Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht, Note: 17 Punkte, Universität Bayreuth, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Eigenkapitalersatzrecht beantwortet einen Teil der Frage, wie der Interessenkonflikt zwischen der Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters auf der einen Seite und dem Gläubigerschutz auf der anderen Seite aufzulösen ist. Die Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters ist Ausdruck seiner grundgesetzlich gewährleisteten unternehmerischen Freiheit und äußert sich darin, dass ihm grundsätzlich freigestellt ist, ob und in welcher Form er seiner Gesellschaft finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Hinsichtlich des Wie besteht grundsätzlich die Wahl zwischen der Hingabe als Eigenkapital oder als Fremdkapital. Eigenkapital ist Haftkapital; es unterliegt daher dem Auszahlungsverbot des § 30 I GmbHG und begründet in der Insolvenz keine Insolvenzforderung. Fremdkapital ist demgegenüber grundsätzlich kein Haftkapital; folglich ist es nach Maßgabe des allgemeinen Schuldrechts kündbar und begründet in der Insolvenz eine Insolvenzforde-rung. Aufgrunddessen liegt es nahe, dass ein Gesellschafter zur Minimierung seines Finanzierungsrisikos insbesondere in der Krise der Gesellschaft es vorziehen wird, Fremd- anstelle von Eigenkapital bereitzustellen. Demgegenüber besteht das Interesse des Gläubigers der Gesellschaft an der Erfüllung seiner Forderung, welches seine Rechtfertigung in der Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG findet. Diesem Interesse läuft es zuwider, wenn der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft durch die Bereitstellung von nicht haftendem Fremdkapital den Geschäftsbetrieb aufrechterhält und so die Krise mit der Folge verschleppt, dass das Gesellschaftsvermögen zum Nachteil der Gläubiger weiter verringert wird. Das Eigenkapitalersatzrecht löst diesen Widerstreit der Interessen dahingehend auf, dass vor der Krise der Gesellschaft die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter grundsätzlich unangetastet bleibt, ab dem Eintritt der Krise die Gesellschafter hingegen eine Finanzierungsverantwortung bzw. präziser Finanzierungsfolgenverantwortung trifft. Diese schränkt zwar nicht das Ob, aber das Wie der Finanzierungsfreiheit ein. So ist der Gesellschafter in der Krise nicht gezwungen, der Gesellschaft frisches Kapital zur Verfügung zu stellen; entschließt er sich jedoch dazu, muss er Eigenkapital zuführen. Ansonsten muss er hinnehmen, dass die von ihm formell als Fremdkapital eingebrachten Mittel aufgrund der Krise der Bindung als Eigenkapitalersatz und damit dem materiellen Eigenkapitalrisiko unterworfen werden.
Dr. Michael Müller, LL.M. (Austin), Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth) Jahrgang 1981; 2002-2008 Studium der Rechtswissenschaft mit wirtschaftswissenschaftlicher Zusatzausbildung (Bayreuth); 2008-2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Dr. Stefan Leible (Bayreuth); 2010-2011 LL.M.-Studium (Austin, Texas); 2011 Promotion ('Finanzinstrumente in der Rom I-VO'); 2011-2013 Referendariat (Berlin); seit 2014 Akademischer Rat bei Prof. Dr. Stefan Leible (Bayreuth).
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