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E-Book

Endlich einmal leben...

Autobiographie

AutorHorst Henkel
VerlagGoethe-Werkstatt für literarisches Schreiben
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl193 Seiten
ISBN9783940178985
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
'Das erste Leben ist die Wirklichkeit, das zweite Leben die Erinnerung', so heißt es in der vorliegenden Autobiographie von Horst Henkel. Diese Einsicht in Anlehnung an den großen kolumbianischen Schriftsteller Gabriel Garcia Marquez ist einer Wirklichkeit geschuldet, die schier übermenschliche Herausforderungen an Henkel stellt. Diese beginnen bereits im Frühling seines Lebens: 9 Jahre lang liegt er allein in einem Gipsbett, am ganzen Körper gefesselt. Wie er die Gezeiten dennoch überlebt und sie später sogar gestaltet, grenzt an ein Wunder. Eine beeindruckende Geschichte, die uns nicht berührt, sondern mitreißt...

Mit dem hier vorliegenden Titel 'Endlich einmal leben' legt Horst Henkel seine erste Veröffentlichung in der GOETHE-Werkstatt vor. Er lebt in Mittelhessen und ist ein leidenschaftlicher Schreiber... Alles andere steht in seiner Autobiographie...

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Leseprobe

Teil 2


Recherche und Suche nach den sterblichen Überresten meines Vaters in Russland


In Memoriam


In Ehrfurcht gedenke ich meines Vaters,

Willi Karl Henkel, geb. am 29 Januar 1917,

Obergefreiter im 364. Infanterie-Regiment

der 161. Infanterie-Division,

gefallen am 30/31. Juli 1942

zwischen Kromsino und Batjukowo/Russland.



Gedenktafel in Breidenstein

Allgemeines


Immer wenn ich im Wehrpass meines Vaters die vom Kompanieführer eingetragenen schriftlichen Kriegshandlungen lese, verstärkt sich der Wunsch in mir, über diese Handlungen genaue und authentische Informationen haben zu wollen.

Ich möchte möglichst ausführliche Kenntnisse darüber haben, was mein Vater im Krieg aushalten, mitmachen und erleiden musste. Auch möchte ich genau wissen, wo sein Todesort ist und wo seine sterblichen Überreste liegen. Der Stellungskrieg um die Städte Rshew und Subzow entwickelte sich zu einer regelrechten Material- und Menschenschlacht. Die Kampfhandlungen wurden mit einer noch nie dagewesenen Härte und Grausamkeit geführt. Die Schlacht um Rshew forderte mehr Menschenleben als die Schlacht von Stalingrad. Durch die harten und andauernden Kriegshandlungen war es der deutschen Wehrmacht nicht möglich gewesen, meinen Vater zu beerdigen. In den russischen Wäldern liegen noch heute zahlreiche unbestattete Soldaten des Zweiten Weltkrieges. Von den meisten sind inzwischen keine Spuren mehr zu finden. Durch meine Recherche habe ich, mit Hilfe des Internets, den Todesort meines Vaters relativ eng eingrenzen können, was für mich ein kleiner Trost bedeutet. Sollte ich niemals an seinem Grabe stehen können, so weiß ich wenigstens, wo seine Gebeine ruhen.

Um an solche informativen Informationen zu kommen, war das Internet eine hervorragende Quelle. In den vielen Suchforen, die es dort gibt, werden von vielen suchenden Angehörigen allerlei Erfahrungen und Wissen ausgetauscht. Bei meinem Internetstöbern bin ich durch Zufall auf die E-Mailadresse taiger2000@mail.ru von Frau Julia Arefiev, die mit ihrer Familie in Leningrad (früher Stalingrad) lebt und sich ebenfalls in verschiedenen Internetforen eingetragen hat und sich um Aufklärung von Kriegsschicksalen auf russischer und deutscher Seite bemüht. Mit Hilfe von Frau Arefiev bekam ich Kontakt zu Frau Julia aus Österreich und zu den beiden Schwestern Tatjana und Ludmila aus Moskau, die ebenfalls bemüht waren, das Schicksal ihres Großvaters Ilja Romanowitsch Denissow, geb. 1909, aufzuklären. Großvater Denissow ist zwischen Dezember 1941 und Ende Februar 1942 im gleichen Gebiet zwischen Kromsino und Batjukowo, in dem mein Vater gefallen ist, vermisst. Beide Frauen wollen mich bei meiner Suche unterstützen und von russischer Seite aus Informationen sammeln. Als Gegenleistung erwarten sie von mir, dass ich auf deutscher Seite Informationen über ihren vermissten Großvater einhole.

