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E-Book

Die Wissenschaft hinter Harry Potter

Magische Phänomene naturwissenschaftlich erklärt

AutorJon Chase, Mark Brake
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783745304213
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Fliegende Besen, magische Wesen und Zaubersprüche machen die Welt von Harry Potter so außergewöhnlich. Natürlich gibt es diese Dinge in Wirklichkeit nicht - oder etwa doch? Ist es durch einen biologischen Zufall möglich, dass ein dreiköpfiger Wachhund wie Fluffy existiert? Könnte die Existenz von Gravitationsfeldern erklären, warum der Nimbus 2000 fliegen kann? Und ist ein Greif nichts anderes als der inzwischen ausgestorbene Dinosaurier Protoceratops? Die Wissenschaft hinter Harry Potter betracht die mysteriösen Phänomene rund um Hogwarts und erklärt, ob und wie diese auch in unserer Muggelwelt vorkommen könnten. Ein lehrreiches und unterhaltsames Buch voller Überraschungen.

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Leseprobe

Worum geht es wirklich
bei der Geschichte
vom Stein der Weisen?


Es war ein legendärer rötlicher Stein mit magischen Kräften, der das Elixier des Lebens zu mischen half, jenes Elixier, das seinen Konsumenten unsterblich macht. Und jegliches Metall in reines Gold verwandeln kann. Der Stein der Weisen nimmt im Harry-Potter-Universum eine ganz besondere Stellung ein, die mit dem Leben von Nicolas Flamel eng verknüpft ist. Flamel war ein Handschriftenhändler und Schreiber, der tatsächlich im Paris des 14. und 15. Jahrhunderts gelebt hat. Bei Harrys erstem Kampf gegen Lord Voldemort (im Schuljahr 1991/1992) ging es um eben diesen Stein. Voldemort versuchte, den Stein an sich zu bringen, doch seine Pläne wurden durchkreuzt, wodurch sich seine Wiederkehr entscheidend verzögerte.

Sobald der Stein der Weisen in Sicherheit war, sprach Albus Dumbledore mit Flamel über dessen Zukunft. Die beiden beschlossen, den Stein zu zerstören. Flamel meinte, er habe genügend Elixier gebraut, um seine Angelegenheiten zu regeln, damit er und seine Frau in Frieden sterben könnten. Immerhin hatten sie mehr als 600 Jahre lang gelebt. Doch fünf Jahre nach der Zerstörung des Steines fragte Harry sich, ob ein so mächtiger Zauberer wie Voldemort sich nicht irgendwo Ersatz besorgen könnte. Vielleicht war der von Flamel geschaffene Stein ja nicht der einzige auf der Welt. Außerdem war Voldemort magisch so begabt, dass es ihm vielleicht gelingen könnte, einen neuen Stein der Weisen zu produzieren. Aber wie sieht es eigentlich historisch mit der Suche nach dem Stein der Weisen aus?

Das Magnum Opus


Alchemie ist eine uralte, meist geheime Technik, die sich in der einen oder anderen Form auf der ganzen Welt findet. Ihr Studium hat zahllose Philosophen beschäftigt und erstreckt sich über Tausende von Jahren und alle möglichen Kulturen. Dass die Alchemisten nicht selten gnadenlos verfolgt wurden, lag u. a. daran, dass die Alchemie eine höchst eigene symbolische Sprache entwickelte, die ihrerseits wiederum verhindert, dass man die verschiedenen alchemistischen Traditionen sinnvoll miteinander vergleichen kann.

Nichtsdestotrotz lassen sich drei alchemistische Kulturkreise voneinander abgrenzen: die Alchemie in China und in den ostasiatischen Randgebieten, die Alchemie in Indien und auf dem indischen Subkontinent sowie die Alchemie im Abendland, die sich hauptsächlich rund ums Mittelmeer entwickelt hat. Deren Zentrum verlagerte sich im Laufe der Jahrtausende von der griechisch-römischen und ägyptischen Welt in die islamischen Länder und schließlich ins mittelalterliche Europa. Möglicherweise stammen diese drei alchemistischen Kulturkreise von einem gemeinsamen Ursprung ab und haben sich wechselseitig beeinflusst. Andererseits lassen sich auch klare Unterschiede feststellen. Die westliche Alchemie entwickelte ein eigenes philosophisches System, das eher Gemeinsamkeiten mit den westlichen Religionen aufweist.

