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E-Book

Die Päpste liebten sie

Die königlichen Frauen in St. Peter in Rom

AutorMartha Schad
VerlagLangenMüller
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783784434568
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Der Vatikan gilt als eine der letzten Männerdomänen. Dennoch befinden sich unter den Begräbnisstätten in der Basilika von St. Peter in Rom vier Gräber von Frauen. Welche historischen Umstände führten dazu, dass Mathilde von Canossa, Charlotte Lusignan-Savoyen, Christine von Schweden und Maria Clementina Stuart dort begraben und in Stein verewigt wurden? Diesen Fragen geht Martha Schad, eine der profiliertesten Sachbuchautorinnen Deutschlands, nach. In ihrem Buch zeigt sie Jahrhunderte der Religionsgeschichte aus einem ganz neuen Blickwinkel.

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Leseprobe

Charlotte von Zypern
(1444–1487)

Charlotte von Lusignan-Savoyen, Königin von Zypern, Prinzessin von Antiochien, Titularkönigin von Jerusalem und Armenien, wurde als erste Frau im Jahr 1487 in St. Peter zur letzten Ruhe gebettet. Sie hatte den Kampf um ihr Königreich Zypern zwar verloren, doch die respektvolle Zuneigung von drei Päpsten – Pius II., Sixtus IV. und Innozenz VIII. – gewonnen. Sie fand schließlich Aufnahme in Rom und durfte dort auch ihr Leben beschließen.[1]

Charlotte, Mitglied der Adelsfamilie von Lusignan, wurde Königin von Zypern, jener Insel, die schon in der antiken Mythologie als Insel der Aphrodite, der Göttin der Liebe, einen sagenumwobenen Ruf hatte. Aphrodite soll vor Zyperns Küsten dem Meer entstiegen und in den schattigen Tempelhainen von Paphos und Amathus hochverehrt worden sein.[2]

In der wechselvollen Geschichte Zyperns war die Insel 1192 an das französische Haus Lusignan gefallen, das sich nach der Burg Lusignan benannte. Sie war bereits im 12. Jahrhundert so beeindruckend, dass die Legende ging, ihr Erbauer müsse über magische Kräfte verfügt haben, wie etwa die Fee Melusine[3], der die Burg als Geschenk für ihren Ehemann Raymondin zugeschrieben wird. Dieser soll aus dem Hause Lusignan, das Melusine auch in seinem Wappen trägt, gestammt haben.

Realität und Romantik des Königreiches waren zunächst nichts anderes als ein unvorhergesehenes Nebenergebnis des dritten Kreuzzuges unter dem englischen König Richard I. Löwenherz. Mit ihm beginnt die Geschichte des Kreuzfahrerkönigreichs Zypern. Die Kreuzzüge wurden mit dem Ziel unternommen, die heiligen Stätten Palästinas vom bedrückenden Joch der Anhänger Mohammeds zu befreien.[4]

Richard I. war 1191 auf dem Weg von Sizilien nach Syrien ungewollt auf Zypern gelandet, nachdem wegen eines Seesturms zuvor das Schiff, auf dem sich seine Braut Berengaria von Navarra befand, an Zyperns Gestaden gestrandet war. Weil Isaak Komnenos, der letzte byzantinische Potentat Zyperns, der sich Kaiser von Zypern nannte, den Schiffbrüchigen die gebührende Hilfe verwehrt hatte und zudem König Richard befahl, die Insel zu verlassen, eroberte dieser daraufhin große Teile der Insel und belagerte Isaak auf seiner Burg Kantara. Dabei kam Richard die mangelnde Loyalität von Teilen der zypriotischen Bevölkerung zugute, die in den sieben Jahren unter der Herrschaft Isaaks zu leiden hatte. Isaak Komnenos kapitulierte schließlich, unter der Bedingung, dass Richard ihn nicht in Eisen legen dürfe. Dieser zog daraufhin in die Burg ein – und legte ihn und seine Tochter in Silberketten.

