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Die unsichtbare Hand

Ökonomisches Denken gestern und heute

AutorUlrich van Suntum
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl344 Seiten
ISBN9783540276883
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,99 EUR
Ohne jeden formalen Aufwand, stattdessen mit einfachen Abbildungen und zahlreichen wirtschaftshistorischen Illustrationen, wird der Leser mit den Gesetzmäßigkeiten der Wirtschaft vertraut gemacht. Ein umfassendes Fachbuch der Volkswirtschaftslehre für jedermann.

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Leseprobe

Warum kommt es zu Konjunkturschwankungen? (S. 115)

Wachstum auf des Messers Schneide
Jeweils am 15. November jeden Jahres legt der Sachverständigenrat (die sogenannten fünf Wirtschaftsweisen) der deutschen Öffentlichkeit sein Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor. Obwohl es sich dabei um einen dicken Wälzer mit weit über 400 Seiten handelt, stürzt sich die Presse meist nur auf die Prognose für das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr. Und in der Tat hängt davon eine Menge ab. Die Konjunkturentwicklung entscheidet mit über den Spielraum für Lohnerhöhungen und über die künftigen Gewinnaussichten der Unternehmen.

Auch die Steuereinnahmen des Staates und das Beitragsaufkommen in den gesetzlichen Sozialversicherungen ist konjunkturabhängig. Vor allem aber bestimmt die Konjunktur zumindest kurzfristig auch die Höhe der Arbeitslosigkeit. Während im Aufschwung normalerweise die Beschäftigung steigt, muß man im Falle eines Abschwungs mit Entlassungen und entsprechend höheren Arbeitslosenquoten rechnen. Kein Wunder also, daß Konjunkturprognosen meist mit großer Spannung erwartet werden.

Wie aber kann man den ständigen Wechsel zwischen Aufschwung und Abschwung erklären? Allgemein versteht man unter Konjunktur mehr oder weniger regelmäßig auftretende Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Man mißt sie in erster Linie daran, wie stark die Produktionskapazitäten der Unternehmen ausgelastet sind. Während im Konjunkturboom nahezu Vollauslastung herrscht, sind in der Rezession die Produktionsanlagen der Industrie oft nur zu 70% beschäftigt. Dementsprechend ist im Boom auch die Nachfrage nach Arbeitskräften hoch, während es in der Rezession zu Entlassungen und Arbeitslosigkeit kommt.

Vereinfacht kann man sich die Konjunktur als eine Sinuskurve vorstellen, ähnlich wie eine Radiowelle. Natürlich entsprechen die Schwankungen der Nachfrage in der Realität nicht genau diesem idealisierten Bild. Auch die Länge eines Konjunkturzyklus ist recht unterschiedlich, meist liegt zwischen zwei Tiefpunkten ein Zeitraum von fünf bis sieben Jahren. Früher glaubte man sogar, daß sich dabei mehrere Wellen von unterschiedlicher Dauer überlagern. Der österreichische Ökonom Josef Schumpeter unterschied in seinem Buch "Business Cycles" von 1939 drei solcher Wellen, die er nach ihren Entdeckern benannte: Die drei- bis vierjährigen "Kitchins", die meist mit Schwankungen der Lagerhaltung erklärt werden, die siebenjährigen "Juglars", die auf Investitionszyklen zurückgehen sollen, und die 50jährigen "Kondratieffs", die als Bauzyklen gelten.

Diese Einteilung wird heute allerdings kaum noch verwendet, sicher nachweisbar sind auch nur die von dem französischen Konjunkturforscher Clement Juglar (1819 - 1905) beobachteten Zyklen mittlerer Dauer. Schon in vorindustrieller Zeit sind Schwankungen der Wirtschaftsaktivität beobachtet worden. Damals gab es allerdings noch keine systematischen Produktionsstatistiken, wenngleich sich einige frühe Ökonomen wie z.B. William Petty (1623 - 1687) bereits darum bemühten.

Daher mußte man zu Hilfsgrößen greifen, um den Konjunkturverlauf zu verfolgen. Schumpeter berichtet, daß dazu sogar die Zahl der sonntäglichen Kirchbesuche herangezogen wurde: In Krisenzeiten waren die Gotteshäuser voll, aber wenn es den Menschen gut ging, ließ die Frömmigkeit im allgemeinen nach. Schumpeter war zwar ein Zeitgenosse von Keynes, aber in der Frage der Konjunkturerklärung gingen ihre Meinungen weit auseinander. Auch heute ist noch umstritten, worauf die konjunkturellen Schwankungen letztlich zurückzuführen sind.

