2 Erfolgsfaktorenanalyse auf der Handelsebene
Dieses Kapitel befasst sich mit der Thematik, worauf der Erfolg eines Handelsunternehmens beruht. Die Erfolgsfaktorenanalyse dient dabei als Instrument zur Erforschung der Ursachen. Im Mittelpunkt der Handelsforschung steht dabei die Bemühung Gründe, für Erfolg wie auch Misserfolg, für das jeweilige Unternehmen herauszufinden.
Im Folgenden wird zunächst das begriffliche Fundament für die weitere Ausarbeitung gelegt. Der zweite Hauptabschnitt befasst sich mit der Notwendigkeit und dem Stand der Erfolgsfaktorenforschung im Handel und beschreibt ansatzweise die wichtigsten Studien der letzten drei Jahrzehnte.
Der dritte und letzte Abschnitt wird den zahlreichen Methoden der Erfolgsfaktorenforschung sowie den Voraussetzungen gewidmet, die für die Identifikation von potenziellen Faktoren gegeben sein müssen.
2.1 Terminologische Eingrenzung der relevanten Begriffe
Der Begriff Erfolg ist ebenso vieldeutig wie unpräzise und wird in der Literatur nicht einheitlich verwendet. Ein Grund dafür ist, dass Erfolg immer im Zusammenhang mit den Unternehmenszielen betrachtet werden muss.[6] Das bedeutet, dass erst über Erfolg oder auch Misserfolg entschieden werden kann, wenn die unternehmensspezifischen Zielvorstellungen formuliert worden sind. Im allgemeinen Sinne ist Erfolg das Erreichen eines angestrebten Zieles.
Der Erfolg hängt letztlich davon ab, inwieweit die einzelnen Komponenten des Zielsystems erreicht werden. Der Grad dieser Zielerreichung kann mit Hilfe von Erfolgsindikatoren gemessen werden.[7] Welche Indikatoren heran gezogen werden sollen, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. An entsprechender Stelle, wird hierauf nochmal eingegangen.
Die Festsetzung von Erfolgsindikatoren ermöglicht es, einen Zusammenhang zwischen Erfolg und Erfolgsfaktoren herzustellen. Erfolgsfaktoren sind nicht statisch, sondern je nach Unternehmen unterschiedlich. Es ist nicht der einzelne Erfolgsfaktor, der die Unternehmung prägt, und dadurch ein Wettbewerbsvorteil erlangt wird, sondern es ist das richtige Zusammenspiel zahlreicher Faktoren.[8] In der betriebswirtschaftlichen Literatur findet sich eine Vielzahl von Definitionen des Terminus Erfolgsfaktor.
Hildebrandt definiert ihn wie folgt:
“1. Als Erfolgsfaktoren werden Faktoren oder Charakteristiken verstanden, die den Erfolg oder auch Misserfolg einer Unternehmung oder Branche, einer strategischen Geschäftseinheit oder eine Produktes oder einer Marke beeinflussen.
2. Erfolgsfaktoren haben immer eine strategische Dimension, d.h. sie sind langfristig wirksam und begründen einen Wettbewerbsvorteil oder auch -nachteil gegenüber den Konkurrenten.
3. Erfolgsfaktoren sind innerbetrieblich aber auch außerbetrieblich zu suchen.“ [9]
Patt trennt in dem Zusammenhang in einer Studie qualitative von quantitativen Erfolgsfaktoren. Unter qualitativ strategischen Erfolgsfaktoren versteht er Erfolge, die anhand der Unternehmenskultur, von Führungsstilen und durch die Qualität der Mitarbeiter herbei geführt werden. Als quantitative strategische Faktoren bezeichnet er Situationen, Elemente, Strukturen oder Leistungsfaktoren, die einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg einer Unternehmung ausüben. [10]
Gamper hat festgestellt, dass es zum Aufbau von Erfolgsfaktoren für die Unternehmung, unbedingt inner- als auch außerbetrieblicher Ressourcen und Fähigkeiten bedarf. Zu den innerbetrieblichen Ressourcen zählt zum Beispiel das betriebliche Anlagevermögen, welches unter anderem aus der Ausstattung von IuK-Einrichtungen besteht. Zu den außerbetrieblichen Ressourcen können als u.a. die politischen, sozialen, und ökonomischen Rahmenbedingungen genannt werden. Zu den Fähigkeiten zählt Gamper das in der Unternehmung stehende Humankapital hinzu. [11]
Unter Berücksichtigung dieser Aussagen scheint folgende Definition zweckmäßig:
Ein Erfolgsfaktor ist eine Fähigkeit bzw. Ressource, die eine Unternehmung nutzt, um sich langfristig und erfolgreich im Wettbewerb zu behaupten.
