2 Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag
2.1 Arbeitsleistung als Hauptpflicht
Die Hauptpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag ist die persönliche Erbringung von Arbeitsleistung für den Arbeitgeber (vgl. §§ 611 und 613 BGB). Dabei schuldet der Arbeitnehmer hinsichtlich der Arbeitsleistung keinen konkreten Arbeitserfolg. In Bezug auf die Leistungsqualität legt die Rechtsprechung einen subjektiven Leistungsmaßstab zugrunde. Der Arbeitgeber kann lediglich die Leistung verlangen, die der Arbeitnehmer nach angemessener Anpassung seiner geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung seiner Gesundheit erbringen kann. Dies bedeutet aber nicht, dass der Arbeitnehmer keine professionellen Standards einhalten muss. Der Arbeitnehmer muss sorgfältig arbeiten und professionelle Standards einhalten. Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer sich weiterbilden muss. Der Arbeitgeber fördert demgegenüber den Arbeitnehmer bei Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Wichtiger Hinweis: Der Arbeitsvertrag sollte eine gute Umschreibung und Definition der mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Position enthalten, die ergänzenden Anforderungen sollten in einer aktuellen Stellenbeschreibung benannt werden.
2.2 Art, Ort und Umfang der Arbeitspflicht
2.2.1 Art der Arbeitsleistung (Tätigkeit)
Die Art der Arbeitsleistung wird durch die zu erbringende Tätigkeit umschrieben, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Konkretisiert wird die zu leistende Tätigkeit durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Wird im Arbeitsvertrag ein konkretes Berufsbild festgelegt, dann ist der Arbeitnehmer auch nur zu solchen Leistungen verpflichtet, die diesem Berufsbild entsprechen. Das bedeutet, je enger die zu leistende Tätigkeit im Arbeitsvertrag definiert ist, desto weniger Raum verbleibt für die Konkretisierung der Art der Leistung im Wege des Direktionsrechts.
Wichtiger Hinweis: In den Arbeitsvertrag sollte grundsätzlich ein sogenannter Änderungsvorbehalt auf die zu leistende Tätigkeit aufgenommen werden.
Vorübergehende gänzlich andere Tätigkeiten zählen zur Arbeitspflicht bei dringendem Vertretungsbedarf (z. B. bei Krankheit) oder bei betrieblichen Ausnahmesituationen (Treuepflicht des Arbeitnehmers).
2.2.2 Arbeitszeit
Nach § 2 Abs. 1 ArbZG ist Arbeitszeit die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Nach Art. 2 Abs. 1 EU (Arbeitszeit-)Richtlinie 2003/88 ist Arbeitszeit jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Der Umfang der geschuldeten Arbeitszeit wird im Arbeitsvertrag bzw. im Tarifvertrag sowie bei entsprechenden Öffnungsklauseln, in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Die Lage der Arbeitszeit wird im Arbeitsvertrag meist nicht festgelegt, somit kann der Arbeitgeber diese im Rahmen seines Direktionsrechts einseitig bestimmen. Eine einseitige Änderung der bisherigen Arbeitszeit durch den Arbeitgeber ist ausnahmsweise nicht möglich, wenn vertraglich vereinbart ist, dass die Lage der Arbeitszeit dauerhaft verbindlich sein soll.
Seit dem 1. Januar 2004 gelten auch Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit. Mit dieser Änderung wird der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Rechnung getragen. Allein bei der Rufbereitschaft wird lediglich die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme als Arbeitszeit gewertet.
Begriffsbestimmung: Bereitschaftsdienst (in Abgrenzung zur Vollarbeitszeit) Bereitschaftsdienst ist die Zeit, die sich ein Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten muss, ohne sich notwendig im Zustand wacher Achtsamkeit zu befinden, um seine Arbeit auf Abruf unverzüglich aufzunehmen. Die vom Arbeitgeber festzulegende Stelle, an der sich der Arbeitnehmer aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, kann auch die eigentliche Arbeitsstelle sein. Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß die Zeit ohne Arbeitsleistung aber überwiegt.
