Ebenen geomantischer Arbeit
Die Kraft des Ortes
Eine der häufigsten Assoziationen zur Geomantie ist der »Kraftort«. Meist stellt man sich darunter große Orte wie die Cheopspyramide, Stonehenge, die Kathedrale von Chartres oder vielleicht auch die Externsteine vor. Was jedoch ein Kraftplatz oder Ort der Kraft ist, darüber herrscht meist nur eine verschwommene Vorstellung.
In der Regel versteht man unter einem Ort der Kraft einen Ort, der sich durch seine Atmosphäre, seine Ausstrahlung, seine Energie oder geistige Präsenz von der unmittelbaren Umgebung unterscheidet. Oft ranken sich Sagen um ihn, und er wirkt auf die eine oder andere Art geheimnisvoll und anziehend auf uns. Sie werden bereits merken, daß solcherart Beschreibungen auf viele Orte zutreffen können. Kraftorte erschöpfen sich daher nicht in den oben beschriebenen weltbekannten und von Touristenströmen überschwemmten Plätzen, sondern sind auch in Ihrer Stadt zu finden: vielleicht auf einem nahen Berg, mitten in Ihrem Dorf, bei der kleinen Kapelle um die Ecke oder gar in Ihrem Wohnzimmer. Ein Ort der Kraft ist folglich ein Platz, an dem Sie Kraft tanken können. Doch wie bereits in den ersten Kapiteln beschrieben, ist die Qualität dieser Kraft durchaus unterschiedlich. An dem einen Ort findet man vielleicht tatsächlich eine Art körperliche Regeneration oder Aufladung, an einem anderen seelischen Trost und an einem dritten möglicherweise geistigen Austausch und Führung.
Was ist es aber, das einen Ort besonders macht, ihn zum Kraftort, zum heiligen Ort werden läßt? Wie in meinem Buch »Landschaften der Seele« näher ausgeführt, bestätigten physikalische Untersuchungen der Orte ihre Besonderheit. So zeichnen sich bevorzugte sakrale Orte wie Berggipfel, Wasserfälle oder Haine heiliger Bäume oft durch eine erhöhte Konzentration negativer Ionen in der Luft aus. Diese können, wie medizinische Untersuchungen ergaben, sowohl bewußtseinserweiternd wirken als auch die Selbstheilungsfähigkeit des menschlichen Körpers erhöhen. Daneben treten häufig magnetische Anomalien im Bereich des sakralen Ortes auf. So finden sich z. B. in der Bretagne und im Süden Englands erhöhte Konzentrationen prähistorischer Kultstätten. In diesen Gebieten herrscht Granit im Untergrund vor – ein an Magnetiten reiches Gestein. Bestimmte Teile des Gehirns, so z. B. der Schläfenlappen, sind für magnetische Felder empfindsam, und Stimulationen können Gefühle der Außerkörperlichkeit sowie Visionen erzeugen. Der englische Geomantie-Forscher Paul Devereux untersuchte zahlreiche prähistorische Kultstätten in England und fand häufig magnetische Anomalien vor. Jene Orte aber, die gegenüber der Umgebung verringerte magnetische Eigenschaften aufwiesen, neigten zu erhöhter radioaktiver Abstrahlung. Auch diese könnte zur Ursache der Heiligkeit der Orte beitragen.
Hinzu kommen häufige Berichte von fliegenden Lichtern und Feuerkugeln bei zahlreichen Wallfahrtstätten (z. B. Fatima) oder vorchristlichen Sakralorten. Paul Devereux wies sehr einleuchtend nach, daß es sich dabei um elektromagnetische Erscheinungen handelt, die bei seismischen Aktivitäten des Erdkörpers entlang geologischer Bruch- und Verwerfungszonen auftreten können (»earthquake lights« = Erdbebenlichter). Interessant dabei ist, daß diese elektromagnetischen Erscheinungen fähig sind, auf das menschliche Bewußtsein zu reagieren und mit ihm zu kommunizieren.
Über diese unmittelbar physikalisch nachweisbaren Ursachen hinaus lassen sich an besonderen Orten oftmals radiästhetische Besonderheiten wie Mehrfach-Kreuzungen unterschiedlicher Systeme (Verwerfungen, Wasseradern, Gitternetze) nachweisen. Wie jedoch im Kapitel Die physische Ebene des Ortes beschrieben, kann dies allein die sakrale Kraft heiliger Orte nicht erklären. Wir verblieben ansonsten in der physikalischen Ebene. Jedoch bilden solche Erscheinungen Anknüpfungspunkte für geistige Kräfte, die sich über ätherische Phänomene (siehe das Kapitel Die Organe der Landschaft) mit dem Ort und dem hier befindlichen physikalischen Phänomen (z. B. Wasserader-Kreuzung) verbinden. Der Geomant Marko Pogačnik bezeichnet sie als »Fokuspunkte«. Auf der anderen Seite hört man immer wieder, daß Menschen durch den permanenten Aufenthalt an bestimmten Plätzen erkranken. »Geopathogen« (= krankheitsverursachender Ort) nennt man diese Orte in Radiästhesie und Geobiologie. Dies mag verwirrend erscheinen: Auf der einen Seite findet man – wie noch gezeigt werden wird – z. B. häufig Wasseradern unter zentralen sakralen Plätzen, auf der anderen Seite heißt es, der Aufenthalt über Wasseradern würde den Menschen schädigen. Wie ist dies zu verstehen? Ist eine Wasserader nun gut oder schlecht? Allein die Fragestellung zeugt von einer gewissen geistigen Grundhaltung: der dualistischen Weltsicht.
