Australien
Temperatursturz in Sydney
Sydney, 6.-9. September
Es ist kalt und es regnet sturzbachartig, als wir morgens um sieben in Sydney ankommen. Seit dem 1.9. hat hier offiziell der Frühling begonnen, aber die meisten Bäume sind noch kahl. Die Temperaturdifferenz von 20 Grad stecken wir ganz gut weg und auch der 9-stündige Flug ist sehr ruhig. Wir fliegen zum ersten Mal mit Qantas und sind beeindruckt, dass es nur männliches Kabinenpersonal gibt. Angekommen im Familienzimmer der Jugendherberge stellen wir schnell fest, wie sich die Welt um uns verändert hat. Ab jetzt sind wir wieder Selbstversorger, gehen in den Supermarkt einkaufen und versuchen das Preisniveau zu verdauen. Die Jugendherberge liegt direkt im alten Hafengebiet mit einem grandiosen Blick auf die Oper von Sydney. Wir spazieren ein bisschen durch „The Rocks“, bestaunen die schönen viktorianischen Häuser und betreten mit dem Queen Victoria Building schon wieder eine Shopping Mall. Allerdings wird schnell klar, dass wir aus Australien kein Paket nach Hause schicken werden.
Das Highlight des ersten Tages sind, auch wenn es im Vergleich mit dem wundervollen Sydney sonderbar klingt, Jans Spaghetti mit Pesto in der Jugendherbergsküche. Nach so viel Verwöhn-Programm tut es gut, wieder selbst zu kochen.
“The Rocks“ ist der älteste Stadtteil Sydneys und auch am zweiten Tag noch faszinierend genug, um das Umfeld, den Hafen und die Harbour Bridge weiter zu erkunden. Das „Sunday-Funday Ticket“ verspricht freie Fahrt auf allen Fähren für nur 2,50 Dollar und so „cruisen“ wir ein bisschen durch den Hafen, bevor wir mit der Fähre nach Manly fahren, ein hübscher Vorort von Sydney, direkt am Meer gelegen und beliebtes Naherholungsgebiet für so genannte Aussies (und Touristen wie uns). Wir haben Glück, denn Peter und Claudia, ehemalige Arbeitskollegen, die jetzt in Sydney leben, haben uns zu sich nach Hause eingeladen. Es gibt leckeren Apfelkuchen und abends Kartoffelbrei, Gemüse und Fleisch. Plötzlich fühlen wir uns wieder wie zu Hause. Es ist wunderbar, so tolle Gesellschaft zu haben und Mika spielt glücklich mit Niklas und Jonas, beide genauso alt wie er. Da wir wieder mit der Fähre zurück müssen, endet der Abend leider viel zu früh. Dafür werden wir aber mit einem tollen Nachtblick auf die Oper belohnt. An dieser treibt Jans Hut am nächsten Tag einsam vorbei und erhascht vielleicht noch einen Blick auf Bob Dylan, der an diesem Abend in der Oper ein Konzert gibt. Eine weitere Kopfbedeckung verlässt uns aufgrund eines unvorhergesehenen Windstoßes. Sämtliche Versuche, vorbeifahrende Schiffe zur Seenotrettung zu bewegen blieben erfolglos. Jan und ich stehen vor einer schwierigen Entscheidung: es gibt noch ein paar Karten in der letzten Reihe für 159 Dollar - sollen wir diese vielleicht letzte Gelegenheit nutzen, den großen Meister zu sehen (wir wissen, wie exzentrisch er ist, und dass er so manches Konzert auch mal nach 45 Minuten beendet)? Nicht nur aufgrund der immer noch vorherrschenden Trauer über den Hut, immerhin der dritte Hutverlust seit Abreise, entscheiden wir uns dagegen. Stattdessen sehen wir uns die Kunstwerke der Aborigines im Museum an und am Abend genießen wir den grandiosen Blick von der Dachterrasse der Jugendherberge auf die Oper. Ein guter Entschluss, denn wir werden in den nächsten drei Wochen noch ein paar Aussie-Dollar brauchen.
Don is Don, Don is good
Cairns bis Mossman, 9.-11. September
Nach vier Tagen in Sydney fliegen wir weiter nach Cairns, einer touristisch gut erschlossenen Stadt im Norden von Queensland, der man auch nachsagt, von Deutschen überbevölkert zu sein (wir können dieses Gerücht nicht bestätigen). Die feuchten Tropen haben uns wieder, mit dem Unterschied, dass derzeit Trockenzeit ist und wir uns an angenehmen Wintertemperaturen (25 Grad) und strahlendem Sonnenschein erfreuen dürfen. Darauf sind die Queensländer stolz, denn so steht es auf jedem Nummernschild: Queensland – The Sunshine State. Direkt nach dem Flug holen wir unser Zuhause für die nächsten drei Wochen ab: Jucy, ein Traum in froschgrün mit aufgedruckter Blondine auf der Kühlerhaube! Ich finde, hier hat der Marketingexperte ein Trauma auskuriert. Am Anfang fragen wir uns noch, wie wir unser Gepäck und uns am besten stapeln. Beim Jucy Condo handelt es sich um einen so genannten „Budget Camper“, der bis zu vier Personen beherbergen kann. Auf geht es mit Automatikgetriebe in den Linksverkehr. Ich bin erleichtert, dass Jan die Jungfernfahrt übernimmt. Zum Glück konnten wir uns in Thailand beim Taxi fahren mit der verkehrten Welt vertraut machen. In Australien ist ja sowieso alles anders herum.
