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Die Eltern als Fundament, Säule und Rückhalt im Werdegang jugendlicher Athleten und Athletinnen

AutorPeter Kirschner
VerlagFreya
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl380 Seiten
ISBN9783990253526
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
'Sie behandeln meinen Sohn falsch', sagte ein Vater zu einem Spitzentrainer. Der Trainer baute die Informationen des Vaters gezielt in die Trainingspraxis ein. Der Schüler wurde später Sieger der Vierschanzentournee. Eltern spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung und Begleitung jugendlicher Spitzenathlet_innen. Im Spitzensport stehen das Leistungsprinzip und die Leistungsoptimierung im Vordergrund. Der Mensch in seiner Ganzheit und Individualität wird in diesem fordernden System nicht berücksichtigt. Aktuelle Konzepte in der Sportpsychologie belegen jedoch, dass bei sportlichen Höchstleistungen immer der Mensch als Gesamtheit in Betracht gezogen werden muss. Eltern sind in diesem Zusammenhang deshalb ein wichtiges Bindeglied zu den Ausbildnern, weil sie in der Regel ihr Kind am besten kennen.

Mag. Dr. Peter Kirschner, geb. 1960 in Zams bei Landeck/Tirol. Nach dem Studium der Sportwissenschaften und katholischen Theologie in Innsbruck zusätzliche Ausbildungen als Sportpsychologe, Mentalcoach, Dialogbegleiter und Schulmediator. Seit 2001 Sportpsychologe an der Internatsschule für Schisportler in Stams und Hochschulprofessor an der Pädagogischen Hochschule in Tirol. Bereits im Studium intensive Beschäftigung mit sportpsychologischen und sportethischen Fragestellungen speziell im Feld des jugendlichen Spitzensports. Das ganzheitliche Menschenbild nach V.E. Frankl ist in den Publikationen von Kirschner durchgehend erkennbar. Der begeisterte Wintersportler und Tennisspieler lebt mit seiner Familie in Axams in Tirol.

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Leseprobe

4. Fallbeispiele zum Verhalten der Eltern in Krisensituationen


Eine Mutter berichtet: „Ich lerne jedes Wochenende mit meinem Sohn, den Lernstoff, welchen er während der Woche nicht aufnehmen und verarbeiten konnte. Wir schaffen es bald nicht mehr und brauchen Hilfe in diesem beinharten Getriebe Leistungssport und Schule. Sowohl ich als auch mein Sohn suchen Inseln der Ruhe und sehnen uns nach Geborgenheit und Menschlichkeit. Wenn mein Sohn am Sonntag Richtung Schule fährt, zählt er schon am Tag davor die Stunden zu Hause. Wenn er fährt, weint er immer. Diese Situation stellt auch eine Belastung für unsere Partnerschaft dar. Es war erforderlich mit Hilfe eines Therapeuten, unsere Beziehung völlig neu zu definieren und auch zu gestalten. Wir sind voll gefordert und wollen lediglich, dass unser Kind glücklich wird. Wann wird das aufhören?“

Wenn sich Eltern ungebührlich massiv in den Sport ihrer Kinder einmischen oder gar einnisten, kann das für die jugendlichen Sportler_innen

a)hemmend sein, weil sie mit dem aufgelasteten Druck der Elternteile nicht fertig werden oder auch

b)enervierend, weil sie immer wieder in Konflikt mit Teamkollegen_innen und dem_der Trainer_in kommen können.

Kinder sollen immer ihren eigenen Weg (auch im Sport) gehen dürfen. Leider ist Eltern manchmal nicht bewusst, was sie mit ihren Haltungen und Interventionen bewirken und welchen Einfluss sie damit auf ihre Kinder ausüben. Mitunter haben es Trainer_innen im Umgang mit den Eltern der ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen sehr schwer. In Teamsportarten sind auch Neid- und Protektionsvorwürfe festzumachen.

