, eine empfindliche Blase« oder Ähnliches. Das anfällige Organ ist häufig durch genetische Vererbung oder als Folge einer dem Organismus abträglichen Lebensweise beeinträchtigt. So wird ein Mensch mit empfindlicher Leber am Morgen nach einem zu schweren Abendessen oder nach dem Genuss von zu viel Alkohol besonders ausgeprägte Probleme haben. Er wird missmutig sein und beim geringsten Stress jähzornig und aggressiv werden. An einem solchen Tag sollte man ihm besser aus dem Weg gehen, denn da reicht ein nichtiger Vorwand als Anlass zum Streit. Die Funktionen des menschlichen Körpers sind aber viel komplizierter. In der weiten Welt der Emotionen hat jedes Organ sein bevorzugtes Gebiet. Hier nur einige einfache Beispiele zur Veranschaulichung:
- – Die Leber reagiert empfindlich auf alles, was die Einmaligkeit des Menschen, den Kern seiner Persönlichkeit – das »Selbst«, berührt.
- – Die Milz und die Bauchspeicheldrüse sind bei intensiven, unerträglichen und plötzlichen Emotionen, wie dem Unfalltod eines Angehörigen, besonders anfällig.
- – Bei Frauen reagieren die Brüste auf familiäre Probleme, auf einen Mangel an Stabilität und Zuneigung. Es kann zu Stauungen und Schmerzen kommen, oder es können sich Zysten und Tumore entwickeln.
- – Beim Mann ist der Magen der Spiegel des sozialen Lebens, er ist das Sammelbecken für Spannungen, die durch Konfrontation mit anderen entstehen.
- – Bei Stress verkrampfen sich bestimmte Organe, wie die Bronchien, der Magen, die Gallenblase oder der Darm. Bei anderen Organen, wie den Nieren, ziehen sich vor allem die Gefäß- und Ausscheidungssysteme zusammen und führen zu einer Funktionsstörung.
Stress durchströmt in Stoßwellen die verschiedenen Teile des Körpers, doch der Mensch verfügt über ein ganzes Sortiment an Präventivlösungen, damit sein »Inneres« gut gepflegt und funktionstüchtig bleibt. Sie können Ihrer Gesundheit ein gutes Fundament bereiten, indem Sie für eine ausgewogene Ernährung sorgen, Giftstoffe meiden, sich ausreichend bewegen und bei Bedarf sanfte Entspannungsmethoden oder Yoga praktizieren.
Den Körper verstehen: das Gehirn
Das Gehirn stellt die untrennbare Verbindung zwischen Körper und Geist her. Es hat Befehlsgewalt über alle Vorgänge, empfängt, leitet weiter und speichert ab. Es ermöglicht uns zu denken, uns etwas vorzustellen, etwas zu erschaffen, zu sprechen, zu gehen. Das Gehirn entscheidet darüber, ob wir glücklich oder unglücklich werden, ob wir lachen oder weinen müssen, aktiv oder passiv sind. Genau genommen handelt es sich um 1,3 Kilogramm Hirnmasse, deren Geheimnisse bei weitem noch nicht gelüftet werden konnten. Als Denkfabrik, Transportunternehmen und Produktionsstätte ist das Gehirn die Schaltstelle zwischen unserer Beziehung zum Kosmos und der Realität unseres Körpers. Die biologischen Rhythmen – Tag-und-Nacht-Rhythmus, Mondphasen und Jahreszeiten –, die den Menschen unbewusst steuern, erreichen zuerst das Gehirn, bevor sie die Körperfunktionen beeinflussen.
Im Verhältnis zu seinem Gewicht, das nur zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, verbraucht das Gehirn sehr viel Sauerstoff: 20 Prozent des Sauerstoffverbrauchs des gesamten Körpers. Die beste Möglichkeit, das Gehirn mit einer ausreichenden Sauerstoffmenge zu versorgen, ist genügend körperliche Aktivität. Wenn man sich klar macht, dass das Gehirn die Muskeln, Gliedmaßen, Nerven, Hormone, Reaktionen, das Denken und den Willen steuert, dann erkennt man, dass der Körper funktioniert wie eine weitgehend perfekte Maschine, die sich selbst steuert. Aber autonom ist sie nicht, denn um gut funktionieren zu können, benötigt diese Maschine die Zufuhr von Stoffen und Anregungen aller Art. Nahrung ist ihr Kraftstoff, aber das allein reicht nicht aus: Liebe, Anerkennung, Wertschätzung und geistige Arbeit sind Faktoren, die für das richtige Gleichgewicht sorgen.
Das Erbteil Gesundheit
Bleiben wir bei dem Vergleich Mensch – Auto, so entspricht unser Körper einer Karosserie mit einem Motor. Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, was den Menschen von einer Maschine unterscheidet: das Denken, die Gefühle, erworbene, genetische und kulturelle Eigenschaften. Alles, was der Mensch an solider Struktur und Positivem mitbekommen hat, trägt zu seiner Gesundheit bei. Weniger Günstiges macht sich negativ bemerkbar. Unser Körper und unsere Organe führen unbewusst Buch und registrieren alle Einflüsse. Wir tragen das Gedächtnis unserer Vorfahren in uns, unser genetisches Erbe. Das kann Kraft und ein langes Leben bedeuten, aber auch mehr oder weniger sichtbare Krankheiten, wie Allergien, Diabetes, Asthma, Schuppenflechte oder Ekzeme. Es gibt verborgene Krankheiten, die nur darauf warten, wieder hervorzubrechen wie die Lava eines Vulkans. So kann beispielsweise emotionaler Stress eine bislang nicht bekannte genetische Krankheit »aufwecken«.
Eine junge 25-jährige Patientin...