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E-Book

Disziplin als Anfang

Der Zen-Weg zur Liebe

AutorDoris Zölls
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783641212148
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Innere Ordnung - innere Ruhe
Eine Begegnung in ihrer Tiefe wahrzunehmen gelingt, wenn wir mit unseren Gedanken ganz in der Situation sind und uns nicht ablenken lassen. Gedanken, die abschweifen, tragen uns aus der Situation in eine fantasierte Welt, die nichts mit der Gegenwart zu tun hat. Das regelmäßige Still-Sitzen und Meditieren auf dem Zen-Kissen beruhigt die Gedankenflut und führt zu kraftvoller Präsenz. Eine Disziplin, die sensibilisiert und glücklich macht.

Doris Zölls, Myô-en An, geboren 1954, ist seit 2003 spirituelle Leiterin des Benediktushofs. Die evangelische Theologin wurde von Willigis Jäger, Kyo-un Roshi im Jahr 2000 als Zen-Meisterin autorisiert. Sie gehört außerdem zur Sanbô-Zen Schule, Japan, und steht in der chinesischen Chan-Tradition. Doris Zölls ist verheiratet und hat drei Kinder.

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Leseprobe

DISZIPLIN ÜBEN HEISST LERNEN
UND VERSTEHEN

Wach auf, sagt Zen, erfahre dein Denken, Fühlen und Handeln als leer und substanzlos. Nur so verlieren sie ihre Macht über uns.

Diese Wachheit will geübt sein. Sie ist zwar nicht eine Fähigkeit, die wir uns von außen her aneignen müssten. Uns ist allen der Bodhisattvageist, der Geist des Erwachens, zu eigen. Bei den meisten von uns ist er jedoch verschüttet. Ihn freizulegen, bedarf der Disziplin, die sich als Durchhaltevermögen, Mut und Kraft zeigt.

DISZIPLIN NEU VERSTANDEN

Über Disziplin spricht man heute wenig, es hat einen sehr negativen Beigeschmack. Sie wird als Unterdrückung, als Gängelei angesehen, als Fremdbestimmung, Gehorsam, als eine Unterordnung unter eine Autorität oder Regeln, die freiwillig geschehen kann, doch meist erzwungen wird. Unter Disziplin fällt auch die Selbstdisziplin, die als Selbstbeherrschung verstanden wird, als ein kontrolliertes Verhalten, das große Anstrengung erfordert, um seine angestrebten Ziele erreichen zu können. In beiden Bedeutungen klingt ein sehr negativer Zug mit. Schon die Worte Beherrschung oder Gehorsam lassen uns an Unfreiheit und Zwang denken, die den Menschen in seiner Entfaltung eher behindern als fördern.

Ich möchte der Disziplin gerne einen neuen Stellenwert geben.

Für mich war und ist Disziplin eine große Hilfe, gesund und zufrieden durchs Leben zu gehen.

Ursprünglich kommt das Wort Disziplin von dem lateinischen Wort disciplina und wird mit Lehre oder Schule übersetzt. Sowohl eine Lehre wie die Schule gehen meines Erachtens nicht zwangsweise mit Beherrschung und Unterordnung einher. Schule kann ein Ort sein, an dem wir die Möglichkeit haben, für unser Leben zu lernen, wo wir Wissen über das Leben vermittelt bekommen. Geht es bei Disziplin um die Lehre des Lebens kann das ganze Leben für uns eine Schule, ein Feld des Lernens und Verstehens sein. Dass Menschen in der Geschichte Machtstrukturen aufgebaut haben und es noch immer machen, mit denen sie andere beherrschen oder willkürlich Gehorsam einfordern und dies dann mit Disziplin beschreiben, ist meines Erachtens eine Fehlinterpretation des Wortes Disziplin. Mich vom Leben inspirieren und schulen zu lassen, mich den Gesetzen des Lebens zu stellen und ihnen gerecht zu werden, ist für mich Disziplin. Dazu gehört, dass ich das Leben beobachte, es erkunde, hineinspüre, was es von mir fordert, damit ich glücklich und zufrieden sein kann. Selbstdisziplin hat für mich daher nichts damit zu tun, mich selbst zu knechten und zu kontrollieren. Selbstdisziplin ist für mich: mich ganzheitlich, sprich mit Körper, Geist und Seele in den Dienst des Lebens zu stellen, dem Leben gerecht zu werden. Dass dies meinem Trägheitsprinzip und meinen Trieben oft entgegensteht, ist ganz natürlich. Doch gerade durch Selbstdisziplin ist es möglich, diesem »inneren Schweinehund« nicht das Feld zu überlassen, der mich und meine Mitmenschen stets frustriert und unzufrieden zurücklässt, wenn wir ihm gefolgt sind.