Die letzten Eintragungen im Wehrpass meines Vaters über den Ostfeldzug gegen Russland stammen von einem Leutnant und Kompanieführer Wormser. Je mehr ich über diese Eintragungen nachdachte, kam mir der Gedanke, auch über Herrn Wormser Informationen einzuholen. Bei diesen Recherchen bin ich auf den Namen Leutnant Helmut Emil Wormser aus Kleinsachsenheim/Baden-Württemberg gestoßen, der ab dem 28.08.1942 Kompanieführer der 7. Kompanie des Infanterie-Regimentes 364 war. Die Eintragungen im Wehrpass meines Vaters sind vermutlich von Leutnant Wormser später nachgetragen worden, da mein Vater ja bereits Ende Juli 1942 gefallen war. Leutnant Wormser ereilte das gleiche Schicksal wie mein Vater, er fiel Ende August 1943 in der Nähe von Mirgorod zwischen Donez und Dnjeber und wurde als unbekannter Soldat auf dem Soldatenfriedhof Charkow/Südrussland beigesetzt.

Über das Einwohnermeldeamt Kleinsachsenheim konnte ich erfreulicherweise den noch letztlebenden Angehörigen (Neffe) Uwe Wormser ausfindig machen und Kontakt mit ihm aufnehmen. Daraus entstand eine kleine Brieffreundschaft.

Eine weitere gute Informationsquelle war das einzige Buch in der Literatur über die 161. Infanterie-Division „Das Kampfgeschehen der 161. Ostpreußischen Infanterie-Division von der Aufstellung 1939 bis zum Ende“.

Autor und Herausgeber: Gerhard Kippar, 1994.

Dieses Buch konnte ich als Fernleihe von der Gottfried Leibnitz Bibliothek, Hannover, über die Universitäts-Bibliothek, Marburg, ausleihen.

Anhand dieses Textes ist zu vermuten, dass folgende Offiziere dem 364. Inf.-Reg. angehörten:

Oberstleutnant Fritz Pauly, geb. am 10.03.1911 in Prantlack/Ostpr. - Familiengutsbesitzer von 200 ha -, gefallen am 26.08.1942 bei Tschuprowo/Rshew.

Leutnant August Stegmann, geb. am 24.05.1916 in Holdthausen, gefallen am 15.09.1942 bei Alexandrowo/Rshew.

Regiments-Kollege Erich Jünger aus Karlsbad, Hans-Heiligenstr. 169, 3. Kompanie Inf.-Reg. 364 vom 10.03.1942 bis 18.05.1942.

Kamerad Janis Krumeit, geb. am 04.12.1908 in Wirkutten/Ostpr., gefallen am 01.08.1942 zwischen Kromsino und Kolessnikowo, I.Bat.I.R.364.

Des Öfteren habe ich mich schon gefragt, ob ich überhaupt mein gesetztes Ziel erreichen kann. Nach über 10-jährigen Recherchen kommen langsam Zweifel auf. Nach Informationen aus Russland und dem Volksbund gestalteten sich die Sucharbeiten äußerst schwierig. Bei dem Gelände handelt es sich um ein sumpfiges Waldgebiet, die darin liegenden kleinen Dörfer sind nicht mehr bewohnt. Es gibt keine ortskundigen Bewohner mehr und die Zeitzeugen sterben aus.

Nach den mir vorliegenden Informationen will der Volksbund vorerst keine Aus-oder Umbettungen unter 50 Gefallene vornehmen. Danach ist zu vermuten, dass noch viele Jahre ins Land gehen werden, bis der letzte Soldat geborgen ist. Dadurch stellt sich für mich die Frage, ob überhaupt eine reelle Chance besteht, zu meiner Lebenszeit das Grab meines Vaters zu finden?

