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Enneaden

Vollständige Ausgabe

AutorPlotin
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl590 Seiten
ISBN9783849618650
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Die Enneaden sind eine Sammlung der Schriften des neuplatonischen Philosophen Plotin. Sie sind im Zeitraum von 253 bis 269 entstanden und wurden von dessen Schüler Porphyrios editiert und herausgegeben. Die Sammlung enthält sechs Enneaden, wobei eine Enneade neun themengleiche Abhandlungen beinhaltet. Plotin beschäftigt sich in seinen Abhandlungen mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen, sowohl mit der Astronomie (Enneade II,2: Über die Kreisbewegung des Himmels) als auch der Mathematik (II,8: Aus welchem Grunde das Entferntere bei dem Sehen kleiner erscheine, als es ist, das Nahe aber in seiner wahren Größe), sowohl mit der Ethik (I,9: Über die Unstatthaftigkeit der Selbsttötung) als auch mit der Ontologie (VI,1-3: Über die Gattungen des Seienden). Sein zentrales Thema ist allerdings das Eine im Sinne des höchsten Seienden. (aus wikipedia.de)

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Leseprobe

 


Erstes Buch. Ueber die Welt oder Ueber den Himmel


 


1. Wenn wir bei der Annahme, die Welt als eine körperliche sei ewig, sei stets gewesen und werde stets sein, die Ursache davon auf den Willen Gottes zurückführen, so werden wir damit zunächst vielleicht etwas wahres sagen, aber keine deutliche Erklärung liefern. Sodann könnte die Veränderung der Elemente und das Vergehen der auf Erden lebenden Organismen bei bleibender Form in derselben Weise vielleicht auch im Universum stattfinden, insofern der Wille dazu im Stande ist, bei stets entfliehendem und fliessendem Körper dieselbe Form bald diesem bald jenem beizulegen, dergestalt dass nicht die numerische Einheit für immer erhalten bliebe, wohl aber die Einheit der Form nach. Indessen warum sollte diesen Dingen in dieser Weise bloss der Form nach die Ewigkeit zukommen, die Dinge am Himmel aber und der Himmel selbst in jener Weise ewig sein? Wenn wir aber dem Umstande, dass er alles umfasst und dass nichts vorhanden ist, worin er sich verändern könnte, und nichts von aussen an ihn herantreten und ihn vernichten kann, die Ursache seines Nichtvergehens beimessen wollen: so werden wir zwar dem ganzen Universum das Nichtvergehen mit gutem Grunde beilegen, der Sonne aber und dem Sein der andern Gestirne, als welche Theile sind und nicht jedes für sich das Ganze ausmachen, werden wir aus diesem Grunde eine ewige Dauer nicht glauben zusprechen zu müssen; vielmehr würde es nur den Anschein gewinnen, als hätten sie ein Bleiben der Form nach, wie solches auch dem Feuer und ähnlichen Gegenständen zukommt, ja der ganzen Welt selbst. Denn es steht nichts im Wege, dass sie, ohne von aussen vernichtet zu werden, doch, indem die Theile sich einander vernichten, so bei stetem Vergehen bloss der Form nach bestehen bleibt und dass bei stetem Fluss der Natur des Substrats, indem ein anderes die Form giebt, dasselbe beim Welt-Organismus stattfinden wie beim Menschen, beim Herde und bei den übrigen Dingen; denn Mensch und Pferd sind ewig, aber nicht das Individuum. Es wird also nicht der eine Theil desselben ewig bleiben, etwa der Himmel, die Dinge dieser Erde aber vernichtet werden, sondern alle Dinge sind demselben Schicksal unterworfen und nur der Zeit nach unterschieden, denn immerhin mögen die himmlischen Dinge von längerer Dauer sein. Geben wir nun in diesem Sinne zu, dass die Ewigkeit dem Ganzen und seinen Theilen zukomme, so dürfte unsere Ansicht weniger bedenkliches an sich haben. Vollends aber würden wir über jede Bedenklichkeit hinwegkommen, wenn gezeigt würde, dass der Wille Gottes im Stande sei auch so und auf diese Weise das Universum zusammenzuhalten. Wenn wir aber sagen, dass auch irgend einem bestimmten Gegenstande desselben, wie gross er immer sei, die Ewigkeit zukomme, so ist zu zeigen, ob der Wille im Stande ist dies zu thun, und es bleibt dabei die Schwierigkeit, weshalb einige Dinge so, andere nicht so, sondern nur der Form nach ewig sind, und wie die Theile am Himmel in ihrer Individualität bleiben, da doch so auch alle Dinge in ihrer Individualität bleiben müssten.

