Der zugrundliegende, nach dem in Rostock belegenen Vier-Sterne Hotel „Trihotel „[69] benannte, Fall, hat eine für Familienunternehmen typische Beteiligungsstruktur zum Gegenstand.[70] Diese besteht darin, dass es verschiedene, hier drei, Gesellschaften gibt, an denen als Gesellschafter und/oder Geschäftsführer weitgehend dieselben Personen unmittelbar- oder mittelbar beteiligt sind. Nachdem das LG der Klage eines vom AG Hamburg bestellten Insolvenzverwalter stattgegeben und die seitens des Beklagten dagegen eingelegte Berufung beim OLG Rostock keinen Erfolg hatte, hebt der BGH nach zugelassener Revision i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Berufung auf und verweist die Sache mangels Entscheidungsreife gemäß §§ 562, 563 Abs. 1 ZPO wieder zurück an das OLG Rostock. Der Sache nach geht es um eine Haftung des Beklagten i.H.v. ca. 714.000 Euro wegen es eines existenzvernichtenden Eingriffs in die A-GmbH, die vom Insolvenzverwalter der A-GmbH geltend gemacht wird. Die A-GmbH wurde 1991 mit 300.000 DM Stammkapital mit Sitz in Hamburg gegründet. An ihr war, neben der Ehefrau des Beklagten mit 48%, der Beklagte unmittelbar mit 52% beteiligt. 1993 pachtete die A-GmbH für 5 Jahre vom 1.9.1993 bis zum 31.8.1998 ein mit dem „Trihotel“ bebautes Grundstück und betrieb das Hotel. 1996 erwarb die Mutter des Beklagten einen 100%- Anteil an der J-GmbH, auf die der Beklagte sodann seine 52%-Beteiligung an der A-GmbH übertrug.
An der A-GmbH waren sonach die Ehefrau des Beklagten mit 48% und die Mutter mittelbar über die J-GmbH mit 52% beteiligt (Zwischenholding). Im Anschluss kam es zu drei Vorgängen, die im Hinblick auf ihre Tauglichkeit als „Eingriff“ geprüft wurden. Zum einen wurde am 20.12.1997 das der A-GmbH gehörende Hotelinventar der Mutter des Beklagten, im Gegenzug für ein Darlehen, an diese sicherungsübereignet. Ferner wurde ca. 5 Monate vor Ablauf der Vetragsdauer des Pachtvertrages dieser am 20.3.1998 vorzeitig beendet. Am selben Tag erwarben die J-GmbH 90% und die Mutter des Beklagten 10% einer weiteren, dritten, Gesellschaft, die später in die W-GmbH umfirmiert wurde. Diese schloss bereits 11 Tage nach der Aufhebung, am 31.3.1998, einen neuen Pachtvertrag mit dem Beklagten. Am selben Tage schließt die W-GmbH mit der A-GmbH einen Management- und Organisationsvertrag, der dritter wesentlicher Prüfungspunkt war. Dieser sah vor, dass die A-GmbH weiterhin das Hotel betreibt und dafür eine 40%-ige Umsatzbeteiligung erhält. Im Anschluss wurde der Beklagte, nach zweijähriger Pause, am 24.8.1998 wieder (mittelbarer) Gesellschafter (Gesellschafter- Gesellaschafter)[71] der A-GmbH, indem er von seiner Mutter die 100%- Beteiligung an der J-GmbH erwarb. Anschliessend wurde die 40%- Beteiligung noch auf 28% gesenkt, wenig später der Managementvertrag beendet und auf Eigenantrag der A-GmbH am 15.5.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Im Folgenden werden, neben der deliktsrechtlichen Innenhaftung auch die anderen dogmatischen Begründungsansätze kurz dargestellt und bewertet. Dies erfolgt, um die Vor- und Nachteile des hybriden Haftungskonzeptes auch erfassen zu können.
