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Digital wirtschaften

Chancen, Herausforderungen und Finanzierungsmöglichkeiten von Online-Erwerbsarbeitsmodellen am Beispiel von Marketingstrategen und Bloggern

AutorFabio Wurzer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl235 Seiten
ISBN9783743137301
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,49 EUR
Mit der flächendeckenden Integration von Computer und später dem Internet in nahezu alle Erwerbsarbeitswelten etablierten sich neuartige Arbeitsabläufe und -formen. Statt die digitalen Möglichkeiten aber nur unterstützend im Arbeitsprozess zu nutzen, wirtschaften Blogger und Marketingstrategen ausschließlich online. Der Autor untersuchte mittels einer Triangulation aus Experteninterviews und Visualisierungen empirisch Chancen und Herausforderungen sowie Finanzierungsmodelle neuer Online-Erwerbsarbeitsmodelle. Die aus dem Datenmaterial gewonnenen Erkenntnisse werden in den Kontext der wissenschaftlichen Diskussion eingebettet und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen skizziert. Die Interpretation der aus den Interviews erhaltenen Informationen erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Die Visualisierungen wurden durch kollaborative Bildinterpretation ausgewertet.

Fabio Wurzer ist Absolvent der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt im Masterstudiengang Medien, Kommunikation und Kultur mit dem Schwerpunkt Digitale Medien und Organisationskommunikation und Studierender an der University of Applied Science Burgenland im Masterstudiengang Internationale Wirtschaftsbeziehungen.

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Leseprobe

2 Charakteristika mediatisierter Arbeit


Sehr viele Bereiche des alltäglichen Lebens sind heutzutage Mediatisierungsprozessen unterworfen, da der Einsatz von IuK-Technologien für Arbeit und Freizeit nicht mehr wegzudenken ist. Dazu stellte bereits 1994 der Wissenschaftler Peter Wedde die These auf, dass IuK-Technologien die Arbeit und die darin stattfindenden Prozesse grundlegend verändern werden. (vgl. Wedde 1994: 15) Einen Bereich repräsentiert hierbei die Erwerbsarbeit, bei der in hohem Maße ein Einzug der IuK-Technologien stattgefunden hat. In vielen Unternehmen und Berufen ist eine Abwesenheit dieser technologischen Möglichkeiten nicht mehr vorstellbar und viele Berufe würden erst gar nicht in Erscheinung treten. Einige prominente Charakteristika der Mediatisierung von Arbeit werden deshalb in diesem Kapitel theoretisch beschrieben. Mediatisierung bedeutet dabei, dass die Arbeit „vom Umgang mit Medien bzw. von medialer Kommunikation geprägt“ (Roth-Ebner 2015: 41) ist.

2.1 Subjektivierung


In Bezug auf die Subjektivierung von Arbeit sind eindeutige Entwicklungstendenzen erkennbar, die sich auf das Arbeitsumfeld beziehen und dieses (gleichzeitig) beeinflussen (vgl. Peitler 2009: 3). Folgende Entwicklungen sind nach Peitler im Bereich des Arbeitsumfeldes festzustellen:


- Durch technologische Entwicklungen wird dem subjektiven Arbeitshandeln eine zunehmende Bedeutung beigemessen. So wird dem Individuum bei der Bewältigung nicht vollständig berechen- und beherrschbarer sowie nicht standardisierter Arbeitsaufgaben ein erhöhtes Maß an subjektiver Kompetenz1 abverlangt (vgl. Peitler 2009: 3). „Subjektive Faktoren wie Gefühl und Empfinden sind nicht ausgegrenzt, sondern erweisen sich als wichtige kognitive wie handlungspraktische Grundlagen.“ (Böhle 2001: 3)