Die Antwort mag vielleicht eine Legende aus Bayern geben:
Auf einer Wiese nahe einem Gehöft stand einstmals eine alte Kapelle. Sie war über die Jahre fast vergessen worden und schon lange nicht mehr in Gebrauch. Da kam es dem Bauern, der Eigentümer der Wiese war, in den Sinn, den geweihten Raum als Stall zu nutzen, und alsbald hatte er Altar und Bänke entfernt und den Raum mit Stroh gefüllt. Glücklich wurde der Bauer damit allerdings nicht, denn bald schon wurde sein Vieh krank und gab keine Milch mehr. Da besann sich der Bauer, holte das Vieh aus der Kapelle, tat Buße und setzte den Altar wieder ein, worauf es dem Vieh bald besser ging.
Was hier als Strafe Gottes für eine frevelnde Tat erscheint, ist möglicherweise nur die Wirkung des Ortes, die, falsch oder zu lange genutzt, zu Krankheiten führen kann, richtig eingesetzt aber den Menschen auf die Begegnung mit dem Göttlichen vorbereiten soll oder ihn auch heilt – die Dosis macht das Gift! Während der Zeit der Industrialisierung erkrankten viele Kinder, weil sie in dunklen, kaum von direktem Sonnenlicht beschienenen Räumen ihr Leben fristen mußten. Heute werden in Urlaubszeiten viele Touristen mit Verbrennungen in Krankenhäuser eingeliefert, weil sie unnötig lange ungeschützt am Strand in der Sonne liegen! Ist die Sonne nun ein gutes oder böses Gestirn?
Die Erde weist eine Menge unterschiedlicher Orte mit diversen Kräften auf. Der eine mag ein Ort der Heilung sein, der andere ein Ort der Wandlung; wieder einer zum Wohnen und ein letzter ein Ort des Feierns. Nutzen wir die Qualität des Ortes in der ihm gemäßen und maßvollen Weise zur richtigen Zeit, so sind wir im Einklang mit der Erde und der Natur. Negative, geopathogene Orte gehören nicht entstört, sondern gemieden. Sie haben ihre spezifische Aufgabe im Wirkzusammenhang eines lebendigen Ganzen.
Damit sind wir bei der Frage angelangt, wie die Qualität eines Ortes erkannt und eingeordnet werden kann oder umgekehrt: wie ein Ort mit spezifischer Qualität gefunden werden kann. Die theoretische Antwort dazu wurde mit der Beschreibung der Methoden der Geomantie bereits gegeben, die praktische soll Inhalt des nun folgenden Hauptteils werden.
Die physische Ebene des Ortes
Wir haben die Landschaft mit dem Gesicht der Erde verglichen, in dem wir lesen können. Allein durch die Betrachtung des Gesichtes konnten wir Aussagen treffen über Typ, Gesundheitszustand, sozialen Status, aber auch Charakter und geistiges Wesen. Bleiben wir zunächst bei dem, was uns das Gesicht über die körperliche Seite verrät.
So wie uns ein Foto oder Porträt dazu bereits dienlich sein kann, so kann uns eine Landkarte viel über den Erd-Körper sagen.
Was Landkarten erzählen
Sie suchen einen Ort der Kraft, einen Kultplatz, einen Wallfahrtsort? Kein Problem! Dazu benötigen Sie keinen Kultplatzführer. Betrachten Sie sich doch einfach einmal eine Landkarte. Eine Autokarte (Maßstab 1 : 200 000) weist in der Regel bereits auf solche besonderen Orte hin. Oft sind alte, sehenswerte Kirchen durch farbige Hinterlegung (meist ein roter Kreis) hervorgehoben, oft sogar mit Namen versehen (St. Wolfgang, St. Michael). Auch Burgen und Burgruinen sind in diesem Maßstab bereits verzeichnet. Größere vorchristliche Stätten von touristischem Wert, wie z. B. die Externsteine zwischen Detmold und Paderborn, finden Sie ohne große Probleme. Da solche Autokarten, wie z. B. ADAC-Karten oder die Shell-General-Karten, für die touristische Nutzung bearbeitet sind, sind sie für den ersten Eindruck wichtige Informationsquellen. Auf einen Blick entdecken Sie, welche Kirchen des betrachteten Landschaftsausschnittes älter als hundert Jahre sind, ob es sich dabei um Wallfahrtskirchen handelt (also um Plätze, an denen bereits andere Menschen eine gewisse geistige Präsenz verspürten) und ggf. sogar, welche Besonderheit die Kirche birgt (Heiligengrab, kostbare Reliquie, wichtiges Kunstwerk wie Madonnenbild).
Daneben geben Ihnen andere Symbole Auskunft über besonders hohe Berge (mit Höhenangaben) oder über...