Investoren sehen sich oft vor die Herausforderung gestellt, möglichst schnell und effizient zu handeln. Die hierbei auftretenden Entscheidungsprozesse fußen auf den von der Wissenschaft angebotenen Lösungsansätzen wichtiger Finanzierungsprobleme. Eine im Rahmen der Finanzierungstheorie entwickelte Forschungsdisziplin ist die Kapitalmarkttheorie. Der hierbei herausgestellte Zusammenhang betrifft insbesondere Rendite und Risiko von Finanzierungstiteln.
Die Kapitalmarkttheorie beruht auf der Grundannahme der Kapitalmarkteffizienz. Die Gültigkeit der Annahme effizienter Kapitalmärkte bildet den Kern der 1952 von Markowitz entwickelten Portfoliotheorie (Markowitz [1952] S. 77 ff.)[9]. Ähnliches gilt für das Capital Asset Pricing Model von Sharpe, welches sich weitestgehend auf die Erkenntnisse von Markowitz stützt (Sharpe [1964]). Insbesondere die auf den Arbeiten von Modigliani und Miller beruhende These zur Irrelevanz der Unternehmensfinanzierung ist nur schlüssig unter der Bedingung, dass Kapitalmärkte effizient funktionieren (Miller et al. [2007] S. 261 ff.).
Der Begriff Kapitalmarkteffizienz lässt sich untergliedern in Technische-Effizienz, Institutionen-Effizienz und Informationsverarbeitungs-Effizienz. Die Definition der einzelnen Effizienzformen erfordert wiederum eine Unterteilung und basiert auf der durch Loistl festgestellten und in Tabelle 2 dargestellten Form (Loistl [1990] S. 63 ff.).
Ein Zustand technischer Effizienz impliziert die Gültigkeit der Portfoliotheorie von Markowitz. Demnach ist der Aktienmarkt bspw. technisch effizient, wenn eine Vermögensumschichtung nicht zu einer Erhöhung der Rendite und/oder einer Minderung des Risikos führt.
Tabelle 2: Kapitalmarkteffizienz
Quelle: Eigene Bearbeitung, Daten: (Loistl [1990])
Institutionen-Effizienz umfasst die Rahmenbedingungen, unter welchen es zu schnelleren und somit effizienteren Kapitalmarkttransaktionen kommen kann. Dies ist auf Kapitalmärkten insbesondere dann zu erwarten, wenn die Aufträge für Kauf und Verkauf bspw. über computergestützte Systeme abgewickelt werden.
Die bedeutendste Definition der Kapitalmarkteffizienz wird durch die Informationsverarbeitungs-Effizienz dargestellt (Steiner et al. [1994] S. 34 ff.). Gemäß Fama ist ein Markt effizient, wenn die Preise, die auf selbigem gehandelt werden, jederzeit vollständig alle verfügbaren Informationen wiederspiegeln. Hierbei unterscheidet er insbesondere:
a) Die schwache Informationseffizienz:
Informationen über vergangene Preisentwicklungen sind vollständig im aktuell gehandelten Preis enthalten, woraus zu schließen ist, dass mit Hilfe der technischen Analyse - das heißt, mit der Auswertung von Zeitreihen über Preisentwicklungen (Chartanalysen) – keine weitere Rendite erzielt werden kann[10].
b) Die halb-strenge Informationseffizienz:
Informationen, die öffentlich zugänglich sind werden vollständig durch den aktuell gehandelten Preis abgebildet, woraus zu schließen ist, dass mit Hilfe der fundamentalen Analyse – das heißt, mit der Bestimmung des sogenannten inneren Wertes eines Vermögensgegenstandes und dem hieraus abgeleiteten Schluss, der Vermögensgegenstand könne über- oder unterbewertet sein – keine weitere Rendite erzielt werden kann[11].
c) Die strenge Informationseffizienz:
Alle Informationen, auch die nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Insiderinformationen sind vollständig im aktuell gehandelten Preis enthalten (Fama [1970] S. 383 ff.)[12].
Neben den hier angeführten Effizienzdefinitionen nennt Fama folgende Bedingungen für das Vorliegen von Markteffizienz: Einerseits muss der Handel von Kapitalanlagen ohne Transaktionskosten stattfinden. Überdies müssen den Akteuren alle Informationen kostenlos zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der Wirkungen neuer Informationen auf den Preis der Kapitalanlage werden darüber hinaus homogene Erwartungen gebildet (Fama [1970] S. 387 ff.)[13].