Ich möchte aus meinem persönlichen Leben dafür ein Beispiel geben:

Ich hatte schon in jungen Jahren körperliche Beschwerden, die von mir täglich Körperübungen verlangten. Ließ ich sie weg, tauchten sehr schnell wieder Schmerzen auf. Mein Körper, mein Leben gaben mir die Aufgabe auf, täglich zu üben. Freunde und Geschwister bemitleideten mich, dass ich jeden Tag die Kraft und das Durchhaltevermögen aufbringen musste, zu üben und mich nicht einfach mal gehen lassen zu können. Heute nach fast 50 Jahren klagen sie, dass sie nicht so selbstdiszipliniert waren, für ihren Körper mehr zu tun.

Natürlich gab es Zeiten, wo es mir schwerfiel, meine Übungen auszuführen, doch die bevorstehenden Schmerzen waren für mich die Motivation, zu üben. Die Schmerzen haben mich beherrscht, nicht die tägliche Praxis, sie gaben mir Mut, Ausdauer und Kraft.

KRAFT AUS DER ÜBUNG

Wie oft jammern Erwachsene darüber, dass sie nicht die Kraft hatten, als Jugendliche ein Instrument zu erlernen. Ihnen hatte das Durchhaltevermögen gefehlt, was sie später sehr bereuten.

Es gibt eine breit angelegte Studie1, die herausfand, dass Menschen, die in der Kindheit Selbstdisziplin erlernt haben, Gewissenhaftigkeit und Ausdauer entwickelten. Diese wiederum haben einen starken Einfluss auf spätere Erfolge, materiellen Wohlstand, Gesundheit und auch Zufriedenheit.

Es geht für mich nicht darum, mit einer regelmäßigen Übung wie Zazen Herrschaft auszuüben, weder über mich noch über andere, sondern es geht darum, die Kraft, die aus dieser Übung heraus entsteht, in den Vordergrund zu stellen. Sie ist die Motivation, sich in seinem Leben zu einer regelmäßigen Übung zu disziplinieren.

Im Zen werden wir Schüler des Lebens. Wir üben uns auf der einen Seite, in die große Stille einzutauchen. Sie schenkt uns Zufriedenheit, wir können spüren, wie ein Glücksgefühl in uns aufsteigt, wir uns erfüllt und voll-kommen erfahren. Nur einen Zipfel dieser Stille zu erhaschen kann schon Motivation genug sein, die Praxis beständig aufrechtzuerhalten. Da sie unserem normalen, umherspringenden Geist jedoch so fremd und auch zuwider ist, braucht es unentwegt die Motivation, dranzubleiben. Ich habe bewusst das Wort Motivation gewählt, um aufzuzeigen, dass Disziplin keine Unterdrückung ist. Bei einer Sache zu bleiben ist befriedigend. Ständig abgelenkt zu sein macht unruhig und unzufrieden.

Schaue ich Kindern beim Spielen zu, erlebe ich immer wieder, wie gerne sie tätig sind. Sie sind so neugierig auf die Welt, wollen alles lernen, alles erkunden. Manche Kinder können so in ihr Spiel vertieft sein, dass sie nicht mehr aufhören können. Das Spiel trägt so viel Motivation in sich, dass sie ohne Schwierigkeiten die Disziplin aufbringen, das Spiel mit all seinen Anstrengungen zu Ende zu führen und es immer, immer wieder zu spielen. Würde man sie aus dem Spiel herausreißen und ihnen unentwegt ein anderes Spiel anbieten, was leider manche Erwachsene machen, da es für sie selbst schwer ist, länger bei einer Sache zu verweilen, wären diese Kinder unglücklich und unzufrieden. Normalerweise jedoch unterstützt man solche Kinder in ihrer anhaltenden Aufmerksamkeit und stört sie nicht. Manchen Kindern fehlt diese Kraft der anhaltenden Aufmerksamkeit. Dann wird man ihnen durch Motivation helfen, ihre Aufmerksamkeit zu steigern, damit sie nicht von einer Sache zur anderen springen und unzufrieden sind. Wir unterstützen sie, Ausdauer und Durchhaltevermögen aufzubauen, da wir erleben, dass sie damit zufriedener und erfüllter sind.