In der vorindustriellen Zeit bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die volkswirtschaftliche Produktion noch zum größten Teil aus landwirtschaftlichen Gütern bestand, machte man die Ernteschwankungen dafür verantwortlich. Mißernten führten zu hohen Preisen und verteuerten damit auch die Produktion in allen nachgelagerten Wirtschaftsstufen, weil die Kosten für landwirtschaftliche Vorprodukte stiegen.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur dritten Auflage6
Worum es in diesem Buch geht8
Inhaltsverzeichnis12
Kapitel 1 Menschen und Märkte (Mikroökonomie)18
Die unsichtbare Hand des Marktes20
Vom Merkantilismus zur Marktwirtschaft20
Monopol und Cournotscher Punkt24
Hinweise zum Weiterlesen27
Wettbewerb in Theorie und Praxis28
Von "vollständiger Konkurrenz" zum dynamischen Wettbewerb28
Wettbewerbspolitik: Harvard gegen Chicago30
Natürliche Monopole und staatliche Marktzugangsschranken33
Hinweise zum Weiterlesen36
Preise, Kosten und Gewinne38
Alfred Marshalls Scherentheorem38
Das Gesetz der Massenproduktion und seine Grenzen41
Turgots Ertragsgesetz und Marshalls Produzentenrente43
Handelsspannen und Spekulation45
Gerechte Preise und staatliche Markteingriffe47
Hinweise zum Weiterlesen50
Nutzen und wahrer Wert der Güter52
Das Klassische Wertparadoxon und die Gossenschen Gesetze52
Pareto-Optimum und Einkommensverteilung55
Konsumentensouveränität und meritorische Güter58
Hinweise zum Weiterlesen61
Wenn der Markt versagt62
Der Staat als Nachtwächter?62
Natürliche Kollektivgüter63
Nicht-Anwendbarkeit des Ausschlußprinzips65
Externe Effekte und das Umweltproblem66
Sind Umweltabgaben ungerecht?70
Freiwillige Verhandlungen: Das Coase-Theorem71
Die Umwelt und die Politik72
Hinweise zum Weiterlesen75
Der gerechte Lohn und das Recht auf Arbeit76
Thünens Formel für den naturgemäßen Lohn76
Die Arbeitswertlehre von Karl Marx78
Probleme des Sozialismus80
Die Pareto-Kurve82
Mindestlöhne und Höchstverdienstgrenzen?83
Produktivität und Lohnsatz86
Hinweise zum Weiterlesen88
Das Mysterium von Kapital und Zinsen90
Zins und Zinsverbot90
Wem gehört der Kapitalertrag?93
Böhm-Bawerks dritter Grund95
Paradoxa der Kapitaltheorie97
Natürlicher Zinssatz und Geldpolitik99
Hinweise zum Weiterlesen103
Kapitel 2 Krisen der Marktwirtschaft (Makroökonomie)105
Wie kommt das Geld in die Wirtschaft?106
Vom Muschelgeld zur Peel'schen Bankakte106
Geldmenge und Preisniveau111
Hinweise zum Weiterlesen115
Wirtschaftskreislauf und Nachfragemangel118
Das Tableau Economique von Francois Quesnay118
Das Saysche Theorem121
Marxsche Krisentheorie und Kaufkrafttheorie der Löhne123
Die Keynessche Revolution125
Hinweise zum Weiterlesen130
Warum kommt es zu Konjunkturschwankungen?132
Wachstum auf des Messers Schneide132
Aftalions Feuer-Beispiel: Das Akzelerator-Prinzip136
Konjunkturpolitik oder: Kann man das Chaos beherrschen?139
Politische Konjunkturtheorie140
Politiker als Konjunkturverursacher141
Hinweise zum Weiterlesen144
Vernichtet der technische Fortschritt Arbeitsplätze?146
Freisetzungstheorie gegen Kompensationstheorie146
Der unbequeme Strukturwandel149
Hinweise zum Weiterlesen153
Inflation und Arbeitslosigkeit156
Die Quantitätstheorie156
Der Streit um die Phillipskurve159
Die Bullionistenkontroverse164
Hinweise zum Weiterlesen166
Wachstum und Wohlstand168
Lob des Sparens168
Kapitalmangel und Unterentwicklung170
Die Goldene Regel der Akkumulation172