Der Stein der Weisen fand schon zu Beginn des 4. nachchristlichen Jahrhunderts Erwähnung. Der griechische Alchemist und gnostische Mystiker Zosimos von Panopolis verfasste eines der ältesten alchemistischen Werke mit dem Titel Cheirokmeta, was man übersetzen könnte mit: »Von Hand gefertigte Dinge«.

So gibt es mehrere Rezepturen für den Stein der Weisen, die jeweils die Handschrift der Kultur tragen, aus der sie stammen. Im Allgemeinen wird die Herstellung des Steins der Weisen als Gegenstand des Magnum Opus betrachtet, des Großen Werkes. Je nach kulturellem Hintergrund beschreibt das Opus die Herstellung des Steins, die durch eine Reihe farblicher Veränderungen gekennzeichnet ist: Nigredo (die Schwärzung), Albedo (die Weißung), Citrinitas (die Gelbwer-dung) und Rubedo (die Rötung). Diese Reihe geht auf Zosimos und vermutlich auf noch ältere Autoren zurück, deren Werke nur in Zitaten überliefert sind. Die verschiedenen Stadien des Opus sind mit verschiedenen Symbolen verknüpft, zum Beispiel Rabe, Schwan und Phönix (schwarz, weiß, rot). Der Alchemist konnte die Farben auch im Labor beobachten. Die Nigredo war dabei der Prozess des Verrottens, Verbrennens oder Fermentierens.

Niedrige Metalle zu Gold


Jahrhundertelang galt es als das nobelste Ziel der Alchemisten, den Stein der Weisen herzustellen. Das hatte eine lange Tradition. Der griechische Atomist Empedokles ging davon aus, dass alles auf der Welt aus einem Mischungsverhältnis der vier Elemente bestand: Erde, Luft, Feuer und Wasser. In Empedokles’ Augen waren diese für die facettenreiche Welt der Erscheinungen verantwortlich.

Seine Experimente zeigten, dass selbst die unsichtbare Luft eine materielle Substanz war. Empedokles reihte die Elemente in eine bestimmte Anordnung ein: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Jedes Element überlagerte das darunterliegende. Wenn sie gestört würden, so kehrten sie wieder von selbst an ihren Platz in der natürlichen Ordnung der Dinge zurück. Auch unterschiedliche Charaktereigenschaften wie Liebe oder Hass waren letztlich materielle Tendenzen, die sich in einem kontinuierlichen Prozess mischten und lösten. Diese Vorstellung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Yin- und Yang-Dualismus, wie er sich im alten China entwickelte. Obwohl dieser vermutlich einen anderen Ursprung hatte, glaubte man auch in China, dass es letztlich immer Gegensatzpaare wie Feuer und Wasser bzw. männlich und weiblich waren, aus denen die anderen Elemente hervorgingen. Nur dass man in China fünf Elemente kannte: Metall, Holz, Erde, Wasser und Feuer. Aus diesen entstanden die »zehntausend Dinge«, die Vielfalt der materiellen Welt.

Mit seiner Kosmogonie schuf Empedokles eine Theorie von der allgemeinen Entstehung. Sein Weltbild beschreibt, wie die Elemente sich ursprünglich trennten, wie sich Ozean und Erde, Sonne und Mond und schließlich die Atmosphäre formten. Diese Entwicklung führte er weiter bis zur Biogenese der Pflanzen und Tiere bzw. zur Physiologie des Menschen.

Diese Elementphilosophie bildete auch die Grundlage des alchemistischen Glaubens. Gold selbst und auch alle niederen Metalle wie Quecksilber und Blei bestanden aus den Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde. Daraus folgte: Wenn man die Anordnung der ursprünglichen Elemente verändern konnte, dann mussten sich niedere Metalle doch letztlich in Gold verwandeln. Gold aber galt als allen anderen Metallen überlegen, weil es seiner Natur entsprach, alle vier Elemente in vollkommenem Gleichgewicht zu vereinen.

