Gute Entscheidungen sind die Voraussetzung für Erfolg. Sie sind der erste Schritt auf dem Weg, damit Unternehmen die externen wie internen Herausforderungen bewältigen.
Die Klarheit darüber, was gute Entscheidungen auszeichnet und wie sie hergestellt werden, erlaubt erst den Aufbau einer neuen Entscheidungskultur.
Sie erfordert das Wissen über den menschlichen Entscheidungsprozess. Erst dann werden Führungskräfte souverän gute Entscheidungen herstellen und dysfunktionale Entscheidungen vermeiden. Sich neues Wissen anzueignen, lohnt die Mühe. Es erfordert die Bereitschaft, vermeintliche Gewissheiten in Frage zu stellen, damit die Offenheit entsteht, Neues zu erfahren und zu lernen.
Das so gewonnene Verständnis über menschliche Entscheidungsprozesse erlaubt die flexible Anwendung und das eigenverantwortliche Design neuer Entscheidungswerkzeuge.
Jede gute Geschichte beginnt mit einer Entscheidung.
Gute Entscheidungen führen zu einem Commitment bei Mitarbeitern, Führungskräften und allen Beteiligten. Das Gefühl, zur Gemeinschaft derer zu gehören, die das Richtige tun, erfüllt alle mit tiefer Befriedigung.
1.1 | Die gute Entscheidung als Ziel |
Das Herstellen guter Entscheidungen sollte zum Handwerkszeug jeder Führungskraft gehören, damit sie ihre Ziele sicher erreicht. Unternehmerische Entscheidungen müssen gleichermaßen dem Schutz des Unternehmens dienen und die Einflussnahme sicherstellen, damit Risiken vermieden sowie Chancen erkannt und umgesetzt werden. Darüber hinaus müssen sie einem komplexen Netzwerk aus Prämissen, Rahmenbedingungen sowie Regeln genügen und an der Vision, der Mission und den daraus abgeleiteten Werten des Unternehmens ausgerichtet sein.
Die gängigen Kriterien sind nur bedingt geeignet, um eine Entscheidung zu beurteilen. Sie orientieren sich daran, wie weit das gesteckte Ziel erreicht wurde, die Kriterien der rationalen Entscheidung erfüllt wurden oder die Governance eingehalten wurde.
Wann weiß man, ob die Entscheidung gut war? Diese Frage wäre in der Rückschau leicht zu beantworten, wenn das Ziel oder die beabsichtigte Wirkung erreicht wurde. Diese Definition ist aber unbefriedigend und liefert die gewünschte Sicherheit viel zu spät.
Eine gute Entscheidung kann bereits mit einer gewissen Sicherheit zum Entscheidungszeitpunkt gemessen werden: und zwar durch die Anzahl der Prozessbeteiligten, die die Entscheidung gemeinsam tragen und ihr nicht lediglich zustimmen. Auch die genutzte Gruppenkompetenz und das eingeflossene und notwendige Expertenwissen zeigen eine gute Entscheidung an.
Um eine gute Entscheidung herzustellen, muss allen Beteiligten klar sein, worüber entschieden wird. Das gemeinsam akzeptierte Verständnis drückt dies bereits vor dem Erreichen der Entscheidung aus.
Eine gute Entscheidung stellt man in angemessener Zeit her. In vielen Unternehmen dauert das oft zu lange. Eine unangemessene Zeitdauer ist meist ein Hinweis für eine wenig erfolgversprechende Entscheidung. Die Alltagsweisheit „Gut Ding will Weile haben“ hat ihre Berechtigung, wenn Themen reifen müssen, jedoch nicht, wenn Entscheidungen aus widersprüchlichen Interessen verzögert oder blockiert werden.
Eine Welt, deren Dynamik zunimmt, gibt der Dimension Zeit eine besondere Bedeutung. Sie erfordert zügige Entscheidungen, die einen beabsichtigten Einfluss auf das Ziel nehmen, bevor die Veränderung sie bereits überholt hat. Dafür müssen Entscheidungen vor allem zeitnah hergestellt, aber auch gleichzeitig die Maßnahmen auf kleinere Einheiten reduziert werden. Wurden noch vor wenigen Jahren Releases im Shoppingsystem im halbjährlichen Rhythmus freigegeben, so werden heute neue und korrigierte Funktionalitäten von modernen Online-Händlern täglich installiert.
Mit kleineren, in sich abgeschlossenen Schritten lässt sich die Zielerreichung feiner nachsteuern oder gegebenenfalls das Ziel selbst nachjustieren.
Das Wirken aller Mitarbeiter und guter Führungskräfte sollte sich am Wohle des Unternehmens, der Belegschaft und der gesellschaftlichen und politischen Einbindung orientieren.