Wir fahren Richtung Norden, bis wir den ersten schönen Campingplatz an einem der phantastischen Strände Queenslands finden, Ellis Beach. Obwohl wir die nächsten 2600 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h Richtung Süden (Ziel: Sydney) fahren sollten, entschließen wir uns zu einem weiteren Abstecher von 250 km Richtung Norden, bis zum Daintree Nationalpark. Über den Captain Cook Highway geht es hinauf zum Kap Tribulation (danach wird die Straße zur Schotterpiste und Jucy geht ins Altenheim). Cook ist der offizielle Entdecker von Australien, aber natürlich waren die Aboriginals und ein gutes Dutzend Walfänger schon vor ihm da. Cairns lassen wir schnell links liegen, denn die Ausflüge ins Great Barrier Reef sind für uns vier einfach zu teuer. Wir entscheiden uns stattdessen zu einem späteren Zeitpunkt für die Whitsunday Islands, denn auch diese sind nur kostspielig per Boot erreichbar. An meinem Geburtstag lassen wir uns früh auf dem Pinnacle Campingplatz kurz hinter Mossmann nieder. In Mossmann wird Zuckerrohr angebaut, ein eher beschaulicher Ort, kurz vor der Grenze zum Nationalpark. Der Campingplatz ist herrlich leer und der Platzwart, nennen wir ihn “Don“, sehr authentisch. Auf meine Frage, ob man hier im Meer gut schwimmen kann, antwortet er in breitem Aussie Dialekt: “Our beach is not the best for swimming, crocodiles are crossing frequently, there may be sharks as well – therefore we have a pool!” Wir brechen verlegen in hysterisches Gelächter aus. Don ist gut und schenkt uns free WiFi. Der erste Strandspaziergang führt uns weit hinter die Wasserlinie…
Dons Paradies ist vielmehr ein Vogelparadies – hier finden wir das Gefiepe und Geschnatter, welches wir seit Khao Sok vermisst haben. Das Vogelkonzert am Monga Beach ist gewaltig, rekordverdächtig und uneingeschränkter Star ist dabei der „lachende Hans“, dessen Stimme der Geräuschkulisse einer Horde Menschenaffen ähnelt und die sich erbarmungslos in unsere Gehörwindungen bohrt. Endlich verstehen wir, das mit dem „Kookaburry“, der im „old gum tree“ sitzt, nicht der Kakadu, sondern der lachende Hans gemeint ist… merry, merry king of the bush is he! Ohne einen Schritt in den Daintree NP gelaufen zu sein, sehen wir bereits jetzt viele interessante Tierarten: Papageien, Pfaue, King Fisher (Eisvogelverwandte) und Thermometerhühner. Letztere häufen Laubhaufen auf, um ihre Eier darin auszubrüten, mit dem Schnabel wird dann regelmäßig mal nachgemessen, ob die Küken schon „gar“ sind. Das ist praktisch, so können doch Vater- und Mutterhuhn die ganze Zeit herumscharren, wie Hühner das nun mal gerne tun. Zum Abschluss noch etwas Erstaunliches: Morgens um sieben trifft Jan auf Australier, die mit ihren Hunden direkt an der Wasserlinie entlangspazieren und ihre Boote zu Wasser lassen. Wir vermuten, dass der Hund als natürliches Schutzschild vor Krokodilangriffen dient!
Suchtrupp im Dschungel
Daintree NP / Atherton Tableland, bis Airlie Beach. 12-17. September
Am darauffolgenden Mittag passieren wir mit der Fähre den Daintree River – Achtung Krokodile – die übliche Warnung an jeder Ecke. Wir aber hoffen Kasuare zu sehen. Kasuare sind sehr nahe verwandt mit den Dinosauriern und lebende Fossilien, die man nur selten zu sehen bekommt. Weltweit gibt es nur noch 1200 der straußenähnlichen Vögel. Zahlreiche Schilder weisen uns daraufhin, dass das Überfahren eines solchen eines der schlimmsten Vergehen in Australien sei. Wir klammern uns verzweifelt ans Steuer und acht Augen versuchen gleichzeitig Straße und Unterholz abzusuchen. Die Ausblicke auf das Meer und die Küste sind im Daintree NP einfach atemberaubend. Kilometerweit unverbaute Strände, an die der älteste Regenwald der Welt (dieser Titel scheint mehrfach vergeben zu sein) direkt angrenzt. Unser erster Stopp gilt dem Rainforest Discovery Center. Man kann dort, ausgerüstet mit Audio Guides, viel über den Regenwald erfahren und mit etwas Glück auch Kasuare im Reservat sehen. Leider sehen wir keine, aber Mika saugt die deutschsprachigen Informationen auf und freut sich über die tolle Aussichtsplattform, die bis in das Blätterdach reicht und Einblicke in den Stockwerksbau des tropischen Regenwaldes gibt. 150 verschiedene Baumarten pro Hektar erschaffen eine unglaubliche Artenvielfalt, wie man sie im Regenwald erwartet. Wunderschöne Schmetterlinge sind zu sehen...