Die zivilrechtlichen Vorschriften über die Irrtumsanfechtung bilden bis heute den dogmatischen Kern der deutschen Rechtsgeschäftslehre. Dass sie seit dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 nicht wesentlich verändert worden sind, ist um so erstaunlicher, als um sie während der Beratungen zur Kodifikation durchaus heftig gerungen wurde. Für den Handelsverkehr wird ihre Geltung indes seit einiger Zeit in Zweifel gezogen: Kaufleute sollen nur eingeschränkt zur Anfechtung berechtigt sein, etwa dann, wenn sie den Irrtum nicht verschuldet haben. Die Verfasserin legt die konzeptionellen Grundlagen der Irrtumsvorschriften einschließlich ihrer historischen Wurzeln dar; rechtsvergleichend bezieht sie Lösungen anderer Rechtsordnungen sowie diejenigen der Unidroit Principles und der European Principles mit ein. Es erweist sich, dass die internationale Entwicklung einen dem deutschen Recht fremden, eher den österreichischen und niederländischen Irrtumsregelungen zugewandten Ansatz verfolgt. Den Schwerpunkt der Untersuchung bildet sodann die Möglichkeit einer Irrtumsanfechtung bei verschiedenen handelsrechtlichen Tatbeständen, etwa bei Vertragsschluss durch Schweigen, bei Handelsbräuchen oder -klauseln. Dabei zeigt sich, dass die Anfechtbarkeit im Rahmen dieser Tatbestände durchaus häufig Einschränkungen unterliegt, dies jedoch jeweils in den Besonderheiten der einzelnen Tatbestände begründet und keiner Verallgemeinerung für den gesamten Handelsverkehr zugänglich ist. Gründe für eine allgemeine Einschränkung der Irrtumsanfechtung finden sich schließlich auch nicht in speziellen handelsrechtlichen Wertungen, etwa dem Grundsatz vom Verkehrs- und Vertrauensschutz. Aufschlussreich ist die Arbeit deshalb nicht allein für den Wirtschaftsjuristen, sondern ebenso für den allgemein an zivilistischer Dogmatik interessierten Leser.
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