Das vom BGH in seiner Rechtsprechung von „Bremer-Vulkan“ und mit „KBV“ auch dogmatisch begründete Haftungskonzept, stützte sich auf eine Durchbrechung, bzw. teleologische Reduktion, des Haftungsprivilges i.S.d. § 13 Abs. 2 GmbHG. Sie wurde mit einem Mißbrauch der Rechtsform durch den Gesellschafter begründet Die, wahrlich bücherfüllende Kritik kann und soll hier nur zusammenfassend erwähnt werden. Ausgehend davon, dass ein Gesellschafter nicht die Rechtsform mißbraucht, bestanden viele Unsicherheiten in den Haftungsvoraussetzungen. Insbesondere die Systemwidrigkeit von unbeschränkter Außenhaftung und Haftungsbeschränkung auf der anderen Seite ließ sich nicht widerspruchsfrei in das deutsche Rechtssystem integrieren.[72] Eine Außenhaftung ist ihrem Wesen nach unbeschränkt.[73] Bedeutung hat die Durchgriffshaftung dennoch für die Fälle der Vermögensvermischung.[74] Dabei kommt es durch eine undurchsichtige Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle zu einer Sphärenvermischung.[75] Ob auch eine Einstandspflicht besteht, wenn die Gesellschaft von Anfang an mit unzureichendem Eigenkapital ausgestattet wird und damit eine sog. materielle Unterkapitalisierung vorliegt, ist umstritten. Bisher wurde sie, trotz vieler wissenschaftlicher Ansätze, vom BGH nicht aufgegriffen.[76] Eine Entscheidung könnte aber im Hinblick auf die aktuell beim BGH anhängige Revision anstehen.[77]
Demgegenüber beruft sich eine teilweise in der Literatur vertretene Ansicht[78] auf die „Klinik“-Entscheidung des BGH und gelangt auf deren Grundlage zu einer nur auf auf § 826 BGB gestützten deliktsrechtlichen Außenhaftung. Für die Ansicht spricht, dass die Eingriffe sachnah als Fallgruppen des offenen § 826 BGB erfasst werden können. Im Rahmen der Sittenwidrigkeit ist darauf zu achten, dass die Begründung nicht mit einem Zirkelschluss wieder auf den Mißbrauch abstellt. Dieser Ansicht ist aber entgegenzuhalten, dass die „Klinik“- Entscheidung einen ganz eindeutigen Fall einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfasste. Ansonsten begegnet die Erfassung vor allem im Hinblick auf die „Vergewaltigung der subjektiven Tatbestandsmerkmale“ Bedenken.[79]Die Forderung der Wissenschaft war dennoch wesentliche Triebfeder für die nun erfolgte Einordnung unter § 826 BGB.[80]
Innerhalb der Literatur wurden mit dem Konzept der Organhaftung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG analog bzw. § 93 Abs.5 S. 2, 3 AktG analog der „Passauer Schule“[81] und dem Konzept der qualifizierten Treuepflichtverletzung zwei Innenhaftungskonzepte vertreten. Wenngleich teilweise davon ausgegangen wird, die erstgenannte Ansicht sei mangels Mehrheitsfähigkeit irrelevant, soll sie dennoch kurz dargestellt werden.[82]
Die „Passauer Schule“ wurde von Wilhelm und Altmeppen begründet. Nach einer von Wilhelm[83] vertretenen Ansicht besteht eine Innenhaftung des Gesellschafters gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG analog wegen (sorgfalts)-pflichtwidriger Fremdgeschäftsführung. Dabei stützt er sich auf ein (angebliches) Haftungsdefizit im Weisungsrecht, dass sich darin zeige, dass der Gesellschafter bei einer Vermögensdispostion zum Nachteil der Gesellschaft, die gegenüber dem Geschäftsführer möglich ist, nicht haftbar wäre. Die Ansicht wurde vielfach kritisiert, da sie das Weisungsrecht contra legem in das Gegenteil verkehrt. Zum einen wird der Gesellschafter nicht durch bloße Ausübung des Weisungsrechtes zum (Quasi-)fremdgeschäftsführer und zum anderen soll er nicht für unterlassene Weisungen haftbar gemacht werden. Die Organhaftung ist de lege lata auf Geschäftsführer begrenzt.[84] Zudem obliegt ihm nicht als „Aufsichtsrat analog“ die Überwachung der Geschäftsführung. Er nimmt die Rechte in eigenem war.[85] Im Hinblick auf die Freizeichnungsmöglichkeit und die Disponibilität des § 43 GmbHG entwickelte Altmeppen[86] auf dieser Grundlage die unverzichtbare Haftung für gröblich sorgfaltswidriges Verhalten gemäß § 93 Abs. 5 S. 2, 3 AktG analog, die auf Wilhelm aufbaute. Im Hinblick, dass Altmeppen mit „Trihotel“ diese zwar erwähnt, der deliktischen Innenhaftung Vorrang aber beipflichtet, wird sie jedoch ausgelassen.[87]
Eine andere, insbesondere von Ulmer und Schmidt vertretene und begründete Ansicht stellt auf ein zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter bestehendes Treueverhältnis bzw. eine Sonderrechtsbeziehung ab.[88] Davon ausgehend verfüge die Gesellschaft kraft ihrer Eigenschaft als juristischer Person auch über ein eigenes Vermögensinteresse.[89] Sie gewährleiste zwar keinen absoluten Bestandsschutz, womit es den Gesellschaftern stets frei steht, diese aufzulösen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), andererseits unterliegen sie immanenten Schranken aus dem Treueverhältnis. Sie sind hinsichtlich der Modalität, die auch mit dem Schlagwort „Verbot der kalten Liquidation“ bei der Schutzlücke diskutiert wird[90], des Marktaustritts
nicht frei. Die Grenze besteht in der Existenzgefährdung, die eine Pflichtverletzung im Innenverhältnis begründet.[91] Für die Ansicht spricht nach „Trihotel“ möglicherweise auch das von Goette angeführte „Überlebensinteresse der Gesellschaft“.[92]
Dagegen wird vorgebracht, dass ohnehin kein eigenes Interesse...