- Das lebenslange Lernen gewinnt für Mitarbeitende und Unternehmen immer mehr an Gewicht. Neben dem Erfahrungsgewinn durch das Lösen von Aufgaben im Arbeitsprozess sind von den Beschäftigten bewusst Fort- und Weiterbildungsangebote in Anspruch zu nehmen (vgl. Baethge 2003: 569 und vgl. Matuschek/Arnold/Voß 2007: 195). Speziell in der sich schnell verändernden Arbeitswelt ist eine bewusste berufliche Weiterbildung essentiell und bewirkt beim Individuum eine Steigerung subjektivierter Eigenverantwortung bezüglich der Weiterbildungsplanungen und steuerungen. Das lebenslange Lernen ist zudem kritisch zu hinterfragen, wenn Beschäftigte in einem Arbeitsumfeld tätig sind, in dem Technologien rasch weiterentwickelt werden und sich Beschäftigte stetig neu orientieren müssen. Hier kann es zu Überforderung bei den konfrontierten Menschen kommen. (vgl. Peitler 2009: 3) Im Zusammenhang mit dieser Begleiterscheinung stellte Volpert (2002: 270) bezogen auf den IT-Bereich pessimistisch fest: „Sein Leben lang ist man nicht 'uptodate' und weiß, dass das, was man heute lernt, der Müll von morgen ist, den man schleunigst wieder 'entlernen' muss.“ (ebd.)

- Die Anforderungen an die MitarbeiterInnen Eigenes (Subjektivität) in die Arbeit einzubringen, sind durch die organisatorischen Restrukturierungen in den Arbeitsabläufen gestiegen. Vor allem im Kontext von Team- oder Gruppenarbeiten wird gefordert, dass Menschen ihre Subjektivität einbringen, um den Output zu verbessern (vgl. Modrow-Thiel 1997: 265). „Man kann sogar soweit gehen und sagen, dass die neuen Produktionskonzepte erst dann […] funktionieren, wenn jede einzelne Person Subjektivität einbringt.“ (Modrow-Thiel 1997: 265) Auch in Dienstleistungsberufen wird ein hohes Maß an emotionalen Aspekten und subjektiven Eigenschaften von den MitarbeiterInnen verlangt. Speziell in Berufen mit direkten Kundeninteraktionen ist zielorientierte Subjektivität ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Subjektive Gefühle und Empfindungen werden damit als Teil des Arbeitshandelns verstanden (vgl. Peitler 2009: 3).

- Die Entwicklung der Rationalisierung geht zumeist mit dem negativen Aspekt des Arbeitsplatzverlustes einher. Doch bedeutet dies für subjektivierte Arbeit lediglich, dass die aktive Beteiligung der Beschäftigten als eine Ressource angesehen wird. Diese Ressource Mensch führt zu einer Dezentralisierung2 von Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie zu einer Implementierung indirekter Steuermechanismen. In diesem Kontext ist Rationalisierung speziell für jene Beschäftigte als positiv zu betrachten, die mehr Subjektivität bzw. Individualität in die Arbeit miteinbringen. Jedoch bedeutet dies in aller Regel auch, dass Mitarbeitende, die zu wenig Eigenes einbringen bzw. wegen der Selbstorganisation der KollegInnen im Leistungsprozess nicht mehr benötigt werden, ihren Arbeitsplatz verlieren. (vgl. Peitler 2009: 3f.)

- Eine weitere Entwicklung ist in der Veränderung der Organisation der Arbeit zu sehen. Der Ansatz von Taylor3 wird durch neue Ansätze der Selbstorganisation sukzessiv in den Hintergrund gedrängt. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten mehr Selbstverantwortung und Entscheidungsbefugnisse (vgl. Hornberger 2006: 87f.). „Beschäftigte nehmen unter individualisierten Arbeitsbedingungen eine neue Rolle als Gestalter ihrer eigenen Arbeitsbedingungen ein.“ (ebd. 87) Neue Anforderungen im Bereich der Selbstorganisation und Selbststeuerung ergeben sich insbesondere mit der Einführung neuer Arbeitsformen. Diese Veränderungen ergeben sich speziell bei Gruppen- und Projektarbeiten. Dabei kann der Veränderungsprozess von den Beschäftigten einerseits als eine Art der Befreiung durch Abnahme fester Strukturen wie auch als zusätzlicher Druck empfunden werden. Die Mehrleistung der Selbststeuerung und -organisation ist in den meisten Fällen unsichtbar und wird daher in den seltensten Fällen durch Anerkennung oder Prämien honoriert. (vgl. Peitler 2009: 4)


