Wann genau die ersten Kontakte zwischen China und Afrika stattfanden, ist nicht mit Sicherheit feststellbar. Bereits das Kaiserreich China unter der Han Dynastie (202 v. Chr. bis 220 n. Chr.) unterhielt – wenn auch nur indirekte, über indische und arabische Schiffe durchgeführte – Handelsbeziehungen mit den im nordöstlichen Afrika gelegenen Reichen Kush und Axum. Erste Zeugnisse einer Begegnung Chinas mit Afrika auf afrikanischem Boden datieren aus dem achten Jahrhundert nach Christus. So wurden beispielsweise in Ostafrika chinesische Münzen und chinesisches Porzellan aus dem 9. bis 14. Jahrhundert entdeckt. Zahlreiche Funde von afrikanischen Produkten des zehnten und elften Jahrhunderts in China legen ebenfalls Zeugnis von frühen Kontakten zwischen China und Afrika ab[2].
Einen besonderen Platz in der Geschichte der sino-afrikanischen Beziehungen nimmt der chinesische Seefahrer Zheng He ein, der im 15. Jahrhundert im Auftrag der in China herrschenden Ming-Dynastie mehrere Entdeckungsfahrten nach Afrika unternahm. 1418 erreichte der muslimische General mit seiner Flotte zum ersten Mal Afrika im Bereich des heutigen Somalia und war damit einige Jahrzehnte vor dem portugiesischen „Entdecker“ Vasco da Gama an der afrikanischen Küste des indischen Ozeans an Land gegangen. Gerne wird im Zuge von sino-afrikanischen Zusammentreffen – sei es in Form von Freundschaftsbekundungen bei Wirtschaftsgipfeln oder der politischen Agitation Chinas gegen Imperialismus und Kolonialismus in Afrika in den 1960er-Jahren – darauf verwiesen, dass es im Gegensatz zu den später folgenden Europäern nicht ökonomische Interessen waren, die Zheng He nach Afrika führten, sondern ein „freundlicher Austausch“ (Qin 2006) auf diplomatischer wie auf Handels-Ebene. Dieser frühe Kontakt sei der Anfang einer langen Tradition chinesisch-afrikanischer Freundschaft gewesen, die in der aktuellen Kooperation, so der häufig von chinesischen Diplomaten und Politikern getroffene Vergleich, ihre Fortsetzung finde.
Nach sieben Exkursionen Zheng Hes zwischen 1418 und 1433 stellte die chinesische Administration abrupt alle Aktivitäten im Indischen Ozean ein. Es wurde nicht weiter als sinnvoll erachtet, die kostspieligen Expeditionen nach Afrika zu finanzieren, die durch den Wert der zurückgebrachten Güter nicht gerechtfertigt waren. Als Reaktion auf die Bedrohung der chinesischen Grenzen durch die Mongolen beschränkte sich der Fokus der Außenpolitik Chinas nun auf den ostasiatischen Raum. Eine Politik der Innengewandtheit sollte Chinas Rolle in der Welt bis zur gewaltsamen Öffnung durch ausländische Mächte in den Opiumkriegen 400 Jahre später bestimmen. Mit Ausnahme chinesischer Arbeiter, die im 18. und 19. Jahrhundert im südlichen Afrika sowie auf Madagaskar von der jeweiligen Kolonialverwaltung für Berg-, Straßen- und Bauarbeiten eingesetzt wurden (Jäger 1994:28), folgte auf Zheng Hes Reisen eine lange Unterbrechung der sino-afrikanischen Kontakte. Während die portugiesischen Flotten unter der Führung Vasco da Gamas auf ihrem Weg nach Indien Ende des 15. Jahrhunderts erstmals vor Mosambik ankerten und in den folgenden Jahren durch die Errichtung von Handelsstützpunkten entlang der Küste die schrittweise Kolonialisierung Afrikas durch europäische Mächte einleiteten, sollten die bilateralen Beziehungen zwischen China und Afrika erst über 500 Jahre nach Zheng Hes Reisen in den 1950er-Jahren eine Fortsetzung finden.
In den ersten Jahren nach Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 nahm Afrika eine unbedeutende Stellung in der chinesischen Außenpolitik ein. Die kommunistische Regierung in Beijing wurde ab ihrer Machtübernahme und verstärkt nach dem Korea-Krieg - ausgehend von den USA - international isoliert, ihre diplomatischen Kontakte beschränkten sich auf die Sowjetunion und die Staaten des Ostblocks. Obwohl es seitens der regierenden Kommunistischen Partei Chinas bereits rhetorische Attacken gegen den internationalen Imperialismus und damit auch gegen den Kolonialismus europäischer Mächte in Afrika gab, war Afrika, das keine direkte strategische Bedeutung für China hatte und auch auf diplomatischer Ebene von geringer Relevanz für die Volksrepublik war (der größte Teil des Kontinents befand sich unter kolonialer Herrschaft), bis Mitte der 1950er-Jahre nicht im Fokus der auf sicherheitspolitische Interessen ausgerichteten chinesischen Außenpolitik. Dies sollte sich ab dem Jahr 1955 jedoch langsam ändern: Im Zuge der Bandung-Konferenz, eines auf Initiative des indischen Präsidenten Nehru zustande gekommenen Treffens unabhängiger afrikanischer und asiatischer Staaten, fand die erste diplomatische Kontaktaufnahme des chinesischen Premierministers Zhou Enlai mit einem afrikanischen Staatschef, dem ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser, statt.