Tatsächlich muss der These vom effizienten Kapitalmarkt eine gewisse Plausibilität zugesprochen werden. Offensichtlich ist es nicht sehr einfach Arbitragemöglichkeiten aufzufinden, um anschließend schnell sehr reich zu werden. Dieser Aspekt ist darauf zurückzuführen, dass jegliche Information bereits im Preis enthalten ist, zusätzliche Informationsvorsprünge scheinbar nicht monetarisierbar sind. Vermögenspreise, die über- oder unterbewertet sind werden spätestens von solchen Akteuren zu ihrem fundamentalen inneren Wert zurückgeführt, die Wissen und Wagniskapital dazu nutzen, um nach verborgenen Arbitragemöglichkeiten zu fahnden. Die hierbei eingestrichenen Reichtümer werden der Aufdeckung weiterer Wissensvorsprünge gewidmet. Gleichzeitig wird der Einfluss dieser intelligenten Investoren größer, womit das Ausmaß fehlbewerteter Vermögenspreise geringer wird.
Die Bepreisung von Vermögenswerten beruht auf den Implikationen der Kapitalmarkttheorie. Ob nun der Kapitalmarkteffizienz tatsächlich eine realitätsabbildende Relevanz zukommt, bestimmt, inwieweit der Markt durch die sogenannte unsichtbare Hand zu einer effizienten Kapitalallokation beiträgt. Die angeführte Argumentation führt zu interessanten Schlussfolgerungen. Effiziente Kapitalmärkte lassen es sinnlos erscheinen, Informationen kostspielig zu beschaffen und auszuwerten. Darüber hinaus erübrigt sich die Suche nach Arbitragemöglichkeiten, da diese nicht existent sind.
Insbesondere seit Anbeginn der 1980er Jahre werden die Zweifel an der Gültigkeit von Kapitalmarkttheorie und Informationseffizienz immer lauter. Die seither stets zu beobachtenden Kapitalmarktanomalien dienen Skeptikern als Grundlage ihrer Kritik. Diese im Widerspruch zur Effizienzthese stehenden Preisentwicklungen nehmen in der Regel zwei Ausprägungen an.
Zu nennen ist hier die Renditesaisonalität: Dieses vorwiegend auf Aktienmärkten vorzufindende Phänomen wird seit jeher ausführlich in der Wissenschaft untersucht. Die ausgewerteten Daten weisen überdurchschnittlich hoch anfallende und vorwiegend zyklisch auftretende Renditen aus. Dokumentiert ist der Monats-, Feiertags-, Montags- und der Januar-Effekt[14]. Letztere, auch als Turn-of-the-Year-Effekt bekannt gewordene Anomalie zeichnet sich dadurch aus, dass Renditen einzelner Aktien speziell im Januar kurzfristig höher ausschlagen. Der Mittelwert der Renditeverteilung ist zum Jahreswechsel bei kleineren Unternehmen größer als bei Unternehmen mit einer großen Marktkapitalisierung und insbesondere dann volatiler, wenn das betreffende Unternehmen im vorangehenden Jahr besonders an Marktwert einbüßt (Sapusek [1998] S.150).
Kapitalmarktanomalien erscheinen auch in Form der Renditeanomalie[15]. Empirisch beobachtbar ist hier die zeitweise auftretende Divergenz der Kursentwicklung von Aktien kleinerer Unternehmen des Small-Cap-Segments im Vergleich zur Kursentwicklung von Standardpapieren, den sogenannten Blue-Chips. Kleinere Unternehmen realisieren oft relativ höhere Gewinne. Die Fundamentalanalyse untersucht in diesem Zusammenhang die größeren Wachstumschancen und die höhere Innovationsfähigkeit, kann die Volatilität der Kurse in ihrer Gänze jedoch nicht schlüssig erklären (Sapusek [1998] S.144).
Seit erstmaligem Auftreten dieser Anomalien wird festgestellt, dass einige aktuell nicht mehr in Erscheinung treten[16]. In dieser Entwicklung einen Beweis für die Gültigkeit der Effizienztheorie zu vermuten, käme einem vorschnellen Schluss gleich. Tatsächlich wird die Kapitalmarkteffizienz jüngst auch durch spekulative Preisblasen in Frage gestellt. Selbige liegen insbesondere dann vor, wenn der Marktpreis außergewöhnlich stark von fundamental-nachprüfbaren IST-Daten abweicht.
2.2 Die Rationale Preisblase
Folgt man der Auffassung Eugene Famas, so sind Vermögensanlagen stets korrekt bewertet. Angesichts dessen, was öffentlich bekannt ist, sind langfristige Arbitragegewinne nicht im Bereich des Möglichen. Der von der Effizienzthese postulierte Ansatz impliziert, dass künftige Vermögenspreise unmöglich prognostiziert werden können, da neue Preise aus neuen Informationen resultieren. Selbige sind eben aufgrund ihres Neuheitswerts nicht vorhersagbar (Random-Walk-Hypothese).
Zunächst scheint es nicht möglich zu sein, die Existenz spekulativer Preisblasen mit den Aussagen der Effizienztheorie zu vereinbaren. Dies ist auch Fama bewusst und so schwächt er die von ihm aufgestellte Definition ab. Demnach gilt ein Kapitalmarkt als effizient, wenn relevante Informationen bei der Bepreisung von Vermögensanlagen nicht außer Acht gelassen...