KAPITEL 1
Die Schilddrüsenkrise
Eine neue Epidemie fegt durchs Land – und Ihr Arzt weiß wahrscheinlich nicht einmal etwas davon.
Diese Epidemie ist möglicherweise der Grund, dass Sie ein paar Kilo zunehmen, die sie dann trotz aller Anstrengungen nicht mehr loswerden. Vielleicht ist sie aber auch der Grund, dass Sie in einem alarmierenden Tempo Gewicht verlieren, obwohl Sie eigentlich permanent hungrig sind und essen.
Die eine Version der Epidemie sorgt dafür, dass Sie sich müde, erschöpft und ausgelaugt fühlen und sich zu nichts wirklich aufraffen können. Zu den Symptomen der anderen Version gehören Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit ebenso wie plötzliche Panikattacken.
Einige Betroffene dieser Epidemie leiden an einer Verdunkelung des Bewusstseins – Konzentrationsschwierigkeiten und frustrierenden Gedächtnislücken. Andere kämpfen mit depressiven Verstimmungen. Oder mit Haarausfall. Schmerzenden Gelenken und Muskeln. Herzrasen. Zittrigen Händen. Muskelschwäche. Ein- und/oder Durchschlafstörungen. Sie fühlen sich irgendwie greisenhaft, auch wenn sie vielleicht erst Ende zwanzig sind.
Auch Fehlgeburten werden durch diese Epidemie wahrscheinlicher. Frauen werden trotz Kinderwunsch nicht schwanger. Die Lust am Sex leidet, bei Männern durch Erektionsstörungen und bei Frauen durch Scheidentrockenheit. Darüber hinaus sind die Betroffenen anfällig dafür, Autoimmunkrankheiten zu entwickeln.
Das Schlimmste an dem Ganzen ist, dass die beschriebenen Symptome von Schulmedizinern oft falsch diagnostiziert werden. Ein Schulmediziner sagt dann vielleicht: »Die Laborwerte sind unauffällig. Bei Ihren Symptomen handelt es sich einfach um erste Alterserscheinungen.« Oder: »Alle Ihre Werte bewegen sich im Normalbereich, wenn Sie sich also unwohl fühlen, liegt das sicher daran, dass Sie gestresst sind.« Oder: »Das Blutbild ist einwandfrei. Sie müssen sich damit abfinden, dass Sie bald in die Wechseljahre kommen, da sind solche Symptome normal.«
In solchen Fällen wird Patienten oft fälschlicherweise ein Antidepressivum oder ein Beruhigungsmittel verschrieben. Frauen erhalten auch gerne die Antibabypille zur Regulierung des Monatszyklus oder eine Hormonersatztherapie gegen die Stimmungsschwankungen. Oder der Arzt sagt: »Machen Sie mal eine Pause, arbeiten Sie nicht so viel. Am besten Sie nehmen Urlaub.«
Selbst, wenn die Diagnose korrekt ist, die Behandlung ist es oft nicht. Nehmen wir an, Sie kommen in die Praxis, weil es Ihnen immer noch schlecht geht und Sie sich fühlen, als seien Sie ein anderer Mensch geworden, den Sie selbst nicht mehr wiedererkennen. Und dann meint der Arzt dazu: »Also, was immer mit Ihnen nicht stimmt, in Ihrem Blutbild zeigt es sich nicht. Die Ergebnisse sind vollkommen normal. Tut mir leid, dass es Ihnen nicht gut geht, aber ich kann nichts dagegen machen.«
Diese grassierende Epidemie betrifft weltweit etwa zweihundert Millionen Menschen – und das sind nur die diagnostizierten Fälle, die tatsächliche Krankheitshäufigkeit liegt mit Sicherheit noch um einige Millionen darüber. Am meisten betroffen sind Frauen über vierzig, aber die Krankheit kann jeden treffen. Meine Kollegen und ich beobachten derzeit ein starkes Ansteigen der Fälle, besonders bei jüngeren Frauen.
Der Name der Krankheitswelle lautet Schilddrüsenfehlfunktion. Und wenn eine solche Funktionsstörung nicht behandelt wird, kann sie ein Leben zerstören.