Es geht bei Selbstdisziplin um die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit nicht unentwegt umherschweifen zu lassen, sondern bewusst bei einer Sache bleiben zu können. Diese Kraft brauchen wir auch im Umgang mit unseren Trieben. Ihnen nachzugeben und sie auszuleben, schadet uns und unseren Mitmenschen. Sie in eine kreative Kraft umzuwandeln bedarf der Disziplin, um von ihnen nicht beherrscht zu werden.

AUF DAS LEBEN HÖREN

Disziplin ist weder blinder Gehorsam noch rücksichtslose Beherrschung. Sie ist ein Hören auf das, was das Leben für uns bereithält, und sich davon nicht ständig abbringen zu lassen. Sie ist die Kraft, bei einer Sache zu bleiben. Natürlich erfordert dies eine stabile Aufmerksamkeit, die wir üben müssen. Unser Geist rutscht lieber unentwegt ins Unbewusste. Disziplin ist, sich wachzurütteln, was manchmal als anstrengend erlebt wird, doch Anstrengung ist nicht negativ. Jeder, der einen Berg besteigen will, nimmt diese Anstrengung gerne auf sich. Manchmal ist die Anforderung groß und dann darf man nicht verzagen und aufgeben. Natürlich kostet dies Überwindung, denn die Unbewusstheit und Trägheit, der Wunsch, es bequem zu haben, seinen Begierden nachzugehen, zerren an uns. Spüren wir jedoch in den Moment hinein, wie enttäuscht wir sind, wenn wir dem nachgegeben haben, sind sie es, die uns beherrschen, und nicht Disziplin, die uns Kraft gibt. Blinder Gehorsam ist, an seine Geistesgifte2 gefesselt zu sein, sie beherrschen uns. Disziplin dagegen befreit uns von ihnen, sie lehrt uns das Leben.

Als Kind war ich oft und gerne Schlittenfahren. Wir fuhren so lange, bis es fast dunkel war. Jetzt mussten wir noch nach Hause laufen, wir waren völlig erschöpft. Während wir Schlitten fuhren, hatten wir es nicht gemerkt, aber jetzt beim Nachhauseweg war jeder Schritt mühsam. Am liebsten hätte man sich in den nächsten Schneehaufen fallen lassen und wäre dort selig eingeschlafen. Man wusste genau, dieser Wunsch ist Irrsinn, und so brachten wir die letzten Kräfte auf, uns nach Hause zu schleppen. Die Disziplin rettete uns das Leben.

Es gibt so viele Situationen, in denen wir unserem widerstrebenden Geist gerne folgen würden, das Wissen jedoch, wohin es führt, hält einen ab. Zen zeigt uns auf, wohin es führt, wenn wir unseren zweifelnden und vergleichenden Gedanken folgen, wie wir uns verlieren, wenn wir diesem Ego nachgeben, das uns unentwegt einflüstert, sich in den Schneehaufen fallen zu lassen.

Das Leben kennenzulernen, zu erkennen, dass es nicht vorhat, uns zu quälen, sondern uns die Fähigkeit mitgegeben hat, zufrieden und glücklich zu sein, ist Motivation und gibt mir die Kraft, auch gegen meine Trägheit, meine Wut, meine Gier, meinen Stolz, meinen Neid und meine Unzufriedenheit anzugehen. Sie alle entschlüpfen der Unwissenheit über das Leben.

Diese Unkenntnis kann ich nicht durch andere Denkmodelle austauschen. Was Leben ist, muss ich ganzheitlich erfahren, damit es trägt, auch in schwierigen Situationen. In die Stromschnellen des Lebens zu springen und sie mit aller Kraft zu...

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