Die meisten Markenartikelhersteller kennen ihre Kunden und deren Kaufverhalten sehr genau, da diese von renommierten Instituten schon über einen sehr langen Zeitraum erforscht wurden. Das Kundenverhalten im Internet wird erst seit vergleichsweise kurzer Zeit erforscht, da das Internet erst in den 80er-Jahren entwickelt wurde und seine Boomzeit Mitte bis Ende der 90er-Jahre hatte. Dafür liegen hier bereits sehr detaillierte Ergebnisse vor, was durch die höhere Auswertbarkeit des Kundenverhaltens im Internet und die elektronischen Instrumente möglich ist. Dieses Know-how über die Kunden im Internet ist unter Marketingfachleuten und Unternehmensentscheidern noch nicht sehr weit verbreitet. Im Folgenden wird dann der aktuelle Stand des Wissens über die Kunden im Internet beschrieben.
Um Unterschiede von Kundentypen, Kundenverhalten und Mediennutzung zu verdeutlichen, wird hier ein kurzer Überblick über allgemeines Wissen zu den Kundentypen und klassischen Medien gegeben.
Dass die Menschen und damit die Kunden in Deutschland immer älter werden und es immer weniger junge Menschen und weniger Familien mit Kindern gibt,[5] ist nicht erst seit der Bundestagsdebatte zur laufenden Reform des Gesundheitssystems bekannt.
Abbildung 1: Demografische Entwicklung in Deutschland von 1890 bis 2025
Quelle: Max-Planck-Institut für demografische Forschung, „DEMOGRAFISCHE FORSCHUNG“ 2006, Jahrgang 3, Nr. 1, Seite 1
Die Ansätze der Marketingstrategen, die Kundengruppe „fünfzig-plus“, aktive, konsumfreudige und gut situierte Senioren, zu erreichen, sind so alt wie die Erkenntnis, dass sich der Anbietermarkt der Nachkriegszeit in einen Nachfragermarkt im Zeitalter der Medien gewandelt hat.
Allerdings sind diese groben Informationen allein für die genaue Ansprache von Kunden ungeeignet. Und deswegen bedienen sich Markenartikelhersteller der Leistungen bekannter Firmen wie z.B. der GfK, die über lange Jahre ein Consumerpanel aufgebaut hat und in ihrem Geschäftsfeld „Consumer Tracking“ regelmäßige Informationsservices anbietet. Diese basieren auf kontinuierlichen Erhebungen und Analysen von Einkaufsentscheidungen und -verhaltensweisen von Verbrauchern. Die periodischen Berichte weisen unter anderem Standard-Kennziffern zur Entwicklung des Konsums von Marken und Produkten, zum Käuferkreis der eigenen Produkte von Markenartikelherstellern und der von Wettbewerbern, zu Markenloyalität und Einkaufsstättenpräferenz sowie zur Wirkung von Preisänderungen aus.[6]
Zusätzlich gibt es Firmen wie Nielsen Media Research, die für Markenartikelhersteller zu den Werbeaufwendungen sämtliche Details einer Werbekampagne auswerten: Dies sind z.B. die Werbeform, der Motivtext, die Anzahl der Schaltungen, die Spotlänge, das Anzeigenformat, die Anzeigenfarbe usw.[7]
Um den Kunden für die Produktentwicklung sowie in der Media-Planung und für die Kampagnen noch greifbarer zu machen, werden Kunden als Typen beschrieben bzw. klassifiziert. Eine der bekanntesten Klassifizierungen der Kundentypen sind die Sinus-Milieus, die Konsumenten nach ihrem Lebensstil bzw. den zugrunde liegenden Werten, erkennbarem Verhalten, Lebenswelt, also nach den geäußerten Einstellungen gruppieren.[8] Da gibt es z.B. Erika, die aufgeschlossene Häusliche, die auf ein pflichterfülltes Leben zurückblickt, oder Michael und Michaela, die Aufstiegsorientierten, für die Erfolg und Selbstverwirklichung im Beruf wichtiger sind als Familie und Freizeit.[9] Daneben gibt es jede Menge undifferenzierte Typologien wie die Yuppies (Young Urban Professionals), die Mobys (Mummy older, Baby younger), die Global Kids uvm., die einzelne Kundentypen beschreiben sollen.
Einen der neueren Versuche, Kunden in Typen zu beschreiben, um Rückschlüsse auf ihre Vorlieben, Kaufverhalten und auch ihre Mediennutzung ziehen zu können, hat das Unternehmen Schober Business Information unternommen. Hier wird der Ansatz der Typisierung über das Modell des Lifecycles verfolgt.
Die Lifecycle-Segmentierung teilt die Kunden in sechs Typen ein: Weltoffene Etablierte, Bodenständige, Aktive Mitte der Gesellschaft, Innovative Aufsteiger, materiell orientierte Arbeiter und Angestellte sowie Konsumeinsteiger.
