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Die Potenzialanalyse aus ethischer, methodischer, industriesoziologischer und unternehmensethischer Sicht

Human Resource Management und Unternehmensstrategie

AutorUlrike Kipman
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl217 Seiten
ISBN9783640755721
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Beruf, Ausbildung, Organisation, Universität Salzburg (Rechtssoziologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Kaum ein Unternehmensbereich hat in den vergangenen 30 Jahren eine dermaßen dynamische Genese durchgemacht, wie die Organisations- und Personalentwicklung. Das aus den USA stammende Konzept Human Resource Management (HRM) findet auch in Österreich zunehmend Anerkennung. Insbesondere die systematische Integration bislang getrennt gehandhabter Personalbeschaffungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie deren Einbindung in Strategie- und Strukturentscheidungen aus einer General Management-Perspektive haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Diese Entwicklung bedingt zweifelsohne auch die vermehrte Verwendung eignungsdiagnostischer Verfahren wie zum Beispiel der Potenzialanalyse, welche in dieser Abhandlung aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden soll. In der vorliegenden Arbeit wird - nach einigen Begriffsklärungen und Definitionen (Teil I) und einer kurzen Vorstellung des Konzepts des Human Resource Managements - der Stellenwert des HRM Verfahren in der Industrie- und Arbeitssoziologie insbesondere im Hinblick auf die potenzialanalytischen Verfahren erörtert (Teil II). Ich gehe auf den Marx`schen Grundgedanken ein um dann die tayloristischen den ganzheitlichen Arbeitsformen gegenüberzustellen. Zudem greife ich in diesem Zusammenhang die Debattenstruktur im Hinblick auf die Betriebsorganisation auf. Interessant ist hier insbesondere, in welchen Betrieben und für welche Stellen eine Potenzialanalyse durchgeführt wird und wie dies aus der Geschichte der Industriesoziologie heraus zu werten ist. Ein kritisches Abschlusskapitel zur Materie Industriesoziologie, Betriebswirtschaft und Potenzialanalyse rundet den zweiten Teil ab. Analog dazu beschreibe ich die Entwicklung der strategischen Planung und des strategischen Managements im daran anschließenden Teil III. In Teil IV wird unter anderem anhand von empirischen Forschungsergebnissen herausgearbeitet, inwieweit Potenzialanalysen das Personalmanagement beeinflussen und wie diese Entwicklungen aus industriesoziologischer, methodischer, ethischer und unternehmensethischer Sicht zu bewerten sind. Thema dieses Teils ist auch, inwieweit die HRM-Bewegung mit den in den vorangehenden Kapiteln angesprochenen Paradigmen und Standpunkten vereinbar ist und inwieweit die Machtproblematik in diesem Kontext eine Rolle spielt. Die angesprochenen Themenbereiche werden durch empirische Ergebnisse einer von mir durchgeführten Untersuchung zu diesem Themenkomplex ergänzt und abgerundet.

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Leseprobe

I  Definitionen, Begriffsklärungen und Schnittstellen


 

Im Folgenden sollen die in dieser Arbeit immer wieder verwendeten Schlüsselbegriffe Arbeitssoziologie, Personalauswahl, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Arbeit, Menschenbild und Potenzialanalyse definiert werden. Ganz bewusst habe ich in diesem Zusammenhang auch zur Potenzialanalyse verwandte Verfahren, wie z.B. die 360°-Analyse, das Assessment-Center oder das Development-Center definiert, um dem Leser eine Unterscheidung zu ermöglichen. Zudem werden – im Zusammenhang mit dem Thema der verantwortungsvollen Personaldiagnostik und der Unternehmensethik – in Kapitel 2 die Begriffe Moral und Ethik, Ethische Verantwortung und Psychologische Diagnostik beschrieben und die in Kapitel 1 definierten Schlüsselbegriffe Personalmanagement und Organisationsentwicklung näher ausgeführt. Um den Kreis zu schließen, werden im dritten Kapitel dieses Teils der Zusammenhang zwischen dem Gebiet der Arbeitssoziologie und der Rechtswissenschaft sowie Schnittstellen zu anderen Gebieten (Sicherheitstechnik, Arbeitspsychologie, Arbeitsmedizin) herausgearbeitet. Abschließend möchte ich kurz auch Schnittstellen zu anderen Gebieten aufzeigen.

