Beim Debt-Equity-Swap wird Fremdkapital („debt“) in Eigenkapital („equity“) umgewandelt („swap“).[1] Dadurch kann das Eintreten der Insolvenzantragsgründe in den meisten Fällen erfolgreich verhindert werden.[2] Die Fremdkapitalumwandlung im Rahmen einer Kapitalerhöhung dient der Verminderung der Verschuldung bei gleichzeitiger Verbesserung der Eigenkapitalquote.[3] Durch die Transaktion werden Fremd- zu Eigenkapitalgebern und die Forderungen der Gläubiger gegenüber der Gesellschaft erlöschen.[4] Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag entfällt.[5]
Abbildung 1: Folgen des Debt-Equity-Swaps
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Braun, E.; Schulze, W., 2017: „Vom Finanzierer zum Unternehmer: Der Debt-Equity-Swap“. URL: https://www.schubra.de/de/insolvenzverwaltung/ESUG/Debt_Equitiy_Swap.php
Es wird bereits deutlich, dass es einige Anlässe zur Durchführung eines Debt-Equity-Swaps gibt. Diese werden in diesem Teil der Ausarbeitung detailliert behandelt und ergänzt. Dazu werden zunächst ausführlich die verschiedenen Phasen der Unternehmenskrise erläutert. Es wird aufgezeigt, in welcher Phase ein Debt-Equity-Swap regelmäßig durchgeführt wird. Anschließend wird der Debt-Equity-Swap aus den verschiedenen Perspektiven einzelner Beteiligter betrachtet. Dabei wird die Rolle des Krisenunternehmens, der Gläubiger, der Finanzinvestoren und der Altgesellschafter durchleuchtet. Die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten werden berücksichtigt. Danach werden die Vorteile eines Debt-Equity-Swaps zusammengefasst. Abschließend geht es um eine Blockademöglichkeit, die bei der Durchführung lange Zeit als Hindernis galt.
Der Debt-Equity-Swap hat sich mittlerweile als anerkanntes Sanierungsinstrument auf dem europäischen Markt etabliert.[6] Die Voraussetzung für die Durchführung des Debt-Equity-Swaps bildet die Unternehmenskrise.[7] Der Begriff der Krise wird aus dem altgriechischen Wort „Krisis“ abgeleitet und gilt heutzutage als entscheidender Wendepunkt für das Unternehmen.[8] Die Erfolgsaussichten eines Debt-Equity-Swaps hängen laut Englert, Partner im Bereich Sanierung und Restrukturierung bei PwC, „entscheidend von der Dringlichkeit und Komplexität der Krisensituation“ ab.[9]
Der typische Krisenverlauf zeigt sich dabei in den folgenden Phasen:
Abbildung 2: Typischer Krisenverlauf und Krisenphasen nach IDW S6
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Trowski, D., 2016: Der Sanierungskredit unter Berücksichtigung des IDW S6. URL: https://www.buchalik-broemmekamp.de/fileadmin/user_upload/Veranstaltungen/6_Bankentag_Trowski_IDW_S6.pdf
Laut dem IDW S6 lassen sich Unternehmenskrisen in eine Stakeholder-, Strategie-, Produkt- und Absatzkrise sowie eine Erfolgs- und Liquiditätskrise und die Insolvenzreife unterscheiden.[10] Die einzelnen Krisenphasen stehen oftmals in einem Ursache-Wirkungsverhältnis und bauen somit aufeinander auf.[11] Eine Unternehmenskrise wird entweder durch interne oder externe Einflüsse ausgelöst.[12] Mit zunehmender Zeit verschärft sich die Krise, sodass der Handlungsspielraum für die Sanierung immer weiter eingeschränkt wird.[13]
Der Beginn der Unternehmenskrise ist laut IDW S6 die Stakeholderkrise, die durch Konflikte verschiedener Stakeholder-Gruppen hervorgerufen wird.[14] In der Praxis führt die hohe Anzahl an Stakeholdern unter Umständen zu einer Interessenkollision und höheren Anforderungen an das Management, denen es nicht gerecht werden kann.[15] Durch das fehlende Know-How auf der Führungsebene und die schwindende Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter werden die notwendigen Veränderungen für eine Neuausrichtung des Unternehmens blockiert.[16] Die Notwendigkeit der Sanierung besteht ab dem Eintritt der Strategiekrise. Sie folgt unmittelbar auf die Stakeholderkrise.[17] In einer Strategiekrise trifft das Management bestimmte Fehleinschätzungen zur Positionierung des Unternehmens.