Typische Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion:
• Kälteempfindlichkeit; Gefühl, dass man nicht schwitzen kann
• Verstopfung
• Gewichtszunahme
• Verdunkelung des Bewusstseins: Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche
• Gefühl von Lustlosigkeit; Antriebsarmut
• Müdigkeit
• Gesteigertes Schlafbedürfnis
• Depressionen; Stimmungsschwankungen
• Haarausfall
• Glanzlose und trockene Haut
• Hormonschwankungen
• Unfruchtbarkeit; Fehlgeburten
• Kropf oder andere Halsschwellungen
• Allgemeines Unwohlsein; man ist nicht man selbst
• Verlangsamter Herzschlag
• Hoher Cholesterinspiegel
Typische Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion:
• Starkes Schwitzen; den Betroffenen ist oft zu warm
• Innere Unruhe; Stimmungsschwankungen
• Schlaflosigkeit
• Panikattacken
• Herzrasen und -stolpern
• Dünner Stuhl oder Durchfall
• Zittern
• Gewichtsverlust trotz großen Appetits
• Muskelschwäche
• Hervortretende Augäpfel
• Kropf oder andere Halsschwellungen
• Unregelmäßige Periode oder Unfruchtbarkeit
• Hautausschlag oder Verdickung der Haut vorne am Schienbein
• Haarausfall
• Chronische Nesselsucht mit Ausschlägen
Eine Schilddrüsenstörung kann sich auch durch Symptome aus beiden Kategorien bemerkbar machen, die gleichzeitig oder abwechselnd auftreten. Sie könnten also an Müdigkeit und innerer Unruhe, Erschöpfung und Schlaflosigkeit, Ängsten und Depressionen leiden. Ich hatte Patienten, die trotz einer Schilddrüsenunterfunktion nicht zu-, sondern abnahmen, weil ihre Nebennieren das Schilddrüsenproblem durch Bildung von zu vielen Stresshormonen überkompensierten. Das Signalsystem (der Regelkreis) der Schilddrüse ist superkomplex, und es gibt viele Möglichkeiten, wie etwas schiefgehen kann. Deshalb ist es so wichtig, dass wirklich ein vollständiges Blutbild hinsichtlich der Schilddrüse erstellt wird: damit die manchmal verwirrenden Symptome eingeordnet werden können und eine verlässliche Diagnose möglich ist.
Die Schilddrüsenepidemie
Die Sache ist also die: Die Schulmedizin versagt bei zu vielen Menschen. Und in kaum einem Bereich ist das offensichtlicher als bei Schilddrüsenstörungen.
Laut der American Thyroid Association leiden mindestens 12 Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an einer Erkrankung der Schilddrüse. Also eine von acht Personen. Bei Frauen ist die Wahrscheinlichkeit fünf- bis achtmal so hoch wie bei Männern. Bis zu 60 Prozent der Menschen mit einer Schilddrüsenfehlfunktion wissen aber gar nicht, dass ihre Symptome davon verursacht werden.
Im Falle einer so hohen Erkrankungsrate würde man meinen, dass bei den Schulmedizinern die Alarmglocken läuten. Dass Ihr Arzt bei vielen Symptomen sofort an ein Schilddrüsenproblem denken würde, Sie regelmäßig testen würde, Ihnen das richtige Medikament bzw. Hormonersatzpräparat in der richtigen Menge verschreiben würde. Und dass er Ihnen Ratschläge hinsichtlich Nahrung, Nahrungsergänzungsmitteln und Stressbewältigung geben würde.
Aber leider passiert das in aller Regel nicht. Schilddrüsenfehlfunktion ist eine der am meisten unterdiagnostizierten und unterbehandelten Erkrankungen. Konventionelle Ärzte versagen in diesem Feld auf so vielerlei Weise, dass man kaum alles auflisten kann. Hier sind nur die häufigsten Fehler:
• Selbst wenn ein Patient mit Schilddrüsensymptomen in die Praxis kommt, erkennen viele Ärzte dies nicht und führen keine entsprechenden Tests durch. Das gilt besonders bei männlichen Patienten und Patienten unter vierzig.
• Wenn doch Tests durchgeführt werden, dann nicht alle, die notwendig wären.
• Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion erhalten oft nicht das richtige Schilddrüsenhormonpräparat oder nicht die richtige Menge davon.
• Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion erhalten schulmedizinische Behandlungen mit schweren Nebenwirkungen, die teilweise irreversible Schäden verursachen. Sie werden nicht auf die Möglichkeit einer Behandlung mit natürlichen Kräutern hingewiesen, die unter Umständen gleich wirksam ist, ohne dass unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.
• Die Patienten werden nicht darüber informiert, wie außerordentlich positiv sich Veränderungen in Ernährungs- und Lebensweise auf die Krankheit auswirken könnten: Zuführung von Nährstoffen, die die Schilddrüse benötigt; Vermeiden von Lebensmitteln, die Entzündungen (eine manchmal hochproblematische Reaktion des Immunsystems) auslösen können; Darmsanierung und Entgiftung des Körpers; Vermeidung von sportlicher Überbelastung; ausreichend Schlaf und Stressabbau.
• Beim Arztgespräch kommt nicht zur Sprache, wie sich Autoimmunkrankheiten heilen lassen und wie das Immunsystem gestärkt werden kann – beides wäre sehr wichtig, da Schilddrüsenerkrankungen zum größten Teil autoimmun sind.
Sowohl als Ärztin, die Functional Medicine...