Nur wer sich zeigt, kann entdeckt werden
Woran liegt es, dass der eine Karriere macht und der andere nicht? Woran liegt es, dass die eine Aufträge ohne Ende bekommt und die andere mühsam akquirieren muss? Woran liegt es, dass die einen in der Branche gehandelt werden und die anderen niemand kennt? An ihrem Können? Sicher auch. An ihrer Identität? Sehr wahrscheinlich. Aber vor allem liegt es an ihrer Fähigkeit, auf sich und ihr Können aufmerksam zu machen. Ich habe in 25 Jahren Arbeit mit Menschen erlebt, dass sich viele gute Leute unter Wert verkaufen, im Verborgenen wirken, unter ihren Möglichkeiten bleiben. Und das ist schade.
Dieses Buch ist nicht für Schaumschläger, Angeber, Mogelpackungen. Dieses Buch will Menschen, die wirklich etwas können, helfen, sich gut nach außen darzustellen, auf sich aufmerksam zu machen, sich ins rechte Licht zu rücken. Denn wie heißt es im Amerikanischen: »They won’t like you if they don’t like your show.« Es gibt zu viele ähnlich Qualifizierte, zu viele ähnliche Produkte, ähnliche Dienstleistungen, da heißt es, sich durch das Auftreten und die Selbstdarstellung zu unterscheiden.
Überall gilt: Gut sein allein genügt nicht. Man muss es auch zeigen! Nur wer sich zeigt, kann entdeckt werden. Ich selbst war viele Jahre ein Amateur in dieser Hinsicht. Ich dachte: Die anderen müssen doch sehen, wie gut ich bin. Heute weiß ich: Die anderen haben etwas anderes zu tun als uns bei der Arbeit zuzusehen. Ich habe nie darauf geachtet, mich gut zu verkaufen, ich habe meine ganze Konzentration auf meine Arbeit gelegt. Bis ich gelernt habe:
Wir selbst sind verantwortlich dafür, ob wir im Licht stehen oder im Schatten, ob wir als Experte / Expertin auf unserem Fachgebiet gelten oder als »ganz nett«. Nicht die anderen sind schuld, wenn wir nicht »entdeckt« werden, sondern wir selbst müssen strategisch vorgehen, um den Fokus auf uns, unsere Talente, unser Potential, unser Angebot zu lenken.
Mitte der neunziger Jahre entdeckte ich, damals noch Redakteurin der Zeitschrift Cosmopolitan, in der amerikanischen Schwesterausgabe einen Bericht darüber, welche Kriterien dafür entscheidend sind, ob jemand befördert wird. Beim US-Konzern IBM waren Abteilungsleiter und Personalreferenten danach gefragt worden, und sie nannten vor allem drei Qualitäten, die für beruflichen Rückenwind hilfreich wären: erstens »Performance«, also die Qualität der Arbeit, unsere Leistung; zweitens »Image«, also die Selbstdarstellung, den Eindruck, den wir bei anderen erzielen; und drittens »Exposure«, also das Maß der Bekanntheit im Unternehmen.
Was mich schier umwarf, war die Gewichtung dieser drei Kriterien:
Leistung spielt zu zehn Prozent eine Rolle.
Selbstdarstellung / Image macht dreißig Prozent des Erfolgs aus.
Kontakte und Beziehungen sind zu sechzig Prozent dafür verantwortlich, ob jemand Karriere macht oder nicht.
Und seither hat sich diese Formel immer wieder bestätigt. Nicht der Beste wird automatisch befördert, sondern der, der seine Qualitäten auch signalisiert, der sich bei den richtigen, wichtigen Leute bekanntmacht. Wie oft haben wir uns doch alle schon gefragt: Wie hat der das geschafft?
Ich wehrte mich lange gegen diese Erkenntnis, weil ich sie ungerecht fand und zu den Menschen gehört hatte, die vor allem in Leistung investierten – noch mehr arbeiten, noch besser werden, noch selbstkritischer … Doch dann begann ich den Umkehrschluss zu ziehen: Wenn denn Erfolg von der guten Selbstdarstellung abhängt, dann müssten doch auch die, die gut sind, davon profitieren können.
Ich entwickelte eine Strategie, die ich Selbst-PR nannte, also Public Relations, Öffentlichkeitsarbeit für sich selbst. Diesen Begriff hat es nach meiner Kenntnis vorher nicht gegeben. Meine Selbst-PR-Strategie für mehr Erfolg veröffentlichte ich erstmals 1996 im Econ Verlag, erarbeitete ein praktisches Seminarkonzept daraus und habe seither mehrere zehntausend Menschen in Sachen Selbst-PR trainiert! Heute ist dieser Begriff längst in die deutsche Umgangssprache aufgenommen worden. Und er ist eine menschliche Alternative zum Marketingbegriff »Image«, der eingrenzend und belastend ist. Über die Bedeutung von Identität und Haltung in der Selbst-PR lesen Sie mehr in den zwei 2018 neu dazugekommenen Kapiteln.
Ich selbst bin das beste Beispiel dafür, dass meine Methode funktioniert. Es ist tatsächlich möglich, durch gute Selbst-PR eine Art Sogwirkung zu erzielen; zu erreichen, dass Aufträge mich suchen, nicht ich die Aufträge (ich hasse nämlich Kaltakquise).