 

2. Wenn wir nun diese Ansicht annehmen und behaupten, dass dem Himmel und allen Dingen an ihm die Ewigkeit der bestimmten Individualität nach zukomme, der sublunarischen Sphäre dagegen nur der Form nach, so ist zu zeigen, wie er als etwas körperliches die unveränderte Individualität im eigentlichen Sinne d.h. das Sich-gleichbleiben im einzelnen beibehalten kann, wahrend doch die Natur des Körpers in stetem Flusse begriffen ist. Denn dies ist die Meinung wie der andern Naturphilosophen so auch des Plato selbst, nicht bloss hinsichtlich der andern Körper sondern vorzüglich auch der Himmelskörper. Denn wie sollten sie, sagt er, als körperlich und sichtbar unveränderlich und in derselben Weise bleiben? Offenbar stimmt er hier auch mit Heraklit überein, welcher sagt, auch die Sonne sei in stetigem Werden. Dem Aristoteles freilich macht dies keine Schwierigkeit, wenn man nämlich seine Hypothese eines fünften Körpers [Quintessenz] annehmen will. Nimmt man diese aber nicht an, wie soll der Himmel, da sein Körper aus eben dem Stoße bestellt wie auch die irdischen Organismen, seine Individualität beibehalten? wie vollends die Sonne und die am Himmel befindlichen Theile? Da nun jeder Organismus aus Seele und leiblicher Natur besteht, so muss auch der Himmel, wenn er numerisch ewig bleiben soll, entweder durch beides zugleich oder durch einen seiner Bestandtheile, also Seele und Leib, bleiben. Wer nun dem Leihe das Unvergängliche beilegt, der braucht dazu die Seele oder ihre stete Gegenwart zum Bestand des Lebens nicht; wer aber sagt, dass der Leih an sich vergänglich sei, und der Seele jene Ursache beilegt, der muss versuchen zu zeigen, dass auch der Zustand des Leibes selbst nicht dem Bestand und der Dauer entgegen ist, weil sich in dem naturgemäss Bestehenden nichts widersprechendes findet, sondern auch die Materie dem Willen des Endzwecks entsprechen muss.

 