1.1.1 | Beabsichtigte Wirkung erreichen |
Eine gute Entscheidung setzt einen Prozess in Gang, der zeitlich später eine gute Wirkung zeigt. Wenn alle an einem Strang ziehen und auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind, ist die Chance hoch, dieses Ziel zu erreichen. Dieses drückt sich in einem Entscheidungsprozess aus, der am Ziel und der daraus resultierenden Wirkung orientiert ist.
Eine unternehmerische Entscheidung zielt auf eine Umsetzung, an der immer mehrere beteiligt sind. Governance bei Banken einzuführen, scheint wie eine gute Entscheidung. Die wiederholten Strafzahlungen zeigen jedoch, dass die Umsetzung nicht von allen mitgetragen wurde. Das Mittragen als Teil der Entscheidung zeichnet eine gute Entscheidung aus.
Jeder Handlung geht eine Entscheidung voraus, sei sie nun bewusst getroffen oder durch Prozesse ausgelöst, die dem Bewussten nicht zugänglich sind. Handlungen im unternehmerischen Umfeld sind Maßnahmen, die nach innen ins Unternehmen wirken oder nach außen in den Markt, um eine gewünschte Wirkung zu erreichen.
Eine Entscheidung ist nur einer von mehreren Schritten in einer Sequenz von Veränderungsprozessen, an deren Ende ein beabsichtigtes Ziel steht. Sie kann somit nicht isoliert betrachtet und auch nicht isoliert bewertet werden. Auch wenn Menschen glauben, die Entscheidung für den Kauf einer Aktie wäre der einzige Schritt, weil nach dem Kauf kein Einfluss mehr auf die Zielerreichung genommen werden kann, so greift diese Sicht zu kurz. Das Ziel ist ein angestrebter Gewinn oder der Schutz des Vermögens und beides kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden. Der Kauf einer Aktie ist nur eine mögliche Umsetzung, um die gewünschte Wirkung zu erreichen.
Vor der Entscheidung steht ein Auslöser, der eine Entscheidung initiiert und eine Maßnahme forciert. Für den einen ist es der Blick auf ein Paar elegante Schuhe, der den Kauf motiviert, für den anderen ist der Blick auf das unterdurchschnittliche Wachstum dieses Modells im Umsatz-Reporting der Anstoß, die Produktionsplanung zu ändern. Bereits dem Auslöser das Gewicht zu geben, damit ein Rahmen für eine zukünftige Entscheidung aufgetan wird, ist eine Entscheidung. Beim Konsumenten entscheiden individuelle Motive, ob er sich die Schuhe leisten will. Der Unternehmer orientiert sich am Schutz und an der Chancennutzung für sein Unternehmen und entscheidet, ob er das Modell aus der Produktion nimmt. Dabei stehen oft Schutz zur Vermeidung des Risikos und Einflussnahme, um Chancen zu nutzen, im Widerspruch zueinander. Diese Polarität erschwert die Aufnahme des Entscheidungsprozesses und den Entscheidungsprozess selbst.
Nach dem Auslöser wird die Ist-Situation beschrieben und ein angemessenes Ziel definiert, das erreicht werden soll. Das anschließende Design von Maßnahmen trägt dem Rechnung, wo man steht und was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen (Bild 1.1). Will man ein neues Produkt auf den Markt bringen, so muss zuerst das Produkt entwickelt und parallel die Fertigungsstraße dafür erstellt werden. Die Umsetzung aller Maßnahmen, damit das Ziel erreicht wird, hat naturgemäß einen höheren Stellenwert als die Entscheidung. Die Entscheidung, einen neuen Flughafen für Berlin zu bauen, war überfällig und richtig. Die Umsetzung war und ist offensichtlich nicht gelungen.
Bild 1.1 Rahmen für Entscheidungen
Das Wort „entscheiden“ kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet aussondern, bestimmen und ein juristisches Urteil fällen, weil der Entscheidungsträger mehrere Alternativen voneinander trennt. Es geht auf das germanische „skeidir“ für Schwertscheide zurück, aus dem im Althochdeutschen der Wortstamm „sceidan“ und dann „intsceidôn“ wurde: „aus der Scheide ziehen“ oder „trennen“. Auch heute ist das noch die engere Bedeutung und Lehrmeinung einer Entscheidung: die Wahl einer Handlung, bei der mindestens eine Alternative ins Kalkül gezogen wurde, damit ein Ziel erreicht wird. Tradiertes Management leitet immer noch davon ab, dass ein Einzelner eine Entscheidung, seine Wahl, trifft. Der sprachliche Ursprung bringt nicht zum Ausdruck, dass an unternehmerischen Entscheidungen meist mehrere beteiligt und auch verantwortlich sind.
Manager fühlen sich verpflichtet, rationale Entscheidungen zu treffen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dazu gehört zwingend, dass Alternativen betrachtet werden. Führungskräfte brauchen immer rationale Gründe, die als vernünftig gelten....