Vor allem bei jenen Eltern, welche selbst an einer erfolgreichen Sportkarriere gescheitert sind und versuchen, dies durch ihre Kinder zu kompensieren und in dieser Weise aufzuleben zu lassen. In den meisten Fällen gehen diese Wünsche ins Leere und sind insofern auch kontraproduktiv, weil dadurch nicht wenige Kinder die Lust am Sport verlieren, manchmal sogar aufhören oder die Sportart wechseln. Eine wichtige Aufgabe des_der Trainers_in neben der Aneignung und Vertiefung von Sachkompetenz ist es, unermüdlich den Dialog mit den Eltern zu führen.

Auch heute noch agieren einige Trainer_innen wie Diktatoren_innen. Lediglich ihre Meinung zählt, alle Athleten_innen haben nach ihrer Pfeife zu tanzen, Widerrede ist unerwünscht. Mittlerweile hat sich auch das Trainer_innenbild nicht zuletzt durch den Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft verändert. Manche Trainer_innen sind kommunikativer im Umgang mit den Athleten_innen als z. B. noch vor 20 Jahren, bauen sie gezielt in die Trainingsplanung ein und wirken motivierend auf die Athleten_innen mit dem Ziel, diese ohne Druck und Einschüchterung an ihren Leistungszenit heranzuführen.

Mittlerweile können Trainer_innen, welche am Puls der Zeit agieren, dank der Entwicklungen und hohen Standards in den Sportwissenschaften Überbelastungen im Sport weitgehend vermeiden. Entscheidend ist, dass im Umkehrschluss auch Athleten_innen mit den Trainern_innen den Dialog suchen. Wertschätzende Kommunikation verbindet und ist immer hilfreich.

Elternproblematiken im Sport aufgezeigt an unterschiedlichen Beispielen:

Beispiel Eiskunstlauf:

Im Eiskunstlauf gibt es Beispiele, in denen aufgezeigt wird, dass Eltern mehr wollen als ihre Kinder.

» „Ich finde es vor allem bedenklich, wenn die Eltern auch noch in Fragen der Ernährung „mitmischen“. Eine Trainingspartnerin von mir hatte so eine Mutter, die ständig meinte „sie solle auf das Gewicht aufpassen“. Es ist zwar leider so, dass im Eiskunstlauf das Gewicht bei den Sprüngen eine große Rolle spielt, aber wenn man nicht mehr isst verliert man Muskelkraft und am Ende kann man schlechter Springen als zuvor. Das Mädchen, damals ca. 13 Jahre alt, war eine gute Läuferin und konnte auch gut Springen. Sie war vom Körperbau sehr athletisch, hatte kaum Fett sondern viel Muskulatur. Leider wurde sie magersüchtig. Ich denke, dass dies nicht nur durch ihre Mutter verursacht wurde, aber mit verursacht. Bemerkenswert ist, dass im Eiskunstlauf eher Mädchen zur Magersucht neigen“, berichtet eine Mutter.

Veraltete Trainingsmethoden:

Leider gibt es im Eiskunstlauf Trainer_innen, vorwiegend aus dem ehemaligen Ostblock, welche nach „veralteten Trainingsmethoden“ arbeiten. Dazu fällt mir eine 16-jährige Läuferin ein. Das Mädchen ist klein und dünn, eine gute Läuferin und Springerin. Es gibt einen Sprung, vor dem sich das Mädchen fürchtet, weil es dabei immer auf den Trochanter Major fällt. An dieser Stelle hat sie aufgrund der Vielzahl an Stürzen einen Bluterguss, welcher sich eingekapselt hat und nicht mehr selbstständig resorbiert. Ich habe von anderen Läufern erfahren, dass die Ärzte gesagt hätten, der Bluterguss sei operativ zu entfernen. Das Mädchen nahm bei einem Wettkampf teil. Man sieht bereits beim Anlauf, dass dieser misslingen wird, weil das Mädchen fürchtet, wieder auf dieselbe Stelle zu stürzen. Dies passierte dann auch.