Warum Gold?


Heute kennen wir 86 Metalle. In alter Zeit aber waren nur sieben bekannt: Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Blei, Zinn und Quecksilber. Das sind die Metalle der Antike, die die alten Völker in Mesopotamien, Ägypten, Griechenland und Rom kannten. Von diesen sieben Metallen war es das Gold, das die menschliche Fantasie am meisten beflügelte. Und das blieb auch in den folgenden Jahrtausenden so.

Gold läuft nicht an. Es behält seine Farbe. Es bröckelt nicht. Den antiken Kulturen schien Gold unzerstörbar. Und doch ließ es sich so leicht bearbeiten. Aus einer einzigen Unze Gold lassen sich 90 Quadratmeter dünnes Goldblech schlagen.

Bis zum Jahr 1850 waren in der Menschheitsgeschichte nicht mehr als circa 10 000 Tonnen Gold gefördert worden. Ein Eisbär wiegt ungefähr eine Tonne. Wir haben also gerade mal so viel Gold gefördert, wie 10 000 Eisbären auf die Waage bringen. Das hört sich zunächst nach viel an, aber immerhin sprechen wir dabei über die gesamte Geschichte der Menschheit. Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ein Blauwal wiegt etwa 100 Tonnen. Wir haben also so viel Gold gefördert, wie 100 Blauwale schwer sind. Schon klar, warum die Leute stets Appetit auf mehr hatten, oder?

Der Alchemist bei der Arbeit


Im 16. und 17. Jahrhundert zogen die Alchemisten von Königshof zu Königshof und behaupteten, sie hätten das Geheimnis zur Herstellung des Steines der Weisen entdeckt. Prinzen und Fürsten luden sie ein und ermöglichten ihnen die Jagd nach alchemistischem Gold. Für die Alchemisten war dies natürlich sehr gewinnträchtig. Auf diese Weise konnte man den hohen Adligen leicht eine ganze Menge Geld aus der Tasche ziehen.

Doch viele Alchemisten suchten nicht nur aus schierer Gier nach dem Stein. Gold war in ihren Augen Materie in ihrer höchsten Form. Es stand für Erneuerung und Regeneration des Menschen. Ein »goldener« Mensch strahlte vor spiritueller Schönheit und würde immer und ewig über die lauernden Mächte des Bösen triumphieren. Blei, das niedrigste Metall, stand für den sündigen, zur Reue unfähigen Menschen, der sich den Kräften der Finsternis ergab.

Ein Paradebeispiel für einen praktizierenden Alchemisten ist der berühmte britische Wissenschaftler und Philosoph Isaac Newton. Wie andere Alchemisten suchte auch Newton in alten Schriften nach dem Rezept für den Stein. Eines dieser Rezepte fand er in den Werken Ovids. Ovid hatte als Dichter unter dem römischen Kaiser Augustus gelebt. In seinen Metamorphosen beschreibt er Vulkan, der seine Gattin Venus im Bett mit dem Kriegsgott Mars erwischt. Deshalb fertigte der geschickte Schmied ein Netz aus feinem Metall, in dem er die Liebenden fing. In diesem Netz hängte er sie an die Decke, sodass jeder sie sehen konnte.

Nun stehen in der Alchemie Venus, Mars und Vulkan für die Metalle Kupfer, Eisen und Feuer. Das machte den Mythos in Newtons Augen zum alchemistischen Rezept. Und tatsächlich gelang es Newton, eine purpurrote Legierung herzustellen, die er »das Netz« nannte. Diese hielt er für die erste Stufe zur Herstellung des Steins der Weisen.

Moderne Wissenschaftler kochten Newtons alchemistische Rezepturen nach, weil sie davon ausgingen, dass sie erste Ansätze moderner Wissenschaft enthielten – Experimente, die wiederholt und validiert werden konnten. Da auch...

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