Wichtiger Hinweis: Arbeitszeiten oberhalb einer Inanspruchnahme von durchschnittlich 70 % pro Stundenintervall werden als Vollarbeitszeit bewertet (vgl. Abb. 4). Der Durchschnittswert ist durch Erhebungen der Inanspruchnahme im Bereitschaftsdienst über einen Zeitraum von drei Monaten (alle zwei Jahre) zu ermitteln. Insbesondere sind noch die tariflichen Regelungen zur durchschnittlichen Inanspruchnahme im Bereitschaftsdienst zu berücksichtigen. Dieser liegt in den meisten Tarifverträgen bei einem Durchschnittswert von 49 % Inanspruchnahme.
Abb. 4: Ermittlung der Bereitschaftsdienstschwelle (Inanspruchnahmeprofil). (Quelle: Arbeitszeitberatung Dr. Hoff Weidinger Hermann 2009)
Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst auch anordnen, obgleich er aus der Erfahrung heraus weiß, dass der betreffende Arbeitnehmer oftmals ohne Unterbrechung über das Ende der regulären Arbeitszeit hinaus noch während der Bereitschaftsdienstzeit weiterarbeiten muss, sofern gewährleistet ist, dass die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme nicht mehr als die Hälfte des gesamten Bereitschaftsdienstes ausmachen (vgl. BAG-Urteil vom 25.04.2007, 6 AZR 799/06).
„Der Bereitschaftsdienst setzt auch nicht voraus, dass nur unvorhergesehene Arbeiten anfallen und nur für solche die Arbeitsleistung abgerufen wird. Das Tatbestandsmerkmal im Bedarfsfall ist vielmehr auch dann als erfüllt anzunehmen, wenn von vornherein feststeht, dass für diese Arbeiten ein Bedarf bestehen wird“ (BAG-Urteil vom 25.04.2007, 6 AZR 799/06).
Die Berechnung des Bereitschaftsdienstes, d. h. die Festlegung der Bereitschaftsdienststufen hat nur den Sinn, die Arbeitsleistung innerhalb der Bereitschaftsdienstzeit hinsichtlich der Vergütung zu bewerten. In Tarifverträgen wird die prozentuale Bewertung der Stufen zur Vergütung des Bereitschaftsdienstes vereinbart. Die Bewertung der Bereitschaftsdienststufen soll durch eine Inanspruchanalyse in regelmäßigen Abständen über drei bis sechs Monate (z. B. alle zwei bis drei Jahre) überprüft werden. Die Berechnung der Bereitschaftsdienste erfolgt aufgrund der durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung und der Anzahl der im Kalendermonat geleisteten Bereitschaftsdienste.
Bereitschaftsdienststunden werden nach dem tariflichen Prozentschlüssel in zu vergütende Arbeitszeit (vgl. Tab. 2 und 3) nach zwei Kriterien bewertet/beurteilt:
- Umfang der erfahrungsgemäß bzw. durch Inanspruchanalyse durchschnittlich anfallenden Arbeitszeit und (bzw. plus)
- Häufigkeit der geleisteten Bereitschaftsdienste.
Tab. 2: Bereitschaftsdienststufen (Beispiele)
Stufe | Arbeitsleistung | Bewertung als Arbeitszeit | a) Zuschlag für BD-Anzahl/Monat | b) Zuschlag für BD-Anzahl/Monat |
A od. I | 15–25 % | 25 % | 1.–8. BD = + 25 % | 9.–12. BD = + weitere 20 % |
B od. II | 25–40 % | 40 % | 1.–8. BD = + 35 % | 9.–12. BD = + weitere 15 % |
C od. III | 40–49 % | 50 % | 1.–8. BD = + 40 % | 9.–12. BD = + weitere 10 % |
Der Häufigkeitszuschlag a) bzw. b) in Tabelle 2 wird als Ausgleich für die Freizeiteinschränkung im Bereitschaftsdienst vergütet. Vor allem in Tarifverträgen werden meist die Bewertungen in einer Stufe zusammengefasst (vgl. Tab. 3).
Tab. 3: Vergleich Bereitschaftsdienststufen des TVöD-K und eines Haustarifvertrags
Stufen TVöD-K | Arbeitsleistung | Bewertung als Arbeitszeit | Stufen Haustarif | Arbeitsleistung | Bewertung als Arbeitszeit |
I | bis 25 % | 60 % | A | bis zu 20 % | 45 % |