 

1Definitionen


 


1.1 Arbeits- und Betriebssoziologie


 

Die Arbeits- und Betriebssoziologie entwickelte sich aus der Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Betriebsführung, welche vorwiegend von Effizienzgesichtspunkten dominiert wurde. Gefördert durch die zunehmende sozial- und arbeitsrechtliche Verankerung einer Betriebsverfassung verfolgt die Arbeits- und Betriebssoziologie unter anderem einen Standpunkt der reinen Tatsachenanalyse (vgl. Mikl-Horke, 2000), sie befasst sich mit sozialen Strukturen in Leistungsorganisationen mit wirtschaftlicher Zwecksetzung und legt sowohl Augenmerk auf Wechselwirkungen zwischen Organisation und Gesellschaft als auch auf die Organisation an sich (vgl. grundlegend dazu schon Schelsky, 1955, www.wikipedia.de/ Abfragedatum 03.11.2005).

 

1.2 Personalauswahl


 

Die Personalauswahl und Personalselektion bezeichnet die Entscheidung über die Besetzung einer frei gewordenen, frei werdenden oder einer noch zu schaffenden Stelle aus dem Angebot an internen und/oder externen Bewerbern einschließlich der die Personalauswahl vorbereitenden Arbeiten. (vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, S. 2384). Aufgabe der eignungsdiagnostisch gestützten Personalauswahl ist die fähigkeitsgemäße Zuordnung von Personen und Tätigkeiten, nicht aber die Bewertung von Merkmalsausprägungen und von Arbeitsaufgaben, die zu gesellschaftlicher Differenzierung führt (vgl. Schuler, 2000).

 

1.3 Personalentwicklung


 

Mit dem Begriff Personalentwicklung werden in der Regel systematisch und oft langfristig angelegte Maßnahmen bezeichnet, mit denen die Qualifikation der Mitarbeiter verbessert wird. Neben der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten steht im Mittelpunkt der Personalentwicklung häufig die Förderung der Bereitschaft der Mitarbeiter, auf neue fachliche und soziale Herausforderungen im Unternehmen oder am Arbeitsplatz flexibel zu reagieren (z. B. Erfordernis des lebenslangen Lernens oder die Bereitschaft zur Job Rotation (siehe Fußnote 7).

 

Ziel der Personalentwicklung im Unternehmen ist grundsätzlich der Erhalt oder die Schaffung eines optimalen, leistungsfähigen Mitarbeiterpotenzials als entscheidende Voraussetzung zur Wettbewerbsfähigkeit, zur Entwicklung oder zur Erschließung neuer Märkte (vgl. Sonntag & Schaper, 2001).

 

Die Personalentwicklung setzt sich in der Praxis aus vielen verschiedenen sowie häufig kombinierten und aufeinander abgestimmten Maßnahmen zusammen (im Wesentlichen zitiert nach Büdenbender/Strutz & Gabler, 1996, grundlegend dazu Argyris, 1957).

 

1.4 Organisationsentwicklung


 

Im Gegensatz zur Personalentwicklung bezieht sich Organisationsentwicklung hauptsächlich auf die Entwicklung von Mitarbeitern in ihren organisatorischen Einheiten (Abteilung, Gruppe) mit dem Ziel, langfristige, systematische Veränderungen/Entwicklungen von Organisationsstrukturen und ihren Menschen durch Lernen und Mitwirkung aller Beteiligten sowie einer Verbesserung des Arbeitslebens und der Arbeitsfähigkeit der Organisation zu schaffen.

 

Damit ist Organisationsentwicklungkein einheitlicher Ansatz, sondern eine Bezeichnung für eine Vielzahl von Methoden und Techniken der Veränderung in und von Organisationen, eine Veränderungsstrategie unter Einbeziehung aller Beteiligten und deren Interessen zur Optimierung von Verhaltensmustern und Organisations- und Kommunikationsstrukturen.

