Grundlagen für das strategische Handeln sind zahlreiche Denk- und Entscheidungsmodelle, d.h. Instrumente und Methoden, welche die gesammelten Daten in der Analysephase systematisch und optisch beschreiben.[155] Um verschiedene strategische Möglichkeiten zu entwickeln, sind mehrere Methoden zu verwenden. Diese liegen in einer Ressourcen-Analyse (Stärken-Schwächen-Profil), einer Chancen-Risiken-Analyse und einer Portfolioanalyse.
Bei der Ressourcen-Analyse werden die eigenen betrieblichen Stärken bzw. Schwächen mit den Marktgegebenheiten verglichen.
Die Chancen-Risiken-Analyse sollte die eigenen betrieblichen Ressourcen mit den generellen Entwicklungsmöglichkeiten des Umfeldes verbinden.
Die Portfolio-Analyse ermöglicht eine grundsätzliche Betrachtung der Marktchancen bzw. Marktrisiken in Bezug auf Stärken und Schwächen einer Destination. Es findet eine Einordnung sogenannter strategischer Geschäftseinheiten einer Destination ein Möglichkeitenfeld von Marktentwicklung und Marktzustand statt.
In dieser Erhebung wurden 15 Verbandsgemeinden mit den dazugehörigen Ortsgemeinden an der Weinstraße und der unmittelbar umliegenden Umgebung untersucht. Die Analyse basiert auf den zur Verfügung stehenden Daten und Quellen, die – anlehnend an Freyer 2001 – in ein ursprüngliches und ein abgeleitetes Angebot unterteilt wurden.
Dabei ist das ursprüngliche touristische Angebot nur sehr schwer objektiv zu bewerten.[156] Deshalb werden bei Marketing-Überlegungen häufig vergleichende Bewertungen herangezogen, wie z.B. ein Vergleich der Region im Verhältnis zu anderen Ferienstraßen. Darauf haben wir in unserer Analyse verzichtet.
„Das ursprüngliche Angebot umfasst all jene Faktoren, die keinen direkten Bezug zum Fremdenverkehr haben, aber durch ihre Anziehungskraft dem Tourismus Richtung und Gestalt geben“[157]. Es wird in ein natürliches Angebot, ein soziokulturelles und ein auf die allgemeine Infrastruktur bezogenes Angebot unterschieden. Für die verschiedenen Formen des natürlichen Angebots ist es strittig, ob es sich dabei um Marketingfaktoren handelt oder nicht. Einerseits sind sie strategisch und kommunikationspolitisch, insbesondere in Bezug auf Werbemöglichkeiten sehr gut einsetzbar, andererseits jedoch produktpolitisch nicht beeinflussbar.[158] Dennoch stellen sie für die touristische Nachfrage oftmals die wichtigsten Entscheidungskriterien dar und können von den Regionen zum Mittelpunkt strategisch wichtiger Aktionen gemacht werden.
In Bezug auf die Tourismusdestination Weinstraße kann von einem ausgiebigen natürlichen Angebot gesprochen werden. Dies kann anhand verschiedener Faktoren verdeutlicht werden.
Dabei ist beispielsweise die große Weinanbaufläche zu nennen, die 20650 ha beträgt und sich in die Bereiche Deutsche Weinstraße Mittelhaardt mit 9400 ha und Südliche Weinstraße mit 11250 ha aufteilt.
Die klimatischen Bedingungen in der Nachbarschaft zu Frankreich unterstützen diese positive Einschätzung. Sie sind geprägt durch jährlich 1719 Sonnenstunden, davon jeweils 200 in den besonders vegetationsintensiven Sommermonaten.[159] Jahresmitteltemperaturen von 10,4 Grad Celsius und Niederschläge von 615 Millimeter sorgen für ein südliches Flair.
Die geologische Entwicklung mit dem Einbruch des Oberrheingrabens, Verwerfungen, vulkanischen Eruptionen, zwischenzeitlicher Meeresbedeckung und Lößablagerungen nach der letzten Eiszeit sorgen zudem für eine vielfältige Bodenstruktur. Naturschutzgebiete und Biotope prägen auf mehr als 1.100 ha das Landschaftsbild der Mittelhaardt sowie der Südlichen Weinstraße und bilden damit das Biosphärenreservat Pfälzer Wald mit 1.800 Quadratkilometern geschützter Fläche. Hierzu zählen die Kleine Kalmit bei Ilbesheim, die Königswiese-Loschbusch bei Neustadt-Geinsheim sowie der Wolfsberg und der Vogelsang-Hang bei Neustadt. In diesem fast mediterranem Klima ist eine Kombination aus Weinbau und Naturschutz vorzufinden, die der Tier- und Pflanzenwelt ermöglicht, sich ungestört zu entwickeln. Ohne die Arbeit der Winzer auf den terrassierten und schwer zugänglichen Hängen würde sich der Wald ausbreiten und damit vielen einzigartigen Tieren und Pflanzen den Lebensraum nehmen.