Die innovativen Aufsteiger beispielsweise werden von Schober wie folgt beschrieben: „Die typischen Vertreter dieser Gruppe haben eine gute Ausbildung und bereits jetzt oder künftig ein hohes Einkommen. Sie genießen ihre Freizeit und zeigen dies durch überdurchschnittlichen und bisweilen auch demonstrativen Konsum.“ Die innovativen Aufsteiger werden in weitere 15 Feintypen unterteilt, die sich beispielsweise in der Mediennutzung, in der Freizeitgestaltung, in den körperlichen Aktivitäten oder in den Fernsehgewohnheiten unterscheiden.[10]
In Bezug auf die neue elektronische Marketingkommunikation wird eine Typisierung hinsichtlich der Mediennutzung besonders interessant sein. Sie allein reicht allerdings nicht aus, um seine Kunden auch wirklich zu finden und richtig anzusprechen, denn neben der Mediennutzung ist das Wissen über das Kaufverhalten notwendig. Wie sieht es zum Beispiel bei den Modekäufern und ‑käuferinnen aus, wie ist deren Mediennutzung, bei den prestigeorientierten Angepassten oder den jungen Modebegeisterten?[11] Es scheint für die Praxis sinnvoller zu sein, die Kunden der eigenen Produkte auf ihre Nutzung der einzelnen Medien hin zu erforschen.
Es gibt in der Literatur eine Vielzahl von Modellen und Erklärungsansätzen, die das Kaufverhalten und den Entscheidungsprozess der Kunden beschreiben. Allen gemein ist, dass an ihrem Anfang die Kommunikation des anbietenden Unternehmens steht, mit dem Zweck der Werbung, der Verkaufsförderung, der Öffentlichkeitsarbeit oder dem persönlichen Verkauf. Das älteste,[12] vermutlich bekannteste und schlichteste Modell, die Wirkung bzw. Funktionsweise von Werbung zu beschreiben, ist das AIDA-Modell. AIDA steht für Attention, Interest, Desire and Action und soll die Wirkungsstufen, die zur Kaufentscheidung beim Kunden führen, beschreiben.[13] In einer Zeit, in der eine zunehmende Anzahl von Anbietern um die Aufmerksamkeit der Kunden kämpft, die eine größere Anzahl von Medien nutzen und über eine höhere Markttransparenz verfügen, sind detaillierte Ansätze nötig, um die Realität erklärbar und verständlich zu machen.
Die Realität und die Medien der Kunden sind komplexer geworden,[14] und deswegen scheint im Zeitalter der Informationstechnologie das Erklärungsmodell des Konsumentenverhaltens von Engel, Kollat und Blackwell zeitgemäßer zu sein als das AIDA-Modell. Es zeigt die Zusammenhänge einer Vielzahl von Faktoren auf, die zur Kaufentscheidung und zur Zufriedenheit oder zur Dissonanz führen, die wiederum Auswirkungen auf die Erfahrung des Kunden haben und weitere Kaufentscheidungen beeinflussen.
Grundsätzlich kann man die Elemente des Modells in drei Bereiche unterteilen. Als erstes der Bereich der Informationsaufnahme und ‑verarbeitung, als zweites der Bereich der Einflüsse und Werte des Kunden, und als drittes steht in der Mitte der Bereich der Entscheidungsphase, die von den wahrgenommenen Umwelteinflüssen, von der allgemeinen Motivation des Kunden und von seinen Bewertungsvorgängen beeinflusst wird.
Abbildung 2: Erklärungsmodell des Konsumentenverhaltens von Engel, Kollat
und Blackwell
Quelle: Meffert H., in Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 9. Auflage, Gabler Verlag. Wiesbaden, 2000, Seite 133
An diesem Modell ist zu erkennen, dass Konsumentenverhalten sich kontinuierlich verändern kann und nicht in wiederkehrenden Schritten oder Stufen erfolgt.
Gerade der Übergang von der Phase des Informationsinput zur Phase der Informationsverarbeitung ist m.E. die Achillesferse der neuen Marketingkommunikation in Anbetracht zunehmender Reizüberflutung und verteilter Aufmerksamkeit der Konsumenten. Dies muss in der Marketingkommunikation berücksichtigt werden. Die Werbetreibenden müssen den Kunden zielgenau ansprechen, d.h. mit den richtigen Botschaften zum richtigen Zeitpunkt, um eine maximale Werbewirkung zu erreichen.
Die einfachste Einteilung von Gütern bzw. Produkten findet sich in der Werbewirtschaft wieder, die Produkte primär in Konsumgüter, Investitionsgüter und Dienstleistungen unterscheidet.[15] Bei Dienstleistungen wiederum unterscheidet man...