2 Grundlagen
2.1 Tauchen und Fotografieren
Sobald eine Kamera mit unter Wasser genommen wird, ändert sich der Tauchgang. Wie groß diese Änderung ist, hängt stark von der Motivation des Fotografen ab und wie anspruchsvoll die Ergebnisse werden sollen. Wirklich passionierte Fotografen sind mit dem Tauchgang nur zufrieden, wenn sie auch ein gutes Foto von dem Erlebten machen konnten. Andere gehen mit dem Thema gelassener um und geben sich mit dem Erlebnis auch ohne Foto auf der Speicherkarte zufrieden. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie hoch die Priorität des Fotografierens während eines Tauchgangs sein soll.
Je mehr Zeit mit der Kamera unter Wasser verbracht und je disziplinierter nach neuen Motiven gesucht wird, desto besser fallen auch die Ergebnisse aus.
Besonders schöne Stimmungen des Lichts gibt es bei Sonnenauf- oder Untergang. Zu dieser Zeit herrscht eine eigene Magie unter Wasser, da das Meer im Schatten des Zwielichts ganz anders wirkt als bei hoch stehender Sonne. Wer nicht schon vor dem Frühstück unterwegs sein oder das Abendessen nicht verpassen möchte, wird diese Stimmung nie erleben. Es gibt im Grunde keine Ausrede, einen Tauchgang mit Kamera auszulassen, denn unter Wasser werden sich immer Dinge finden, die es sich lohnt zu fotografieren.
Das Fotografieren mit einem einzelnen starken Blitz von oben reicht für die Mehrzahl der Bilder aus, um die gewünschte Bildpartie zu erhellen.
Einstellungen: 1/100 s, f/8, ISO 100 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Tokina 10–17-mm-Fisheye-Objektiv
Wie bei der Wahl des Objektivs für den nächsten Tauchgang sollte unter der Wasseroberfläche stets vorausgedacht und die Kamera auf die nächstmögliche Gelegenheit eingestellt werden. Ist zum Beispiel gerade eine Gegenlichtaufnahme gemacht worden, bei der die Kamera grundlegend verstellt werden musste, so sollte die Kamera nach dem Bild wieder auf einer Standardeinstellung sein. Damit ist die nächste Situation vorbereitet. Lieber einmal zu oft die Kamera zurückgestellt, als den Moment zu verpassen, weil noch schnell Blende, Zeit, ISO und Blitze eingestellt werden müssen.
Manchmal reicht ein vergleichsweise einfaches Motiv aus, um die Leidenschaft für die Welt unter Wasser auf einem Foto zu transportieren.
Einstellungen: 1/200 s, f/10, ISO 200 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 17–40-mm-Weitwinkelobjektiv
Sehr effektiv ist es, sich vor dem Tauchgang einen Plan zu machen, was fotografiert werden soll, und sich dann auch auf diese Motive zu konzentrieren. Sofern dies nicht möglich ist und während des Tauchgangs jeweils spontan entschieden wird, ist es ungemein wichtig, ein lohnenswertes Motiv von einem eher unbedeutenden unterscheiden zu lernen. Ein Wechsel der Perspektiven kann hier Wunder wirken! Daher ist es wichtig, abschätzen zu können, wie das Motiv auf dem späteren Bild wirken könnte. Sich dieser Überlegung während eines Tauchgangs immer und immer wieder zu stellen, hilft dabei zu sondieren und gute Motive von weniger guten zu unterscheiden. Lohnt es sich beispielsweise, zu der Koralle auf 40 Meter hinunterzutauchen und dabei auch noch einen sehr dunklen Hintergrund in Kauf zu nehmen, oder sollte man lieber noch ein wenig weitertauchen, bis sich vielleicht ein anderes Exemplar in einer geringeren Tiefe mit besseren Lichtverhältnissen findet?
Sie sollten sich nicht zu sehr auf ein Motiv versteifen, wenn es nicht gelingen will. Warum es nicht gelingt, kann verschiedene Gründe haben. Vielleicht ist es die Perspektive, die Blitzstellung oder schlicht und ergreifend das Motiv, welches einfach nicht mehr hergibt. In solchen Situationen sollten Sie am besten weitertauchen und nach einem neuen Motiv Ausschau halten.
Alleine die Kombination von Anemone und Anemonenfisch hätte schon ein gutes Bild ergeben, aber das Warten auf den richtigen Moment, als das Tier sein Maul öffnet, ergibt ein sehr gutes.
Einstellungen: 1/160 s, f/20, ISO 400 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 100-mm-Makroobjektiv
Bei scheuen Tieren ist eine Menge Geduld nötig, bis sich zum Beispiel ein Schleimfisch (oder Blenny) an die Nähe des Fotografen gewöhnt hat. Hier sind schon mal schnell 30 bis 45 Minuten für ein Motiv verbraucht, was einen »langen Atem« für den Fotografen und vor allem für den Tauchpartner bedeutet. Aber genau dieser Einsatz lohnt sich, wenn statt eines guten ein überragendes Bild gelungen ist.
Da manche Tiere sehr lichtempfindlich sind, sollten nur so viele Bilder wie unbedingt nötig gemacht werden. Mehr Zeit mit dem Lebewesen zu verbringen und auf den richtigen Augenblick zu warten, ist wesentlich schonender für das Tier und die Kapazität der Speicherkarte.
