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Die öffentliche Verwaltung in der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl274 Seiten
ISBN9783531921150
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Einleitung Edwin Czerwick/Wolfgang H. Lorig/Erhard Treutner Die in diesem Band vorgelegten Beiträge zur öffentlichen Verwaltung in der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland analysieren und reflektieren eine Thematik, die sowohl aus demokratietheoretischer wie demokratiepraktischer als auch aus verwaltungstheoretischer und verwaltungspraktischer Perspektive von erheblicher Relevanz ist (Dreier 1991; Czerwick 2001). Gleichwohl handelt es sich dabei bislang eher um ein Desiderat der Verwaltungsforschung. Dies erstaunt insofern, als die öffentliche Verwaltung von größter Bedeutung für das Leben eines jeden einzelnen Bürgers, für politisches Entscheiden und das politische Institutionensystem ist. Die Gründe dafür, warum das komplexe Verhältnis von öffentlicher Verwaltung und Demokratie in Deutschland - anders als in den Vereinigten Staaten von Amerika - auf ein geringes wissenschaftliches Interesse stößt, sind keineswegs offensichtlich. Ein Grund könnte darin liegen, dass in Deutschland noch immer ein Verständnis von Verwaltung dominiert, das Max Weber vor hundert Jahren pointiert dargelegt hat. Dabei wird aber die für ihn so zentrale Fragestellung, wie Demokratie und individuelle Freiheit in einem durch die Machtstellung der Bürokratie eingeschränkten Sinne noch möglich 1 sind (Weber 1988: 333), gänzlich ignoriert. Zur Überwindung dieses Defizits möchte der hier vorgelegte Sammelband beitragen. Sein Schwerpunkt liegt auf verwaltungswissenschaftlichen Fra- stellungen, indem untersucht wird, welche Bedeutung die Demokratie bzw. das demokratische System für die öffentliche Verwaltung hat und wie das de- kratische System in Deutschland auf das Verwaltungshandeln einwirkt. Im Gegensatz dazu werden die möglichen Auswirkungen des Verwaltungshandelns auf das demokratische System zwar nicht ausgeblendet, erfahren aber eine etwas geringere Beachtung.

Prof. Dr. Edwin Czerwick ist außerplanmäßiger Professor für Politikwissenschaft am Institut für Soziologie und Politikwissenschaft der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz.
Prof. Dr. Wolfgang H. Lorig ist außerplanmäßiger Professor für Politikwissenschaft am Fachbereich III der Universität Trier.
Prof. Dr. Erhard Treutner ist Professor für Soziologie an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln.

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Leseprobe
Demokratie und Exekutive (S. 17)

Kurt Kippels

„The government of the people, by the people, for the people“ (Abraham Lincoln, Gettysburg Address vom 19.11.1863)

1 Demokratie

Bevor im Folgenden aus verfassungsrechtlicher Sicht der Versuch unternommen wird, die demokratische Legitimation des Verwaltungshandelns in der Bundesrepublik Deutschland zu untersuchen, ist es zunächst unerlässlich, aus den vielen Demokratiebegriffen (Präsidial-, Basis-, Volks-, Räte-, Radikal-, Partizipationsdemokratie etc.) den des Grundgesetzes herauszudefinieren, zumindest aber den Kernbereich dessen zu bestimmen, was Demokratie in unserem Verfassungssystem bedeutet.

In einem weiteren Schritt wird nach dieser Analyse zu klären sein, ob das Staatsformmerkmal „Demokratie im Sinne des Grundgesetzes“ überhaupt noch angesichts der fortschreitenden Integration Europas in der Bundesrepublik Geltung besitzt. Da die Gesetzgebung des Bundestages, der das Deutsche Volk als Träger der Souveränität repräsentiert, immer mehr durch die Rechtssetzung der EU verdrängt wird, stellt sich diese Frage vorrangig und verlangt nach dem Aufweisen von Lösungen, um einen drohenden Verfassungsbruch zu vermeiden.

Nur unter der Prämisse eines demokratischen Deutschlands kann sich danach die Untersuchung anschließen, wie es um das Verhältnis von Demokratie zu Verwaltung bestellt ist.

