5 Redaktionsgeschichte
Die folgende Entstehungsgeschichte beider § 3 ist auf dem Hintergrund der in Kap. 5 dieser Arbeit behandelten authentischen Quellen zu lesen.
5.1 Can. 844 § 3 CIC/83
Satz 2 des Can. 731bis des ersten Entwurfs des revidierten CIC/17 sah vor, dass die anderen, an der kirchlichen Gemeinschaft offenbar nicht voll teilhabenden Christen, wenn sie gutgläubig angetroffen werden, in rechter Weise empfangsbereit sind und von sich aus darum bitten, gemäss später aufzuzählenden Canones zu gewissen Sakramenten zugelassen werden können, wobei ein Ärgernis immer ausgeschlossen sein muss.[19] Es handelt sich hierbei um einen Rest einer allgemeinen Vorschrift für die Sakramentenspendung.[20]
Gemäss § 3 des entsprechenden allgemeinen Canons des neuen Entwurfs[21] der siebten Sitzung, die vom 3. bis 7. Mai 1971 stattfand, und des Entwurfs der neunten, vom 13. bis 17. März 1972 abgehaltenen Sitzung des Studienkreises, der sich mit den Sakramenten auseinandersetzte, spenden katholische Kirchendiener die Sakramente der Busse, der Eucharistie und der Krankensalbung den nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden östlichen (Christ-)Gläubigen, die aus eigenem Antrieb um sie bitten und in rechter Weise empfangsbereit sind, erlaubt.[22] Diese Neuformulierung von Art. 27, Satz 1 des Dekrets «Orientalium Ecclesiarum» vom 21. November 1964 fordert nicht wie er eine Trennung ‘in gutem Glauben’[23] und erwähnt das ‘Bedürfnis nach Heil’ und das ‘geistliche Wohl der Seelen’ (Art. 26 OE) nicht[24]. Auch die in Ziff. 42 des Direktoriums «Ad Totam Ecclesiam» vom 14. Mai 1967 (DirOec/67) vorgeschriebene vorherige Konsultation (vgl. aber Can. 844 § 5 CIC/83) wurde weggelassen.[25] Die von Ziff. 44 DirOec/67 hinzugefügte Klausel betreffend Fälle der Unmöglichkeit, den Diener der eigenen Kirche zu erreichen, wurde ebenfalls abgelehnt[26] und zwar unter Hinweis auf Art. 27 OE[27]. Der Paragraph spricht zudem einfach von einem ‘katholischen (Kirchen-)Diener’, womit andere Amtsträger als Priester berücksichtigt werden.[28] So werden Diakone, Akolythen und andere Personen einbezogen, denen die Aufgabe der Kommunionspendung übertragen ist.[29] § 3 richtet sich an diese Kirchendiener, wenn sie Glieder getrennter Ostkirchen gegenüberstehen.[30]
Die Formulierung des eben erwähnten § 3 findet sich wörtlich identisch in Can. 2 § 3 SchemaDeSacramentis/75.[31] Einzig ‘Christgläubige’ wurde durch ‘Christen’ ersetzt. Der zweite Halbsatz des späteren Can. 844 § 3 CIC/83 war in Can. 2 § 3 SchemaDeSacramentis/75 noch nicht enthalten.[32]
Can. 2 § 3 SchemaDeSacramentis/75 fand mit Änderungen Eingang in Can. 5 § 4 des überarbeiteten Schemas vom April 1977. In diesem mit ‘Allgemeiner Grundsatz und fallweise ökumenische Ausnahmen’ übertitelten Canon wurde ‘östliche Christen, die an der vollen Gemeinschaft … nicht teilhaben, welche sie …’ in ‘Glieder östlicher Kirchen, welche die volle Gemeinschaft … nicht haben, wenn sie sie …’ abgeändert, und zwar aufgrund der Ergebnisse des Konsultationsvorgangs[33]. Damit wurde anerkannt, dass diese Christen getaufte Glieder ihrer eigenen Kirche sind.[34] Der erste Halbsatz dieses § 4 entspricht Art. 27, Satz 1 OE.[35] Als zweiter Halbsatz wurde ‘was vorgeschrieben ist, gilt auch für Glieder anderer Kirchen, die sich nach dem Urteil des Apostolischen Stuhls in der gleichen Situation wie die [getrennten[36]] östlichen befinden’ hinzugefügt.[37] So betrifft die zweite grössere Änderung diesen Zusatz,[38] der sich hier erstmals findet,[39] das erwähnte Urteil vorbehält[40] und die Bestimmungen für die getrennten Ostchristen auf diese anderen Kirchen ausdehnt[41]. Diese ausdrückliche Ausweitung der Bestimmung war eine der wichtigsten Ergänzungen des SchemaDeSacramentis/75.[42] Die Vorschriften gelten nicht nur für die Ostchristen, wie in Ziff. 42 DirOec/67 festgestellt, sondern auch diese anderen Kirchen.[43] Die Einfügung erfolgte auf Vorschlag eines Konsultors aus dem Jahr 1975.[44] Es wird nicht erwähnt, um welche Kirchen es hier geht.