Zudem muss das Verhältnis von Arbeit und Freizeit zunehmend individueller gestaltet werden. Begründet wird diese Entwicklung mit der Flexibilisierung und der Entgrenzung der Arbeit selbst. Es entfallen in vielen Bereichen der Arbeit fixe zeitliche und örtliche Rahmungen. Dadurch kommt es zu einem erhöhten Aufwand an Strukturierungs- und Steuerungsleistung, um das Privat- und Berufsleben zu trennen (und neu zu organisieren). (vgl. ebd.) „Aus dem eher reaktiv agierenden bisherigen ‚Arbeitnehmer’ [...] wird ein neuer aktiver Typus von Arbeitskraft, der sich nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch innerhalb des Betriebs kontinuierlich zur Leistung anbietet und im Arbeitsprozess gezielt selbst organisiert.“ (Pongratz/Voß 2001: 3)

Pongratz und Voß beischreiben diesen neuen Typus von Arbeitenden mit dem Begriff des/der „ArbeitskraftunternehmerIn“, da das Individuum seine/ihre eigene Arbeitskraft, also Fähigkeiten, Vorzüge und Qualifikationen, quasi-unternehmerisch wie eine Ware entwickeln und vermarkten muss (vgl. ebd.). Zudem ergibt sich in der Beschreibung von mediatisierten und speziell subjektivierten Arbeitsprozessen eine Paradoxie. Diese beschreibt, dass Subjektivierung und Standardisierung von Arbeit in direkter Abhängigkeit zueinander auftreten (vgl. Roth-Ebner 2015: 61). Doch wie kann das sein, wenn Subjektivierung doch genau das Gegenteil von Standardisierung vorzugeben scheint? Roth-Ebner bezieht sich in ihrer Erklärung auf Böhle (2003: 120), der in seinem Beitrag von Phänomenen rund um Objektivierungsprozesse schreibt.

Roth-Ebner bezeichnet diese Prozesse hingegen bewusst mit Standardisierung, „um mit der Vereinheitlichung von Prozessen jene Ausprägung des Phänomens zu betonen, welche insbesondere im Zusammenhang [...] mit IuK-Technologien [auftreten]“ (Roth-Ebner 2015: 61). Vereinfacht ergibt sich eine Abhängigkeit des Gegensatzpaares dadurch, dass sich Beschäftigte in der Ausführung ihrer Tätigkeit und ihrer subjektivierten, selbstgesteuerten Handlungen entlang betrieblich-rationeller Bedingungen und Notwendigkeiten bewegen müssen (vgl. Kratzer 2003: 16 und vgl. Roth-Ebner 2015: 61).

Speziell durch den Einsatz von IuK-Technologien im Leistungsprozess ergibt sich eine Zunahme an Erfordernissen hinsichtlich rationell-objektivierender und subjektivierender Handlungen, die, wie oben angeführt, zu einer Einheit verschmelzen können (vgl. Böhle 2003: 128 zit. nach Roth-Ebner 2015: 61). Roth-Ebner (2015: 62) beschreibt IuK-Technologien als Medien der Standardisierung weil „[...] sie Informationen in vereinheitlichten Prozessen verarbeiten, klare, unabweichliche Handlungsstrukturen vorgegeben und rationelles Vorgehen sowie die Nachvollziebarkeit von Arbeitsleistungen ermöglichen [...].“ Zugleich sind IuK-Technologien aber aus drei Gründen auch Medien der Subjektivierung:


  1. Sie fordern von den Beteiligten erhöhte subjektive Leistungen im Umgang mit abstrakten (vgl. Kleemann 2000: 2) und unvorhersehbaren Arbeiten und bedingen einer ständigen Bereitschaft auf technologische Neuerungen einzugehen (vgl. Roth-Ebner 2015: 62).
  2. Bei IuK-Technologien handelt es sich zumeist um persönliche und personalisierte Geräte und Programme44, die nicht zeitnah von anderen Personen übernommen oder verstanden werden können. Insbesondere PC, Smartphone und Email sind assistierende, subsidiäre Arbeitsinstrumente und haben mit Arbeitsinstrumenten früherer Zeit nicht mehr viel gemein. Es bedarf, hervorgerufen durch den hohen Grad an Verbindung (Konvergenz) zwischen dem jeweiligen Mensch und einem gewissen Instrument, vor allem Zeit, um Mitarbeitende in stark mediatisierten Arbeitsfeldern zu ersetzen. (vgl. ebd.)
  3. Bei den digitalen Technologien handelt es sich zum größten Teil um Technologien der Kommunikation, die...
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