1.1 Demokratie im Sinne des Grundgesetzes

Im Sinne der Allgemeinen Staatslehre, die bei der Trägerschaft der Staatsgewalt (Herrschaft, griechisch: kratia) zwischen einem (griechisch: monos, Monokratie), einigen (griechisch: oligoi, Oligarchie) und allen (gemeint ist das gesamte Volk, griechisch: demos, Demokratie) unterscheidet, bedeutet Volk regelmäßig das Staatsvolk, d.h. die Gesamtheit aller wahlberechtigten Staatsangehörigen.

In der Bundesrepublik Deutschland versteht man unter dem Staatsvolk die Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, das sind nicht nur die deutschen Staatsangehörigen, sondern auch die so genannten „Statusdeutschen“, d.h. die Flüchtlinge oder Vertriebenen „deutscher Volkszugehörigkeit“ oder deren Ehegatten oder Abkömmlinge, die „in dem Gebiete des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden“ haben.

Zu diesen Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zählen beispielsweise die Russlanddeutschen, die Siebenbürger Sachsen, aber auch Deutschstämmige aus Danzig, wenn die genannten Kriterien des Art. 116 erfüllt sind.1 Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus der besonderen Staatsform der Bundesrepublik Deutschland als Bundesstaat, in dem jedes Bundesland als Staat im Sinne der Allgemeinen Staatslehre über ein eigenes Staatsvolk und damit eine eigene Staatsangehörigkeit verfügt.

Nicht zum deutschen Staatsvolk und damit auch zu keinem der Staatsvölker der Bundesländer zählen die in Deutschland sich aufhaltenden Ausländer, einschließlich der Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten der EU, und die Staatenlosen. Deren Anteil an der „deutschen Bevölkerung“ beträgt immerhin ca. 8,1% oder 6,74 Millionen Einwohner.

In der Stadt Köln sind von ca. 990.000 Einwohnern 16,9 % oder über 165 000 Menschen Nichtdeutsche3. Ein „Staatsvolk“ der Gemeinden und Gemeindeverbände ist begrifflich ausgeschlossen. Im Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ist vom „Volk (…) in den Kreisen und Gemeinden“ die Rede, das im Rat und im Kreistag Volksvertretungen besitzt, die jedoch keine (staatsrechtlichen) Parlamente, sondern kommunale Verwaltungsorgane sind (OVG Münster, Urteil vom 25.07.78, DVBl. 78: 895).

Volk im Sinne von „Demos“ gibt es also auf kommunaler Ebene nicht, allenfalls im Sinne einer partikularen Gewalt als „Teilvolk“ des Volks des jeweiligen Bundeslandes. Gleichwohl sollen auf dieser Stufe „demokratische Prinzipien“, also Elemente der „Demokratie“ gelten. Andererseits hat Recht der EU - in diesem Fall der Art. 19 EGV4 - den „Teilvolksbegriff“ auf Kommunalebene erweitert. Seit 1992 ist in Art. 28 Abs. 1 GG folgender neuer Satz 3 eingefügt worden: „Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaften wahlberechtigt und wählbar.“
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Einleitung8
Rechtliche Rahmenbedingungen öffentlichen Verwaltens15
Demokratie und Exekutive16
Die demokratische Legitimation der öffentlichen Verwaltung42
Responsivität und Verantwortlichkeit der öffentlichen Verwaltung43
Verwaltung und Partizipation: Von der Hierarchie zur partizipativen Governance?63
„Innere Demokratisierung“ der öffentlichen Verwaltung85
Die „Demokratisierung“ des Verwaltungspersonals in Deutschland86
Mitbestimmung im öffentlichen Dienst110
Die öffentliche Verwaltung in der Gegenwartsgesellschaft129
Das Verhältnis von öffentlicher Verwaltung und öffentlicher Meinung im demokratischen politischen System Deutschlands130
Die Europäische Metropolregion Rhein-Neckar als Beispiel für wirtschaftsinitiierte Verwaltungskooperation151
Kooperative Verwaltung – Ausdruck einer demokratisierten öffentlichen Verwaltung?171
Verwaltungsdemokratie durch Verwaltungsreformen?190
New Public Management und die Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung191
Die kundenorientierte Verwaltung – zu den Facetten eines Leitbildes der Verwaltungsmodernisierung217
Zusammenfassung239
Demokratische Verwaltung im demokratischen Staat240
Autorenverzeichnis261

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