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Die diskursstrategische Bedeutung des Nachfelds im Deutschen

Eine Untersuchung anhand politischer Reden der Gegenwartssprache

AutorHélène Vinckel
VerlagDUV Deutscher Universitäts-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783835090040
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR
Hélène Vinckel versteht unter 'Nachfeld' die Position nach einem syntaktischen 'Grenzsignal', die unter anderem durch 'rechtsverschobene' bzw. 'adjungierte' verbfreie Konstituenten besetzt werden kann. Der Hauptakzent liegt auf der Beschreibung und Erörterung der kommunikativ-pragmatischen und diskursstrategischen Funktionen solcher Nachfeldbesetzungen, wobei insbesondere deren Rolle bei der Informationsstrukturierung und die Auswirkungen auf rhetorisch-argumentativer Ebene untersucht werden.

Dr. Hélène Vinckel promovierte in germanistischer Sprachwissenschaft bei Prof. Dr. Martine Dalmas an der Université de Paris-Sorbonne (Paris IV). Sie ist Dozentin für Germanistik an dieser Universität.

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Leseprobe
1. Einleitung (S. 1)

1.1. Gegenstand der Untersuchung

1.1.1. Einige Beobachtungen

Aussagen zur Satzgliedstellung des Deutschen kommen häufig auf das Spannungsfeld von "Zwang" und "Freiheit" zu sprechen: Die Anordnung der Wörter ist uns zu einem Teil überliefert, wir sind also durch eine Macht außer uns bestimmt. Zu einem andem Teil entspringt die Anordnung dem persönlichen Bedürfnis des Augenblicks, hier sind wir frei. (Behaghel l932,3)

Die Satzgliedstellung gilt im Deutschen als besonders kompliziert, da sie von Bedingungen verschiedener Ebenen bestimmt ist: von syntaktischen Bedingungen, von morphologischen Bedingungen und von kommunikativen Bedingungen der Sprecherintention. (Fleischer et al. 2001, 282) Während also die Konstituentenabfolge, die Linearisierung der Satzglieder, einerseits bestimmten grammatischen bzw. syntaktischen "Regeln" unterliegt (vgl. etwa das "Gesetz von Fourquet" bzw. das "Prinzip der syntaktischen Verbnähe") spielen andererseits auch andere Faktoren wie z.B. die Sprecherintention oder bestimmte Mitteilungswerte eine wesentliche Rolle: Hierbei kommt die Freiheit des Sprechers deutlich zum Ausdruck.

Zu den heutigen syntaktisch-linearen Erscheinungen, bei denen sich diese (relative) Freiheit am augenfälligsten manifestiert, gehört die Besetzung des "Nachfelds", insbesondere durch verbfreie Konstituenten, das als grammatisches Phänomen im Mittelpunkt der vorliegenden Analyse steht. Das Nachfeld - im vorläufigen Sinne einer linearen Position auf der Ebene einer verbhaltigen Außerung (vgl. unten) - kann durch ein relativ breites Spektrum von Satzgliedern bzw. Satzgliedteilen besetzt werden. Mein Hauptinteresse gilt allerdings nicht allen Besetzungsmöglichkeiten des Nachfelds. Den Gegenstand der Untersuchung bilden die Fälle, bei denen weder eine finite Verbform noch ein Infinitiv vorhanden sind. So werden die Elemente bzw. Nachfeldbesetzungsformen, wie sie in (a), (b) und (c) auftreten, außer Acht gelassen:

(a) Es freut mich besonders, dass du mir schreiben willst.

(b) Seit heute ist der Mann bekannt, der dies getan hat.

(c) Er betrat das Zimmer, ohne zu grüßen.

Solche weitgehend grammatikalisierten Nachfeldbesetzungen sind im Fall (a) obligatorisch, in den Fallen (b) und (c) fakultativ und verdanken sich dem Verfahren der "Extraposition", das hier unberücksichtigt bleibt." Vielmehr richtet sich die Aufmerksamkeit auf die "verbfreien Konstituenten im Nachfeld", auch "verbfreie Nachfeldbesetzungen" genannt: In den praskriptiven Grammatiken als "Abweichung[en] vom geltenden Normalschema der gewöhnlichen Sprache" (Glinz 1952, 425) betrachtet und noch vor weniger als zwanzig Jahren für "unkorrekt" in der Schriftsprache gehalten (Engel 988, 316), gelten diese Erscheinungen inzwischen als typisches syntaktisch-lineares Merkmal des gesprochenen Deutsch.

Dieser Zusammenhang findet nachdrückliche Beachtung in Untersuchungen zur Syntax der gesprochenen Sprache bzw. in spezifischeren sowohl syntaktisch als auch gesprächsanalytisch orientierten Arbeiten und in manchen Grammatiken und sprachwissenschaftlichen Lexika. Die fraglichen Phänomene finden sich aber auch besonders häufig in zeitgenossischen politischen Reden, aus denen das hier untersuchte Korpus besteht:

(1) In diesem Zusammenhang ist Dank und Anerkennung zu sagen den vielen Angestellten, Mitarbeitern gesellschaftlicher Organisationen und nicht zuletzt den Angehörigen der Armee, der Schutz- und Sicherheitsorgane für ihren Einsatz vor Ort zur Lösung volkswirtschaftlicher Aufgaben. (H. Modrow, 17.11.1989. [Internetseite])
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis10
Abkürzungs- und Transkriptionsverzeichnis14
1. Einleitung15
1.1. Gegenstand der Untersuchung15
1.2. Das Korpus: politische Reden20
1.3. Zur Transkription24
2. Forschungsüberblick27
2.1. Diachroner Exkurs29
2.2. 'Nachfeld'32
2.3. Ausklammerung36
2.4. 'Nachtrag': ein Passepartout-Ausdruck50
2.5. 'Rechtsversetzung'59
2.6. '(Lockere) Apposition'66
2.7. Zwischenbilanz67
3. Theoretische Grundlagen71
3.1. Das 'Nachfeld' in der vorliegenden Untersuchung71
3.2. Typologie der verbfreien Nachfeldbesetzungen (X)76
3.3. Zwischenbilanz126
4. Rolle bei der Informationsstrukturierung127
4.1. Informationsentflechtung129
4.2. Textgestaltung153
5. Hervorhebung zu persuasiven Zwecken173
5.1. Fokussierung bzw. Nachdruckbildung174
5.2. Die Sprecherintention192
5.3. Zwischenbilanz: Rechtsverschiebung und Adjunktion als ad-Hoc-Verfahren in persuasiver Kommunikation219
6. Rückblick und Ausblick221
7. Literatur- und Quellenverzeichnis225
7.1. Literaturverzeichnis225
7.2. Quellenverzeichnis235
8. Anhang237
8.1. Rechtsverschobene Nachfeldbesetzungen237
8.2. Adjungierte Nachfeldbesetzungen263

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