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E-Book

Elisabeth von England

Biographie

AutorGertrude Aretz
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl213 Seiten
ISBN9783752854282
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Gertrude Aretz erzählt in ihrem spannend geschriebenen Porträt der Königin Elisabeth I. von England (1533-1603) von den Schlüsselerlebnissen im Leben einer Herrscherin, die 44 Jahre lang regierte. Elisabeth von England war die große Gegenspielerin der schottischen Thronanwärterin Maria Stuart. Sie war das letzte Mitglied der Tudor-Dynastie auf dem englischen Thron. Das nach ihr benannte »elisabethianische Zeitalter« brachte für England großen Fortschritt: die Werke von William Shakespeare, die Weltumseglung Francis Drakes, und die wissenschaftlichen Fortschritte durch Francis Bacon. Auch legte Elisabeth I. von England die Grundlagen für die starke Position Englands im Welthandel.

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Leseprobe

Erstes Kapitel. Heinrich VIII. und Anna Boleyn


Vielleicht war Elisabeths Geburt bereits der Auftakt zu dem tragischen Ende ihrer Mutter. Heinrich VIII. hatte den Erben seines Thrones erwartet. Eine Tochter wurde ihm an seiner Statt am 7. September 1533 in Greenwich geboren. Trotz des maßlosen Jubels der Londoner Bevölkerung, trotz der pompösen Tauffeierlichkeiten, die monatelang darauf folgten, war die Geburt dieses Kindes eine gewisse Enttäuschung für Heinrich. Die schöne Anna Boleyn hatte seine Hoffnungen nicht erfüllt, wenn auch die Aussicht bestand, daß sie später ein zweites Kind, einen Sohn, zur Welt bringen könne. Er hätte aber gerade in dem ersten Kind der geliebten Frau gern den Träger seiner Dynastie gesehen. Hatte er nicht hart genug darum gerungen? Um Anna auf den englischen Thron zu setzen, hatte es Heinrich auf den Bruch mit Rom ankommen lassen und seine zwanzigjährige Ehe mit Katharina von Aragon eigenmächtig geschieden. In Westminster ließ er die neue junge Königin krönen, was keiner Frau nach ihr wieder geschah. Annas bezaubernde Jugend, ihr heißes Temperament, ihre dunklen Augen, ihre unvergleichliche Schönheit berauschten Heinrich. Sechs Jahre kämpfte er um sie, ehe er sie zu sich erheben konnte. Und dann erlebte sie doch nur ein relativ kurzes Glück an seiner Seite. Ehe sie seinem Begehren nachgab, hatte er versichert, sie »aufrichtig zu lieben und zu ehren und ihr immerdar zu dienen«. Das schrieb er ihr. »Ich beschwöre Euch«, bat er flehentlich, »in diesem selben festen und beständigen Vorsatz zu beharren, und ich versichere Euch, daß ich meinerseits es Euch nicht nur geziemend vergelten, sondern Euch womöglich noch an Treue des Herzens übertreffen werde.«

2. Anna Boleyn, Mutter der Königin Elisabeth
Stich nach einem Gemälde von Holbein

Die junge Hofdame der Königin forderte eine hohe Gegenleistung. 1526 wurde Anna Boleyn Heinrichs Geliebte unter der Bedingung, daß er sich von Katharina scheiden lasse. Heinrich selbst wünschte es. Er brauchte einen Erben. Von der jungen schönen Anna, die er liebte, hoffte er ihn zu bekommen. Der Preis ihrer Gunst sollte die englische Krone sein. Zäh verfolgte Anna ihren Plan. Endlich, am 25. Januar 1533, erreichte sie ihr Ziel, nachdem Heinrich einen jahrelangen, hartnäckigen Kampf mit dem Papst geführt hatte. Die römische Kirche lehnte es ab, auf die unzulänglichen Gründe hin die Scheidung über seine erste Ehe auszusprechen. Er aber hielt fest an dem Versprechen, das er der Geliebten gegeben. Er schuf die englische Hochkirche! Der Bruch mit Rom war endgültig. Er brauchte bald weder Dispens noch Einwilligung des Papstes mehr, um seine neue Königin zum Throne zu führen.