Am 18. April 1955 versammelten sich Vertreter 23 asiatischer – darunter China – und sechs afrikanischer Staaten[3] in der Stadt Bandung auf der indonesischen Insel Java zu einer Konferenz, um unabhängig von den (ehemaligen) Kolonialmächten und den Großmächten USA und Sowjetunion einen eigenen politischen Weg zu formulieren. In der Konferenz wurden erstmals gemeinsame Forderungen von Entwicklungsländern, viele davon erst seit kurzem unabhängig, gegenüber den ehemaligen Kolonialmächten laut. Der durch Bandung eingeleitete Süd-Süd-Dialog stellte auch den Ausgangspunkt für die Intensivierung der Beziehungen zwischen China und Afrika dar.
Mit dem in Folge von Bandung begonnenen Prozess der Entstehung der Blockfreien-Bewegung, einem losen Zusammenschluss von Staaten, die weder dem einen noch dem anderen der sich im Kalten Krieg gegenüberstehenden Machtblöcke angehörten, wurde der chinesischen Führung das Potential der Entwicklungsländer als Verbündeten zur Durchsetzung von politischen und ideologischen Zielen bewusst. Ein verstärktes Interesse Chinas an der „Dritten Welt“ und speziell an Afrika setzte ein, was sich in den folgenden Jahren in zahlreichen Staatsbesuchen chinesischer Politiker in Afrika bemerkbar machte. Der Auftakt für die diplomatische Offensive Chinas fand in Nordafrika und am Horn von Afrika statt: 1956 reisten zum ersten Mal seit Zheng He offizielle chinesische Delegationen nach Afrika und besuchten dort Ägypten, Sudan, Marokko, Tunesien und Äthiopien. Ägypten, das sich zu diesem Zeitpunkt in dem als Suez-Krise bezeichneten Konflikt mit einer Allianz aus Großbritannien, Frankreich und Israel um die Kontrolle über den strategisch bedeutsamen Suez-Kanal befand, erkannte im selben Jahr als erster afrikanischer Staat die Volksrepublik China offiziell an.
Die Hinwendung Chinas zu Afrika lag jedoch nicht ausschließlich im eigenstaatlichen Interesse der Stärkung des internationalen Gewichts begründet. Vielmehr war sie wesentlich beeinflusst von dem aus der eigenen Erfahrung der Unterwerfung durch fremde Mächte – die demütigenden „Ungleichen Verträge“ mit Großbritannien, Frankreich, den USA und Russland in Folge der verlorenen Opiumkriege, aber auch die Invasion Japans zwischen 1938 und 1940 waren tief im chinesischen Bewusstsein verankert – als moralische Verpflichtung empfundenen Ziel, unterdrückte Völker bei deren Kampf gegen die imperialistische Beherrschung zu unterstützen. So verkündete Mao Tse-tung auf dem achten Kongress der Kommunistischen Partei Chinas im September 1956:
„We must give active support to the National Independence and Liberation Movements in Asia, Africa and Latin America, as well as to the Peace Movement and righteous struggle in all countries throughout the world.“ (zitiert nach Ogunsanwo 1974:13)
Als sich in Kenia, Algerien und Kamerun in den 1950er-Jahren gewaltsamer Widerstand gegen die europäischen Kolonialmächte geregt hatte, war die Begeisterung in Chinas Führungsriege groß gewesen. Parallelen zum eigenen Unabhängigkeitskampf, dem Boxeraufstand Anfang des 20. Jahrhunderts, wurden gezogen, und das kommunistische China empfand es als Verpflichtung, die eigenen Erfahrungen des Widerstandes gegen fremde Herrschaft mit den Völkern Afrikas zu teilen. Auf der anderen Seite wuchs in Afrika das Interesse an China, das mit seiner Geschichte des vollständigen Bruchs mit dem Westen ein faszinierendes Beispiel für die Erlangung der Unabhängigkeit aus eigener Kraft bot. Marxistische und antikoloniale Literatur verbreitete sich unter afrikanischen Studenten, und für viele im Kampf um die Unabhängigkeit engagierte Afrikaner wurde China zum Vorbild. So berichtet der Historiker Philip Snow (1988:72) von einem Anführer des Mau-Mau-Aufstandes in Kenia, der sich in Anlehnung an Chinas Widerstand gegen ausländische Mächte den nom de guerre „General China“ gab, sowie von den Reisen zahlreicher afrikanischer politischer Aktivisten nach China mit dem Ziel, dort über den chinesischen Unabhängigkeitskampf und den chinesischen Kommunismus zu lernen.
Der in Bandung begonnene Prozess der afroasiatischen Kooperation bot den Rahmen, der verbalen Unterstützung für afrikanische Unabhängigkeitsbewegungen auch Taten folgen zu lassen. Von Ende 1957 bis zum...