1. Die Sicherheit bei der Geldanlage
Sie lesen in diesem Kapitel, ob Sie den Zugriff auf Ihr Konto durch den Staat oder gar die eigene Bank befürchten müssen, ob Sie Geld lieber zu Hause lagern oder im Ausland anlegen sollten, welche Geldanlage rentabel ist und was Menschen davon abhält, ihr Geld wirklich rentabel anzulegen.
Die heutige Lage ist außergewöhnlich kompliziert
Die Privatanleger sind verunsichert und risikoscheu geworden. Sparbücher, Festgeldanlagen und Tagesgeldkonten bringen keine Zinsen mehr. Eine immer größer werdende Zahl von Anlegern hortet inzwischen am liebsten Bargeld als »sichere Kapitalanlage« oder gibt das Geld einfach für Konsumgüter aus. Aber auch der Kauf von Wohnungen und Häusern ist beliebt. Doch die Preise von Immobilien wurden inzwischen erheblich angehoben, vor allem in Ballungsräumen. In den 125 größten deutschen Städten sind die Immobilienpreise im Jahr 2013 gegenüber 2012 um 6,25 Prozent gestiegen. Seit 2010 ist das ein Anstieg um 20 Prozent!
Laut Lehrbuch müsste das Kapital eigentlich dahin wandern, wo die höchsten Renditen zu erzielen sind. Hier konkurrieren in der Regel der Anleihemarkt und der Aktienmarkt. Konnte man früher noch darüber diskutieren, ob beim Aktienmarkt nur die ausgeschütteten Dividenden als Rendite gelten sollten oder der Jahresüberschuss – der ja meist das Doppelte beträgt –, so muss man heutzutage darüber nicht mehr streiten. Denn inzwischen liefert der Anleihemarkt nur noch ganz schmale Renditen oder – bei kurzfristigen Anlagen bis zu drei Jahren – überhaupt keine Rendite mehr. Deutsche zweijährige Bundesanleihen bieten inzwischen absurderweise sogar eine negative Rendite! Das bedeutet, dass der deutsche Staat sogar Geld verdient, wenn er sich jetzt möglichst hoch verschuldet!
Über die eifrigen Angebote der Sparkassen und Banken, die sich bemühen, ihre Kunden mit wohlklingenden Namen wie »Wachstumssparkonten«, »SparDirekt-Plänen«, »Bonussparplänen« und »AuszahlPlan-Konten« zu ködern, kann man nur lachen, wenn man sich die Renditen um 0,5 Prozent bis höchstens 1,8 Prozent ansieht. Und das gilt selbst für Anlagen von vier Jahren und mehr, die den Nachteil haben, dass die Sparer an ihr Geld in der Zwischenzeit nicht mehr herankommen.
Aktien hingegen bieten ansehnliche Dividendenrenditen. Als »Dividenden« bezeichnet man die Ausschüttungen der Unternehmen an ihre Teilhaber, die Aktionäre. Im Schnitt entsprechen sie etwa der Hälfte des Jahresgewinns eines Unternehmens. Die andere Hälfte soll in Investitionen fließen.
Dass Dividendenpapiere am Aktienmarkt eine höhere Rendite einbringen als die Bundesanleihen am Kapitalmarkt, hat es in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg bis vor wenigen Jahren nicht gegeben. Wer also ausschließlich auf mündelsichere Papiere setzen möchte, befindet sich heutzutage in einem Anlagenotstand.
Freilich könnte man auf italienische oder spanische Anleihen ausweichen, oder auf zweitrangige Unternehmensanleihen, die noch Renditen um 5 Prozent bringen. Aber das Risiko von Zahlungsunfähigkeit ist hier nicht auszuschließen, selbst wenn man nicht der Ansicht ist, dass Europa auf eine Hyperinflation zusteuert, wie manche Anlagemagazine vermuten.
Zudem löste der Fall Zypern im Frühjahr 2013 massive Ängste aus. Um die dortigen Banken zu retten, mussten auch vermögende Privatkunden, die über hohe Konten verfügten, mit zur Sanierung beitragen, wenn das jeweilige Vermögen mehr als 100 000 Euro betrug. Dies hatte allerorten Besorgnis ausgelöst, weil es von manchen Verantwortlichen als Vorbild für weitere Problemfälle in Europa gelobt worden war.
Man fragte sich in Mitteleuropa, ob das nicht erst der Anfang sei. »Wenn ein Staat so ungeniert auf Sparkonten zugreifen kann, wann trifft das dann uns? Ist mein Geld denn jetzt noch sicher, könnte meine Bank nun schon allein durch Gerüchte in die Enge getrieben werden?«, fragten sich viele. »Und soll ich mein Konto nun sicherheitshalber zu einer großen Bank verlegen, oder lieber gleich einen Großteil in Aktien umschichten, auf die der Staat keinen Zugriff hat?«
Nun, der Zugriff auf die Kleinsparer wurde wieder rückgängig gemacht. Aber die Panik blieb. Wie sollte es weitergehen?
Der Vorwurf, man sei mit Griechenland weit schonender verfahren als 2013 mit Zypern, weil man in Zypern viele ausländische Flucht- und Schwarzgelder von Reichen aus Russland und Griechenland treffen wollte, ist nicht von der Hand zu weisen. Mit dem beliebten Finanzplatz Nikosia ist es wohl vorbei. Verständlich, dass sich die zyprische Regierung gerade ihn erhalten wollte! Es war ein Pokerspiel.