 

Einige Organisationsentwicklungs-Ansätze (Gestaltungsformen) sind:

 

T-Groups[1]

 

Sensitivity-Training[2]

 

Team-Building[3]

 

Führungskonzepte(z. B. Managerial Grid[4])

 

Veränderung der organisatorischen Kleinstruktur-Dimensionen im Bereich des Arbeitsplatzes u.a. sind  job enrichment[5], job enlargement[6], job rotation[7]und Autonome Arbeitsgruppen.

 

Organisationsentwicklung arbeitet nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe, Betroffene zu Beteiligten zu machen.

 

Legt man eine weite Definition zugrunde, so umfasst Personalentwicklung alle Maßnahmen der Bildung (z. B. Berufsausbildung, Weiterbildung, Umschulung), der Förderung (z. B. Karriereplanung, Mitarbeitergespräch, Coaching) und der Organisationsentwicklung (z. B. Teamentwicklung, Projektarbeit, Gruppenarbeit), die zielorientiert geplant, realisiert und evaluiert werden (vgl. Becker, 1999 und Fiege, 2001).

 

1.5 Arbeit


 

Die Deutung dessen, was Arbeit ist, variiert über Epochen und Disziplinen. Eine präzise und allgemeine Begriffsbestimmung ist unmöglich. Stengel beschreibt als einzige Gemeinsamkeit zahlreicher Definitionen die Einzigartigkeit des Begriffs und den Stellenwert der Arbeit, die über die Zeiten und Kulturen konstant bleiben (vgl. Stengel, 1997).

 

Etymologisch stammt „Arbeit“ vom germanischen Verb „arbejo“ ab, welches eine körperliche Tätigkeit beschreibt, zu der ein Kind verdingt wird. Dabei bedeutet das Substantiv von „arbejo“ Arbeit, die eine körperlich schwere Anstrengung, Mühsal und Plage darstellt. Arbeit wird aber auch mit dem griechischen Substantiv „energia“ in Verbindung gebracht (vgl. Kirchler, 1999 und 2002).

 

1.6 Menschenbild


 

Wilpert (1989) beschreibt Menschenbilder als Bezugssysteme, die Werte und Verhaltensweisen von Individuen und der gesamten Gesellschaft beeinflussen.

 

In der Renaissance wurde ein mechanistisches Menschenbild akzeptiert. Menschen, so die Annahme, würden wie ein Uhrwerk funktionieren, wären steuerbar und reparierbar wie eine Maschine. Menschenbilder sind Bezugssysteme, die Werte und Verhaltensweisen beeinflussen.

 

Auch Arbeits- und Organisationspsychologie sowie auch insbesondere die Organisationssoziologie sind und waren von Menschenbildern geprägt, die sich im Laufe der Zeit verändert haben (vgl. Kirchler, Meier-Pesti & Hofmann, 2004, Türk, 2000 und Gebert, 1991). Zusammengefasst könnte man sagen, dass man unter Menschenbildern individuelle und soziale Konstruktionen, die im wissenschaftlichen Diskurs entwickelt, akzeptiert, kritisiert und im Laufe der Zeit verändert werden, versteht.

 

In Folgenden möchte ich die Begriffe Potenzialanalyse, Assessment Center und Development Center gesondert voneinander beschreiben, um dem Leser den Unterschied zwischen den drei klassischen eignungsdiagnostischen Verfahr zu verdeutlichen:

 

1.7 Die Potenzialanalyse


 

Der Begriff Potenzialanalyse bezeichnet die strukturierte Untersuchung des Vorhandenseins bestimmter Eigenschaften (Fähigkeiten).

 

Potenzialanalysen liefern strukturierte Informationen zu Fragen nach der Fähigkeit von Mitarbeitern, Ereignissen, Mitteln und Organisationen. Sie sind dabei auf die Zukunft ausgerichtet und beantworten die Frage, welche Potenziale schon für die Zukunft vorhanden sind.

 

Potenzialanalysen werden grundsätzlich in unterschiedlichen Einsatzgebieten und mit verschiedenen Methoden durchgeführt. So kann anhand strukturierter Fragebögen das eigene Karrierepotenzial ermittelt oder das Anforderungsprofil für die Personalselektion überprüft werden. Die Potenzialanalyse erfasst unter anderem Wissen, Fähigkeiten, Motivation und...

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