Und doch war es noch zu früh, um alles öffentlich geschehen zu lassen. Ganz im Geheimen fand im Schloß York, dem heutigen Whitehall, die Trauung Heinrichs mit Anna Boleyn statt. Es war Eile geboten. Sie war guter Hoffnung. Sie trug das Kind unter dem Herzen, das einst bestimmt war, Englands größte Königin zu werden. Es waren nur drei Zeugen bei der Trauung anwesend. Rowland Lee, Bischof von Lichfield, traute das Paar im guten Glauben, denn der König hatte ihm die Versicherung gegeben, er habe endlich vom Papst Dispens und die Auflösung seiner ersten Ehe erlangt. Nur wolle er vorläufig alles Aufsehen um dieses Ereignis vermeiden. Deshalb müsse die Trauung in aller Stille vollzogen werden. Und so geschah es. Erst vier Monate später, im Mai desselben Jahres, wurde Heinrichs Ehe mit Katharina von Aragon für nichtig erklärt, aber nicht durch den Papst, sondern durch Heinrichs Willkür, als Oberhaupt der neuen Hochkirche, zu dem er sich aber offiziell erst im Jahre 1534 erklärt. Der kürzlich vom Papst zum Erzbischof von Canterbury erhobene Thomas Cranmer ist die Haupttriebfeder der ganzen Intrige und sein Stellvertreter.

Im Juni darauf wird Anna Boleyn gekrönt mit allem Pomp, der in England bei derartigen Ereignissen, an denen das ganze Volk teilnimmt, üblich ist. Nun ist sie anerkannte Königin. Bald steht das Ereignis bevor, das Heinrichs sehnlichsten Wunsch erfüllen soll. Es ist eine Tochter, kein Sohn! Heinrichs Leidenschaft für Anna scheint von diesem Augenblick an im Verblassen. Neue Liebesabenteuer des Königs rufen heftige Auseinandersetzungen zwischen ihm und ihr hervor. Sie liebt ihn. Sie will sich ihn nicht entreißen lassen. Ihr beleidigter Stolz, ihr heißes Temperament reißen sie zu Szenen hin. Er bedeutet ihr brutal, sie solle sich nicht in seine Privatangelegenheiten mischen. Sie solle bedenken, was sie gewesen sei. Trotzdem sie jetzt Königin sei, könne er sie wieder in die Tiefe, in das Nichts stürzen. Anna schäumt. Eine ihrer jungen Hofdamen erregt besonders ihre Eifersucht. Sie weiß, was ihr bevorsteht. Wie ihre eigene Jugend über die ältliche Katharina von Aragon einst triumphierte, so wird jetzt Jane Seymours Schönheit die noch junge Anna von des Königs Seite verdrängen und sich den Platz an der Sonne sichern. Heinrich wirft die Frauen weg, wenn er sie satt hat, wenn ein neues Abenteuer, neue Liebesleidenschaft lockt. Ihm wird es auch diesmal nicht schwer werden, einen Grund zu finden, um Anna Boleyn, seine Königin, loszuwerden. Es sind gewisse Leute um ihn, die längst Anna ihr Glück neiden. Verrat und Mißgunst erfassen den günstigen Augenblick und kommen dem König in seinen Absichten entgegen. Nichts wird leichter und schneller wahrgenommen als das vergehende Interesse eines Mannes für eine Frau. Haß, Neid, Ehrgeiz bemächtigen sich des nur noch an einem Faden hängenden Glücks. Es ist jetzt nicht mehr schwer, es ganz zu zerstören.

