3 Der Gefäß-Check
Leons Arzt führt diese Untersuchungen im Rahmen eines auch präventiven Check-up des Gefäßsystems in seiner Praxis durch.
Abbildung 5: Gefäß-Check.
Leon will wissen, ob es noch andere Parameter zur Erkennung der Atherosklerose bzw. frühe Hinweise auf die Möglichkeit ihres Entstehens gibt, denn die o. a. Untersuchungen stellen ja bereits einen Ist-Zustand dar.
Erste Hinweise liefert die jeweilige Familiengeschichte. Haben Eltern und Geschwister hier etwas „zu bieten“, ist Wachsamkeit geboten und zu untersuchen. Im nächsten Schritt sind die eigenenRisikenzuerörtern:Übergewicht, Rauchen, Alkohol, Ernährung, Stress und Bewegungsmangel, Diabetes mellitus, Bluthochdruck. Dann erfolgt die Bestimmung der relevanten Laborwerte, vor allem die des Blutzuckers und der Blutfette.
Die Cholesterinproblematik ist in der Vergangenheit sicher übertrieben worden. Nur die Hälfte der Menschen mit erhöhtem Cholesterin lebt gefährlich. Von diesen hat auch wieder nur ein Teil mit dem (oxidierten) LDL-Cholesterin potenzielle Probleme. Bei Frauen steigt das Cholesterin nach der Menopause an, da es zur Synthese des Östrogens nun nicht mehr benötigt wird – und damit steigt angeblich auch die Herzinfarktrate.
20 Prozent unseres Gehirns bestehen aus Cholesterin.
Gerade das LDL-Cholesterin ist die Ausgangssubstanz für unsere Geschlechts- und Nebennierenhormone sowie des Vitamin-D-Hormons. Unsere Leber produziert mehr Cholesterin, wenn wir zu wenig über die Nahrung zuführen und weniger, wenn wir mehr zuführen.
Im Prinzip ist bei guter Ernährung (keine Zuchtviehprodukte), ausreichender Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren und viel Bewegung alles gut geregelt. Andererseits wurden und werden Milliarden mit Cholesterinsenkern verdient (Statine). Diese Substanzen hemmen zwar die Cholesterinsynthese in der Leber, aber auch die dort ebenfalls ansässige Q10-Synthese (auf CYP 450). Neuere Metaanalysen (>91.000 Teilnehmer) fanden bei 9 Prozent der Teilnehmer unter Statin-Therapie einen neu aufgetretenen Diabetes mellitus. Gerade einmal 4 Prozent der Menschen können mit Statinen vor einem Herzinfarkt bewahrt werden. Die übrigen 96 Prozent profitieren praktisch gar nicht von dieser mehrere Milliarden Euro teuren Therapie in Deutschland.
Die einzigen sinnvollen Indikationen für diese Therapie sind:
- nach einem Herzinfarkt, um einen weiteren Infarkt zu vermeiden;
- bei Ablagerungen in den Halsarterien, um eine Ablösung dieser Plaques zu verhindern bzw. ihre Stabilisierung zu erreichen.
Omega-3-Fettsäuren sind eine physiologische, probate und preiswerte Alternative ohne Nebenwirkungen. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr der „silent inflammation“, die als Krankheitsprozess u. a. auch der Arteriosklerose zugrunde liegt. Da sie aber primär die Triglyceride (Neutralfette) senken, ist bei hohen Cholesterinwerten eine Kombination aus Statinen und Omega-3-Fettsäuren mit Q10 als Begleitmikronährstoff optimal.
Q10 ist eines unserer wichtigsten körpereigenen Antioxidanzien und effizienter Energiespender neben dem Carnitin in den Mitochondrien der Herzmuskelzellen, aber auch in denen der Muskelzellen. Mit zunehmendem Alter steigt die Produktion der Freien Radikalen an, es wird immer weniger Q10 gebildet und die Statine senken es durch Synthesehemmung noch weiter ab. Und auch die Herzmedikamente haben in vielen Fällen irgendwann ihre therapeutischen Grenzen erreicht. Substituieren wir spätestens dann das Q10/Ubiquinol mit 100 mg/Tag und mehr, haben wir durchweg gute Erfolge, allein schon hinsichtlich der verbesserten Herzleistung.
Präparat: Propionyl-Carnitin für die Mitochondrien der Herzmuskelzellen kombinierbar mit Ubiquinol 50-100 mg (aktiviertes Ubichinon, z. B. GPLC&CoQ10 mit Glycocarn von Doctor’s Best). Acethyl-Carnitin 1000 ist für die Mitochondrien der Muskelzellen zu bevorzugen.
Da Statine auch Muskelschmerzen auslösen können, wird es demnächst Statine plus Q10 geben. Eine späte Erkenntnis der Pharmaindustrie, aber sicher nicht die kausale Problemlösung.
Drei Biomarker:
Unumstritten ist das hochsensible hs-CRP, ein Eiweißkörper, der eine bestehende Atherosklerose und somit einen entzündlichen Vorgang anzeigt.
