DAS RUFEN DER SEELE
Die größte ERFINDUNG des Lebens
„Hast du Angst vor dem Tod?“, fragte der kleine Prinz die Rose.
Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt so viel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen …“
ANTOINE DE SAINT-EXUPÉRY
Das Smartphone hat unser Leben im 21. Jahrhundert stärker verändert als jede andere aktuelle Erfindung. Für viele von uns ist ein Leben ohne diese technische Errungenschaft schlichtweg nicht mehr vorstellbar. Von außen betrachtet scheint das Smartphone bereits zu einem Körperteil von uns geworden zu sein, da wir es permanent bei uns tragen. Die Entwicklung des Smartphones ist aufs engste mit dem Namen von Steve Jobs verknüpft. Für manch einen gilt der Gründer von Apple daher als größter Erfinder der Neuzeit.
Steve Jobs verstarb 2011 an den Folgen eines Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er wurde 56 Jahre alt. Angesichts dieser lebensbedrohlichen Erkrankung hielt er 2005 bei der Abschlussfeier der Stanford Universität vor frisch diplomierten Studenten eine sehr berührende Rede. Darin bezeichnete er den Tod als die größte Erfindung des Lebens.
Mit 17 Jahren habe er ein Zitat gelesen, das ihn sein ganzes Leben hindurch begleitet hat: Wenn du jeden Tag so lebst, als wäre es dein letzter, wird es höchstwahrscheinlich irgendwann richtig gewesen sein. Ab da habe er sich jeden Tag morgens vor den Spiegel gestellt und sich selbst gefragt: „Wenn heute der letzte Tag meines Lebens wäre, würde ich das tun, was ich mir heute vorgenommen habe zu tun?“ Immer wenn die Antwort für mehrere Tage hintereinander „Nein“ gewesen sei, habe er gewusst, dass es Zeit war, etwas in seinem Leben zu ändern. Sich bewusst zu machen, dass er bald tot sein werde, sei für ihn das wichtigste Werkzeug gewesen, um die großen Entscheidungen seines Lebens zu treffen und seinen Visionen treu zu bleiben.
Äußere Erwartungen, eigener Stolz, Versagensängste, Scham oder andere Dinge, die uns gewöhnlich stark beeinflussen können, fallen im Angesicht des Todes weg. Sich zu erinnern, dass wir sterben werden, hilft uns, ein bewusstes und stimmiges Leben zu führen. Es gibt keinen Grund, unserem eigenen Herzen nicht zu folgen. Der Tod ist das Reiseziel, das wir alle teilen. Er ist der Vertreter des Lebens für den Wandel. Er trennt das Unwichtige vom Wichtigen und macht Platz für das Neue.
Den Studenten gab er deswegen folgendene Ratschläge mit auf ihren Weg: Vergeudet eure Zeit nicht, um das Leben eines anderen zu führen. Lasst eure eigene Stimme nicht vom Lärm der anderen Meinungen übertönen. Habt den Mut, eurem Herzen und eurer Intuition zu folgen. Dadurch erfahrt ihr, wer ihr wirklich sein wollt.
Offenbar hatte diese Lebenseinstellung Steve Jobs die Kraft gegeben, seine Visionen umzusetzen, obwohl er sich äußerlich immer wieder in schwierigen Situationen wiederfand und Phasen des Scheiterns bewältigen musste.
Schon ganz früh in seinem Leben wurde er von seiner Mutter zur Adoption freigegeben. Er wuchs bei Adoptiveltern auf, machte seine Hochschulreife und begann zu studieren. Seine Eltern waren nicht gerade vermögend und hätten all ihre Ersparnisse für sein Studium aufwenden müssen. Er brach sein Studium ab und besuchte stattdessen einen Kalligraphiekurs. Hätte er sein Studium nicht abgebrochen, wäre er nie in diese Kalligraphiekurse gegangen und hätte sich nicht mit Typografie beschäftigt und nicht die Computer entwickeln können, die ihn und Apple so berühmt gemacht haben.
Etliche Jahre später wurde er aus seiner eigenen Fima gefeuert, aber auch das sollte sich zwar als bittere, doch letztlich gute Medizin erweisen. Er lernte dadurch seine Frau kennen und entwickelte eine neue Technologie, die später für Apple zum Herzstück werden sollte, nachdem er letztlich doch wieder zu Apple zurückfand. In der Rückschau habe alles, was ihm in seinem Leben widerfahren sei, irgendwie Sinn gemacht: Alle Punkte seines Lebens ließen sich im Nachhinein wie durch einen roten Faden verbinden. Steve Jobs empfahl in seiner Rede daher den jungen Studenten, zu vertrauen, dass sich auch die Punkte ihres Lebens verbinden lassen und etwas – wie auch immer wir es nennen – uns alle führt.
Steve Jobs sprach in diesem Zusammenhang davon, dass uns das Schicksal manchmal wie mit einem Backstein am Kopf trifft, aber wir dürfen in solchen Situationen nicht den Glauben verlieren. Letztlich half ihm in seinem Leben immer wieder, dass er das, was er tat, wirklich liebte. Das gab ihm die Kraft, trotz Rückschlägen weiterzumachen.