In dieser Zeit traf Guido von Lusignan (1150–1194) mit edlem Gefolge bei Richard in Zypern ein, der seine Gegenwart nutzte, um mit großem Prunk am Sonntag, dem 12. Mai 1191, in der zyprischen Hafenstadt Limassol seine Hochzeit mit der schönen Berengaria von Navarra zu feiern und sie sogleich zur Königin von England zu krönen.

König Richard I. nutzte Zypern nun als reiche Nachschubbasis für seinen Kreuzzug, erbeutete Isaaks Staatsschatz und belegte Zypern mit hohen Sondersteuern. Am 5. Juni 1191 segelte er nach Palästina weiter. Doch bevor der englische Monarch Zypern verließ, verkaufte er die Insel für 100 000 Golddinare an den Templerorden, eine mächtige, der römischen Kirche zugehörige Organisation. Da sie allein auf die finanzielle Ausbeutung bedacht waren, vermochten die Templer der beständigen Unruhe auf der Insel nicht Herr zu werden, und die Zyprioten revoltierten gegen ihre harte Behandlung. Dazu kam die drückende Verschuldung gegenüber dem König, sodass die Templer die unrentabel gewordene Insel wieder loswerden wollten. Am Ostertag des Jahres 1192 kam es zu einer blutigen Revolte, woraufhin die Templer die Insel an Richard zurückgaben, obwohl sie so ihre Anzahlung von 40 000 Golddinaren einbüßten. Doch der König hatte kein Interesse mehr an Zypern, und so gab er es 1192 dem französischen Kreuzritter Guy de Lusignan, Titularkönig von Jerusalem[5], als Lehen.

Die Lusignan-Dynastie trug ab 1291 auch die Krone von Jerusalem und ab 1393 zudem jene von Kleinarmenien[6] – beides Titel mit Anspruch, doch ohne Verfügungsgewalt über die Länder. Der große Zypern-Kenner Franz Georg Maier nennt die Lusignan-Zeit »eine eigentümliche Mischung von französischem Rittertum und orientalischem Lebensstil, gotischer Kunst und byzantinischem Kulturerbe.«[7] Die Dynastie der Lusignans hob sich in mancher Hinsicht vorteilhaft von der byzantinischen Verwaltung ab und sicherte Zypern bis ins 15. Jahrhundert vor weiteren islamischen Eingriffen. Bis heute ist das herrlich gelegene Bergschloss von St. Hilarion, das die Lusignans, seinen byzantinischen Namen »Didymoi« romanisierend »Dieu d’Amour« nannten, ein Symbol der fränkischen Herrschaft in Zypern. Ein mächtiges Tor führte in die innere Burg mit einer Kapelle und einem imposanten Refektorium, das den Lusignans als Bankettsaal diente. Im Südteil der Burg hat man heute vom einstigen »gotischen Fenster der Königin« aus einen wunderbaren Blick auf das Dorf Karmi.

Charlottes Elternhaus

Von 1432 bis zu seinem Tod im Jahr 1458 regierte König Johann II. in Zypern. Er war in zweiter Ehe verheiratet mit Helena Paläologa von Byzanz, Tochter des Despoten von Morea, Theodor II., einem Sohn des byzantinischen Kaisers Manuel Paläologa. Obwohl Helena streng orthodox aufgewachsen war, hatte man sie überzeugt, aus politischen Gründen den katholischen König von Zypern zu heiraten. Die als sehr stolz geltende Helena hatte das Glück, von großen Lehrern unterrichtet worden zu sein, wie Georgius Gemistos Plethon (1355–1452) und Basilius Bessarion (1403–1472), einem byzantinischen Theologen und Humanisten, der Kardinal und Patriarch von Konstantinopel war.