So skrupellos Heinrich selbst in Liebesangelegenheiten ist, er duldet nicht, daß die Frauen ihn betrügen. Der leiseste Verdacht kann ihm genügen oder zum Vorwand dienen, ein junges Leben zu verderben, das ihm im Wege steht. Frivolität und Ungebundenheit bei Frauen liebt er nur, so lange sie seinem persönlichen Vergnügen dienen, ihn ergötzen. Erfahrung und seine eigenen Gelüste machen ihn mißtrauisch und ungläubig. Es bedarf keiner großen Beweise, Heinrich von der Untreue und den Ausschweifungen einer Frau zu überzeugen. Sein Hof ist nicht dazu angetan, aus den Frauen, die in seiner Sphäre leben, unantastbare Wesen zu machen. Liebesverhältnisse verheirateter Frauen sind keine Ausnahme. Die Männer sind hemmungslos im Lebensgenuß, auch eine Königin ist für sie nicht unerreichbar. Intrige und Böswilligkeit sind Heinrich bereitwillige Helfer, das Glück der jungen Königin an seiner Seite zu untergraben. Er schenkt den Einflüsterungen nur zu gern Gehör, denn schon ist Anna ihm für seine Liebe zu Jane Seymour unbequem. Was ihm einst an Anna gefiel: ihre Koketterie, ihr leichtes, fast französisches Temperament, ihre fröhliche Ausgelassenheit, stößt ihn plötzlich ab. Er findet sie oberflächlich, keck. Er findet die Ansicht der Feinde Annas bestätigt, daß die Königin sich ihrer Würde nicht bewußt sei und allzu viel Frivolität an den Tag lege. Er sieht ihre entzückende Schönheit nicht mehr, ihre Jugend gilt ihm nichts mehr – sie ist jetzt 28 Jahre alt! Sein Interesse für Anna ist erloschen. Bald legen sich die Höflinge, als sie merken, daß der Einfluß der Königin auf ihren Gemahl von Tag zu Tag geringer wird, keinen Zwang mehr auf. Unumwunden sprechen sie zu Heinrich von dem zügellosen Leben, das Anna vor und während ihrer Ehe mit ihm geführt hat. Der intrigante Thomas Cromwell, des Königs Geheimsiegelbewahrer, besonders tut alles, um Anna zu vernichten. Die so schnell zu Ruhm und Glanz Gelangte hat böse Feinde. Manchem am Hofe hat sie den Einfluß auf den König geschmälert, manchem hat sie die Staatskarriere verdorben. Die Katholischfühlenden hat sie mit Arroganz und Hochmut behandelt. Jetzt rächen sich besonders die, die sich durch den Protestantismus der Königin beleidigt sehen und ihre Übermacht fürchten. Kein Mittel ist Annas Feinden zu schlecht, um ihr Heinrichs völlige Ungnade zu verschaffen. Man geht so weit, sie der Blutschande mit ihrem Bruder, Lord Rochfort zu beschuldigen. Heinrich glaubt es, ohne Beweise dafür zu haben. Fünf andere Männer werden genannt, denen die Königin ihre Gunst schenkte. Bei zweien scheint der Beweis augenscheinlich. Der Sänger und Tänzer Mac Smeaton und Lord Norris. Beide kommen in den Tower. Alle erwartet das Schafott. Bis zum Tode leugnet Lord Norris als echter Ritter jede Schuld Annas. Der Tänzer allein gesteht einiges, um der qualvollen Folter zu entgehen. Man weiß nicht, ob er in seiner Todesangst die Wahrheit spricht. Aber auch ihm nützt das Geständnis nichts. Auch ihn trifft des Henkers Beil.

Die Renaissancemenschen setzen ihren Leidenschaften selten Schranken. Heinrich genügen diese Sühneopfer zweier Menschenleben nicht. Sein Herz sinnt auf noch mehr Rache. Anna Boleyn, die er zur Königin hat krönen lassen, hat ihm in den Augen der Welt die Schande des Ehebruchs angetan. Sie hat sich in seinen Augen als Dirne benommen. Dafür muß sie büßen. Seine erste Frau hat er verstoßen, weil er einen Sohn wünschte, sie ihm aber ein Mädchen gebar. Er hat sie verstoßen, weil sie ihm nicht mehr gefiel, weil sie alt wurde. Die zweite, kokett, genußsüchtig, schön und jung, gefällt ihm vielleicht in seinem Innern noch, aber auch sie hat ihm nicht den von Wahrsagern prophezeiten Thronerben geschenkt. Es muß eine andere sein, die das Orakel erfüllt. Er will und kann aber Anna nicht ihrem Leben der Freude und des Genusses überlassen. Wohl hat er ihre Liebhaber beseitigt; sie wird sich andere nehmen, wenn Heinrich sich von ihr scheiden ließe. Daher muß Anna sterben. Anfangs zwar gibt es zwischen den furchtbaren Szenen des Königs und der Königin immer wieder Versöhnung. Anna ist...

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