Inhaltsangabe:Einleitung: Im Januar 2007 unternahm die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ein Experiment. Bevor sie einen großen Artikel über das deutsche Gesundheitssystem in der Printausgabe veröffentlichte, wurde er auf der Webseite der Zeitung publiziert. Diesen Artikel sollten die Internetnutzer nun kommentieren und überprüfen. ‘Wir wollten wissen, ob die Leser im Internet vielleicht mehr wissen als wir’, erklärte FAZ-Redakteur Jörg Albrecht (vgl. Albrecht 2007: 53). Die Leser wussten mehr, und so kam der Artikel schließlich am 14. Januar ins Blatt – ergänzt durch Kommentare aus dem Internet. Was die FAZ als ‘kleines Experiment’ (ebd.) bezeichnete und auf der Webseite der Zeitung unter den Nutzern ausgetragen wurde, ist nicht neu. Schon im 19. Jahrhundert wurden Leserkommentare vor allem in den Lokalzeitungen abgedruckt. Rege Diskussionen, wie man sie heute nur aus den Kommentarbereichen mancher Webseite kennt, focht man damals in den Printmedien aus (vgl. Kopp/Schönhagen 2008: 79). In den letzten zwanzig Jahren wurde diese Art der Bürgerbeteiligung im World Wide Web wiederbelebt. Es begann mit Diskussionsforen, Chatrooms und privaten Homepages und wurde mittlerweile zum großen Teil auf Weblogs (vgl. Sutton 2006: 4-5) und auf soziale Netzwerke im Internet, sogenannte Social Network Services (SNS), verlegt. Schließlich entdeckten auch die traditionellen Medien das Potential ihrer Rezipienten. Augenzeugenberichte der Katastrophen des 11. September 2001, des Tsunamis 2004 oder der Bombenanschläge in Madrid (2004), London (2005) und Moskau (2010) fanden ihren Weg aus dem Internet in die Printmedien. Viele Medien (z. B. Bild, Stern, Associated Press) rufen ihre Rezipienten mittlerweile gezielt dazu auf, Themenvorschläge, Berichte, Fotos und Videos an die Redaktionen zu schicken. Während der Internetnutzer für die traditionellen Medien häufig nur ein Informationslieferant ist, etabliert sich im Internet neben der professionellen Berichterstattung eine ganz eigene Nachrichtenkultur, die fast ausschließlich von den Beiträgen der Rezipienten – zum größten Teil journalistische Laien – lebt. Vorreiter war die koreanische Nachrichtenseite OhmyNews, auf der jeder Internetnutzer zum Journalisten werden kann. Sie gilt als das herausragendste Beispiel des modernen Bürgerjournalismus (vgl. Sutton 2006: 8). In Deutschland lassen seit einigen Jahren unter anderem die Süddeutsche Zeitung, die Rheinische Post und das Magazin Neon ihre Leser im Internet zu Wort [...]
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