Die Braut Helena war mit großem Gefolge in Xeros an der Nordküste von Zypern angekommen. In ihrer Begleitung befand sich auch ihre Amme, die sie aufgezogen hatte, sowie deren Sohn Thomas, ihr »Milchbruder«. Er und Helena waren wie Geschwister aufgewachsen, woraus sich ein enges Verhältnis entwickelt hatte. Nikosia, die prachtvolle Residenz- und Hauptstadt des Königreichs mit Sitz des römisch-katholischen Bischofs, erregte Helenas Erstaunen. 250 Kirchen und prachtvolle Adelshäuser prägten das Stadtbild im Mittelalter. Im großen Palast der Lusignans war die Hofhaltung überaus glänzend, von halb orientalischem, halb französischem Charakter.[8] Die Hofsprache war Französisch. Turniere, Jagd, Spiele und Festgelage waren an der Tagesordnung.

Am 3. Februar 1442 fand die Trauungszeremonie von König Johann II. und Prinzessin Helena in der Kathedrale St. Sophia in Nikosia statt. Die Kathedrale, die zwischen 1209 und 1326 errichtet worden war, gilt als Meisterwerk des gotischen Kirchenbaus, vergleichbar den großen Kathedralen Frankreichs. Sie war bis 1489 die Krönungskirche der Könige Zyperns. Die Westfassade mit Vorhalle und ihrem dreifach gegliederten Portal gilt als künstlerischer Höhepunkt der französischen Gotik. Auf dem Balkon zwischen den Türmen empfingen die Lusignans an Feiertagen die Huldigungen ihrer auf dem Kirchplatz versammelten Untertanen. Als Zypern von den Osmanen besetzt wurde, wandelten diese die Kathedrale in eine Moschee um; die unvollendet gebliebenen Westtürme wurden als Minarette vollendet – heute wird sie Selimiye-Moschee genannt.[9]

König Johann II. gilt als unbedeutender zyprischer König, verweichlicht und charakterlos, allein materiellen Genüssen zugetan. Er förderte das Parteiwesen, das zum Untergang des Reiches beitrug. Mit diesem Mann wurde nun die intelligente, allerdings oft auch skrupellose byzantinische Prinzessin vermählt, die als Heiratsgut nichts als den Stolz auf ihre kaiserliche Abstammung mitbrachte.

Helena regierte mit starker Hand und förderte die orthodoxe Kirche. Die Staatsämter wurden mit Griechen durchsetzt, und obwohl das Land verarmt war, stiftete sie Klöster. Allgemein wurde von ihr das »griechisch-byzantinische Element als neuer stabilisierender Faktor bevorzugt und in seinem Selbstbewusstsein gestärkt.«[10] Nun kam auch wieder die griechische und zyprische Sprache zu ihrem Recht, die, nachdem die Lusignans die Insel erworben hatten, zugunsten der französischen Sprache vernachlässigt worden war.

Als am 29. Mai 1453 Konstantinopel von den Osmanen erobert wurde, suchten viele reiche Familien aus Konstantinopel und viele Mönche auf Zypern Zuflucht. Eine schwierige Situation für Helena, aber: »Die Königin war diesen Flüchtlingen sehr wohlgesonnen und ließ für sie die St. Georgskirche, die ›Mangana‹, als Kloster herrichten. Sie stattete es mit beträchtlichen Einkünften aus, damit ihr Name bei den Gebeten stets erwähnt werde.«[11]

König Johann II. und Königin Helena hatten zwei Töchter, die im Kindesalter verstorbene Kleopatra und die am 28. Juni 1444 in Nikosia geborene Charlotte. Sie war in der byzantinischen Tradition aufgewachsen, sprach fließend griechisch, was ihre Mutter sie gelehrt hatte. Sie war zwar auch in Französisch, Italienisch und Latein unterrichtet worden, Dokumente in Französisch oder in Latein mussten für sie aber ins Griechische übersetzt werden.

Marietta, König Johanns Geliebte, und ihr gemeinsamer Sohn Jakob

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