[45] Sie gilt jedenfalls nicht für die Glieder der nichtkatholischen Ostkirchen.[46] Die Glieder jener anderen Kirchen haben aber hinsichtlich dieser Sakramente die gleichen Rechte wie diese Ostchristen und dieselben Voraussetzungen müssen erfüllt worden sein.[47] So wird ebenfalls kein Glaubensbekenntnis verlangt, also grundsätzlich von demselben Glauben bezüglich der Sakramente ausgegangen.[48] Der vorgeschlagene Text zieht somit zum ersten Mal seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil Folgerungen aus dessen ekklesiologischen Unterscheidung zwischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften im Westen.[49] In einer weiteren Überarbeitung fand § 4 mit den folgenden Verbesserungen Gefallen: ‘nicht haben’ wurde anstelle von ‘noch nicht haben’ gesetzt, ‘vorgeschrieben ist’ wurde gestrichen, anstelle von ‘für die Glieder’ wurde ‘hinsichtlich der Glieder’ gesagt und ‘in der gleichen Lage’ auf ‘was die Sakramente anbelangt’ begrenzt.[50] So betrifft die Feststellung der Gleichwertigkeit die Gültigkeit der Sakramente.[51] Dies ist die erneuerte, zweite Fassung des Zusatzes.[52] Der zweite Halbsatz von Can. 844 § 3 CIC/83 findet sich somit der Sache nach zum ersten Mal in der Überarbeitung des Schemas vom April 1977.[53] Welches Problem mit dieser Hinzufügung gelöst werden sollte, ist unbekannt.[54] Sie hat eine gewisse Erleichterung gebracht, ist aber nicht problemfrei.[55] Hierzu in Kap. 4.3.
Der Einschub wurde in Can. 797 § 3 SchemaCIC/80 aufgenommen[56].[57] Laut der RelatioCIC/81 wird kein Rechtfertigungsgrund gefordert. Vor allem die Eucharistie als vorzüglichstes Sakrament der Einheit solle aber seltener jenen gespendet werden, welche die volle Gemeinschaft nicht haben.[58] Ein Konsultor (Stewart) fragte, ob es nicht geeignet wäre, wenn der katholische Ordinarius entscheiden müsse, ob sie gültige Sakramente hätten. Es wäre besser, wenn § 3 die Bedingung ‘wenn Todesgefahr vorhanden ist oder eine andere nach dem Urteil der Bischofskonferenz oder des Ortsordinarius schwerwiegende Notwendigkeit drängt’ hätte.[59] Dies wurde damit beantwortet, dass die Regelungen bereits angewendet würden. Sie seien aus Art. 27 OE und Ziff. 42-47 und 55 DirOec/67 entnommen. Man habe wie gefordert ein Urteil der zuständigen (kirchlichen) Autorität.[60]
Can. 844 § 3 SchemaCIC/82 bietet nur geringe sprachliche Varianten, ohne inhaltliche Änderungen.[61]
Die Entwicklung des Textes von Can. 844 § 3 CIC/83 erläutert demnach die Gründe für seinen Wortlaut nur zum Teil.[62] Eine Auslegungshilfe ist sie daher bloss beschränkt.
5.2 Can. 671 § 3 CCEO
Can. 5 § 3 des Schemas ‘über den göttlichen Kult und vor allem die Sakramente’ vom 2. Juni 1979 bestimmt, dass die katholischen Kirchendiener die Sakramente der Busse, der Eucharistie und Krankensalbung den (Christ-)Gläubigen der nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden östlichen Kirchen erlaubt spenden, wenn sie sie aus eigenem Antrieb erbitten und in rechter Weise empfangsbereit sind, was auch für die (Christ-)Gläubigen der anderen Kirchen gilt, die sich nach dem Urteil des Apostolischen Stuhls in der gleichen Lage wie die vorgenannten östlichen befinden, was die Sakramente anbelangt.[63]
Nach der erneuten Durchsicht dieses Schemas wurde 1981 einzig die Schreibweise von ‘Busse’ abgeändert.[64] Der Ausdruck betreffend die nicht volle Gemeinschaft wurde unverändert belassen, um die ‘Gemeinschaft’ hervorzuheben, die bereits mit der katholischen Kirche besteht, wenn auch noch nicht ‘voll’.[65] Ein Konsultationsorgan schlug vor, dass in diesem § 3 wegen der Gegenseitigkeit, welche ein wichtiger Grundsatz in der ökumenischen Bewegung sei, zur Vermeidung jeden Verdachts auf Proselytismus und um am Geist der nachkonziliaren Dokumente festzuhalten, für die getrennten Ostchristen, welche einen katholischen Priester um die Sakramente bäten, dieselbe Regelung vorgeschrieben werde, die für die Katholiken gültig sei, wenn sie sich für den Sakramentenempfang an einen Priester einer getrennten Ostkirche wenden wollten (§ 2): dass sie dies nur in den...