Was aber ist mit den Angehörigen, haben sie nicht ein Recht darauf, ihren Toten eine würdige Ruhestätte zu geben, solange sie noch am Leben sind?

Wie heißt es so schön: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Meine Motivation ist groß, und ich gebe die Hoffnung nicht auf, eines Tages am Ziel meines Wunsches zu sein und am Grab meines Vaters niederknien zu können, um ihm meine letzte Ehre zu erweisen.

Nach einer Kalkulation des Volksbundes liegen die Kosten einer Totensuche, Bergung, Identifizierung und Umbettung zwischen 80,00 und 130,00 € pro Grab.

Für eine jährliche Grabpflege werden zirka 10,00 € veranschlagt.

Für Namenseintragung in einem Steinwürfel zirka 15,00 €.

Um über das Schicksal meines Vaters möglichst viel herauszufinden, habe ich versucht, mir alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen. Die ersten Schritte, die ich unternahm, waren, die in Frage kommenden Behörden zu kontaktieren.

An erster Stelle stand die „Deutsche Dienststelle für Angehörige von Gefallenen der Deutschen Wehrmacht“ (WAST) in 13400 Berlin. Hier bekam ich die Auskunft über den militärischen Werdegang meines Vaters. Anhand dieser Unterlagen wurde mir die Bezeichnung der Erkennungsmarke und die zuletzt in Frage kommende Einheit, in der mein Vater diente, mitgeteilt. Aufgrund dieser Daten konnte ich dann beim Suchdienst Deutsches Rotes Kreuz in 81549 München um weitere Informationen über das Schicksal meines Vaters nachfragen.

Darüber hinaus habe ich bei folgenden Bundesbehörden weitere Anfragen gestellt:

VDK Kassel, Bundesarchive in Koblenz und Freiburg, sowie beim Militärischen Forschungsamt, 14411 Potsdam, Osteuropa-Institut, Regensburg.

Anfragen bei Städte- und Gemeindeverwaltungen, beim Generalkonsulat Russischer Föderation, Frankfurt, bei der Arbeitsgemeinschaft für Kameraden e. V., Stuttgart, sowie bei verschiedenen Verlagen nach entsprechender Literatur.

Auch habe ich mich nicht gescheut, Privatpersonen über das Internet anzusprechen.

Schwierigkeiten tauchten bei der Suche nach einer Kontaktperson direkt vor Ort in Rshew/Subzow auf. Das Kuratorium Rshew in 33098 Verl war so freundlich und hat mir durch ihren Geschäftsführer eine Kontaktadresse zur Kulturdezernentin Irena, Rshew, vermittelt.

Die quälende Ungewissheit, seine sterblichen Überreste nicht zu finden, beschäftigt mich sehr. Deshalb werde ich alles daran setzen, eine Reise nach Russland in das ehemalige Kampfgebiet meines Vaters zu unternehmen. Ich möchte gerne das Land und die Menschen, die dort wohnen, kennenlernen, um die vielen offenen Fragen beantwortet zu bekommen, was damals geschehen war. Das Grab meines Vaters zu finden wäre für mich der krönende Abschluss meiner Recherche. Wahrscheinlich schmücken jetzt wilde Gräser und Büsche seine Grabstelle. Sollte der Versuch scheitern, ihm eine würdige Ruhestätte zu besorgen, dann soll dieses Büchlein wenigsten ein ehrenhafter Nachruf für ihn sein.

Kindheit, Jugend, Berufsausbildung und Arbeitsdienst (RAD)


Mein Vater Willi Karl Henkel wurde am 29. Januar 1917 als jüngster Sohn von 3 Kindern in dem kleinen idyllischen Städtchen Breidenstein, Hauptstraße 49, am Rande des Rothaargebirges geboren.



Geburtsort Breidenstein im Januar 2012

Eingekeilt zwischen Perf und Lahn, ganz in der Nähe des Kreises Wittgenstein, liegt das kleine Städtchen Breidenstein.

In diesem Ort verbrachte er seine Kindheit und seine kurze Jugendzeit. Es ist ein kleines Städtchen, in dem zu dieser Zeit die Bewohner oftmals noch in ihren Trachten gingen, in denen die jungen Leute nicht selten aussahen wie alte Opas oder Omas....

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