Die folgende Abbildung gibt einen zusammenfassenden Überblick über die erläuterten Zusammenhänge:
Abbildung 1: Das Erfolgsfaktoren-Modell nach Grunert
Quelle: Gamper (1996), S .98.
Demzufolge kann eine Unternehmung durch ihre Ressourcen und Fähigkeiten Erfolg generieren, wenn sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz realisieren kann. Dieser Wettbewerbsvorteil kann sich anhand eines höheren wahrgenommen Nutzen oder aber anhand eines Preisvorteiles den der Kunde im Vergleich zum Konkurrenten empfindet äußern. Diese Vorteile führen letztlich zum Unternehmenserfolg, welcher sich anhand der beispielhaft aufgeführten Erfolgsindikatoren widerspiegeln lässt.
Die Analyse der Erfolgsfaktoren gehört zu den Aufgaben der Erfolgsfaktorenforschung. Ihr kommt eine hohe Bedeutung zu, die im nächsten Kapitel bearbeitet wird.
2.2 Ein Überblick über die Erfolgsfaktorenforschung
Wie bereits angeführt agieren Unternehmen nicht autonom, sondern berücksichtigen auch das Verhalten der Mitbewerber. Im Zuge der Globalisierung veränderten sich in den letzten Jahrzehnten nicht nur die Rahmenbedingungen für Unternehmen, sondern auch das internationale Wettbewerbsumfeld.
Im Bereich des internationalen Handels kam es sowohl zum Anstieg des Warenaustausches, als auch zu grenzüberschreitenden Käufen und Verkäufen von Unternehmungen. Liberalisierungstendenzen (z.B. GATT-Vertrag) wie auch Zusammenschlüsse von Staaten zu Wirtschaftsgemeinschaften (NAFTA, ASEAN, etc.) eröffneten den Handelsunternehmen nicht nur Chancen auf dem Weltmarkt, sondern stellten sie zugleich vor große Herausforderungen. Dies bedeutet, dass an das Management hohe Erwartungen gestellt werden um das langfristige Überleben ihres Unternehmens zu sichern.[12] Dahingehend ist eine Gewährleistung bzw. der Ausbau von Erfolgspotenzialen bei einem zunehmenden Verdrängungswettbewerb unumgänglich. Um in die Diskussion der Studien über die Erfolgsfaktorenforschung einzusteigen, ist zunächst die Überlegung anzustellen: „Was ist eigentlich unter der Erforschung von Erfolgsfaktoren im Handel zu verstehen?“. Aufbauend auf dem Begriff des Erfolges, der zuvor erläutert worden ist, basiert die Auseinandersetzung mit den Bestimmungsfaktoren einer Zielerreichung auf unterschiedlichen Ebenen. Dieser Vorgang wird als Erfolgsfaktorenforschung bezeichnet. [13]
Die Ursprünge der Erfolgsfaktorenforschung liegen zunächst in der betriebswirtschaftlichen Praxis. Ein kleiner Einblick auf ausgewählte Studien zu diesem Thema im Allgemeinen soll den Einstieg in die darauffolgende Thematik erleichtern.
2.2.1 Generelle und spezifische Ansätze der Erfolgsfaktorenforschung
Im Jahre 1961 entwickelte der McKinsey-Berater D.R. Daniel Management-Informationssysteme, welche Auskunft über Erfolgsfaktoren geben sollten.[14] Als zentraler Kern der weiteren Forschung kann die viel diskutierte PIMS - Studie (Profit Impact of Market Strategies) des American Strategic Planning Institute in Cambridge, herangezogen werden. Sie erfolgte in den 60er Jahren und basiert auf quantitativen Daten von europäischen und amerikanischen Unternehmen.[15] Sie gilt als eines der ersten groß angelegten bis heute prominenten Erfolgsfaktoren-Forschungsansätze. Die in dieser Studie definierten strategischen Geschäftsfelder sind auf ihre Rentabilität hin untersucht worden, als Kennzahl wurde hierbei der Return of Investment (ROI) verwendet und es wurden jene Variablen isoliert, die den stärksten Einfluss auf den ROI ausübten. Außerdem wird bei diesem Konzept davon ausgegangen, dass der Erfolg von der Marktstruktur, Wettbewerbssituation und der verfolgten Strategie abhing.[16]
Eine weitere erwähnenswerte Analyse der Erfolgsfaktoren ist die von Pümpin[17], welche auf dem Konzept strategischer Erfolgspositionen (SEP) beruht. Pümpin stellt fest, dass in jeder Umwelt- und Marktsituation bestimmte Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens besonders wichtig sind, die es nun zuerst zu analysieren gilt. Er misst der strategischen Erfolgspositionierung einen besonders hohen Wert bei und definiert sie wie folgt: „Es sind geschaffene Voraussetzungen, die durch den Aufbau von dominierenden Fähigkeiten geschaffen worden...