Teilweise noch umstritten in Teilen der Schulmedizin ist die Rolle des Homocystein. Es führt bei erhöhten Werten zu Schäden an der hochkomplexen und sehr sensiblen Innenauskleidung der Arterien (Endothel), zur Gefäßverengung bis zum Verschluss. Findet sich gleichzeitig ein Mangel an Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6, kann erfolgreich mit der Gabe dieser drei Vitamine der Homocysteinspiegel gesenkt werden. Sinnvoll sind hier wegen der besseren Resorption eingangs 6-9 Injektionen (z. B. Medivitan®) 2-3 Mal pro Woche, dann Umstellen auf orale Anwendung (z. B. 1x1 Medyn® forte oder 1x1 Homocysteintablette/Fa. Petereit) und spätere Laborkontrollen. Eine Absenkung des Homocysteinspiegels korreliert mit einer Abnahme der Gefäßwanddicke (Intima-Media-Dicke >1mm bei 60 Jahre alten Patienten über ein Jahr; siehe Till. U. et al.: Atherosklerose 2006).
Erhöhte ADMA-Spiegel sollten ebenso wie Hyperfibrinogenämie und Hyperurikämie vermieden werden. Magnesium- und Antioxidanzienmangel führen zu endothelialer Dysfunktion. Atherosklerose kann zu Bluthochdruck führen und der wiederum zu den daraus folgenden gefährlichen Krankheitsbildern.
Abbildung 6: Erkrankungen, bei denen ein erhöhter ADMA-Spiegel beobachtet wird. – Quelle: GermedIQ
Asymmetrisches Dimethylarginin (ADMA) ist ein natürlich vorkommender Bestandteil menschlichen Blutplasmas. Es entsteht als Abbauprodukt während des ständig ablaufenden Proteinumsatzes in allen Körperzellen. Vor über einem Jahrzehnt wurde erstmals beobachtet, dass ADMA die NO-Synthase hemmt (NO = Stickstoffmonoxid ist der körpereigene Gefäßerweiterer). Aus dieser Beobachtung resultiert die pathophysiologische Bedeutung der Substanz, der von vielen Forschern heute eine wichtige Rolle in der Entstehung und dem Fortschreiten von Gefäßerkrankungen, insbesondere der Arteriosklerose, zugeschrieben wird.
Die klinische Bedeutung von ADMA als Marker des kardiovaskulären Risikos kann aus einer zunehmend größer werdenden Anzahl klinischer Studien abgeleitet werden, in denen ein statistisch signifikanter und von anderen Risikomarkern unabhängiger Zusammenhang zwischen erhöhten ADMA-Spiegeln und dem Auftreten schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse bzw. der Gesamtmortalität beobachtet wurde. In Abbildung 6 sind die Erkrankungen zusammengefasst, bei denen es zu einem Anstieg der ADMA-Konzentration kommt. Gemessen wird mit einem Enzymimmunessay, dem patentgeschützten ADMA®ELISA.
Alle genannten Faktoren, die das Gefäßsystem negativ beeinflussen, können im Bereich der Beine zur arteriellen Verschlusskrankheit führen mit dem Endpunkt Amputation (60.000/Jahr in Deutschland, vorwiegend bei der Grundkrankheit Diabetes mellitus). Im Bereich der Netzhaut können sie zur Erblindung, bei den den Herzmuskel versorgenden Herzkranzgefäßen über die koronare Herzkrankheit (KHK) zu Angina pectoris („enge Brust“), Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen, im Bereich der Hirngefäße zu vaskulärer Demenz und Schlaganfall führen. ADMA ist wahrscheinlich auch ein Risikoindikator für das Auftreten der erektilen Dysfunktion und für den Hochdruck im Lungenkreislauf (Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie sowie der für Innere Medizin im April 2004).
4 Prävention der Atherosklerose
Wirklich medizinisch präventiv ist die Bestimmung der Genvarianten mittels eines Wangenschleimhautabstriches in möglichst jungem Alter, insbesondere bei vorbelasteter Familie. Immerhin ist so zu erfahren, ob eine atherosklerotische Belastung, also ein Risiko für diese Gefäßsystemerkrankung, vorliegt, ob ein Schutz davor besteht oder ob es im neutralen Bereich liegt. Auch hier identifizieren wir das Homocystein als Risikofaktor. In jedem Fall kann so hinsichtlich der Lebensführung und vor allem hinsichtlich der Ernährung adäquat reagiert werden.
Diese über 3 Millionen Genvarianten oder Punktvarianten (auch SNPs oder Polymorphismen) sind unser ganz individuelles Programm, mit dem wir uns voneinander unterscheiden. Die 20.000-25.000 Gene sind bei allen Menschen weitestgehend identisch.
Wann angelegte Risiken zu Krankheiten werden, ist nicht vorauszusagen. Im Falle eines Auftretens ist dies statistisch aber im fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt wahrscheinlich.
Leon bemerkt, dass er gesunde Eltern und Geschwister habe, nicht übergewichtig sei, nicht rauchen würde und Diabetes mellitus in den Elternfamilien noch nicht vorgekommen sei. Worauf müsse er denn achten?
Die Antwort seines Arztes kommt ohne Zögern:
- Stressbeherrschung und Stressreduktion, evtl. Neurostress-Diagnostik
- Alkoholkonsum kontrollieren und evtl. reduzieren
- Weiterhin kein Nikotin
- Ernährung optimieren
- Gewicht normalisieren
- Diabetes mellitus und Bluthochdruck keine Chance geben
- Mikronährstoffe gezielt einsetzen
- Programm für Bewegungs- und Muskeltraining auflegen
- Entspannungstechniken erlernen und einsetzen
Bei der Prävention der Atherosklerose sind folgende Mikronährstoffe besonders zu fokussieren: