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Entgelt in der Sozialversicherung

AutorHorst Marburger
VerlagRichard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783415062481
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Wichtiger Fachbegriff ... Der Begriff des Entgelts spielt im gesamten Bereich der Sozialversicherung eine zentrale Rolle. Er wirkt sich bei der Berechnung nahezu aller Geldleistungen ebenso aus wie bei der Beitragsberechnung oder der Frage nach der Versicherungspflicht. ... ausführlich erklärt Der Band geht detailliert auf das Arbeitsentgelt ein und behandelt dabei alle wesentlichen Bereiche. Ein mehrseitiges 'ABC' listet die unterschiedlichen Arbeitsentgeltbestandteile auf. Thematisiert werden überdies weitere Bemessungsgrundlagen wie z.B. das Arbeits- oder Gesamteinkommen. Eine ausführliche Darstellung des sozialversicherungsrechtlichen Meldewesens rundet den Band ab.

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Leseprobe

I.Bedeutung des Entgeltbegriffes in der Sozialversicherung


Der Entgeltbegriff für die Sozialversicherung ist einheitlich geregelt. Rechtsgrundlage ist § 14 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch (SGB IV).

Das SGB IV gilt nach seinem § 1 für die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie für die soziale Pflegeversicherung. Das Gesetz spricht hier von Versicherungszweigen. Insoweit es um den Entgeltbegriff geht, gelten die Vorschriften des SGB IV auch im Bereich der Arbeitsförderung (Arbeitslosenversicherung). Die Bundesagentur für Arbeit gilt im Sinne des SGB IV als Versicherungsträger der Sozialversicherung.

Dies bedeutet, dass der Entgeltbegriff des § 14 SGB IV im gesamten Sozialversicherungsbereich gilt.

§ 14 SGB IV befindet sich in einem Abschnitt des SGB IV, der mit „Arbeitsentgelt und sonstiges Einkommen“ überschrieben ist. Hier geht es um Arbeitseinkommen, Gesamteinkommen, um die Ermächtigung, Rechtsverordnungen zu erlassen, um die Umrechnung von ausländischem Einkommen und um die Bezugsgröße.

Ein weiterer Unterabschnitt des SGB IV beschäftigt sich mit Einkommen beim Zusammentreffen mit Renten wegen Todes.

Der Entgeltbegriff des SGB IV spielt in vielen Sozialversicherungsbereichen eine besondere Rolle, nämlich insbesondere

–bei der Berechnung von Leistungen,

–bei der Berechnung von Beiträgen und

–bei der Entscheidung über die Frage, ob Versicherungspflicht vorliegt.

Bei der Leistungsberechnung sind hier nahezu sämtliche Geldleistungen der Sozialversicherung zu nennen. Dazu gehört das Kranken- und Mutterschaftsgeld der Krankenversicherung, das Verletztengeld und die Verletztenrente der Unfallversicherung sowie das Übergangsgeld der Unfall- und Rentenversicherung, aber auch die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch außerhalb der Sozialversicherung werden zahlreiche Leistungen aus dem Entgelt berechnet und dabei der Entgeltbegriff der Sozialversicherung zugrunde gelegt.

Zu denken ist hier beispielsweise an das Soziale Entschädigungsrecht. Hier gibt es z. B. das Versorgungskrankengeld und das Übergangsgeld. Das Soziale Entschädigungsrecht ist nicht nur für Kriegsbeschädigte maßgebend, sondern beispielweise auch für Anspruchsberechtigte nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Es handelt sich hier z. B. um Personen, die bei einer vorsätzlichen Tat durch einen Anderen verletzt wurden.

Bei der Beitragsberechnung ist das sozialversicherungspflichtige Entgelt die Berechnungsgrundlage.

Die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung hängt für Arbeitnehmer in der Regel davon ab, dass sie Arbeitsentgelt beziehen. In der Rentenversicherung besteht hier allerdings eine Ausnahme für Auszubildende. Diese sind auch ohne Entgeltbezug versicherungspflichtig (vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – SGB VI).

Der Entgeltbegriff hat ferner besondere Bedeutung in Zusammenhang mit der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze). Es handelt sich hier um eine Versicherungspflicht-Grenze.

Sie gilt in der Kranken- und in der Pflegeversicherung.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V) bestimmt, dass Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges JAE die JAE-Grenze übersteigt, versicherungsfrei sind. Die JAE-Grenze gilt nicht im Bereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung (Versicherung der selbständigen Landwirte, ihrer mitarbeitenden Familienangehörigen und bestimmter Personenkreise)1.

Die JAE-Grenze gilt auch bei diskontinuierlicher Verteilung der Arbeitszeit2. Die Grenze (JAE-Grenze) ist dynamischer Natur. § 6 Abs. 1 Nr. 1i. V. mit § 6 Abs. 6, 7 SGB V schreibt seit 1. 1.2003 eine gesonderte Berechnung vor. Vorher war die JAE-Grenze aus der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung herauszurechnen.

Nach § 6 Abs. 6 SGB V betrug die JAE-Grenze im Jahr 2003 45900 Euro (monatlich 3825 Euro). Sie ändert sich zum 1.1. eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer im vergangenen Kalenderjahr zur entsprechenden Bruttolohn- und -gehaltssumme im vorvergangenen Kalenderjahr steht. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die JAE-Grenze bestimmt ist, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Im Jahre 2018 beläuft sich die JAE-Grenze auf 59400 Euro. Dies entspricht einem Monatsbetrag von 4950 Euro.

Abweichend von Vorstehendem betrug die JAE-Grenze im Jahre 2003 für Arbeiter und Angestellte, die 2002 wegen Überschreitens der JAE-Grenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, 41400 Euro (monatlich 3450 Euro) – § 6 Abs. 7 SGB V –. Die JAE-Grenze des § 6 Abs.7 SGB V wird jährlich wie die Grenze nach § 6 Abs. 6 SGB V dynamisiert. Es wird hier von Bestandsfällen gesprochen.

Die JAE-Grenze für Bestandsfälle beläuft sich 2018 auf 53100 Euro bzw. 4425 Euro im Monat.

Die Regelung für Bestandsfälle gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis wechselt. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bei Neueinstellungen den Arbeitnehmer stets fragen muss, ob er am 31. 12.2002 wegen Überschreitens der JAE-Grenze krankenversicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert war.

Die Teilnehmer an der Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 30./31. 10.20033 wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dann, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Personenkreis gehört, er nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (gilt auch für die soziale Pflegeversicherung) versicherungspflichtig wird, wenn sein regelmäßiges JAE die besondere JAE-Grenze übersteigt.

Die Besprechungsteilnehmer halten es in diesen Fällen für unerlässlich, dass der Arbeitgeber entsprechende Nachweise (z. B. Bescheinigung des privaten Krankenversicherungsunternehmens über das Bestehen einer substitutiven Krankenversicherung am 31. 12. 2002) zu den Lohnunterlagen nimmt.

Seit 1. 1.2001 gelten in den alten und in den neuen Bundesländern jeweils die gleichen Werte. Dies ergibt sich aus § 309 Abs. 1 Nr.2 SGB V.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fordert den regelmäßigen JAE. Hierunter kann nach Auffassung des BSG im Urteil vom 30. 6.19654 nur das Entgelt verstanden werden, von dem bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und der folgenden Beitragsperioden zu erwarten ist, dass er bei normalem Ablauf der Dinge voraussichtlich ein Jahr anhalten wird.

Wird ein fest vereinbartes Entgelt gezahlt, so ist bei einem Arbeitsverhältnis, das auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist, der regelmäßige JAE grundsätzlich in der Weise zu ermitteln, dass von der einzelnen Lohnperiode aus auf ein Jahr zu gehen ist.5

Auch im Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zum seit 1. 1.1989 maßgebenden Versicherungs-, Melde- und Beitragsrecht für Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen vom 21. 11.1988 wird in Abschn. A. I.7.c) darauf hingewiesen, dass das regelmäßige JAE durch Multiplikation der durchschnittlichen Monatsbezüge (bei Stundenlöhnern: Stundenlohn × individuelle wöchentliche Arbeitszeit ohne Überstunden × 13 : 3) mit 12 unter Berücksichtigung regelmäßig gewährter Sonderzuwendungen zu errechnen ist.

Zukünftige Gehaltserhöhungen dürfen erst von dem Monat der tatsächlichen Zahlung an berücksichtigt werden. Das gilt auch dann, wenn Beginn und Höhe der Gehaltserhöhungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt feststehen6.

Bei schwankendem Verdienst bedarf es einer Sonderregelung zur Feststellung des JAE. Er ist durch Schätzung zu ermitteln.

Einmalig gezahltes Entgelt ist bei Berechnung des JAE dann zu berücksichtigen, wenn es regelmäßig gewährt wird. Bezüglich Sonderzuwendungen, wie Urlaubsgeld, Bonus und Weihnachtsgeld hat sich das BSG in seinem Urteil vom 28. 10.19817 geäußert. Ergeben hiernach die tatsächlichen Feststellungen, dass die Sonderzulagen nicht nur vertraglich gesichert sind, sondern bei einem vorzeitigen Ausscheiden auch anteilmäßig ausgezahlt werden, handelt es sich bei ihnen um Bestandteile des laufenden Arbeitsentgeltes8.

Im Zusammenhang mit Urlaubsgeld hatte das BSG am 28. 11.19819 und am 19. 5.198210 die Ansicht vertreten, dass solche Bezüge kein einmalig gezahltes Entgelt sind11.

Zu erwähnen ist noch, dass das Entgelt aus Beschäftigungen, die wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei sind, auf die JAE-Grenze nicht anzurechnen ist12.

Wird die JAE-Grenze durch diese Zusammenrechnung überschritten, so entfällt in allen Fällen die Versicherungspflicht.

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