Die Trainerin ignorierte dies sowohl im Wettkampf als auch im Training. Sie vertritt folgende Meinung: „Ein starker Athlet hält die Belastungen aus.“ Außerhalb des Eises weint das Mädchen aufgrund ihrer Schmerzen und der Unerträglichkeit der Gesamtsituation.

Was denken sich die Eltern? Wäre das mein Kind, hätte ich…was unternommen?

In der Disziplin Eiskunstlauf wird häufig die Meinung vertreten, dass „gute Trainer_innen“ eigene Erfolge aufzuweisen hätten.

Beispiel Triathlon:

Welche Rolle spielen meine Eltern bei meiner Entscheidung für Triathlon?

» „Meine Eltern spielen keine große Rolle bei meiner Entscheidungsfindung für diesen anspruchsvollen Sport. Meinen Vater habe ich erst als Jugendliche kennengelernt und verloren. Zu meiner Mutter habe ich kein gutes Verhältnis, weil sie meinen Sport nicht schätzt.

Neben dem Studium, der Arbeit und der Beziehung zu meiner Mutter ist es für mich schwierig, für mein Training Zeit und Energie für die Belastungen aufzubringen.

Aufgrund meiner Sponsorenverträge muss ich meine Leistungen im Wettkampf zeigen. Ich spüre, dass meine Konzentration leidet und ich „Anfängerfehler“ im Wettkampf mache. So habe ich zum Beispiel in der Wechselzone mein Fahrrad nicht gefunden, den Helm zu früh geöffnet und schließlich meinen Wechselbeutelplatz vergessen. Ich mache Fehler, die Strafen zur Folge haben. Auch beim Training kann ich meine Leistungen nicht steigern, denn ich bin mit meinen Gedanken nicht bei der Sache.

Weder meine Mutter noch mein Vater unterstützen mich bei meinem Traum, Profiathletin zu werden. Ich musste mir alles selber erarbeiten, finanzieren, organisieren und planen. Meine Mutter kann meine Leidenschaft für diesen Sport nicht nachvollziehen. Im Kreis der Triathleten fühle ich mich wohl, in meiner Familie leider nicht.

Ich habe für mich meine Sportart gefunden. Jetzt bin ich schon zwei Jahre mit dieser Sportart verbunden und werde dafür kämpfen und das letzte Energiepotential aus mir herausschöpfen, um Profi zu werden. Bei meinem ersten Triathlon, wurde ich Tiroler Meisterin und wusste, dass ich es mit intensivem Training und guter Vorbereitung schaffen kann. Ich trainierte viel und stellte von heute auf morgen mein ganzes Leben um. Sport steht für mich an erster Stelle. Dann kommt das Studium, meine Familie und Freunde. Zu Beginn war es für mich eine schwere Entscheidung, Sport oder Leben. Ab diesem Zeitpunkt wurde ich zur Einzelkämpferin.

Unterstützung und Zuspruch erhalte ich von meinen Großeltern. Sie sind für mich der Mutter und Vater-Ersatz. Ich fühle mich immer wohl, wenn ich im Kreise meiner Großeltern bin. Ich erzähle

Ihnen viel über meinen Sport und sie hören mir zu. Sie freuen sich immer, wenn ich einen Wettkampf erfolgreich absolviert habe und sie meine Preise und Zeitungsartikel sehen und lesen dürfen. Sie sind stolz auf mich und unterstützen mich finanziell. Ich denke, wenn meine Mutter mehr Verständnis für meinen Sport hätte, dann wäre es auch für mich leichter, klare Gedanken im Wettkampfund Training zu fassen. Meine Geschwister begleiten mich bei jedem Wettkampf.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die momentane Situation sehr schwierig ist. Es ist eine schwierige Situation, welche ich jedoch meistern werde“, berichtet eine Triathletin.

Eltern im Rodelsport:

„Ohne aktive Mithilfe der Eltern ist die Disziplin Rennrodeln kaum zu bewältigen. Einerseits zur Betreuung an der Bahn, wo nach jedem Lauf die Rodel an den Start getragen werden muss,...

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