Manche Menschen verhalten sich so, als ob sie noch ein zweites Leben im Gepäck hätten. Doch dieses Leben ist nicht die Generalprobe für die eigentliche Aufführung, sondern es ist bereits die Uraufführung. Wir leben nur einmal. Ein Freund, der vor kurzem mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde, meinte dazu: „Ich habe durch diese schwere Erkrankung erkannt, dass wir zwei Leben haben. Das zweite Leben beginnt dann, wenn wir kapieren, dass wir in Wirklichkeit nur eines haben.“
Die beiden Aufforderungen „Memento mori!“ (lat. „Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst“) und „Carpe diem!“ (lat. „Pflücke den Tag“) gehören unweigerlich zusammen wie die beiden Seiten einer Medaille. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden!“ – diese biblische Weisheit will uns einladen, aus der Perspektive der eigenen Endlichkeit heraus klug mit unserem Leben im Hier und Jetzt umzugehen. Wenn unser Leben endlich ist, so lasst uns endlich leben!
Göttliche STÖRUNG
So wie im Leben von Steve Jobs, so ist es in unser aller Leben: Wir werden immer wieder mit schwierigen Situationen konfrontiert, die wir zum Beispiel als Krisen, Schicksalsschläge, Scheitern oder Verluste bezeichnen. Sind wir mit solchen Herausforderungen konfrontiert, verstehen wir zunächst nicht, was diese Situationen in der Tiefe bedeuten sollen, wofür sie vielleicht sogar gut sein könnten. Erst in der Rückschau entstehen Verbindungslinien zwischen den einzelnen Punkten und wir können sie in einen größeren Kontext einordnen.
Verharren wir zu sehr im Alltagstrott, braucht es oftmals eine größere Störung, um uns aufzurütteln. Ja, es braucht womöglich eine „göttliche Störung“, um uns aus einem unbewussten Überlebensmodus herauszuholen und um vielleicht erstmals richtig lebendig zu werden.
Für mich war der unerwartete Tod meines gleichaltrigen Freundes Patrick eine solche göttliche Störung. Wie konnte ich nur glauben, dass Patrick und ich in der Mitte unseres Lebens seien und noch viele Jahre vor uns hätten? Welch ein Trugschluss! Was bedeutete der Tod Patricks für mein eigenes Leben?
Eine göttlichen Störung bedeutet, dass etwas völlig Unerwartetes in unser Leben hereinbricht und uns gehörig durcheinanderwirbelt. Plötzlich sind wir mit ganz anderen Fragen als bisher konfrontiert. Drehte sich unser Denken zuletzt womöglich viel um kleinere Alltagssorgen, so können uns eine lebensbedrohliche Erkrankung, ein Unfall oder der reale Verlust eines nahen Menschen aufrütteln und uns mit ganz anderen, mit wesentlicheren Fragen in Kontakt bringen.
So stellt eine solche Störung unseres Alltagsbewusstseins immer auch die Frage nach unserem Leben als Ganzem.
Ich lade Sie ein, sich mit Hilfe folgender Fragen, Gedanken über Ihre eigene Lebenseinstellung zu machen:
Lieben Sie das, was Sie tun? Folgen Sie Ihrer inneren Stimme? Vertrauen Sie, dass auch in Problemen, Schwierigkeiten, Momenten des Scheiterns etwas Sinnvolles geschehen will? Lieben Sie Ihr Leben? Wie gehen Sie mit dem Geschenk Ihres Lebens um? Sind Sie sich der Einzigartigkeit Ihres eigenen Lebens bewusst? Stimmt Ihr Leben, so wie Sie jetzt gerade leben? Sind Sie wirklich lebendig oder überleben Sie nur? Folgen Sie der Spur Ihres Herzens? Lieben Sie die Menschen, mit denen Sie Ihre Zeit verbringen?
Viele Märchen sowie biblische Heilungs- und Wandlungsgeschichten folgen einem dreistufigen Muster. Im ersten Teil wird eine gewöhnliche Ausgangssituation geschildert. Im zweiten Teil steht der Protagonist dann vor einer großen Herausforderung, die es zu bewältigen gilt. Im dritten Teil geht er oder sie schließlich gewandelt und gereift daraus hervor.
Auch Hollywoodfilme sind oftmals nach einem ähnlichen Handlungsmuster gestrickt: Zunächst wird eine normale Alltagssituation geschildert, in die hinein etwas Außergewöhnliches passiert. Die Hauptdarsteller müssen sich auf den Weg machen, um durch die Hilfe von Mentoren oder durch die Entwicklung eigener Kräfte eine Lösung auf einer höheren seelischen Ebene zu finden, um letztlich ein Happy End zu ermöglichen.
Ich lade Sie ein, eine Sie gehörig belastende Schwierigkeit Ihres bisherigen Lebens unter der Perspektive der göttlichen Störung zu betrachten.
Wie war Ihre Alltagssituation, Ihr Denken, Ihr Verhalten vor dem Eintreffen der göttlichen Störung? In welcher Weise hat diese Störung Sie zu einer Veränderung Ihres bisherigen Lebens geführt? Was ist auf einer höheren („göttlichen“) Ebene die Lernaufgabe, der Wachstumsimpuls gewesen? Was war Ihnen fortan nicht mehr möglich zu denken oder zu tun? Was ist daraus an Neuem in Ihrem Leben entstanden? Wem sind Sie dadurch womöglich begegnet? In welcher Weise sind Sie daran gereift/gewachsen? Wenn Sie nun davon ausgehen, dass eine göttliche Störung auf einer...