1999 machte ich mich mit meinem eigenen Trainingsunternehmen ASGODOM LIVE selbständig, nachdem ich sieben Jahre lang neben meinem Job als Journalistin ab und zu Vorträge gehalten und Seminare durchgeführt hatte. Und ich schaffte es innerhalb kürzester Zeit, in die Champions League der deutschen Trainingsszene aufzusteigen, was die Bekanntheit und das Umsatzvolumen betrifft. Ich schreibe das nicht aus Eitelkeit, aber stellen Sie sich mal vor, ich hätte es selbst nicht geschafft, mit Hilfe von Selbst-PR mein Ziel, nämlich ganz oben mitzuspielen, zu erreichen. Wäre irgendwie die Trainerin Nummer 1288 geworden. Das hätte doch bedeutet, dass meine Methode ein Käse ist, ein leeres Versprechen.
Aber ich kann Ihnen versichern: Sie funktioniert wirklich! Ich habe einige der besten deutschen Unternehmen als Kunden, ohne jemals akquiriert zu haben. Ich werde als Referentin auf interessante Kongresse in Deutschland eingeladen, ohne mich jemals darum beworben zu haben. Ich werde als Selbstvermarktungsexpertin regelmäßig in der Presse zitiert, komme im Fernsehen und im Radio zu Wort, ohne jemals selbst einen Redakteur angerufen zu haben. Und das mit Hilfe überzeugender Selbst-PR. (Wie ich dies im Einzelnen angestellt habe, werden Sie im Verlauf dieses Buches erfahren.) Zu erwähnen, dass ich ansonsten natürlich genial bin, verbietet mir meine angeborene Bescheidenheit.
Nein, Quatsch, was soll’s: Ich bin richtig gut! Heute weiß ich es. Und ich kann dazu stehen: Ich bin eine talentierte Rednerin, begeistere mein Publikum, mache meine Auftraggeber glücklich, reiße jeden müden Kongress herum, motiviere Menschen, bringe Dinge auf den Punkt. Ich bringe Menschen zum Lachen und zum Lernen, mache Mut und verbreite Lebensfreude, kann Menschen stärken und sie strahlen lassen. Helfe als Coach, Konzepte und Strategien zu entwickeln und umzusetzen.
Noch vor wenigen Jahren hätte ich mir lieber die Zunge abgebissen, als so etwas von mir selbst zu behaupten. Aber heute stehe ich dazu, weil ich weiß, dass es stimmt! Weil ich das tue, was ich wirklich kann, und das sage, wovon ich wirklich überzeugt bin. Weil ich Menschen mag, mich mit ihnen verbinde, mich auf sie einlasse und an ihnen wachse.
Doch das alles dürfte ich nicht beweisen, wenn mir niemand eine Bühne dafür bieten würde, wenn mich nicht andere empfehlen würden, wenn Kunden nicht auf mich aufmerksam würden. Es ist mühsam, durch die Welt zu laufen und ständig »Ich bin der Größte« zu brüllen; man erntet dabei vor allem Misstrauen oder Spott. Viel angenehmer ist es doch, wenn andere unser Hohes Lied singen. Und das erreichen wir mit gelungener Selbst-PR.
Absolut hinderlich sind dabei Understatements wie »Na ja, das läuft so ganz gut …«, »So blöd bin ich wohl doch nicht …« oder »Man schlägt sich so durch …«. Zauberhaft sympathisch – aber dämlich! Ich habe gelernt, dass ich mir selbst Möglichkeiten beschneide, wenn ich meine Wirkung zurücknehme. Dass ich weniger erreiche, wenn ich weniger verlange. Dass ich weniger Spaß habe, wenn ich mich reduziere. Dass ich weniger erreiche, wenn ich mich vor Menschen zurückziehe. »Eigenlob stinkt«, diesen Spruch haben wir zur Genüge gehört. Ich möchte zusammen mit Ihnen ein neues Verständnis entwickeln für »Eigenlob stimmt«.
Mit großer Freude las ich vor kurzem eine afrikanische Geschichte: Ein Mann schickt seine beiden Söhne, Tambu und Rafiki, hinaus ins Grasland, um sich in den Dörfern umzusehen. Er gab ihnen den Auftrag: »Hinterlasst Zeichen auf eurem Weg.« Die beiden Söhne gehorchten dem Vater und gingen hinaus ins Grasland. Nach wenigen Schritten schon begann Tambu, Zeichen auf seinem Weg zu machen. Er knüpfte einen Knoten in hohe Grasbüschel, dann ging er ein Stück weiter und knickte einen Zweig von einem Busch. Dann knüpfte er wieder Knoten ins Grasbüschel. So war der ganze Weg, den er ging, voller Zeichen. Aber er zog sich von allen Menschen zurück und sprach mit niemandem. Ganz anders verhielt sich sein Bruder Rafiki. Er machte keine Zeichen am Weg. Aber im ersten Dorf setzte er sich zu den Männern im großen Palaverhaus, hörte zu, aß und trank mit ihnen und erzählte aus seinem Leben. Im nächsten Dorf schloss Rafiki Kontakt mit einem Jungen, der ihn mit zu seiner Familie nahm, ihn in die Dorfgemeinschaft einführte. Im dritten Dorf bekam Rafiki von einem Mädchen bei der sengenden Hitze einen kühlen Trunk angeboten und durfte das Dorffest mitfeiern.
Tambu bekam von alledem nichts mit: Er hatte Arbeit mit seinen Grasbüscheln und den geknickten Zweigen.
Als die beiden Brüder nach ihrer Heimkehr dem Vater von ihren Erlebnissen erzählt hatten, machte er sich mit ihnen auf denselben Weg. Überall wurde Rafiki mit seinem Vater herzlich aufgenommen – Tambu aber kannte kein Mensch. »Ich verstehe nicht, warum mich keiner kennt«, sagte Tambu, alle sind zu Rafiki...