Der Zusammenhang zwischen Zinssatz und Wachstumsrate176
Hinweise zum Weiterlesen178
Grenzen des Wirtschaftswachstums180
Die Ölpreisschocks der 70er Jahre180
Gehen uns die Rohstoffe aus?183
Räuber-Beute-Problem und Hotelling-Regel185
Gerechtigkeit für künftige Generationen?188
Hinweise zum Weiterlesen191
Kapitel 3 Handel und Wandel in der Weltwirtschaft (Außenwirtschaft)194
Soll man sich vor billiger Auslandskonkurrenz schützen?196
Vom Merkantilismus zur Freihandelslehre196
Ricardos Theorem der komparativen Kostenvorteile199
Zollargumente202
Dumping und Protektionismus205
Hinweise zum Weiterlesen208
Gewinner und Verlierer im Welthandel210
Große Länder, große Vorteile?210
Ausbeutung der Rohstoffländer?212
Terms of Trade-Effekt und Optimalzoll214
Hinweise zum Weiterlesen216
Wenn Volkswirtschaften Schulden machen218
Was ist außenwirtschaftliches Gleichgewicht?218
Leistungsbilanzausgleich und J-Kurven-Effekt220
Sind Leistungsbilanzdefizite ein Zeichen von Schwäche?222
Hinweise zum Weiterlesen225
Führt der internationale Wettbewerb zu sinkenden Löhnen?226
Das Faktorproportionentheorem226
Ausgleich der Faktorpreise und Stolper-Samuelson-Theorem228
Globalisierung und dynamischer Wettbewerb232
Hinweise zum Weiterlesen234
Globalisierung und Standortwettbewerb236
Mobiles Kapital - sinkende Löhne?236
Standortwettbewerb als Nullsummenspiel?238
Migration der Arbeitskräfte?240
Hinweise zum Weiterlesen243
Die Geschichte des Währungssystems244
Die Goldwährung und ihr Ende244
Bretton Woods und das Triffin-Dilemma248
Feste Wechselkurse kann man nicht erzwingen252
Hinweise zum Weiterlesen253
Warum schwankt der Dollarkurs?254
Die Kaufkraftparitätentheorie und ihre Grenzen254
Die Rolle der internationalen Kapitalströme257
Währungsspekulation260
Kann eine Währungsunion helfen?263
Währungspolitik im Hotel-Foyer266
Hinweise zum Weiterlesen267
Kapitel 4 Der Staat und das Soziale (Finanzwissenschaft)270
Der Staat und seine Rolle in der Wirtschaft272
Rechtsstaat oder Herrschaft der Elite?272
Kirche und Staat275
Merkantilismus und Sozialismus277
Ordoliberalismus280
Hinweise zum Weiterlesen282
Demokratie und Marktwirtschaft284
Gibt es einen "Dritten Weg"?284
Mitbestimmung der Arbeitnehmer286
Das Arrow-Paradoxon288
Föderalismus als Ausweg?292
Hinweise zum Weiterlesen293
Das Soziale in der Marktwirtschaft294
Vom Büchsenpfennig zum Sozialstaat294
Gibt es eine optimale Staatsquote?297
Das magische Dreieck der Sozialpolitik301
Hinweise zum Weiterlesen303
Steuern und Gerechtigkeit306
Wer soll wieviel Steuern zahlen?306
Grenzen der Gerechtigkeit308
Pro und Contra Kopfsteuer313
Hinweise zum Weiterlesen317
Familienpolitik und Altersvorsorge318
Geburtenrate und soziale Sicherung318
Umlageverfahren oder Kapitaldeckungsverfahren?320
Kinderreichtum als ökonomisches Gut323
Subsidiaritätsprinzip oder Sozialstaatsprinzip?325
Hinweise zum Weiterlesen328
Ökonomische Gesetze und juristisches Denken330
Lassen sich Werte eindeutig ordnen?330
Gute Absichten und schlimme Folgen333
Sisyphos oder Herkules?335
Hinweise zum Weiterlesen336
Wohlfahrtsstaat und Arbeitslosigkeit338
Ist Vollbeschäftigung überhaupt möglich?338
Natürliche Arbeitslosigkeit und Mismatch339
Armutsfalle und Tarifautonomie342
Kosten der sozialen Sicherung und negative Einkommensteuer345
Hinweise zum Weiterlesen348
Nachwort: Kommen Ökonomen in den Himmel?350
Namensverzeichnis354
Sachverzeichnis356

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