Dieses günstige natürliche Angebot, das die Region Deutsche Weinstraße Mittelhaardt/Südliche Weinstraße zu bieten hat, wird durch eine Vielzahl von Naturdenkmälern abgerundet. Zu diesen zählen die Felsengruppe Hohfels bei Neustadt an der Weinstraße, Braut und Bräutigam bei Dahn im Bereich der Südlichen Weinstraße sowie der Teufelskreis bei Bad Dürkheim. Das Angebot wird durch verschiedene natürliche Seen wie dem Weinstsweiher bei Schweighofen, dem Silzer See und dem Neudahner Weiher in der Region ergänzt.
Die Weinstraße ist auch sozio-kulturell betrachtet für Touristen sehr attraktiv.
In dieser Region dreht sich alles um den Wein. Die Landschaft ist geprägt von Weinbergen, die Dörfer von annähernd 300 Weingütern, die Lebensart vom Umgang mit dem Wein. Es gibt weit mehr als 160 Millionen Rebstöcke aus denen jährlich ca. 2,4 Millionen Liter Wein gewonnen werden.[160] Mehr als 100 Weinfeste im Jahr stützen zudem den Ruf der Weinstraße als lebens- und gastfreudige Region. Eine Vielzahl von Heimatmuseen entlang der Weinstraße und ein breitgefächertes Angebot an Vereinen in den verschiedenen Ortsgemeinden, wie z.B. Trachtenvereinen, Gesangsvereinen, Faschingsvereinen sowie auch Landfrauenvereinen und Pfälzerwaldvereinen verdeutlichen die enge Bindung der Pfälzer an ihre Tradition und ihren Brauchtum.
Eher durchschnittlich zu bewerten ist die geringe Anzahl der Stadtparks, Parkanlagen und Naturparks, wohingegen die Fülle an Denkmälern, Marktplätzen, Kirchen, Burgruinen und Schlössern einen positiven Eindruck vermittelt. Beeindruckend ist die Vielzahl an Burgruinen im Bereich der Südlichen Weinstraße, die auf die vergangenen Kriegsaktivitäten nahe der französischen Grenze zurückzuführen ist. Eine der berühmtesten Burgruinen ist dabei die Burg Trifels bei Annweiler. Neben den Burgruinen sorgt die hohe Anzahl an Schlössern für eine zusätzliche Touristenattraktion. Stadthallen und Kulturzentren sind aufgrund des eher dörflichen Charakters der Region nur selten vertreten. Die Vielzahl der kleinen Gemeinden erklärt das hohe Aufkommen an Kirchen in diesem Landstrich.
Obwohl dadurch erste Anstösse zur Entwicklung des Fremdenverkehrs gegeben sind, machen die erwähnten ursprünglichen Angebotsfaktoren einen Ort allein selten zu einem Fremdenverkehrsort.[161]
Erst mit dem Hinzukommen sogenannter abgeleiteter Faktoren werden die Orte Teil der Fremdenverkehrsindustrie. Diese schließen verschiedene Leistungen einzelner Tourismusbetriebe ein, die mit der Reiseorganisation, Reisedurchführung und dem Reiseaufenthalt betraut sind.[162] Hier fällt eine Analyse im Vergleich zum ursprünglichen Angebot aufgrund der zunehmenden Entwicklung von Beurteilungskriterien und der Vergabe bestimmter Prädikate wie z.B. Gütesiegel wesentlich leichter.
In der Fremdenverkehrsliteratur wird das abgeleitete Angebot zumeist in drei Komplexe gruppiert: Touristische Infrastruktur, Freizeitinfrastruktur und spezielle touristische Angebote.
Während die touristische Infrastruktur der Weinstraße noch von durchschnittlicher Qualität ist, fallen die anderen Bereiche in der Beurteilung meist schlechter aus. Die Kopplung an den Fernverkehr, von der auch viele, in der Region ansässige Unternehmen profitieren, ist durch die Anbindung an drei wichtige Autobahnen gewährleistet: Die A 6 von Mannheim nach Saarbrücken, die A 61 von Speyer nach Koblenz und die A 65 von Ludwigshafen nach Landau/Karlsruhe.[163] Daneben setzt die Region vermehrt auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Bahnstrecke von Neustadt über Bad Dürkheim bis Grünstadt wurde - die Weinstraße begleitend - mit erheblichem finanziellen Einsatz wiederbelebt. Anbindungen bestehen an die Regionalstrecken Kaiserslautern-Worms im Norden oder Kaiserslautern-Ludwigshafen/Mannheim im Süden der Region. ICE-Bahnhöfe in Neustadt und Mannheim sorgen für eine schnelle Anbindung an die Wirtschaftsmetropolen.[164] Die Wirtschaftszentren Rhein-Main (Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Darmstadt) und Rhein-Neckar-Dreieck (Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg) befinden sich in der Nähe. Bis zum Flughafen Frankfurt am Main sind es ca. 60 Autobahnminuten. Regionale Flugplätze gibt es in Ludwigshafen, Mannheim und Speyer, einen Verkehrslandeplatz in Bad Dürkheim. Auch die Busanbindung ist für eine solch dörfliche Region, wie es die Weinstraße außerhalb der größeren Städte wie Neustadt a.d.W., Bad Dürkheim, Grünstadt, Landau oder Bad Bergzabern ist,...