[18] Insbesondere Start-up Unternehmen verlieren dadurch nach der Gründungs- oder Wachstumsphase an Effizienz.[19] Die Marktverhältnisse verändern sich.[20] Durch den erhöhten Wettbewerbs- und Konkurrenzdruck verliert das Unternehmen anschließend wichtige Kunden.[21] Oftmals wird in der Strategiekrise der Markt, das Produkt oder der Kapitalbedarf falsch eingeschätzt.[22] Logischerweise folgt auf die Strategiekrise dann die Produkt- und Absatzkrise.[23] Operative Misserfolgsursachen liegen dabei in den Bereichen Absatz, Produktion und Personal.[24] Durch die wenig innovativen Produkte und Dienstleistungen entsteht ein Absatzeinbruch, welcher mit einem Lageraufbau verbunden ist.[25]
Das Unternehmen befindet sich anschließend in der Erfolgs-/Ergebniskrise.[26]
Die Signale dieser Krisenphase sind im Finanzcontrolling schnell identifizierbar.[27] Dort werden die rückläufigen Umsätze sichtbar, welche zu einer Aufzehrung des Eigenkapitals und somit zu Jahresfehlbeträgen führen können.[28] Besteht ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals bei einer AG, hat der Vorstand gem. § 92 Abs. 1 AktG unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen. Bei einer GmbH muss die Versammlung gem. § 49 Abs. 3 GmbHG unverzüglich berufen werden, wenn sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Durch die sinkende Eigenkapitalquote wird das Unternehmen zunehmend kreditunwürdig. Mit Banken vereinbarte Financial Covenants kann das Unternehmen nicht mehr erfüllen, sodass der Handlungsspielraum im Rahmen der Sanierung immer geringer wird.[29] Sobald das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht ist und sich ein Überschuss der Passivposten über die Aktivposten ergibt, ist dieser Betrag gem. § 268 Abs. 3 HGB am Schluss der Bilanz auf der Aktivseite unter der Bezeichnung "Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" auszuweisen. Das Unternehmen wird insolvenzrechtlich als überschuldet betrachtet. Gem. § 19 Abs. 2 S. 1 InsO liegt eine Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Eine Überschuldung liegt laut Gesetzgeber gem. § 19 Abs. 1 HS. 2 InsO nicht vor, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Mit einer fortschreitenden Erfolgs-/Ergebniskrise wird es jedoch immer schwieriger, die für die Sanierung notwendigen Mittel umzusetzen.[30] Verzeichnet das Unternehmen weiterhin hohe Verluste im Working-Capital-Cashflow, Investitions-Cashflow oder Finanzierungs-Cashflow, befindet sich das Unternehmen endgültig in der Liquiditätskrise.[31]
Von der Liquiditätskrise wird die Existenz des Unternehmens bedroht.[32] Die Liquiditätskrise bildet die Endphase der Unternehmenskrise.[33] In dieser Phase führen Lieferanten ihre Leistungen häufig nur noch gegen Vorkasse aus.[34] Kreditinstitute weiten ihre Kreditlinien nicht mehr aus.[35] Durch die fehlenden liquiden Mittel entwickelt sich das Unternehmen abschließend in das Endstadium der Insolvenzreife.[36]
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen folgenden Insolvenzgründen:
Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 InsO
Drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO
Überschuldung gem. § 19 InsO
Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler gem. § 15a InsO ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen. Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist gem. § 18 Abs. 1 InsO auch die drohende Zahlungsunfähigkeit ein Eröffnungsgrund.
Wie bereits eingehend erwähnt, soll das Risiko der Insolvenz durch den Debt-Equity-Swap bereinigt werden. Durch die Fremdkapitalumwandlung wird die Überschuldung gem. § 19 InsO beseitigt. Außerdem verbessert sich die Eigenkapitalquote. Durch das ESUG wurde der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument nochmal gestärkt, um den Fortbestand von Unternehmen zu sichern.[37] Dabei sei laut Hoffmann ein Debt-Equity-Swap bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft sicher schwieriger umzusetzen als bei einer GmbH mit wenigen Gesellschaftern.[38]