3. Wie soll nun die Materie und der Körper des Weltalls in seinem steten Flusse mit beitragen zur Unsterblichkeit der Welt? Doch wohl deshalb, werden wir sagen, weil er nicht nach aussenfliesst. Wenn er nun in ihr und nicht von ihr fliesst, so bleibt er derselbe und kann weder grösser noch kleiner werden; er altert also auch nicht. Man muss aber betrachten, wie auch die Erde von Ewigkeit her in derselben Gestalt und Masse bleibt; auch die Luft wird nie alle, noch die Natur des Wassers. Was also von ihnen sich ändert, verändert nicht die Natur des Weltorganismus. Denn obgleich bei uns einzelne Theilchen sich stets verändern und nach aussen abgehen, so bleibt doch ein jeder lange Zeit. Wo aber nichts nach aussen abgeht, bei dem sieht auch die Natur des Leibes in keinem Widerspruch mit der Seele hinsichtlich der Identität und Unvergänglichkeit des Organismus. Feuer aber ist spitz und schnell um nicht hier unten zu bleiben, desgleichen Erde um nicht oben zu bleiben. Wenn es aber an seinem eigentlichen Standort angekommen ist, so darf man nicht glauben, dass es an dem ihm gebührenden Platze dergestalt feststehe, dass es nicht gleich den übrigen Dingen eine Ausdehnung nach beiden Seiten suchen sollte. Höher hinauf nämlich kann es sich nicht erheben, denn dort ist nichts weiter; herabzusteigen widerspricht seiner Natur, bleibt also für dasselbe übrig leicht beweglich zu sein und, durch eine seiner Natur entsprechende Neigung von der Seele zum Leben gezogen, sich an einem schönen Orte wohl zu bewegen, in der Seele. Und wenn jemand seinen etwaigen Fall fürchtet, so möge er getrosten Muthes sein; denn der Umschwung der Seele kommt jedem Sinken zuvor, indem sie es kräftig emporhält. Wenn es aber an sich überhaupt keine Neigung nach unten hat, so bleibt es ohne zu widerstreben. Die an uns ausgestalteten Theile freilich, welche ihre eigene Gestalt nicht aufrecht erhalten, verlangen Theile von andern um zu bleiben; wenn aber von dorther nichts abfliegst, so bedarf es keiner Ernährung. Sollte es aber von dorther durch Erlöschen abfliessen, so muss ein anderes Feuer angezündet werden, und falls es mit einem andern zusammenhinge und von dorther abflösse, so bedarf es auch statt dessen eines andern. Aber deshalb würde der Weltorganismus nicht derselbe bleiben, wenn er auch in dieser Weise bliebe.

 

4. Aber wir müssen es an und für sich, nicht mit Bezug auf die vorliegende Frage betrachten, ob etwas von dort abfliesst, so dass auch jene Ringe der wenngleich uneigentlich sogenannten Nahrung bedurften, oder ob ein für alle Mal das dort Hingestellte seiner Natur gemäss bleibt und keinen Abfluss erleidet; ferner ob dem Feuer allein oder dem Feuer überwiegend oder ob es auch den andern Dingen eigen ist emporgehoben und von dem beherrschten Princip getragen zu werden. Wenn man nämlich noch die vornehmste Ursache, die Seele, zu den so reinen und schlechthin besseren Körpern hinzunähme - sucht ja doch auch in den andern Organismen bei ihren hauptsächlichsten Bestandtheilen die Natur sich das Bessere aus - so würde man eine fest begründete Vorstellung von der Unsterblichkeit des Himmels gewinnen. Denn mit riecht nannte auch Aristoteles die Flamme ein Aufwallen und ein gleichsam aus Sättigung übermüthiges Feuer, aber es ist gleichmässig und ruhig und der Natur der Gestirne entsprechend. Was aber die Hauptsache ist: wie will etwas von dem was einmal in sie gelegt war, der Seele, die mit wunderbarer Kraft nahe bei dem Besten liegt, in das Nichtsein entrinnen? Nicht zu glauben aber, dass sie, die von Gott ausgehende, stärker sei als jegliche Fessel, kann nur die Meinung von Leuten sein, welche die das All zusammenhaltende Ursache nicht kennen. Denn es ist ungereimt, dass die Seele, wenn sie überhaupt eine beliebige Zeit lang dasselbe zusammenzuhalten vermochte, dies nicht auch immer thue, als ob das Zusammenhalten durch Gewalt vor sich ginge und das Naturgemässe etwas anderes wäre als das, was in der Natur des Weltalls und den schon daselbst geordneten Dingen ist, oder als ob es etwas gäbe, was mit Gewalt den Bestand desselben auflösen und die Natur der Seele vernichten würde wie etwa die eines Königreichs oder einer Herrschaft. Dass aber die Welt nie einen Anfang gehabt hat - denn das ist, wie bereits gesagt, ungereimt - giebt uns auch eine Gewähr über ihre Zukunft. Denn warum sollte irgend einmal ein Zustand eintreten, der noch nicht bereits eingetreten? Ihre Elemente nutzen sich ja nicht ab wie etwa Holz und dergleichen; bleiben sie aber stets, so bleibt auch das All. Und selbst wenn sie sich stets veränderten, so bleibt doch das All, denn es bleibt ja auch die Ursache der Veränderung. Dass aber die Reue...

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