Aber wie sollen Sie Ihr Geld künftig anlegen? Auch die früher beliebten und sicheren Bundesanleihen haben eine viel zu niedrige Rendite. Gold fällt seit einigen Jahren. Die Aktien sind zwar seit 2009 bis zum Erscheinen dieses Buches (2014) wieder gestiegen. Aber sind die Kurse nicht schon zu hoch? So fragen sich viele. Droht da nicht ein plötzlicher Absturz? Schon ein Gerücht über Explosionen im Weißen Haus in Washington sorgte 2013 kurzfristig für deutliche Kursrückgänge, ehe sich das Ganze als Falschmeldung herausstellte.
Und immer wieder gibt es Kriege und Konflikte. Die Luftangriffe Israels auf Syrien 2013 und die Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine 2014 sorgen auch für Nervosität. Was wird geschehen, wenn es zu einem Krieg zwischen Israel und dem Iran kommt?
Freilich kann immer etwas Unerwartetes passieren. Die Erde kann auch von einem Asteroiden getroffen werden. Aber es hilft nicht, sich deshalb ständig Sorgen zu machen oder zu glauben, das Vermögen sei heute in bar »sicherer« als in Sachwerten wie Aktien. Was tun Sie mit Bargeld? Sie müssen es anlegen. Doch welche sinnvollen Anlagen außer Aktien gibt es im Moment? – Keine, außer vielleicht der selbst genutzten Immobilie.
Manchmal wäre es für die Anleger besser, sie achteten nicht zu sehr auf Wirtschaftsnachrichten. Denn vieles wird von den Medien aufgebauscht.
Es gibt eine interessante Studie, in der man zwei Anlegergruppen ein Börsenjahr aus der Vergangenheit nachspielen ließ. Die eine Gruppe wurde mit sämtlichen Börsendaten, Nachrichten und Ereignissen aus jener Zeit versorgt. Die zweite Gruppe erhielt nur Börsendaten sowie Charts (Kurskurven), sonst nichts. Aber diese Gruppe gewann das Spiel haushoch. Es stellte sich heraus, dass sich die erste Gruppe vom Weltgeschehen und der Berichterstattung in den Medien in ihren Anlageentscheidungen zu sehr hatte beeinflussen lassen. Was für die Börse wichtig ist, wird oft falsch eingeschätzt.
Was zunächst die Frage nach der Sicherheit des Geldes auf einem Bankkonto betrifft, so mag es ja recht heilsam sein, wenn sich wieder mehr Menschen im Klaren darüber sind, dass sie ihr Geld im Grunde nur an die Bank verleihen. Gesetzlich gesichert sind nur Sparguthaben bis zu einer Summe von 100 000 Euro. Die Staatsgarantie der deutschen Bundesregierung vom Oktober 2008, dass sämtliche Einlagen der Sparerinnen und Sparer sicher seien, war letztlich ein politisches Versprechen. Es sollte verhindert werden, dass alle Bürger aus Angst ihr Geld von den Konten holen, was ja kein Bankensystem überleben kann. Daher gibt es aber freilich auch keinen Grund, dass diese Garantie auf ewig gelten sollte!
Was aber ist sicher? In einer Inflation sind Sachwerte am sichersten, also Immobilienbesitz, Edelmetalle, eventuell auch Aktien von Weltkonzernen, keinesfalls aber Anleihen, Tagesgeld und Festgeld. In einer Deflation, die durch Preisverfall, Konkurse, Unternehmenszusammenbrüche, hohe Arbeitslosigkeit und materielle Not geprägt ist, sind Bargeld, landwirtschaftlicher Grundbesitz und Lebensmittel das kostbarste Gut.
Da zumindest in Europa derzeit weder Inflation noch Deflation direkt drohen, aber als Gefahrenquellen durchaus im Hintergrund stehen, ist es nicht einfach, Vermögen so zu platzieren, dass es auch unerwarteten Wendungen in der Zukunft gerecht wird.
Woher kommt die Skepsis gegenüber Aktien?
Was ist da passiert? Warum greifen die Anleger nicht zu und kaufen dividendenstarke Aktien? Funktioniert der Markt nicht mehr?
Es kann durchaus Gründe geben, trotz hoher Renditen keine Aktien zu kaufen. Denn die Dividenden sind ja nicht garantiert. Es könnte eine Zeit kommen, in der kaum mehr Gewinne bei den Unternehmen geschrieben werden, zum Beispiel bei heftigen Konjunkturschwankungen, die es ja in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat. Dann können auch die Dividenden ausfallen.
Ein Kriegsausbruch zwischen Israel und dem Iran könnte die Kurse der Aktien einbrechen lassen. Oder die Euro-Zone könnte auseinanderfallen. Was passiert dann mit dem Schweizer Franken, der sich seit fast einem Jahr fest an den Euro gekettet hat?
Die Anleger haben einfach genug von den heftig schwankenden Aktienkursen bei einem DAX zwischen 4000 und 10 000 Punkten in den letzten zehn Jahren. Sie wollen Sicherheit und nervenschonende Anlagen, selbst wenn sie keine Rendite bringen. Das ist verständlich. Freilich kann man mit Sicherheit schon heute vorhersagen, dass sich diese Einstellung wieder grundlegend ändern wird, wenn der DAX über die 10 000-Punkte-Marke noch weiter steigt. Dann wollen alle wieder unbedingt Aktien haben und sehen im Unterschied zu den Zeiten im September 2011 (DAX bei 5500 Punkten) darin überhaupt kein Risiko mehr.
Aber abgesehen davon, dass solche Einstellungen zwar menschlich verständlich, aber nicht logisch sind, sollte man ab und zu die Anleger auch daran erinnern, dass auch...