Bei der Bildkontrolle über den LCD-Monitor der Kamera sollten Sie unbedingt auf die Anbauteile des Unterwassergehäuses achten. Sonst ist das schöne Motiv unter Umständen schneller verschwunden, als durch den Sucher geschaut werden kann.
Generell ist beim Fotografieren unter Wasser größte Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen, denn kein Foto ist es wert, eine Koralle abzubrechen, auch wenn diese wieder nachwachsen kann. Total vertieft in ein Motiv, darf die Umgebung nicht ausgeblendet werden. Fotografen sollten perfekt tariert sein, um keinen Schaden in der Umwelt anzurichten.
Auch das Beherrschen einer ausgefeilten Flossentechnik spielt eine große Rolle, um Aufwirbelungen von Schwebeteilchen zu vermeiden. Was nützt es ansonsten, wenn in ein Wrack getaucht wird und statt der schönen Schalttafel plötzlich nur noch trüber Nebel zu sehen ist? Ein respektvoller Umgang mit der Umwelt wird auch mit tollen Bildern von dieser schönen Welt belohnt werden.
2.2 Lichtverhalten unter Wasser
Unter Wasser nehmen wir unsere Umwelt bunt und farbenfroh wahr. Trotzdem werden die Bilder aber eher flau und blaustichig. Warum ist das so? Das menschliche Gehirn interpretiert die fehlenden Farbelemente so gut, dass es uns unterbewusst die eigentlichen Farben vorgaukelt. Daher wundern wir uns, warum auf einem Foto die Farben nicht so schön dargestellt werden, wie sie von uns während des Tauchgangs wahrgenommen wurden. Der Einsatz von Kunstlicht in Form von Blitzgeräten und Lampen ist daher so wichtig, um die ursprünglichen Farben wieder hervorzuholen.
Nach dem Eintritt des Lichts ins Wasser nimmt das Farbspektrum schon nach wenigen Metern dramatisch ab. So werden die Rotanteile des Lichts bereits nach drei Metern herausgefiltert, Orange nach 10 Metern, Gelb nach 30 Metern und Grün nach 40 Metern. Nur der Anteil von Blau bleibt bis etwa 150 Metern bestehen, und bei 300 Metern kommt gar kein Licht mehr an. Da der Rotanteil des Lichts nur etwa drei Meter unter Wasser zurücklegen kann, bedeutet das für den Fotografen, maximal 1,50 Meter vom Motiv entfernt zu sein. Das Licht muss den gleichen Weg vom Motiv zum Sensor auch wieder zurücklegen. Würde man sich weiter vom Motiv entfernen, käme es zu einem starken Abfall des Rotanteils, bis schließlich auf dem Foto gar kein Rot mehr zu sehen wäre.
Das Lichtverhalten unter Wasser.
Morgens und abends spiegelt sich das meiste Licht an der Wasseroberfläche.
Die Intensität des Sonnenlichts wird nach Eintritt durch die Wasseroberfläche stark gedämpft und nimmt bei circa 10 Metern Wassertiefe schon um 80 Prozent ab. Ist das Wasser durch Plankton oder Schwebstoffe sehr getrübt, verstärken sich der Verlust der Farbanteile und die Abnahme der Intensität des Lichts noch weiter. Daher ist es wichtig, die Kamera darauf einzustellen und die Lichtempfindlichkeit entsprechend zu erhöhen, damit die Belichtungszeit immer noch kurz genug ist, um keine verwackelten Bilder zu erzeugen.
Ein weiterer Effekt, den die Lichtbrechung unter Wasser mit sich bringt, ist der veränderte Winkel des Lichts nach Eintritt in die Wasseroberfläche. Ein Stab, der ins Wasser gehalten wird, ist unter Wasser plötzlich in einem anderen Winkel zu sehen und wirkt größer. Dieser Effekt ist auch im Schwimmbad zu beobachten, wo der Anschlag der Hände an den Beckenrand einen Augenblick früher kommt als eigentlich vermutet. Für das menschliche Auge liegt eine optische Verkürzung vor, die alles unter Wasser Befindliche etwa ein Drittel näher erscheinen lässt. Dies zu wissen, kann für die Fotografie entscheidend sein, wenn Entfernungen abgeschätzt werden müssen, um das Blitzlicht einzustellen.
Zusammenfassung:
Die Farbanteile des Sonnenlichts werden unter Wasser schnell herausgefiltert: Ab 40 Meter ist nur noch Blau übrig.
Kunstlicht in Form von Blitzgeräten und Lampen kompensiert den Farbverlust und bringt die natürlichen Farbanteile zurück ins Bild.
Der Rotanteil des Lichts kann unter Wasser nur etwa drei bis vier Meter zurücklegen.
Die Intensität des Lichts ist unter Wasser nach circa 10 Metern schon um 80 Prozent reduziert.
Beim Eintritt in die Wasseroberfläche verändert das Licht seinen Winkel und stellt die Dinge etwa ein Drittel größer dar, als sie eigentlich sind.
2.3 Blende, Zeit und ISO
Soll mehr als nur ein Schnappschuss gemacht werden, sind das...